Athanasios wurde gegen Ende des dritten Jahrhunderts in einem kleinen ägyptischen Wüstendorf geboren. Sein religiöser Eifer erregte die Aufmerksamkeit eines Bischofs am Ort und dieser half dem strebsamen Jungen, die Priesterweihe zu erlangen. Im Jahr 325 nahm Athanasios am Konzil von Nicäa teil, das Kaiser Konstantin einberufen hatte, um einen Lehrstreit in der sich rasch ausbreitenden Kirche beizulegen. Innerhalb kurzer Zeit wurde der junge Geistliche zum hohen Amt des Bischofs von Alexandria berufen.
Sein langes Leben lang fand Athanasios weithin für seine unermüdliche Verteidigung des orthodoxen Christentums Anerkennung. In seiner Rolle als führender Vertreter der Kirche stritt er sich oft heftig mit dem römischen Kaiser, der ihn fünfmal aus Ägypten verbannte. Athanasios erlangte auch Ruhm als Autor. Er verfasste viele Werke, in denen er seine Ansichten über die Lehren und die Mission der christlichen Kirche verteidigte. Eine seiner bedeutendsten Schriften ist Das Leben des Heiligen Antonius, in dem die geistigen Heilungen aufgezeichnet sind, die dieser berühmte asketische Mönch in der ägyptischen Wüste vollbrachte.
Athanasios war schon frühzeitig Zeuge von Antonius' Heilungen gewesen und hatte ihn predigen hören. Dieser führende Vertreter des Wüstenmönchtums war einer der einflussreichsten Sprecher der Kirche. Viele Menschen reisten von ferne an, um ihn predigen zu hören und von Krankheiten jeder Art geheilt zu werden. In einem Abschnitt seines Buches „Wunderwerke in der Wüste“ beschreibt Athanasios viele von Antonius vollbrachte Heilungen körperlicher und geistiger Krankheiten. Diese Heilungen zeigten oft, wie notwendig Gehorsam und Demut sind.
So gab es zum Beispiel einen Mann namens Fronto, der aus Palatium stammte. Er litt unter einer furchtbaren Krankheit, die ihn ständig seine Zunge beißen ließ; auch ließ sein Sehvermögen nach. Er kam zum Berg und bat Antonius, für ihn zu beten. Dieser betete und sagte dann zu Fronto: „Geh und du wirst geheilt werden.“ Fronto ließ jedoch nicht ab und blieb viele Tage dort, während Antonius immer wiederholte: „Du kannst nicht geheilt werden, solange du hier bleibst. Geh, und wenn du in Ägypten ankommst, wirst du das Wunder sehen, das an dir vollbracht ist.“ Das überzeugte Fronto und er machte sich auf den Weg; sobald Ägypten in Sicht kam, verließ ihn die Krankheit. Antonius hatte seine Anweisungen im Gebet vom Erlöser empfangen und sie heilten Fronto. Hans von Campenhausen, The Fathers of the Greek Church [Die Väter der griechischen Kirche], (New York, 1959), Abschnitt 57.
Ein anderes Mal heilte Antonius ein junges Mädchen, das sich in einiger Entfernung von ihm hielt, als er die schwere Krankheit aus ihr austrieb. Diese Heilung zeigt, dass Entfernung für die Macht Gottes kein Hindernis darstellt.
Ein Mädchen aus Busiris in Tripoli hatte eine furchtbare, ekelerregende Krankheit ... Außerdem war ihr Körper gelähmt und sie hatte schlechte Augen. Ihre Eltern hörten, dass ein paar Mönche sich auf dem Weg zu Antonius befanden. Da sie an den Herrn glaubten, der die Frau mit dem Blutfluss geheilt hatte, baten sie die Mönche, sie mit ihrer Tochter begleiten zu dürfen. Die Mönche willigten ein. Die Eltern blieben mit dem Mädchen unten am Berg ...
Die anderen [Mönche] stiegen den Berg hoch; und als sie im Begriff waren, Antonius von dem Mädchen zu erzählen, hatte er das schon erwartet und erzählte ihnen von all dem Leiden des Kindes und wie es mit ihnen mitgereist war. Als sie dann fragten, ob diese Leute auch hereinkommen durften, erlaubte er es ihnen nicht, sondern sagte: „Geht und ihr werdet sie gesund vorfinden, wenn sie nicht gestorben ist ... Ihre Heilung ist das Wort des Erlösers, der seine Barmherzigkeit allerorten denen zeigt, die ihn anrufen. Auch in diesem Fall hat der Herr ihr Gebet erhört und Seine Liebe zu den Menschen hat mir offenbart, dass Er die Krankheit des Kindes dort, wo es ist, heilen wird.“ Und so geschah das Wunder auch; als sie hinuntergingen, fanden sie die Eltern voller Freude vor und das Mädchen war von da an bei guter Gesundheit.“ Ebd., Abschnitt 58.
Eine dritte Heilung geschah an einem Mann gehobenen Standes, der von einem Dämon besessen war. Der Dämon war furchterregend und die Männer brachten ihn zu Antonius und baten ihn, dass er für seine Heilung beten möge. Der Wüstenmönch betete und blieb die ganze Nacht bei dem besessenen Mann.
Gegen Morgen stürzte der junge Mann plötzlich auf Antonius zu und versetzte ihm einen Stoß. Seine Begleiter wurden deswegen böse, doch Antonius sagte: „Seid diesem jungen Mann nicht böse, denn es ist nicht seine Schuld, sondern die des Teufels in ihm. Weil er bedroht und ihm befohlen wurde, sich zu einem Wüstenplatz zu begeben, ist er von Sinnen und hat das getan. Dankt daher dem Herrn, denn dass er mich so angegriffen hat, ist ein Zeichen dafür, dass der Teufel ihn verlassen hat.“
Kaum hatte Antonius das gesagt, als der junge Mann wieder ganz normal war. Da er bei Sinnen war, erkannte er, wo er sich befand und umarmte den alten Mann und dankte Gott.Ebd., Abschnitt 64. 4Robert Payne, The Fathers of the Eastern Church [Die Väter der östlichen Kirche], (New York, 1989), S. 105.
Athanasios' Buch über Antonius' Leben und Heilungswerke übte auf das christliche Denken im Mittelmeerraum einen starken Einfluss aus. In nahe gelegenen Wüsten und ländlichen Gebieten ganz Europas wurden neue Klöster errichtet. Ein Historiker schreibt über Antonius' Rolle bei der Ausbreitung des Christentums Folgendes:
Das Leben des Antonius ... war ein eindrucksvolles Dokument von unabsehbarer Auswirkung auf die Zukunft des Christentums ... Die Schlichtheit des Antonius entzog dem komplizierten Dogma den Boden. In England, Frankreich und Deutschland war man mit der Wüste um das Rote Meer herum vertraut, denn Antonius hatte dort gelebt; und für sie stand die Wüste in Blüte und war etwas Wirkliches und es schien ihnen, dass die von Antonius vollbrachten Wunderwerke von der Art waren, die jedermann tun konnte, wenn sein Glaube stark genug war, und was bereitete mehr Freude, als „auf Gott vertrauend seinen Weg zu gehen und die Teufel lächerlich zu machen“.
