Ich Erinnere Mich noch, wie ich als Kind mit meiner Mutter auf der Autobahn fuhr und ein Stück vor uns eine Wasserfläche auftauchte. Ich machte meine Mutter darauf aufmerksam, weil ich dachte, sie sollte vielleicht etwas langsamer fahren. Aber sie sagte, das sei kein Wasser, es sei eine Fata Morgana. Und dann erklärte sie mir, was eine Fata Morgana ist — daß da etwas vor einem erscheint, was aber gar nicht da ist. Ich glaubte ihr nicht, weil das „Wasser" so echt aussah. Doch als wir zu der Stelle auf der Autobahn kamen, wo das Wasser hätte sein müssen, stellte ich fest, daß da tatsächlich keins war. Ja, auch sonst war nichts auf der Straße zu sehen!
Eine Fata Morgana ist eine optische Täuschung, die durch die Brechung von Lichtstrahlen entsteht, wo es Luftschichten unterschiedlicher Temperaturen gibt. Aber wenn wir eine Fata Morgana sehen, können wir nicht sehen, wie die Lichtstrahlen durch unterschiedliche Temperaturen manipuliert werden. Wegen unserer begrenzten Sicht der Situation nehmen wir eine Wasserfläche auf der Straße wahr.
Wie steht es mit der begrenzten Sicht, die wir von uns selbst, von anderen Menschen und von der Welt haben? Haben wir es hier vielleicht auch mit einer Fata Morgana zu tun — mehr als wir bereit sind zuzugeben?
In der Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft habe ich gelernt, daß der Mensch als Gottes Bild und Gleichnis Seine geistige und vollkommene Widerspiegelung ist. Aber was ich vom Menschen um mich her sah, schien keineswegs vollkommen zu sein. Ich konnte diesen vollkommenen Menschen, über den ich hörte, nicht sehen. Dennoch heißt es in der Bibel: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut." 1. Mose 1:31. Gott schuf den Menschen zu Seinem eigenen Bild, Seiner Widerspiegelung. Die Widerspiegelung in unserem Spiegel kann nicht weniger tun als wir — und wir können nichts tun, was Gott nicht tut. Das ist eine geistige Tatsache. Und wenn wir das akzeptieren und uns im Leben daran orientieren, wird sich in der menschlichen Situation zunehmend die Harmonie Gottes und des Menschen zeigen.
Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind mit meiner Mutter auf der Autobahn fuhr und ein Stück vor uns eine Wasserfläche auftauchte. Aber sie sagte, das sei kein Wasser, es sei eine Fata Morgana. Und dann erklärte sie mir, was eine Fata Morgana ist — daß da etwas vor einem erscheint, was aber gar nicht da ist.
Mir wurde also klar, daß ich mich und andere und die ganze Welt mit geistigen Augen betrachten mußte und nicht aus einer begrenzten, menschlichen Sicht. „Der endliche Sinn hat keine wahre Wertschätzung von dem unendlichen Prinzip, Gott, oder von Seinem unendlichen Bild oder Seiner Widerspiegelung, dem Menschen. Die Fata Morgana, die Bäume und Städte da erscheinen läßt, wo sie nicht sind, veranschaulicht die Illusion des materiellen Menschen, der das Bild Gottes nicht sein kann"Wissenschaft und Gesundheit, S. 300., schreibt Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit.
Als ich mit meiner Mutter im Auto fuhr, sah ich die Fata Morgana immer wieder auftauchen und verschwinden. Ich erkannte sie jetzt schneller als das falsche Bild, das sie ja ist. Als ich später selbst Auto fuhr, hatte ich aus Erfahrung gelernt, nicht auf diese Illusion zu reagieren. Ich bremste nicht und wich nicht aus. Wenn ich jetzt eine Fata Morgana sehe, weiß ich natürlich sofort, daß sie ein Trugbild ist. Sie taucht zwar auf, aber ich bin gar nicht erst versucht, langsamer zu fahren oder in eine andere Fahrspur überzuwechseln, um dem „Wasser" auszuweichen.
Beim Studieren und Anwenden der Christlichen Wissenschaft erkennt und erlebt man mehr und mehr Beweise der Macht Gottes in Form von Heilung und geistigem Wachstum. Das gibt einem Zuversicht, und so vertraut man auf die Wahrheit der geistigen Identität des Menschen als Gottes Widerspiegelung, Seine Idee — selbst angesichts von scheinbar sehr überzeugenden materiellen Umständen. Ja, wir sehen zwar falsche Bilder, aber wenn wir anerkennen, daß alles, was Gottes Allgegenwart leugnen will, unwirklich ist, nehmen wir den Unwahrheiten jede Macht, die sie über uns zu haben scheinen.
Wir sind Herr über unser Denken, und wir können darüber entscheiden, was wir in unser Bewußtsein einlassen. Solches Beten ist nicht selbstsüchtig. Wenn wir nicht zuerst für uns selber sorgen und lernen und anerkennen, wer wir als Gottes geistige Widerspiegelung sind, wie können wir dann anderen helfen, das zu tun?
In der Schule konnte ich einmal in die Tat umsetzen, was ich über die Christliche Wissenschaft lernte. Eine Freundin kam zu mir und sagte, sie habe ein Fläschchen Pillen geschluckt. Es war niemand anders in der Nähe, der hätte helfen können. Aber ich wußte, daß ich mich immer an Gott wenden konnte, und so erklärte ich sofort, daß ich Seine geistige Idee bin. Nachdem ich mir meine eigene geistige Identität klargemacht hatte, fragte ich Gott, was ich tun sollte.
