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„Liebe ist der Befreier” — das Leben und Werk von Mary Baker Eddy

Aus der Oktober 1999-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Was kennzeichnet eine große Frau — eine Frau, die es verdient, von späteren Generationen erinnert zu werden? Sicherlich gibt es viele Antworten auf diese Frage. Doch ein Maßstab für Größe ist zweifellos die Fähigkeit, angesichts von überwältigenden Herausforderungen erfolgreich zu bestehen. Ein weiterer ist das Aufgeben persönlicher Annehmlichkeiten und des eigenen Friedens, um anderen zu helfen, die verzweifelt nach Hoffnung und Wohlergehen suchen.

Mary Baker Eddy war eine Frau, die in diese Kategorie fällt. Angesichts von Krankheit, Armut, Diskrimination und Spott machte sie unermüdlich weiter — nicht nur um selber im Leben voranzukommen, sondern weil sie sich danach sehnte, anderen zu helfen. Und helfen tat sie. Sie war eine bemerkenswerte geistige Heilerin und Lehrerin. Sie war die Autorin eines Buches, das 1875 geschrieben wurde, aber bis heute ein Bestseller ist, weil es seinen Lesern hilft und sie heilt. Sie gründete eine Kirche und rief eine Tageszeitung ins Leben, die viele Preise gewonnen hat. Trotz alledem ist Mary Baker Eddys Geschichte vielen nicht bekannt.

Sie wurde 1821 geboren und wuchs im ländlichen New Hampshire in den Vereinigten Staaten auf. Und im 19. Jahrhundert gab es für Frauen wie sie alle möglichen Hindernisse, die ihrer freien Entfaltung im Weg standen.

Denken Sie nur daran, was diese Frauen jeden Tag anziehen mussten. Nicht nur trugen sie lange schwere Kleider, sondern sie mussten sich auch in eng geschnürte Korsetts zwängen. Wir betrachten heute eine Taillenweite von 60 cm oder 65 cm als schmal, aber diese Korsetts schnürten die Taille bis zu 50 cm oder 55 cm ein. Das war nicht nur eine Modesache, es hatte auch viele negative Auswirkungen. Nachforschungen haben ergeben, dass diese Korsetts schreckliche Beschwerden und sogar Verletzungen verursachten. Sie machten es schwer, frei zu atmen, und erst recht, sich frei zu bewegen.

Das Korsett kann als Symbol für all die Einschränkungen betrachtet werden, die die Frauen des 19. Jahrhunderts — nicht nur in Amerika, sondern in allen Teilen der Welt — erdulden mussten. Den Frauen wurden gesetzliche, soziale, politische, religiöse, medizinische Einschränkungen auferlegt und sie hatten nur begrenzte Bildungsmöglichkeiten. 1848 wurde in den USA die erste Frauenrechts-Konferenz abgehalten, um gegen diese Ungerechtigkeiten zu protestieren.

Mary Baker Eddy nahm zwar nicht an dieser Konferenz teil, aber sie erlebte zu jener Zeit all die Zustände, gegen die protestiert wurde. Sie war 27 und bereits verwitwet — eine alleinstehende Mutter mit einem kleinen Sohn. Die beiden lebten im Haus ihrer Eltern und waren finanziell von den Verwandten abhängig. Marys Schulbildung war begrenzt gewesen und die Aussicht je selbst für ihren Unterhalt aufkommen zu können war sehr gering. Sie schrieb in jenem Sommer an ihre Schwester: „Ich habe das Gefühl, dass ich diesen Sommer etwas beginnen muss, wenn meine Gesundheit dazu ausreicht. Ich möchte das Klavierspielen lernen, damit ich in den Süden ziehen und unterrichten kann. Das ist alles, was ich je werde tun können, und wenn ich das schaffe, werde ich unabhängig sein. O wie sehr wünschte ich, dass Vater mich etwas hätte lernen lassen." Robert Peel, Mary Baker Eddy, The Years of Discovery, (Boston: The Christian Science Publishing Society, 1972).

