Schon als Jugendliche hatte ich mit Depressionen zu kämpfen. Das setzte sich viele Jahre fort. Ich begab mich jedoch nie in Behandlung, weil ich es für normal hielt, dass ich manchmal guter Laune war, aber dann wieder furchtbar deprimiert.
Vor etwa sieben Jahren war ich eines Abends an einem seelischen Tiefpunkt angelangt. Ich war überzeugt, dass mein Mann und meine Kinder, die ich sehr lieb hatte, es ohne mich besser hätten. Ich wusste, dass ich meinen Kindern ein schlechtes Vorbild war, weil ich fortwährend deprimiert, melancholisch und unglücklich war. Ich dachte auf meine verkorkste Art, dass es besser für sie wäre, ohne Mutter aufzuwachsen anstatt mit mir. Mein Mann und ich glaubten zwar an Gott, doch zwanzig Jahre hatte ich gegen diese düsteren Stimmungen angekämpft und Gottes Liebe nicht gespürt.
Ich wollte mein Leben beenden und nahm eine hohe Überdosis Schlaftabletten. Anderthalb Stunden später ging mir auf, was für einen schweren Fehler ich begangen hatte und wie ungeheuerlich meine Tat war. Ich sagte meinem Mann, was ich getan hatte. Er blieb ruhig und sagte, ich sollte versuchen, die Tabletten zu erbrechen. Doch dazu war er zu spät. Ich konnte nichts hochwürgen, denn die Tabletten waren anscheinend schon aufgelöst. Mein Mann bat mich dringend, eine Christian Science Praktikerin um Hilfe durch Gebet anzurufen, doch ich weigerte mich. Er sagte: „Also gut, dann werde und sie bitten, für mich zu beten.” Und das tat er auch.
Ein paar Minuten später fragte er, ob ich mit einem guten Freund sprechen würde. Ich willigte ein, doch nur, um mich zu verabschieden. Dieser Freund ist ein weiser, väterlicher Mann. Er sagte: „Wir brauchen dich.” Er erklärte nicht, wer genau mich brauchte, doch seine Worte machten mir deutlich, wie wertvoll mein Leben ist, und beeindruckten mich tief. Er begann für mich zu beten und betete die ganze Nacht. Zwar weiß ich nicht genau, wie er betete, aber ich spürte die Kraft seines Gebets.
Mein Mann und dieser Freund waren sehr liebevoll und tapfer. Sie gerieten nicht in Panik und gaben auch nicht auf. Ich bekam wieder meinen Lebenswillen zurück. Die Gebete taten ihre Wirkung. In der Nacht, als ich nicht wusste, ob ich überleben würde, gab es Furcht erregende Augenblicke, doch innerhalb von 24 Stunden waren die Symptome der Überdosis verschwunden. Am folgenden Nachmittag unternahm ich sogar eine anstrengende Wanderung mit einem schweren Rucksack. Ich war so kräftig wie vorher.
In den Wochen darauf ging ich viel in mich und sprach regelmäßig mit dem Freund, der in dieser Nacht für mich gebetet hatte. Er ist Christian Science Praktiker.
Ich möchte gern erzählen, was ich im Einzelnen dabei gelernt habe in der Hoffnung, dass meine spirituellen Erkenntnisse für andere nützlich sein werden. Ich habe viel über die Beschreibung von Gott auf Seite 587 von Wissenschaft und Gesundheit nachgedacht. Dort sind sieben Synonyme für Gott aufgezählt, von denen eines Leben ist. Dieses eine hat mir viel bedeutet. Früher dachte ich, meine Probleme könnten nur gelöst werden, wenn ich weniger Leben zum Ausdruck bringe und sterbe. Nun erkannte ich, dass Probleme niemals dadurch gelöst werden, dass weniger Leben, Gott, zum Ausdruck kommt, sondern mehr Leben.
In den folgenden Wochen nahm ich wieder mein Fitnesstraining auf, das ich zuvor begonnen hatte. Mir ging es vor allem darum, ein normales Leben zu führen und meinen Kindern gegenüber nicht mit Zärtlichkeit zurückzuhalten. Und ich betete weiter. Bei diesem Kampf erzielte ich eine Reihe von kleinen Siegen und schließlich verdrängten meine Gebete für immer die dunklen Wolken der Depressionen.
Wie gesagt, wenn ich betete, dachte ich viel über Gott als Leben nach. Und als ich über die anderen sechs Synonyme für Gott, die in Wissenschaft und Gesundheit enthalten sind, nachdachte, erkannte ich, dass die Lösung aller Probleme darin besteht, mehr von Gott zum Ausdruck zu bringen — mehr Liebe, Wahrheit, Gemüt, Seele, Geist, Prinzip wie auch Leben.
Früher hielt ich es für das Beste, anderen Menschen gegenüber Distanz zu halten, um nicht der Gefahr einer Kränkung ausgesetzt zu werden. Als ich jedoch während dieses Heilungsprozesses die mentale Dunkelheit hinter mir ließ, erkannte ich, wie wichtig es ist, Christi Jesu Anweisung an seine Jünger zu befolgen: „Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen” (Mt 5:16).
Wenn ich mir auch bewusst war, dass es wichtig ist, mich zu behaupten und andere nicht auf mir herumtrampeln zu lassen, so erkannte ich ebenso, dass ich mein Leben erst richtig lebe, wenn ich mein „Licht leuchten” lasse, indem ich ohne Vorbehalt und Furcht Liebe ausdrücke. Das wirkte sich sehr befreiend auf mich aus. Es hatte zur Folge, dass ich einige Beziehungen aufgab, während andere sich im Laufe der Zeit vertieften.
Nun habe ich seit sieben Jahren nicht mehr den geringsten Anflug von Depressionen erlebt. Mein Leben ist wie neu. Nicht dass ich keine Probleme mehr hätte. Doch wenn jetzt welche auftauchen, bin ich zuversichtlich, dass es Lösungen dafür gibt. Und das Beste ist: Das Leben ist für mich ein wunderbares Abenteuer geworden!
Ich bin so dankbar, dass mein Mann und der Praktiker, den er um Hilfe bat, und der Freund, der für mich betete, mich nicht aufgegeben haben. Mein Freund sagt über den Vorfall, dass ich nur „ausgerutscht” sei. Und wenn meine Kinder auch nichts von meinem Kampf wissen, so waren sie mir doch ohne ihr Wissen eine große Hilfe. Ihretwegen werde ich meinen Namen nicht unter diesen Heilungsbericht setzen. Sie sind noch zu jung, um diese Geschichte zu ertragen. Doch später werde ich ihnen sicherlich von den spirituellen Einsichten aus dieser Erfahrung erzählen.
Heute würde mich niemand mehr als depressiv bezeichnen. Ich liebe das Leben, Gott, und auch mein Leben und ich hoffe, dass alle, die unter Depressionen leiden, aus dieser Heilung Mut schöpfen werden. Für mich ist sie ein Beweis, dass es nichts Unheilbares gibt, selbst bei einem zwanzig Jahre alten Problem.
