Wie Wandelt Man eine schrumpfende Kirche so um, daß sie bemerkenswertes Wachstum und geistigen Fortschritt erlebt? Um einige Antworten darauf zu geben, veröffentlichen wir hier den ersten Teil eines zweiteiligen Interviews mit zwei erfahrenen Christlichen Wissenschafterinnen aus der Christlich-Wissenschaftlichen Vereinigung in Minden.
Vor einigen Jahren fühlten sich und unabhängig voneinander dazu angeregt, nach Minden zu ziehen, um der Christlich-Wissenschaftlichen Vereinigung dort zu helfen. Frau Werner, eine im Herold eingetragene Ausüberin, beschloß, bei dieser Arbeit mitzuhelfen, als sie hörte, daß die Mitglieder erwogen, die Vereinigung aufzulösen.
Sie sagte: „Ich war 1960 aus der DDR gekommen und hatte nur unter schwierigsten Umständen Mitglied Der Mutterkirche werden können. Als ich dann im Westen lebte, hatte ich den tiefen Wunsch, am Erhalt der Kirchen mitzuarbeiten.“
Frau Lindner andererseits hatte früher schon einmal in Minden gewohnt. Ihre Rückkehr dorthin sieht sie als das Ergebnis geistiger Intuition und göttlicher Führung an. Sie sagte: „Ich hatte plötzlich eine berufliche Stellung aufgegeben, die mir viel Freude machte, ohne daß ich eigentlich einen Grund dazu hatte, denn ich hatte mich an dem Arbeitsplatz in Frankfurt außerordentlich wohl gefühlt. Es war dann ganz selbstverständlich, daß ich nach meinem Umzug wieder in die Vereinigung ging, in der ich schon einmal fünf Jahre Mitglied gewesen war.“
Herold-Redakteur leitete dieses Interview. Er fragte Frau Lindner und Frau Werner, wie die anderen Mitglieder auf die neuen Ideen eingingen, die sie in die Vereinigung einbringen wollten.
Ulla Lindner: Die haben sich alle gefreut. Aus einigen Bemerkungen war rauszuhören, daß einige Mitglieder glaubten, das Alte wäre nichts mehr wert, wenn nun neue Ideen, neue Impulse kamen. Aber ich denke, daß wir zeigen konnten, daß sich das Neue nur aus dem Alten, Bewährten entwickeln konnte — daraus, daß alle an den Erfahrungen teilhaben konnten. Ich hatte die Dankbarkeit für das Geleistete auch immer im Bewußtsein.
Ingeborg Werner: Wir haben auch weiterhin eine große Dankbarkeit für alle, die über Jahrzehnte treu gedient haben.
Lindner: In der gemeinsamen Arbeit als Mitglieder und als Christliche Wissenschafter ist es wichtig, daß eine große Wertschätzung füreinander sichtbar wird, daß man die Eigenschaften und Talente des anderen wirklich schätzt. Dadurch tritt auch viel mehr Gutes freiwillig und mühelos zu Tage.
Michael Seek: Sie haben also darauf geachtet, daß das richtige Bild vom Menschen auch ins Gespräch kommt, und nicht nur im stillen im Bewußtsein getragen wird?
Lindner: Ja, ganz gewiß. Wir haben uns klar gemacht, daß die Talente, die wir brauchen, auch vorhanden sind und daß sie gerne ausgedrückt werden. Das zeigte sich an ganz alltäglichen, praktischen Dingen der Kirchenarbeit wie bei der Buchführung.
Werner: Ich möchte diese Veränderungen und die Bereitschaft dazu auf die Liebe und Hilfsbereitschaft untereinander zurückführen. Die praktische Hilfe ist immer der Beweis der helfenden Liebe. Es macht allen Freude, Verbesserungen, eine einfachere Verwaltung, Fortschritt zu erleben und mitzugestalten. Jedes Mitglied sagt irgendwann: „Ich trage dies, ich mache das, ich bin dazu bereit.“ Wir stehen zusammen. Das ist für mich entscheidend. Dies ist bei unseren wenigen Mitgliedern unser Fundament. Das ist unsere Struktur.
Lindner: Es bringt Freude, wenn man sich gegenseitig hilft. Es ist so wichtig, daß jeder versteht, daß es Geist, Gott, ist, der die Sache vorantreibt. Dieser Gedanke hat uns bei unserer Arbeit in Minden sehr geholfen. So gab es bald keine Scheu mehr zu sagen: „Ich kann das nicht. Helfen Sie mir mal bitte.“ Gleichzeitig vertrauten wir darauf, daß alles, was wir wirklich für unsere Kirche brauchten, schon da war und daß wir genug Verständnis haben würden zu erkennen, daß diese Versorgung auch immer weiter erscheinen wird.
Seek: Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Lindner: Wir treffen uns seit einigen Jahren an jedem dritten Donnerstag im Monat für eine Stunde zu einer Sitzung im Interesse der Kirche. Dabei haben wir uns Zitate aus der Heiligen Schrift, aus der Bibellektion im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft oder etwas aus den Schriften von Mary Baker Eddy vorgenommen. Auch „Fortschritt“ oder „Kirche“ gehörten als Thema dazu. Das ist immer sehr zwanglos, ohne Protokoll. Nicht jeder muß etwas sagen. Mancher spricht spontan, andere haben einen Zettel vorbereitet. So kamen auch Fragen auf, die jemanden latent beschäftigten. Ich glaube, dadurch haben wir auch einander mehr lieben gelernt. Überhaupt hat bei uns allen dadurch eine geistige Entwicklung stattgefunden.
Werner: Jeder drückt mehr Liebe aus. Wir versuchen konsequent, das zu betätigen, was wir gelernt haben: den vollkommenen, geistigen Menschen zu sehen, den Gott geschaffen hat. Bei Schwierigkeiten und Verzögerungen ging es immer darum, sich nicht die Vision von Kirche nehmen zu lassen.
Seek: Ja, das ist die geistige Idee von Kirche, die Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit darlegt. Sie schreibt dort: „Der Bau der Wahrheit und Liebe; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 583.
Lindner: Indem man sich diese geistige Vision wieder vor Augen hält, kann man sich die Freude bewahren. So wird auch Ermattung oder Traurigkeit bei der Kirchenarbeit überwunden, weil einem wieder klar wird, warum man in der Kirche aktiv sein möchte.
Seek: Man kann also sagen, Sie sind die Kirchenarbeit von dieser geistigen Grundlage aus angegangen. Sie haben sich als Ausüber für die Kirche gesehen, Sie haben Heilungen erwartet und Heilungen erlebt.
Lindner: Ja, eigentlich alle Mitglieder.
Seek: Was für Eigenschaften in der Mitgliedschaft führen zu einer wachsenden, erfolgreichen Kirche?
Lindner: Vor allem Liebe. Liebe zu leben, das spornt uns an, Fortschritte zu machen und zusammenzuarbeiten. Und wir brauchen ganz viel Geduld, besonders wenn sich manche Dinge nicht so schnell wie erhofft entfalten. Auch Beharrlichkeit ist wichtig. Und Freude auszudrücken, Freude in die Kirche zu bringen. Diese Atmosphäre der Liebe und Freude ist das natürliche Element des Menschen, dort fühlt er sich wohl, da ist er gern.
Den zweiten Teil dieses Interviews können Sie im Februar-Herold lesen.
 
    