In diesem traurigen Brief erwähnt Mary Baker Eddy ihren schlechten Gesundheitszustand, der ein großes Hindernis für sie darstellte. Frauen wurden damals als schwach und kränklich betrachtet und oft waren sie auch krank und bettlägerig. Das Invalidentum wurde geradezu gepflegt. Dies war jedoch nicht nur ein kulturelles Phänomen. Die groben Methoden und rauhen Medikamente, die die Ärzte gebrauchten, verursachten bei vielen Frauen permanente Beschwerden und innere Verletzungen, besonders im Zusammenhang mit dem Gebären von Kindern. Und Mitte des 19. Jahrhunderts starben 8 von 100 Frauen an Tuberkulose, die damals Schwindsucht hieß. Weiblichkeit wurde so sehr mit Krankheit in Verbindung gebracht, dass ein berühmter Arzt jener Zeit, Dr. Weir Mitchell aus Philadelphia, bemerkte: „Ein Mann, der keine kranken Frauen kennt, kennt die Frauen nicht." Barbara Ehrenreich und Deidre English, Complaints and Disorders, The Feminist Press, New York.

Mary Baker Eddy selbst war schwächlich und oft ans Bett gefesselt. Sie litt an ernsten Wirbelsäulen- und Verdauungsproblemen. Ja ihr Sohn wurde entgegen ihren Wünschen von ihr getrennt und in Pflege gegeben, teils weil die Familie so besorgt um ihre Gesundheit war. Sie hatte nach dem Gesetz kein Recht ihn zu behalten und war körperlich und finanziell auch gar nicht dazu in der Lage. Die Trennung von ihm war ein schwerer Schlag. Selbst als sie wieder heiratete, hielt man den Sohn von ihr fern. Und unglücklicherweise endete diese Ehe in Armut und Obdachlosigkeit. Der Mann wurde ihr untreu und verließ sie.

Trotz alledem fand Mary Baker Eddy einen Weg voranzukommen. Sie schrieb für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, was ihr zwar nur ein mageres Einkommen einbrachte, ihr aber einen intellektuellen Ansporn gab. Was ihre Gesundheit betraf, so befasste sie sich, wie so viele Menschen heute auch, mit den verschiedenen Gesundheitsreform-Bewegungen, die in der damaligen Zeit Zulauf erhielten. Sie experimentierte mit Diäten, Wasserkuren und der Homöopathie. Sie erforschte auch die Anwendung von etwas, was man heute Placebos nennen würde. Bei all diesen Bemühungen ging es ihr nicht nur um ihr eigenes Wohlergehen, sondern auch darum, das Leiden anderer zu lindern. Ihre Experimente und Erfahrungen zeigten ihr einen eindeutigen Bezug zwischen dem Denken und der Gesundheit eines Menschen, eine Verbingung zwischen mind und body.

Durch diese Methoden fand Mary Baker Eddy allerdings nicht die Heilung, die sie suchte, aber sie gab nie auf. Sie wandte sich an Gott. Sie war immer sehr religös gewesen und war in einer frommen christlichen Familie aufgewachsen, wo täglich laut aus der Bibel vorgelesen wurde. Von klein auf hatte sie instinktiv die Prädestinationslehre zurückgewiesen, der zufolge einige Menschen auf ewig verdammt sind. ohne etwas dagegen tun zu können. Sie hatte immer Gott geliebt und auf Ihn als Liebe vertraut. Daher konnte sie nie die weit verbreitete Anschauung akzeptieren, dass es Gottes Will ist, wenn Menschen krank werden und sterben. Sie akzeptierte Jesu Verheißung in der Bibel, dass seine Nachfolger ebenso heilen würden wie er.

Sie vertiefte sich in ein intensives Studium der Bibel — mit dem Ziel zu entdecken, wie das in der Bibel beschriebene Heilen in der heutigen Zeit angewandt werden kann.

