Als Iranerin, die in England lebt, habe ich den Terroranschlag Anfang September mit dem gleichen Entsetzen gesehen wie meine muslimisch iranischen Freunde. Meine iranischen Freunde in Großbritannien sind alle hingebungsvolle Muslime, geradeso wie ich überzeugte Christin bin.
Da meine Familie nicht hier im Land lebt, sind meine Freunde meine einzige Familie im Westen. Wir treffen uns trotz unserer verschiedenen Gewohnheiten und unterschiedlichen Kleiderordnungen. Sie tragen ihre islamischen Kopftücher und wir treffen uns ausschließlich unter Frauen. Meine Freundinnen gehen nicht unter Männer und keine von ihnen spricht Englisch. Sie leben seit Jahren hier, haben aber ihre Sitten und Gebräuche bewahrt und darüber bin ich sehr glücklich. Jedes Mal, wenn wir uns treffen, ist es, als ob ich wieder daheim im Iran bei meiner Familie wäre. Wir nehmen gegenseitig Anteil an unserer Kultur, an unserer reichen Poesie und Literatur. Wir sind es uns schuldig, unsere Sprache und Literatur für unsere Kinder lebendig zu erhalten und den Reichtum unserer Kultur an sie weiterzugeben.
Ich bin stolz darauf Iranerin zu sein und ich bin stolz auf meine iranischen Freunde. Ich habe so viel von ihnen gelernt. Sie sind die liebevollsten Menschen, denen ich je begegnet bin. Sie sind ehrlich und gesetzestreu. Sie würden nicht einmal einer Fliege etwas zu Leide tun. Sie sind genauso traurig und niedergeschlagen über die Gräueltaten wie ich. Aber wenn man sie mit ihrer Kopfbedeckung und in ihrem „Tschador” sieht, könnte man leicht übersehen, dass darunter gute Herzen und liebevolle Wesen verborgen sind. Es ist ihre Kleidung, die sie ernst und wohl etwas unheimlich aussehen lässt.
Sie fragen sich genauso, wer so etwas tun konnte. Meine Freunde können auch als Muslime nicht sagen, was die Terroristen zu so einer teuflischen Tat getrieben hat. Im Grunde genommen beginnen alle Kapitel des Korans mit der Anrufung eines gütigen Gottes. Da ich mit ihnen gelebt habe, weiß ich, dass sie die klaren unantastbaren Werte, die moralischen Bedingungen und ethischen Begrenzungen des Islam wirklich kennen. Menschen oder Flugzeuge zu entführen und andere terroristische Taten sind zu den Lehren des Islam geradeso entgegengesetzt wie sie es zum Christentum oder Judentum sind. In jeder Religion gibt es Extremisten, deren Taten nicht repräsentativ für die Lehren der jeweiligen Religion sind. Muslime sind unsere Brüder und Schwestern. Wenn wir diese grausamen Taten öffentlich verurteilen, dürfen wir nicht versäumen anzuerkennen, wie viel wir mit ihnen gemein haben.
Liebe für unsere Brüder und Schwestern ist der einzige Schritt nach vorn. Zusammen können wir uns gegen den Terrorismus stellen. Mit tief empfundener Liebe bleibt kein Platz für blinde und irrationale Rache. Zusammen können wir Hass und Terrorismus auslöschen.
In vielen der letzten Mitteilungen der Opfer der Flugzeugabstürze an ihre Freunde und Familienmitglieder, war von ihrer Liebe zu ihnen die Rede. Die Unverletzlichkeit dieser Liebe geht nicht verloren. Aus den Trümmern heißt es jetzt, eine Welt aufzubauen, die auf brüderliche Liebe gegründet ist. Die Kraft der göttlichen Liebe, die sich in jedem Leben ausdrückt, gibt uns den Mut, in unserem Streben für Frieden und Gerechtigkeit vorwärts zu gehen.
Wahre Liebe ist wie ein winziger perfekter Diamant. Sie ist nicht laut oder anmaßend und ohne einen einzigen Defekt. In der wahren Liebe gibt es keine Hintergedanken.
Der Kampf gegen den Terrorismus beginnt mit dem Ausdruck von Liebe durch jeden Einzelnen für eine Welt, die nach Liebe verlangt. Sie beginnt mit Ihnen und mir in unseren Gemeinden. Sie beginnt, wo die verschiedenen Nationalitäten und Kulturen liebevoll einbezogen werden; wo man ungeachtet aller Unterschiede danach strebt, einen liebevollen Dialog zu ermöglichen, um die Mauern der Teilung und des Misstrauens einzureißen. Genau wie Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin von Christian Science und die Gründerin des Christian Science Herold, schrieb: „Zu allen Zeiten und unter allen Umständen überwinde Böses mit Gutem” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 571).
Bitte betrachten Sie meine muslimischen Freunde nicht mit Misstrauen. Außer ihnen und mir beten auch sie für den Frieden. Wenn wir uns gegenseitig lieben, finden wir gemeinsam die Antworten. Das Versprechen der Bibel vom Frieden Gottes, der mit uns ist, kann unsere Gedanken zur Ruhe bringen: „Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin. Ich will der Höchste sein ... auf Erden” (Ps 46:11). Wenn wir der Kraft der Stille erlauben, die Unruhe unserer terrorisierten Gedanken zu beruhigen, bringen wir den Hass zum Schweigen und atmen das Leben ein, das göttlich ist.
Der berühmte Sufi-Dichter Rumi drückt es so aus: „Es gibt einen Kanal zwischen Stimme und Dasein, einen Weg, auf dem Informationen fließen. Durch disziplinierte Stille öffnet sich der Kanal. Durch belangloses Gerede schließt er sich.”
Wir müssen solches „belanglose Gerede” erkennen und wahrnehmen, so dass wir gemeinsam mit unseren muslimischen Brüdern und Schwestern gegen den Terrorismus zusammenhalten. Dann können wir eine Welt aufbauen, die auf brüderliche Liebe gegründet ist.
