Ist Gott Überall? Wer an Gott glaubt, wird diese Frage bejahen. Die Bibel weist immer wieder darauf hin, daß Gott gut ist und allen Raum erfüllt, daß Er unendlich ist. Wohl am deutlichsten und verständlichsten wird die Gottheit in den Bibelstellen dargestellt, die die göttliche Gegenwart mit Licht vergleichen, zum Beispiel in einem Psalm: „. .. so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht." Ps 139:12; Und im ersten Brief des Johannes erfahren wir, wie Christus Jesus den Menschen Gott erklärt hat: „Und das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis." 1. Joh 1:5;
Die Bibel sagt auch, daß Gott Liebe ist. Diese göttliche, ewige Liebe muß also überall sein — wie das Licht. Sie muß selbst dort vorhanden sein, wo Finsternis und Haß zu sein scheinen, auch wenn sich das den physischen Sinnen nicht unbedingt so darstellt. Doch unbestreitbar beweisen alle Werke Christi Jesu — von der Speisung der Menschenmenge über die Heilung der Kranken und Sünder bis zur Auferweckung der Toten —, daß die vollkommene Liebe gegenwärtig ist, immer bereit und fähig, uns vom Bösen zu erlösen. Jesus lehrte, daß diejenigen, die an ihn glauben, auch die Werke tun werden, die er getan hat. Siehe Joh 14:12; War Jesu eigene Auferstehung nicht ein überwältigender Beweis dafür, daß es der Wille der göttlichen Liebe ist, uns von Haß und Tod zu erlösen? Gewiß ist uns Gottes Liebe hier und jetzt — auf Erden — so nah, wie sie es nur sein kann. Das ist das Himmelreich, von dem Jesus sagte, es sei mitten unter uns.
In der Allgegenwart des Gemüts, das Liebe ist, kann es Keinen Ort geben, wo sich Haß verbergen und Bosheit und Gewalt ausbrüten könnte. Im Buch Hiob steht: „Es gibt keine Finsternis und kein Dunkel, wo sich verbergen könnten die Übeltäter." Hiob 34:22; Und Jesus sagt dazu: „Es ist nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird." Mt 10:26.
Doch wie kann die wunderbare Allheit der göttlichen Güte praktische Bedeutung für uns bekommen? Wie ist sie anwendbar auf die Verhinderung von Terrorismus?
Am Vorabend des Gipfeltreffens über den Terrorismus in Kairo schaltete ich die Nachrichten ein. Unter den sehr unterschiedlichen Auffassungen, die zwischen Hoffnung und Entmutigung hin und her schwankten, fand sich auch die Meinung, daß diplomatische und andere herkömmliche Verfahren nur in begrenztem Maße zur Beendigung des Terrorismus beitragen könnten. Das beste Mittel stelle daher Spionage dar, die allerdings schwierig durchzuführen und außerdem nicht zuverlässig sei.
Vor ein paar tausend Jahren gab es im Nahen Osten einen Propheten, einen Gottesmann, der sich Elisa nannte. Und Elisa hatte seinen König allein durch geistigen Weitblick vor drohenden feindlichen Angriffen warnen können, indem er ihm jedesmal genau den Ort nannte, an dem der Feind einen Hinterhalt legen würde, und so rettete er die Truppen seines Königs. Siehe 2. Kön 6:8–12; Der feindliche König, der sein Urteil auf die materiellen Sinne gründete, hatte dieses Phänomen auf Spionage zurückgeführt, nicht auf geistigen Weitblick. Er bat deshalb seine Untergebenen dringend, ihm doch endlich zu sagen, wer von den Seinen ein feindlicher Kundschafter sei.
Stellen Sie sich vor, wir könnten wie Elisa vorhersehen, was erforderlich ist, um irgendwo in der Welt den Frieden zu erhalten und terroristische Anschläge und die schrecklichen Zerstörungen und das Leid, das sie mit sich bringen, zu verhindern! Stellen Sie sich weiter vor, dieses Voraussehen wäre keine übernatürliche Gabe, sondern könnte von jedem erlernt werden, der bereit ist, alles zu tun, was erforderlich ist, um geistig zu sehen! Das heißt, auf eine Art zu sehen, die nichts mit weltlichen, materiellen Normen der Wahrnehmung zu tun hat. Sicher hat Elisa bewiesen, daß es „keine Finsternis und kein Dunkel" gibt, „wo sich verbergen könnten die Übeltäter". Aber bedeutet das, daß Gott das Böse sah und Elisa darüber informierte? Oder daß Elisa die besondere Fähigkeit besaß, Böses zu erkennen? Nein.