Nach mehreren Jahren tiefen Gebets und intensiven Studiums der Bibel und nachdem sie eine geistige Heilung von einer ernsthaften Verletzung erlebt hatte, gelangte Mary Baker Eddy zu der Überzeugung, dass sie entdeckt hatte, wie christliches Heilen gelernt und zuverlässig praktiziert werden kann. Sie glaubte die wesentlichen Elemente — die göttlichen Wahrheiten — gefunden zu haben, die den Heilungen in der Bibel, inbesondere den Heilungen Jesu, zugrunde lagen. Da diese Methode systematisch anwendbar und für alle verfügbar war, nannte sie ihre Entdeckung die Wissenschaft des Christus oder Christian Science.

Schon andere Reformerinnen, unter ihnen Elizabeth Cady Stanton, hatten darauf hingewiesen, dass, wenn Gott alle Männer und Frauen geschaffen hat und wir alle Kinder Gottes sind, wir alle gleich sind. Mary Baker Eddy fügte hinzu: Wenn Gott jeden von uns geschaffen hat, sind wir nicht nur alle gleich, wir sind als Gottes Bild im wesentlichen geistig — und vollkommen und frei. Sie selbst wurde durch diese Erkenntnis der geistigen Beschaffenheit des Seins völlig von ihren langjährigen gesundheitlichen Problemen geheilt. Auch fand sie schließlich ein glückliches Heim durch ihre Heirat mit Asa Gilbert Eddy, einem der ersten Christian Science Praktiker.

Wenn sie auch dankbar war für die neue Freiheit in ihrem Leben, so blieb sie doch hier nicht stehen. Sie fühlte sich gedrängt, das Gelernte an andere weiterzugeben, die durch schlechte Gesundheit oder gesellschaftliche Einschränkungen und religiöse Unterdrückung gefesselt waren. Sie stellte fest, dass ihre neue Anschauung von Mann und Frau als geistig und vollkommen, zum Bild und Gleichnis Gottes geschaffen, ihr die Fähigkeit gab andere allein durch geistige Mittel zu heilen.

Mary Baker Eddy legte diese Heilmethode in einem Buch dar, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, damit auch andere über die umwandelnde Macht dieser geistigen Anschauung von Identität erfahren konnten. Wenn Mrs. Eddy heute mit uns sprechen könnte, was würde sie wohl sagen, warum sie dieses Buch geschrieben hat? Sie sagt es uns in dem Buch selbst. „Ich sah vor mir die Kranken, die sich in Jahren der Knechtschaft unter einem unwirklichen Herrscher verzehrten in dem Glauben, dass der Körper an Stelle des Gemüts sie regieren würde." Wissenschaft und Gesundheit, S. 226.

Wissenschaft und Gesundheit wurde kurz nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs geschrieben und die Befreiung von Sklaverei war ein Thema, das bei den Menschen Resonanz fand. Zur gleichen Zeit erkannten die Frauenrechtler die Notwendigkeit, dass Frauen mehr Freiheit brauchten. Mary Baker Eddy war zwar nicht politisch aktiv, erkannte jedoch, dass das Konzept der Freiheit in einem viel breiteren Rahmen Anwendung finden musste. Sie sah, dass Männer, Frauen und Kinder in der ganzen Welt von Furcht, Abhängigkeit, Krankheit, Armut und allem, was die Menschheit begrenzen und bedrücken möchte, befreit werden müssen. Sie erkannte die göttlichen Rechte jedes Einzelnen ein.

In Wissenschaft und Gesundheit schreibt sie: „Ich hoffe, lieber Leser, dass ich dich zum Verständnis deiner göttlichen Rechte führe, zu deiner dir vom Himmel verliehenen Harmonie — dass du beim Lesen erkennst, dass es keine Ursache gibt (außerhalb des irrenden. sterblichen, materiellen Sinnes, der keine Macht ist), die dich krank oder sündig machen kann; und ich hoffe, dass du diesen falschen Sinn besiegst." Ebd., S. 253.

Sie weist darauf hin, dass ein Gott, der Liebe ist, niemanden krank machen würde, dass Krankheit vielmehr die Folge von Furcht ist — und von einer begrenzten, materialistischen Anschauung von Gott und unserer eigenen Identität. Das bedeutet, dass es immer wichtig ist, die Furcht durch göttliche Liebe zu beschwichtigen. Ferner ist es unerlässlich, dass das Denken vergeistigt wird — dass man von einer rein physischen Vorstellung von Identität zu einem Verständnis dessen gelangt, was es heißt, das Bild Gottes, des göttlichen Geistes, zu sein.

