Wenn Uns Jemand ein Unrecht antut, fällt es uns schwer, nicht an Vergeltung zu denken. Aber durch das Studium der Christlichen Wissenschaft habe ich gelernt, daß solches Verhalten uns der Lösung des Problems keinen Schritt näherbringt. Wenn wir wütend werden, schaden wir nur uns selbst.
Aber es gibt eine Möglichkeit, sowohl den Schmerz des Verletztseins als auch die Ungerechtigkeit auszulöschen. Christus Jesus lehrte uns, wie. Es wird in der Bibel beschrieben und ist Teil der Bergpredigt Jesu. Das Matthäusevangelium überliefert seine Worte so: „Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ Mt 5:9. Frieden zu machen, wenn uns Enttäuschung oder Zorn erfüllt, ist nicht leicht — aber es ist möglich, wenn wir willens sind, zu beten und uns so von Gott führen zu lassen, wie Christus Jesus sich von Ihm leiten ließ.
Als erstes ist es wichtig, daß wir Gott besser kennenlernen. Gott ist unendliche Liebe. Er ist immer gegenwärtig und stets bereit zu heilen. Und Gott sendet niemals Böses. So wird uns zum Beispiel im fünften Buch Mose im Alten Testament versichert, daß Gott gut ist. Es heißt dort: „Er ist ein Fels. Seine Werke sind vollkommen; denn alles, was er tut, das ist recht. Treu ist Gott und kein Böses an ihm, gerecht und wahrhaftig ist er.“ 5. Mose 32:4.
Ein Gott der Wahrheit und der Gerechtigkeit! Wenn in unseren Augen ein Unrecht geschehen ist, dann wünschen wir nichts so sehr, als daß Wahrheit und Gerechtigkeit siegen mögen. Wahrheit und Gerechtigkeit sind Bestandteile des Friedens.
Doch um Frieden zu finden, müssen wir — so lehrte es Christus Jesus — selbst friedfertig und Friedensstifter sein. Nur dann können wir erkennen, daß wir Gottes Kinder sind. Statt daß wir uns in Rachegedanken verstricken oder darauf bestehen, daß „die andere Seite“ den ersten Schritt tut, müssen wir bewußt den Frieden zur Grundlage unseres Strebens nach Gerechtigkeit machen.
Das gelingt uns dann, wenn wir Gott als Wahrheit akzeptieren und unsere eigentliche geistige Beziehung zu Ihm anerkennen. Äußerlich betrachtet sind wir ganz unterschiedliche materielle Wesen: klein, groß, dünn, dick, reich, arm und so weiter. Aber Gott sieht uns ganz und gar nicht so. Er kennt jeden von uns als Sein vollkommenes Kind oder Seine Idee, nicht materiell, sondern geistig erschaffen.
Jeder von uns ist der individuelle Ausdruck des ureigenen Wesens Gottes — Sein Geschöpf, dessen Natur Freude, Liebe, Frieden und andere Gotteseigenschaften einschließt. Zorn oder Rachsucht ist kein Teil unseres geistigen Seins. Wir überwinden diese Gefühle, wenn wir solche ungeistigen Elemente nicht in uns dulden und beharrlich bei Gott Inspiration und Befreiung suchen.
Mrs. Eddy spricht über Wahrheit und Gerechtigkeit in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit. An einer Stelle schreibt sie: „Wahrheit sollte den Irrtum aus aller Selbstheit austreiben, und sie tut es auch. Wahrheit ist ein zweischneidiges Schwert, das schützt und leitet.. .. Strahlend von Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, leuchtet das Schwert der Wahrheit weithin und deutet den unendlichen Abstand an zwischen Wahrheit und Irrtum, zwischen dem Materiellen und dem Geistigen — dem Unwirklichen und dem Wirklichen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 538.
Gebet zeigt uns den „unendlichen Abstand“ zwischen einem unversöhnlichen Sterblichen, der voller Selbstgerechtigkeit ist, und dem Friedensstifter, der wirklich darum bemüht ist, Frieden in sein Leben und das seiner Mitmenschen zu bringen.
Ich weiß das aus eigener Erfahrung, denn es hat eine Zeit gegeben, in der ich sehr unter einer Ungerechtigkeit in der Familie litt. Menschlich gesehen konnte ich absolut nichts tun. Doch als ich betete, wurde mir klar, daß derjenige, der meiner Meinung nach so ungerecht gehandelt hatte, die ganze Sache einfach nicht mit meinen Augen sah. Dieser Wandel in der Perspektive — der erst nach wochenlangem Gebet zustande kam — befreite mich völlig von allem Zorn. Ich fühlte wirklich einen inneren Frieden. Nicht lange danach wurde die Situation, die mir so viel Kummer bereitet hatte, zu meiner Zufriedenheit bereinigt.
Ungerechtigkeiten können aufgehoben werden, wenn wir verstehen, daß der Mensch in Wahrheit ein geistiges, kein materielles Wesen ist. In meinem Fall hatte das Gebet, das an der Güte Gottes, Seiner Gerechtigkeit und Barmherzigkeit festhielt, buchstäblich die ganze Situation verändert. Aber selbst wenn sich nach außen hin nichts ändert, können wir doch beharrlich weiterbeten, bis wir die Wirklichkeit der Gegenwart Gottes in unserem Leben ganz unmittelbar und greifbar fühlen!
Wenn wir es lernen, uns so in Zucht zu nehmen, daß wir nach der geistigen Natur in jedem Menschen — einschließlich uns selbst — Ausschau halten, erlangen wir Schritt für Schritt den Frieden und die Herrschaft, die uns Jesus verheißen hat. Sind unsere Gedanken darauf ausgerichtet, dann fällt es uns leicht, den Wunsch nach Rache aufzugeben und uns der Gegenwart der göttlichen Gerechtigkeit bewußt zu sein, die uns zum Frieden führt — zum Frieden mit uns selbst und mit anderen.
Friede, Friede denen in der Ferne
und denen in der Näbe,
spricht der Herr;
ich will sie heilen.
Jesaja 57:19