Elisa hatte seinen König allein durch geistigen Weitblick vor drohenden feindlichen Angriffen warnen können. Der feindliche König hatte dieses Phänomen auf Spionage zurückgeführt, nicht auf geistigen Weitblick.
Allgemein gilt, daß eine gründliche Kenntnis der Wahrheit einem den Irrtum immer deutlicher zu Bewußtsein bringt, so daß man ihn berichtigen kann. Aber das Prinzip, nach dem der Irrtum berichtigt wird, kennt den Irrtum nicht — und diese große Tatsache ist uns durch viele tägliche Dinge geläufig und verständlich. Zu den einfachsten Dingen gehört es zum Beispiel, daß uns die Unordnung in einem Zimmer auffallt, weil wir bereits wissen, was Ordnung ist. Einem Bankangestellten, der durch entsprechende Schulung die echten Banknoten seines Landes genau kennt, werden gefälschte Geldscheine sofort auffallen.
Die Aufdeckung und Zerstörung des Irrtums oder des Bösen hat offensichtlich ganz und gar nichts mit der Fähigkeit eines Menschen zu tun, das Böse zu erkennen, wohl aber mit seiner Fähigkeit, sich der Wahrheit und des Guten klar bewußt zu sein. Das gilt auch für Gott und den Menschen, Gottes vollkommenes Gleichnis. Nicht weil Gott, Wahrheit, das Böse kennt, sondern gerade weil Er es nicht kennt, kennt auch Sein unschuldiges geistiges Bild und Gleichnis das Böse nicht. Und weil jeder von uns die Fähigkeit hat, dieses unschuldige geistige Bewußtsein zu demonstrieren, können wir erkennen, was der Harmonie dient und sie erhält.
Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, schreibt Mary Baker Eddy: „Die alten Propheten gewannen ihren Blick in die Zukunft von einem geistigen, unkörperlichen Standpunkt aus, nicht dadurch, daß sie Böses ankündigten und Tatsache mit Dichtung verwechselten — daß sie die Zukunft von der Grundlage der Körperlichkeit und der menschlichen Annahme aus vorhersagten. Wenn die Menschen genügend in der Wissenschaft vorgeschritten sind, um mit der Wahrheit des Seins in Harmonie zu sein, werden sie unwillkürlich Seher und Propheten, die nicht von Dämonen, Geistern oder Halbgöttern, sondern von dem einen Geist beherrscht werden." Wissenschaft und Gesundheit, S. 84;
Stellen Sie sich vor, wir könnten wie Elisa vorhersehen, was erforderlich ist, um irgendwo in der Welt den Frieden zu erhalten und terroristische Anschläge zu verhindern!
Um diesen Blick in die Zukunft, wie die Propheten ihn besaßen, zu erlangen, müssen wir also demütig an der Erfüllung der wichtigsten Voraussetzung arbeiten: Wir müssen bereit sein, die Wissenschaft des Seins — die göttliche Wahrheit und Liebe — so gut zu kennen und zu leben, daß das Böse augenblicklich als eine Lüge ohne Macht und Kraft erkennbar wird. Gleichzeitig müssen wir bereit sein, das sündige Denken aufzugeben, das unseren geistigen Blick für die Wirklichkeit verdunkelt — Verleumdung, Haß, Bigotterie, Unversöhnlichkeit, Selbstgerechtigkeit, mentale Manipulation, Apathie, Fanatismus und sinnliche Begierde. Dann können wir zu „geistigen Sehern" werden. Durch den geistigen Sinn, nicht den materiellen Sinn, wird Haß (und seine Absichten) als Irrtum aufgedeckt.
