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Vater- und Muttersein — heute noch modern?

Aus der April 1994-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Neulich Stellte Ich mir die Frage: Ist Vater bzw. Mutter sein heute noch eine Zielsetzung? Kinder zu haben bleibt für viele natürlich weiterhin ein Ziel! Aber Vater sein und Mutter sein — wie steht es damit? Was ist damit gemeint?

In meinem Bekanntenkreis gibt es Familien, in denen die Kinder dazu erzogen werden, nicht mehr „Vater“ oder „Mutter“ zu sagen, sondern Eltern lassen sich nur beim Vornamen nennen. Es ist vielleicht nicht so wichtig, wie sich Eltern anreden lassen, aber bedeutsam ist, ob es noch genügend „Mütter“ und „Väter“ gibt, nicht im Sinne von Zeugung, sondern von geistigen Eigenschaften und Denkweisen. Unsere Welt braucht so sehr die Ideen liebevoller Mütterlichkeit und treusorgender Väterlichkeit.

Gibt es einen Maßstab, ein Vorbild für das, was Vatersein und Muttersein geistig bedeutet?

Wenn wir in der Bibel nach einer Antwort suchen, finden wir hilfreiche, ja weise Erkenntnis. Dort werden die Bezeichnungen Vater und Mutter nicht nur auf Eltern, sondern auch auf Gott angewandt. In Jesaja lesen wir das Wort Gottes: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“ Jes 66:13., und Christus Jesus lehrte uns, zu Gott als „unserem Vater“ Mt 6:9. zu beten. Entsprechend schreibt Mrs. Eddy im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Vater-Mutter ist der Name für die Gottheit, der ihr zärtliches Verhältnis zu ihrer geistigen Schöpfung andeutet.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 332. So dürfen wir wohl den Schluß ziehen, daß das höchste Vorbild für Vatersein und Muttersein in Gott selbst zu suchen ist, so wie Christus Jesus ihn uns offenbarte.

Johannes sagt in seinem ersten Brief im Neuen Testament: „Gott ist die Liebe.“ 1. Joh 4:8. Jesus erklärte diese Liebe Gottes zu Seinen Kindern auf vielerlei Weise, so zum Beispiel im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Siehe Lk 15:11–32. Dieses Gleichnis soll uns unter anderem sagen, daß der Vater das Negative der Vergangenheit dem Umkehrenden nicht nachträgt, sondern vergebend, barmherzig und immer gleichbleibend in der Liebe ist. Wahre elterliche Liebe läßt frei — wie der Vater im Gleichnis den Sohn ziehen läßt —, selbst wenn der Sohn oder die Tochter einen falschen Weg wählt. Sie zwingt nicht, sie droht nicht, sie straft nicht mit verletzenden Methoden; sie bleibt sich selbst treu: bleibt beständige Liebe. Auch wenn ein Kind die gute Erziehung und alle Ermahnungen in den Wind schlägt, bleibt diese Liebe unerschütterlich bestehen.

Sie kennt ihre Kinder als geistig, als Widerspiegelungen des Guten, Gottes, des einzigen Schöpfers des Menschen. Daher ist das Gute im Menschen so beständig wie seine Quelle, Gott. Das Böse hat keinen Bestand, kein wahres Leben, denn es bringt Gott nicht zum Ausdruck. Auf der Grundlage dieses Wissens kann elterliche Liebe immer Liebe bleiben.

Zorn, menschlicher Wille und Rechthaberei verdunkeln die Liebe. Versuchen wir manchmal, mit diesen Mitteln das Gute zu erreichen? Fühlen wir uns persönlich verantwortlich? Christus ist der gute Hirte und das geistige Licht für unsere Kinder, für den Nächsten und die Welt. Wir können getrost den Menschen der Obhut und Führung Gottes, des Allmächtigen, Alliebenden, des allwissenden und allgegenwärtigen Geistes anvertrauen im festen Wissen, daß unrechtes Verlangen oder Sünde nicht Teil des wahren, geistigen Seins des Menschen sind.

Mrs. Eddy weist in Wissenschaft und Gesundheit auf folgendes hin: „Die Liebe einer Mutter kann ihrem Kinde nicht entfremdet werden, da die Mutterliebe Reinheit und Beständigkeit in sich schließt, die beide unsterblich sind. Daher lebt die mütterliche Liebe unter allen erdenklichen Schwierigkeiten fort.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 60.

Eine der wichtigsten Eigenschaften wahrer Mütterlichkeit und Väterlichkeit ist die treue Beständigkeit. Beständigkeit scheint heute nicht mehr sehr modern zu sein, aber wie sehr sehnt sich doch der Mensch nach beständiger Liebe, nach diesem geistigen Ausdruck von „Vätern“ und „Müttern“. Wie wäre es mit mehr Beständigkeit in unseren Freundschaften, in der ehelichen Liebe, in unseren Pflichten, in unserem Fleiß, in unserer Freundlichkeit — sei es am Arbeitsplatz, in der Schule, auf der Straße und zu Hause — oder mit mehr Beständigkeit in unserem Glauben und hingebungsvollem Engagement für die Kirche?