Meiner Freundin wurde schwummrig, und ich geriet in Panik. Meine Freundin war keine Christliche Wissenschafterin, und sie wollte auf keinen Fall, daß ich einen Notdienst oder ihre Eltern anrief. Dann würde sie weglaufen, drohte sie. (Rückblickend weiß ich, daß ich in diesem Punkt nicht klar gedacht habe, denn sonst hätte ich erkannt, daß sie gar nicht imstande gewesen wäre wegzulaufen.) Was sollte ich tun? Ihr Wasser ins Gesicht spritzen? Sie dazu bringen, sich zu übergeben? Ich wollte sie unbedingt davon abhalten, das Bewußtsein zu verlieren, und so dachte ich an Kaffee. Meine Freundin sagte, sie würde etwas Kaffee trinken, wenn ich ihr welchen holte. Ich ging los, aber dann hielt ich inne. Hatte Gott mir gesagt, das zu tun? Ich versuchte, ganz still zu sein und auf meinen Vater-Mutter Gott zu hören. Nein, Kaffee war nicht das Richtige, und ich wußte, daß wir etwas Besseres tun konnten.
Es schien, daß ich eine hilflose Sechzehnjährige war, deren Freundin mit dem Leben Schluß machen wollte. Aber ich wußte, daß dieses Bild eine begrenzte, falsche Anschauung von der Wirklichkeit war. Wie die Fata Morgana von dem Wasser auf der Straße.
Als Jesus erfuhr, daß sein Freund Lazarus krank war, sagte er: „Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes..." Joh 11:4. Ich erkannte, daß meine Lage auch eine Gelegenheit war, zu zeigen, daß Gott immer bei uns ist und daß wir in Wirklichkeit Seine geistige Idee sind, die für Ihn empfänglich ist, auf Ihn hört und Ihm gehorcht. Mir fiel eine Zeile aus Wissenschaft und Gesundheit ein, die mit den Worten endet: „... Wahrheit entfernt alles Schädliche in der richtigen Weise." Ich dachte daran, daß Wahrheit einen Irrtum immer auslöscht, genauso wie Licht die Dunkelheit vertreibt und offenbart, was wirklich da ist. Der Satz lautet vollständig: „Eine geistige Idee trägt kein einziges Element des Irrtums in sich, und diese Wahrheit entfernt alles Schädliche in der richtigen Weise."Wissenschaft und Gesundheit, S. 463.
Es schien, daß ich eine hilflose Sechzehnjährige war, deren Freundin mit dem Leben Schluß machen wollte. Aber so wirklich das Bild auch aussah, ich wußte, daß es eine begrenzte, falsche Anschauung von der Wirklichkeit war. Wie die Fata Morgana von dem Wasser auf der Straße konnte es zwar im Moment sehr überzeugend scheinen, aber es war nicht wahr. Mir fiel ein Lieblingsvers aus der Bibel ein. Jesus sagt da: „Ich kann nichts von mir aus tun." Joh 5:30. Und dann spricht er davon, wie er auf Gott hört und Seinen Willen tut. Meine Aufgabe war es, auf Gottes Führung zu lauschen und ihr dann zu folgen. Seine Macht erlöst und heilt. Wahrheit, Gott, hatte die Herrschaft über die Situation, nicht ich. Ich empfand eine innere Ruhe, und auch meine Freudin wurde ruhig. Bald darauf erbrach sie eine Menge Tabletten. Danach ließ sie mich ihre Eltern anrufen.
Sie wurde ins Krankenhaus gebracht. Nach der Untersuchung sagte der Arzt, daß sie sich schnell wieder erholen werde, aber man behielt sie trotzdem noch eine Nacht im Krankenhaus. Sie hatte eine tödliche Dosis an Schlaftabletten geschluckt. Das stellte man fest, als man die fehlenden Tabletten aus dem frisch geöffneten Fläschchen zählte. Aber dadurch, daß ich die Ruhe bewahrt hätte, sagte der Arzt, und meiner Freundin geholfen hätte, ruhig zu bleiben, hätte ich ihr Leben gerettet. Er fragte mich, was ich denn gemacht hätte. Und ich erzählte ihm, daß ich gebetet hatte. Er war überzeugt, meine Gebete hatten sie bei Bewußtsein gehalten. Und er sagte noch, wenn ich ihr Kaffee gegeben hätte, hätte ich sie dadurch töten können.
Was können wir in einer Situation tun, die furchterregend scheint? Eine Fata Morgana auf der Autobahn ist sehr überzeugend, aber sie hat keine Wirkung auf uns, wenn wir ihre Unwirklichkeit erkennen. Genauso brauchen wir uns nicht von dem falschen Bild täuschen zu lassen, das einen Menschen zeigt, der begrenzt, krank und hilflos ist. Wenn wir mit aufrechtem Herzen den Menschen ansehen, den Gott gemacht hat — den geistigen und vollkommenen Menschen, der niemals irgendwelchen materiellen Gesetzen oder Umständen ausgesetzt ist —, beweisen wir die Macht, die im Verständnis dieser Vollkommenheit liegt.