Der geistige Sinn ist kein alternativer persönlicher Sinn der Sterblichen. Er hat nichts mit Hellsehen zu tun. Er ist auch kein Sinn Gottes, der von den Sterblichen benutzt wird. Er ist die natürliche Fähigkeit unseres geistigen Selbst, unserer wirklichen Identität, und wir erleben sie, wenn wir die materiellen Sinne unterwerfen. In Wissenschaft und Gesundheit wird erklärt: „Der geistige Sinn ist eine bewußte, beständige Fähigkeit, Gott zu verstehen." Ebd., S. 209;
Die Aufdeckung und Zerstörung des Irrtums oder des Bösen hat offensichtlich ganz und gar nichts mit der Fähigkeit eines Menschen zu tun, das Böse zu erkennen, wohl aber mit seiner Fähigkeit, sich der Wahrheit und des Guten klar bewußt zu sein.
Weiter steht im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft: „Das Vertrautsein mit der Wissenschaft des Seins befähigt uns, mit dem göttlichen Gemüt in größerem Maße in Gemeinschaft zu stehen, Ereignisse vorauszusehen und vorauszusagen, die das allgemeine Wohl betreffen, göttlich inspiriert zu sein — ja, in den Bereich des schrankenlosen Gemüts zu gelangen." Ebd., S. 84; Und eine Seite weiter lesen wir: „Dieses Gemüts-Lesen ist das Gegenteil von Hellsehen. Es ist die Erleuchtung des geistigen Verständnisses, das die Fähigkeit der Seele und nicht die des materiellen Sinnes demonstriert. ... Solche Eingebungen enthüllen all das, was die Harmonie ausmacht und sie ewig erhält; sie befähigen uns, Gutes zu tun, aber nicht Böses." Ebd., S. 85.
Vor einigen Jahren hatte ich ein Erlebnis, das zwar nicht die Größenordnung hat, die der Terrorismus heute in den Medien einnimmt, das aber doch die Wirkung geistiger Voraussicht zeigt.
Ich lebte als Studentin in Übersee und hatte in einem Vorort einer großen Stadt bei einer Familie ein Zimmer gefunden. Ihre Wohnung befand sich im Erdgeschoß eines drei- oder viergeschossigen Hauses, und zwar direkt rechts neben dem Hauseingang. Mein Zimmer lag gleich links hinter der Wohnungstür, die oft den ganzen Tag unverschlossen blieb, aber abends immer von der gleichen Person sorgfältig verschlossen wurde.
Jeden Abend bevor ich das Licht ausschaltete, betete ich und las in den Schriften Mrs. Eddys. Kurz vor dem Einschlafen empfand ich dann immer die starke und friedevolle Gegenwart Gottes und meine Einheit mit Ihm.
Eines Nachts, so gegen zwei oder drei Uhr, wachte ich auf, und es war mir, als ob eine Stimme sagte: Steh auf, und verschließ die Wohnungstür! Ich begegnete der Aufforderung zunächst mit menschlicher Logik anstatt mit Gehorsam. Ich meinte, daß ein bestimmtes Familienmitglied die Tür sicher verschlossen hätte. So drehte ich mich auf die andere Seite. Aber die Stimme kam wieder und befahl mir, aufzustehen und die Tür zu verschließen. Schließlich raffte ich mich auf und ging zur Wohnungstür. Sie war unverschlossen und ließ sich von außen ohne weiteres öffnen. Ich staunte, verschloß die Tür und ging wieder schlafen.
Am nächsten Morgen erzählte ich der Familie, was ich erlebt hatte, bevor ich mich auf den Weg zur Hochschule machte. Als ich abends zurückkam, waren alle sehr aufgeregt. Sie hatten deutlich das Gefühl, vor einer großen Gefahr bewahrt worden zu sein. Der Hausmeister des Mietshauses war am Morgen vorbeigekommen und hatte gefragt, ob alles in Ordnung sei. Ein Verbrecher war nachts in das Gebäude eingedrungen und hatte an allen Türen versucht, in die Wohnungen zu kommen. Da mein Zimmer sich direkt neben der Wohnungstür befand, wußte ich mit Sicherheit, daß mein Leben beschützt worden war.
Wenn es sich erweist, daß unser Leben in Übereinstimmung mit der göttlichen Liebe steht, werden die Menschen Prophezeiungen empfangen oder geistigen Weitblick zeigen. Und ganz gewiß kann und wird das Böse in jeder Form aufgedeckt — und ihm Einhalt geboten — werden.
