Eine Glückliche Kindheit schafft ein festes Fundament für das Leben, das sich darauf aufbaut. Aber ein traumatisches Erlebnis kann diese Grundlage erschüttern und negative Auswirkungen bis ins Erwachsenenleben haben. Sexueller Mißbrauch wie jede andere schlimme Erfahrung behauptet, dauerhaften Schaden anzurichten, weil man das Geschehene nicht ungeschehen machen kann. Und wenn es dabei um Kinder geht, scheint es noch schwerwiegender zu sein, denn sie müssen mit etwas fertig werden, was sie nicht einmal verstehen.
Können die Auswirkungen von sexuellem Mißbrauch, der sich in der Kindheit ereignete, geheilt werden? Ja — wenn wir verstehen, daß der Mensch, Gottes Kind, mehr ist als das physische Wesen, als das er sich darstellt, und daß Gott mehr ist als eine weitentfernte Gottheit.
Hier kann die Christliche Wissenschaft helfen. Für jeden, der sich durch solche Vergangenheit geschädigt fühlt, gibt es einen Weg, sich wieder frei und als ganzer Mensch zu fühlen: nämlich durch ein größeres Verständnis der Natur Gottes und der Beziehung des Menschen zu Ihm. Denn dadurch findet man den heilenden Balsam, der jede Spur von Befleckung und Unwürdigkeit tilgt. Das Studium der Bibel und des Buches Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy vermittelt ein tieferes Verständnis von Gott als unendlicher Liebe, und mit diesem Verständnis schwinden die seelischen Verletzungen, die das unmoralische Verhalten eines anderen vielleicht bei einem unschuldigen Opfer hinterlassen hat, nicht nur in eine ferne Vergangenheit, sondern fallen der Vergessenheit anheim. Die Christliche Wissenschaft heilt nicht nur, indem sie uns hilft, etwas Schlimmes zu vergessen, sondern indem sie uns zeigt, was wir wirklich sind — eine geistige Idee, Gottes geliebtes Kind, und daher ewiglich gut und rein. Die Auswirkungen einer bösen Erfahrung werden durch die Erkenntnis der unbefleckten Identität des Menschen beseitigt, die völlig geistig ist. Diese Wahrheiten können dem Kind helfen, das mißbraucht worden ist, und bringen in unserem eigenen Leben Befreiung, wenn wir unter so einer Erfahrung leiden mußten.
Als ich ein kleines Mädchen war, begann der Mann von nebenan mich sexuell zu mißbrauchen. Ich habe niemandem davon erzählt, weil ich zuerst gar nicht kapierte, was vor sich ging. Später fühlte ich mich eingeschüchtert. Als Teenager zog ich weg und hatte dann das Gefühl, daß ich der Sache entronnen war. Damals wurde über sexuellen Mißbrauch einfach nicht gesprochen. Jahre später, als das Thema viel in den Nachrichten behandelt wurde, erkrankte ich schwer an einem schmerzhaften Magenleiden. Mir wurde klar, daß ich das Problem verdrängt, aber nicht geheilt hatte.
Inzwischen war ich Christliche Wissenschafterin geworden, und so rief ich eine Ausüberin der Christlichen Wissenschaft an und bat sie um Hilfe. Ich wußte, daß Schwierigkeiten durch ein besseres Verständnis meiner Beziehung zu Gott geheilt werden konnten. Durch die Gebete der Ausüberin und meine eigenen Gebete verschwand die Wut und das Gefühl, um etwas betrogen worden zu sein, und ich erlangte ein größeres Verständnis meiner geistigen Natur und von Gott als meinem wahren Ursprung. Aber ich fühlte immer noch, daß ich einen Schaden davongetragen hatte.
Die vollständige Heilung trat ein, als ich die Ausüberin fragte, wie etwas, was verunreinigt worden war, je wieder ganz hergestellt werden könne. Ich weiß noch, wie frei ich mich fühlte, als die Ausüberin erklärte, daß Reinheit eine geistige und keine materielle Eigenschaft sei. Ich fühlte mich sauber gewaschen. Das Gefühl der Verunreinigung fiel wie ein schweres Gewicht von mir ab. Ich verstand jetzt, daß meine geistige Identität, das, was ich in Wirklichkeit bin und immer sein werde — und es gibt nichts anderes —, nie berührt worden war. In Wissenschaft und Gesundheit beschreibt Mrs. Eddy in einer Allegorie von einem Gerichtsfall den glücklichen Zustand des Gefangenen, nachdem er für unschuldig befunden wird. Genauso fühlte ich mich: „neugeboren, stark und frei" Wissenschaft und Gesundheit, S, 442.. Natürlich verschwand die körperliche Krankheit ebenfalls.
