Die meisten von uns lernen Geschichte und sehen das Leben anderer aus der Sicht von „Geschichtenerzählern" — von Historikern und Biografen. Sie geben die Fakten und das Geschehen, über die sie berichten, aus ihrer eigenen Perspektive wieder. Das ist für die Leser nichts Neues.
Der große holländische Historiker Peter Geyl sagte einmal zu Recht, dass Geschichtsschreibung „ein Wortstreit ohne Ende" ist. Die meisten Forscher teilen die Ansicht, dass seriöse Geschichtsschreibung, wenn überhaupt, nur wenige feststehende, umumstößliche und unveränderliche Wahrheiten liefert, die späteren Prüfungen und Untersuchungen standhalten. Selbst Historiker, die sich mit solch weltweit berühmten Gestalten wie Napoleon, Oliver Cromwell, George Washington und Abraham Lincoln befasst haben, debattieren weiter über deren persönliche Charakterzüge, Ideen und Leistungen — Kurz, über deren Größe —, ohne ihren Beitrag zur Geschichte in irgendeiner Weise in Abrede zu stellen.
Unsere Bibliotheken — und zunehmend auch die Dokumentarsendungen im Fernsehen — sind voll von solchen historischen Interpretationen zu allen möglichen geschichtlichen Themen, wie etwa dem Aufbau unserer politischen Systeme, den Ursachen verschiedener Konflikte (von Bürgerkriegen bis zu Revolutionskriegen, den zwei Weltkriegen und dem Kalten krieg) und unzähligen anderen Themen. Alle diese Interpretationen verbindet die Erkenntnis, dass Historiker, ebenso wie andere Menschen, dem Zeitgeist verhaftet sind. Die besten unter ihnen streben die größtmögliche Objektivität in ihren Forschungsmethoden und Schlussfolgerungen an, ungeachtet der Beschränkungen ihrer persönlichen subjektiven Welt. Fairness und das Streben mehr zu erfahren bleiben das höchste Ziel des Historikers.
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