Wissenschaft und Gesundheit betont, wie wichtig es ist, das Denken und Handeln zu läutern und ehrlich und sanftmütig zu sein. Dies ist jedoch nicht mit Schwäche zu verwechseln. Vielmehr fordert Mary Baker Eddy ihre Leser auf, von ihrem Körper „Besitz zu nehmen" und gegen alles zu „rebellieren", was nicht von einem liebevollen Schöpfer stammt. Sie stellt den Lesern ihres Buches die Mittel bereit, mit denen sie Herrschaft über ihr Leben gewinnen können — dadurch, dass sie von einem geistigen Standpunkt aus denken oder, wie sie es ausdrückt, nur ein Gemüt, nämlich Gott, haben. Dass dieses göttliche Gemüt die wahre Heilkraft ist, war ihr deutlich bewiesen worden. Diese Anleitungen, wie man Herrschaft über sein Leben und Denken gewinnt, machen das Buch heute noch in aller Welt populär.

Die berühmte Frauenrechtlerin Susan B. Anthony sagte einmal: „Vorsichtige Menschen können niemals Reformen in Gang bringen. Wer es wirklich mit einer Sache ernst meint, muss bereit sein sich zu verachteten und niedergemachten Ideen zu bekennen und die Folgen auf sich zu nehmen." Ida Husted, The Life and Work of Susan B. Anthony. Das traf zweifellos auf Mary Baker Eddy zu.

Wie andere Frauen, die innovative Ideen in Bezug auf Gesundheitspflege und Religion präsentierten und förderten, stieß Mary Baker Eddy auf heftigen Widerstand von Seiten der Mediziner, der Theologen und der Presse. Trotzdem, und teils auch als Folge davon, eröffnete sie ein Institut, an dem ihre Heilmethode gelehrt wurde — das Massachusetts Metaphysical College, das heute in anderer Form weiter existiert. Sie gründete ihre eigene Kirche — die Church of Christ, Scientist — und setzte einen einzigartigen unpersönlichen Pastor für die Kirche ein, der aus der Bibel und Wissenschaft und Gesundheit besteht. Sie gründete ihre eigene Verlagsgesellschaft, die weiterhin tägliche, wöchentliche, monatliche und vierteljährliche Publikationen herausbringt, die rund um den Globus in verschiedenen Sprachen gelesen werden.

Jede Frau in ihrer Zeit und ihrer Lage, die auch nur eine dieser Leistungen vollbracht hätte, wäre als bemerkenswert angesehen worden. Aber sie hat all das und mehr vollbracht. Jedesmal wenn sie bei ihrem Fortschritt auf ein ernstes Hindernis stieß, benutzte sie es als Vehikel, das sie vorwärtstrug und ihren nächsten Schritt klarer werden ließ. Sie gab nie auf, weil sie sich danach sehnte anderen zu helfen.

In einem Interview, das 1908 (in der Zeitschrift New York American) veröffentlicht wurde, sagte Clara Barton, die Gründerin des Amerikanischen Roten Kreuzes, über Mary Baker Eddy: „Der Respekt, die Bewunderung und die Liebe der ganzen Nation sollte Mrs. Eddy gelten, denn sie ist ihre größte Frau. Liebe durchdringt alle Lehren dieser großen Frau — die so groß ist, dass wir aus unserer Perspektive, so glaube ich, kaum erkennen können, wie groß — und ein Blick in ihr Leben offenbart nichts als Selbstaufopferung und Selbstlosigkeit." The

Wie Clara Barton und andere große Frauen des 19. Jahrhunderts überwand Mary Baker Eddy Begrenzungen und fand Heilung und Fortschritt. Und ihre Arbeit und ihre Schriften haben zahllosen a unseren, in ihren und unseren Tagen, die Fähigkeit gegeben das Gleiche zu tun.

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