Ich lebte in Los Angeles, als sich dort im Januar 1994 das Erdbeben ereignete. Seine Auswirkungen sind zwar nicht zu vergleichen mit dem Schaden und dem Leid, das vor einigen Monaten die Erdbeben in der Türkei und in Taiwan angerichtet haben. Doch ich habe damals etwas gelernt, was mir hilft für die Opfer solcher Katastrophen zu beten.
Für mich war das Entnervende an dem Erdbeben in Los Angeles nicht so sehr das Erdbeben selbst als vielmehr die Willkür der Nachbeben. In der Woche nach dem ersten großen seismischen Geschehen wurde — in unregelmäßigen Zeitabständen und ohne vorherige Warnung — der Boden erschüttert und in dem Gebäude, in dem ich mich gerade befand, wackelte und klirrte es.
Manchmal war ich auf der anderen Seite des Beckens von Los Angeles, weit weg von meiner Familie. Aber selbst wenn das Nachbeben dort, wo ich mich aufhielt, sehr stark zu sein schien, wusste ich doch, dass das Epizentrum woanders gelegen haben könnte. Das bedeutete, wenn ich die Bodenbewegungen spürte, konnte sich möglicherweise anderswo eine Katastrophe ereignet haben.
Dieses Szenario machte mich so furchtsam, dass ich Schwierigkeiten hatte, klar zu denken. Ja, die ganze Stadt schien von dieser Ungewissheit erfasst zu sein. Obgleich viele Menschen hilfreiche Eigenschaften wie Intelligenz, Mut und Nächstenliebe bewiesen, waren viele andere jedoch benommen und beunruhigt. Ich musste einen Weg finden, aus dieser ständigen Unruhe herauszukommen.
Eine Bibelgeschichte hatte mir immer geholfen, wenn ich von Zerstörungen monumentalen Ausmaßes hörte — nämlich die Geschichte von Noah und der Arche Siehe 1. Mose, Kap. 6-9.. Wieder einmal wandte ich mich diesem Bericht zu, um Trost und Hilfe zu finden.
Bevor der Regen einsetzt — Regen, der die Erde überschwemmt —, trägt Gott dem rechtschaffenen Noah auf, eine Arche zu bauen, um die verschiedenen Tierarten, die die Erde bevölkern, zu retten. Noah gehorcht und die Arche ist fertig, als die Sintflut kommt. „Vierzig Tage und vierzig Nächte" schwimmt die Arche auf den Wellen und alle Insassen befinden sich in Sicherheit. Schließlich geht das Wasser zurück und Noah, seine Familie und die Tiere können die Arche verlassen. Gott sagt zu Noah: „Ich richte mit euch einen Bund auf und mit euren Nachkommen und mit allem lebendigen Getier bei euch, an Vögeln, an Vieh und allen Tieren des Feldes bei euch ... Ich richte meinen Bund so mit euch auf, dass hinfort nicht mehr alles Fleisch verderbt werden soll durch die Wasser der Sintflut und hinfort keine Sintflut mehr kommen soll, die die Erde verderbe." 1. Mose 9:9-11.
Die Arche wird im Christian Science Lehrbuch als Symbol bezeichnet für „Gott und Mensch zugleichbestehend und ewig; die Wissenschaft, die zeigt, dass die geistigen Wirklichkeiten aller Dinge von Ihm erschaffen sind und für immer existieren" Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 581.. Gottes Verheißung, dass kein Leben verderbt bzw. zerstört werden soll — und dass Sie und ich und alle Geschöpfe immer als Seine geliebten Kinder fortbestehen werden — reicht weit hinaus über das, was wir im Hier und Jetzt sehen.
Gott ist Leben, und das bedeutet, dass Leben ewig, unwandelbar, vollkommen und geistig ist. Gottes Schöpfung spiegelt Leben wider. Diese Schöpfung besteht aus Ihnen und mir und allen Geschöpfen. Doch selbst diese Definition muss über das hinausreichen, was wir mit den Augen sehen. Die wahre Identiät alles dessen, was der göttliche Geist erschuf, muss Gott gleich — und daher geistig — sein, nicht materiell. Und ein geistiges Wesen kann nicht von den Fluktuationen irgendwelcher materieller Umstände beeinträchtigt werden. Ein Erdbeben kann den wahren Menschen, der Sie und ich sind, nicht berühren. Wir bestehen zugleich mit Gott.
Die Bibel berichtet auch von einem Geschenk, das Christus Jesus seinen Freunden hinterließ: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht." Joh 14:27. Dieser Frieden bedeutet nicht, sich einfach einzureden, dass ja alles in Ordnung sei, oder den Schrecken, den wir sehen, zu verdrängen. Vielmehr ist dieser Frieden die vernünftige, logische Schlussfolgerung, die wir aus der fundamentalen Wahrheit ziehen, dass wir zugleich mit Gott bestehen, dass Gott allmächtig und wohlwollend ist und Er daher nichts hervorbringt, wovor wir uns fürchten müssten.
Als ich über Gottes Verheißung und Jesu „Geschenk des Friedens" nachdachte, fand ich das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit, das ich brauchte. Die große Ungewissheit, die ich verspürt hatte, ließ nach und ich konnte wieder mit Hoffnung in die Zukunft blicken.
Bei den tragischen Ereignissen, die sich in Erdbeben- und anderen Katastrophengebieten abgespielt haben, bete ich, dass der gleiche Frieden das Herz eines jeden Betroffenen auf der Suche nach Schutz und Sicherheit erfüllen möge. Ich bete, um zu erkennen, dass Gottes Bund mit Seinem Volk in Kraft ist und Seiner ganzen Schöpfung Schutz und Führung gewährt. Ich bete, um zu erkennen, dass trotz der Meldungen in den Nachrichten, die ich höre, jeder einzelne Mensch zugleich mit Gott besteht und dass jedes Gesicht, das ich im Fernsehen sehe, ein Wesen in Gottes geliebter Schöpfung darstellt. Unsere Gebete können mithelfen Kummer und Leid aufzulösen und sie können den Menschen helfen das Geschenk des Friedens zu spüren.