Durch die Gebete der Ausüberin und meine eigenen Gebete verschwand die Wut und das Gefühl, um etwas betrogen worden zu sein, und ich erlangte ein größeres Verständnis meiner geistigen Natur und von Gott als meinem wahren Ursprung.
Da Gott und Mensch eins sind, hat der Mensch immer alles Gute von Gott und kann es ausdrücken und widerspiegeln. Es ist wie mit der Sonne und ihren Strahlen. Die Lichtstrahlen drücken das Wesen der Sonne aus und teilen uns ihre Wärme und ihr Licht mit. Die Strahlen drücken immer die Wärme und das Licht der Sonne aus. Wärme und Licht werden ihnen nie ausgehen, denn sie kommen von einer dauerhaften Quelle.
Ein Lichtstrahl kann einem anderen nichts verdunkeln oder ihm etwas wegnehmen. Genauso ist das Gute des Menschen sicher vor Diebstahl und Zerstörung, weil es seinen Ursprung in Gott hat. In Wissenschaft und Gesundheit heißt es: „Geist Vermannigfaltigt, klassifiziert und individualisiert alle Gedanken, die so ewig sind wie das Gemüt, das sie erzeugt, aber die Intelligenz, das Dasein und die Fortdauer aller Individualität bleiben in Gott, der das göttlich schöpferische Prinzip derselben ist." Ebd., S. 513.
Der Glaube an ein Leben in der Materie behauptet genau das Gegenteil. Er erklärt, daß der Mensch ein materielles Wesen sei, das vielleicht irgendwann einmal von Gott geschaffen wurde, aber jetzt von Ihm getrennt und sich selbst überlassen ist. Daß der Mensch anfangs vielleicht etwas Gutes besessen habe, aber es von ihm selbst abhängt, ob es erhalten bleibt.
Das ist nicht die Wahrheit. Der Mensch steht nicht allein da, getrennt von seinem Schöpfer, sondern ist in Übereinstimmung und eins mit Ihm. Er ist mit dem göttlichen Prinzip verbunden und wird von ihm unterstützt. Er ist nicht auf sich selbst angewiesen, sondern auf die göttliche Liebe, die ihn in jeder Weise versorgt. Der Mensch lebt nicht in der Materie, wo er schutzlos vor Eindringlingen ist; er lebt im Geist, wo er immer unversehrt und unzerstörbar ist. Die biblische Verheißung an Josua gilt uns allen: „Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen." Jos 1:5.
Reinheit und Unschuld, die Eigenschaften, die sexueller Mißbrauch zu zerstören scheint, können in Wirklichkeit nie ausgelöscht werden, denn es sind geistige Eigenschaften. Sie bleiben unversehrt, weil sie aus einer göttlichen Quelle kommen. Aus unserem Einssein mit Gott, mit allem Guten, ergibt sich notwendigerweise, daß uns alles Gute gehört, und niemand kann es uns oder irgendeinem Kind Gottes nehmen.
Wenn uns etwas quält, was in der Vergangenheit stattgefunden hat, brauchen wir das nicht zu erdulden. Wir können die negativen Auswirkungen dadurch heilen, daß wir uns an Gott wenden. Er gibt uns diese Freiheit und auch die Fähigkeit, sie zu beweisen. Durch das Verständnis unserer Geistigkeit als Gottes geistiges Gleichnis können die Auswirkungen von Mißbrauch geheilt werden.
Wenn wir das, was wir verloren oder von uns genommen glaubten, in Gott suchen und finden, beweist sich Seine Liebe zu uns. Wir stellen fest, daß wir in den Armen der göttlichen Liebe sicher sind. Dort sind wir immer gewesen, und dort sind wir — und jedes Kind — in alle Ewigkeit.
