Aber Jona machte sich auf und wollte vor dem Herrn nach Tarsis fliehen und kam hinab nach Jafo. Und als er ein Schiff fand, das nach Tarsis fahren wollte, gab er Fährgeld und trat hinein, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren und dem Herrn aus den Augen zu kommen. (Jona 1:3)
„Unbeschreibliches Leid begleitet die assyrischen Heere ... Nun sendet ihn [Jona] Gott mit einem Predigtauftrag zu den damals schlimmsten Feinden Israels, nach Ninive, dem religiösen Zentrum Assyriens. ...
Der Grund für Jonas Flucht kann nicht darin gelegen haben, dass der Auftrag ihn ins Ausland, und zwar ins feindliche Ausland führte. ...
Vielmehr ... fürchtete Jona, ... dass [der Herr] in seiner Barmherzigkeit Ninive und d. h. Assyrien vergeben und Gnade erweisen könne, wenn es auf die Gerichtspredigt hin umkehrt. Damit aber erhielt seine Sendung einen für Israel furchterweckenden Aspekt: Denn Gnade für das feindliche Assyrien konnte nur bedeuten, dass Israel von neuem und noch stärker unter Assyrien leiden musste! Politisch gesehen kehrte sich Jonas Mission dann gegen sein eigenes Volk. Und warum sandte ihn Gott nicht zu Israel? Bedeutet die Sendung nach Ninive nicht schon, dass Gott sich gegen Israel stellte? Nachdem Jona früher an Jerobeam II. die Zusage von Gottes rettendem Eingreifen gemacht hatte, muss jetzt Gottes Hinwendung zu Ninive für Jona der Sturz in furchtbare Dunkelheit sein. Vielleicht spielt bei seiner Weigerung noch eine zweite Begründung mit. Die bisherige Berührung Israels mit Assyrien konnte in den Israeliten die Überzeugung bestärken, dass die heidnischen Völker gottlos seien ... Der Gedanke einer evtl. Umkehr der Assyrer, ja einer langmütigen Verzeihung Gottes ihnen gegenüber, war für einen Israeliten schwer zu ertragen. ... Wer weiß, ob schließlich nicht auch noch persönliche Furcht vor den als grausam berüchtigten Assyrern bei Jonas Ungehorsam mitwirkte?” (WStB)
Als er aber nahe an das Stadttor kam, siehe, da trug man einen Toten heraus, der der einzige Sohn seiner Mutter war, und sie war Witwe; und eine große Menge aus der Stadt ging mit ihr. (Lk 7:12)
„Jesus kommt, von seinen Jüngern und einer großen Volksmenge begleitet, im rechten Augenblick in die Nähe des Stadttores von Nain. Das Ereignis an diesem Tor kann als ein treffender Beweis einer besonders trostreichen göttlichen Leitung und Führung betrachtet werden. Der Vater im Himmel wollte es so haben, dass viele Zeugen dieses Wunder der Totenauferweckung mit erleben sollten.
Dass der Trauerzug nach außerhalb der Stadt sich begab, war kein zufälliges Ereignis, sondern ist darauf zurückzuführen, dass die Juden die Bestattung ihrer Toten nicht innerhalb der Stadt (unter den Lebenden) erlaubten, sondern nur außerhalb der Mauern ihrer Ortschaften. ...
Die drei Glieder dieses zwölften Verses beschreiben ein dreifaches Herzeleid, das mit jedem Satzglied gesteigert wird und zu immer größerem Mitleid veranlasst.
1. Ein Jüngling war gestorben. Nach dem AT ist es Gericht, in der Hälfte der Erdentage hinweggerafft zu werden.
2. Der Tod des einzigen Sohnes ist ein besonders hartes Gericht Gottes und darum Anlass zur ungewöhnlichen Trauer. ...
3. Die leidtragende Mutter war eine Witwe. Aus dem AT ist zu erkennen, dass der Witwenstand in Israel besonders schwer war. In vielen Schriftstellen ist zu lesen, dass eine Witwe auf das Mitleid angewiesen ist, weil sie ohne Stütze und Hilfe dasteht. Es ist nach jüdischer Meinung eine besonders schwere Strafe, wenn Gott die Frauen zu Witwen machen will. Doppelt groß ist darum hier die Trauer. ...
,Als der Herr die trauernde Witwe und Mutter sah, hatte Er Mitleid mit ihr.' In tiefer Ergriffenheit sagt Jesus das zärtliche Wort:, Weine nicht!' ... Seine schlichten Worte enthüllen die stärkste Kraft des göttlichen Trostes. Was Er der Witwe in ihrer Trübsal sagte, ist ein Zeugnis Seiner erbarmenden Liebe für alle Weinenden. ...
Dieses eine schlichte Wort genügte. Schweigend trat Er heran. Still berührte Er die Totenbahre. Die Träger, die nach jüdischem Brauch im Eilschritt dahingingen, standen still.