Wechselbäder von überschwenglichen Gefühlen — mal heiß, mal kalt — sowie Launenhaftigkeit sind nicht Teil wahrer Mütterlichkeit und Väterlichkeit. Gleichbleibende, treue Liebe, zu der man „unter allen erdenklichen Schwierigkeiten“ Vertrauen haben kann, entspricht dem göttlichen Vater-Mutter-Vorbild. Diese Liebe begegnet jedem Menschen zu jeder Zeit als Ausdruck Gottes.

Neben der Beständigkeit ist die Fürsorge ein weiterer wichtiger Ausdruck von Liebe im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Der heimgekehrte Sohn wurde bestens von Kopf bis Fuß eingekleidet, und ein großes Mahl wurde für ihn bereitet. Da ein Gleichnis Symbolcharakter hat, dürfen wir Gewand, Ring, Schuhe und das gemästete Kalb nicht nur materiell auffassen. Jede Gabe des Vaters hat eine tiefe geistige Bedeutung.

Die Liebe des Vaters macht alles neu. Sie kleidet den Menschen mit dem „besten Gewand“, dem Freudenkleid, und mit Heiligkeit und Schönheit. Sie schenkt den Ring als Zeichen ewiger Verbundenheit von Gott mit seinem Kind, „gibt Schmuck für Asche der Vergangenheit“ Liederbuch, Nr. 412., wie es in einem Kirchenlied aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft heißt. Mit den Schuhen sind die Füße vor dem Staub einer sinnlichen Welt geschützt. Der Sohn wird nicht mehr straucheln, sondern festen Fußes vorwärtsschreiten.

Die leibliche Fürsorge ist nur ein Aspekt, die geistige Fürsorge ein anderer, sehr wichtiger. Geistige Fürsorge besteht aus Gebet und einem geistigen Verständnis davon, was der Mensch als Kind Gottes ist. Sie sollte nie aufhören, weder für eigene Kinder noch für den Nächsten. Diese geistige Fürsorge neigt jedoch niemals zum Sicheinmischen und Dominieren. Sie ist unaufdringlich, tröstend, zärtlich, helfend, ja heilend und dabei ganz und gar selbstlos, ohne jede Berechnung von Vorteil oder Lohn. Geistige Fürsorge ist der wichtigste Teil der Kindererziehung sowie in dem Verhältnis zu unseren Mitmenschen.

Geistige Fürsorge ist sehr wichtig. Sie ist unaufdringlich, tröstlich, zärtlich, helfend, ja heilend und dabei ganz und gar selbstlos.

Muttersein oder Vatersein bedeutet auch, in der Ungeborgenheit der Welt ein warmes Nest zu schaffen, doch nicht nur für leibliche Kinder und persönliche Freunde. Da wahre väterlich-mütterliche Fürsorge eine widergespiegelte Eigenschaft des alliebenden Gottes ist, muß sie für alle Menschen in unserem Leben ausstrahlen und sie erwärmen. Diese Fürsorge erstreckt sich auch auf Tierwelt und Umwelt. Und weil sie eine Eigenschaft Gottes ist, kann sie von allen Menschen gelebt werden, ob jung oder alt, ob männlich oder weiblich, ob man Kinder hat oder nicht.

Geistige Fürsorge, als Ausdruck der göttlichen Liebe, heilt auch körperliche Disharmonien. Ich habe dies bei unseren Kindern erlebt. Sie wußten, daß sie immer — Tag und Nacht — zu uns kommen konnten, wenn sie Hilfe brauchten. So kam eines Nachts eine unserer Töchter zu mir. Sie weinte, war fiebrig und klagte über starke Ohrenschmerzen, die sie nicht schlafen ließen. Sie kuschelte sich zu mir ins Bett, und ich schloß die Arme um sie. Ich empfand keine Furcht, nur fürsorgliche Liebe, und ich wußte, daß wir beide im Schoße der göttlichen Liebe geborgen waren. Es war diese Geborgenheit in der zärtlichen Fürsorge unseres göttlichen Vaters und unserer göttlichen Mutter, die Sicherheit und Vertrauen gab — für Mutter und Kind. Der Christus, Gottes heilende Gegenwart, war bei uns und versicherte mir, daß der Vater die Gesundheit und das Wohlbefinden meiner Tochter erhält. Ich wußte, daß in Gottes Armen alle sicher und wohlauf sind, und wir schliefen beide ein. Als wir am nächsten Morgen aufwachten, war das Kind geheilt und konnte zur Schule gehen.

Geistig verstandene mütterliche und väterliche Liebe wirkt sich auch heilend auf zwischenmenschliche Beziehungen aus bis hin zum Nationalitäten- und Rassenhaß. Gäbe es unter den Menschen nur noch Mütter und Väter in Form von gelebten geistigen Eigenschaften, würde das weitgehend ein Aus für Gewalt, Untreue, Konkurrenzdenken, Gleichgültigkeit, Armut, Verwahrlosung, Tierquälerei und Elend sein.

Die beständige fürsorgliche Liebe Gottes begegnet der Frage Kains nach der Ermordung seines Bruders „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ 1. Mose 4:9. mit der klaren Antwort: „Ja, wie Christus Jesus es ausdrückte, ‚du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst‘ Mt 22:39..“

So ist es heute in einer scheinbar heil-losen Welt nicht nur wichtig, sondern lebensnotwendig, bewußt Eigenschaften zu leben, die der Mutterschaft und Vaterschaft Gottes entsprechen. Es schafft ein Stück Familie und Zuhause für uns und unseren Nächsten.

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