Mit atemloser Spannung schaut wortlos und still die Menge auf den Herrn. Dem Wort Seines erbarmenden Mitleids folgte majestätisch die Tat der Hilfe. Ein Ergreifen des Toten bei der Hand wird nicht berichtet. ... Jesus spricht Sein zweites Allmachtswort ... Es lautet:, Jüngling, Ich sage dir, stehe auf!' ... Es bedurfte keiner fremden Hilfe, keiner fremden Hand, um ihn aufzurichten. Der Tote richtete sich selber auf und fing an zu reden. Er lebte wieder, als wäre er nie gestorben. Der Christus (der Gesalbte), der Messias, hat hier von der Totenbahre ebenso schnell und leicht erweckt, wie ein anderer vom Schlaf jemanden aufzuwecken sucht.” (WStB)
Und, siehe, eine kannanäische Frau kam aus diesem Gebiet und schrie: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt. (Mt 15:22)
„Jesus hatte sich absichtlich in die Gegend von Tyros und Sidon zurückgezogen, weil er spürte, dass das Ende näherrückte und er vorher eine Zeit der Stille brauchte, um sich darauf vorzubereiten. ... Doch selbst auf fremden Grund blieb Jesus nicht vor dem Anruf der menschlichen Not verschont. ...
Dass die Frau ihn jammerte, brauchen wir nicht einen Augenblick zu bezweifeln. Doch sie war Heidin und gehörte zudem noch dem Stamm der Kanaaniter an, die seit altersher mit den Juden verfeindet waren. So konnte der jüdische Geschichtsschreiber Josephus etwas später immer noch schreiben:, Von den Phöniziern sind uns die Bewohner von Tyros am feindlichsten gesinnt.' Wir haben bereits festgestellt, dass Jesus, wollte er überhaupt Erfolg haben, sich in seiner Wirksamkeit beschränken und bei den Juden beginnen musste. Hier aber schrie eine Heidin nach Barmherzigkeit. ...
[Jesus wandte] sich ihr schließlich zu und sagte:, Es ist nicht fein, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde.' Jemanden einen Hund zu nennen war eine tödliche Beleidigung. So sprachen die Juden in frecher Anmaßung von, heidnischen Hunden'„ ungläubigen Hunden' und später von, christlichen Hunden'. Hunde waren damals die unsauberen Straßenkehrer der Städte — magere, verwilderte und oft kranke Köter. ... Hier [jedoch wird] die Diminutivform für Hunde (kynaria) verwendet, mit der nicht die in den Straßen herumstromernden Hunde, sondern die kleinen zum Haus gehörenden Hunde bezeichnet wurden. Die Frau war Griechin und gewitzt., Ja, Herr', erwiderte sie„ aber doch essen die Hunde von den Brosamen, die von ihrer Herren Tisch fallen.' Da leuchteten die Augen Jesu auf vor Freude über einen derart unbezwinglichen Glauben, und er gewährte ihr die Bitte, ihre Tochter gesund zu machen.” (Barclay)
Wir sind aber getrost und haben viel mehr Lust, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn. (2. Kor 5:8)
„Der Körper ist für [Paulus] eine Art Hütte, ein zeitweiliger Aufenthaltsort, in und mit dem wir unterwegs sind, bis der Tag seiner Auflösung kommt und wir in ein neues Haus einziehen, in dem unsere Seele daheim ist. ... [Paulus] wartet nicht auf einen Frieden, der bloß auf dem Schwinden einer Last beruht. Er wartet auch nicht nur auf die Freiheit des entleibtlichten Geistes; er hofft vielmehr auf den Tag, an dem Gott ihm einen neuen Leib schenken wird, einen geistlichen Leib, in dem er dann im himmlischen Reich dienen und verehren kann. Für Paulus war und ist die Ewigkeit nicht eine Flucht ins Nichts, keine Entbindung zu dauernder Untätigkeit, sondern das Eingehen in ein Leben und einen Leib, in dem unser Dienst seine endgültige Erfüllung findet.
Trotz seiner Sehnsucht nach dem himmlischen Leben verachtet Paulus das Leben hier keineswegs; ist er doch, wie er sagt„ allezeit getrost'. ... Paulus ist fest davon überzeugt, dass wir als Christen schon in diesem Leben einen Vorgeschmack auf das ewige bekommen können. Christen sind, Bürger zweier Welten', die mit einem Fuß in der Zeitlichkeit, mit dem anderen in der Ewigkeit stehen. Unser Leib ist auf Erden, unser Herz im Himmel. Das hat keineswegs zur Folge, dass wir die Welt verachten; wohl aber bewirkt das, dass die jetzige ein Widerschein jener größeren Herrlichkeit wird, die da kommen wird. ...
Wenn wir das bedenken, erhält unser irdisches Leben ganz andere Dimensionen; entscheiden wir mit ihm doch über künftiges Glück oder Unglück, über den Gewinn oder Verlust der Krone des Lebens. Die Zeitlichkeit wird zum Prüfstein für die Ewigkeit.” (Barclay)
Abkürzungen:
Barclay = William Barclay, Auslegung
des Neuen Testaments
WStB = Wuppertaler Studienbibel