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Die Lösung des »Petrus-Malchus-Dilemmas«

Aus der Oktober 2006-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Angenommen, Sie wären derjenige, der neben Christus Jesus steht. Er erteilt Ihnen eine scharfe Rüge. Für einen Christen eine wahrhaft schrecklich demütigende Erfahrung.

Aber noch verheerender deshalb, weil Sie zur Verteidigung des Meisters und seiner Mission gehandelt haben. Und am schlimmsten noch wäre nicht nur, dass Jesus Sie zurechtgewiesen hätte, sondern sich in zärtlicher Fürsorge und heilender Berührung dem Feind zuwandte, gegen den Sie ihn verteidigt haben. Genau so ging Jesus mit Petrus und Malchus um (siehe Joh 18:1-11 und Lk 22:50,51).

Malchus, der Diener des Hohepriesters, war gekommen, um Jesus gefangenzunehmen und diesen unschuldigen Mann auf den Weg zur Kreuzigung zu schicken. In seiner ungestümen Verteidigung schnitt Petrus Malchus’ rechtes Ohr ab. (So sehr ich Petrus immer bewundert habe, habe ich mich doch gefragt, ob dies weniger ein präziser, chirurgischer Hieb war, als eher ein misslungener Versuch, ihn zu köpfen!) Für mich symbolisieren die Handlungen von Petrus und Malchus zwei Denkweisen — und beide halte ich für falsch. Beide standen für das ein, was sie für richtig hielten. Nichtsdestotrotz lagen beide falsch, weil sie den anderen vernichten wollten, Jesu Art strebte nicht nach Vernichtung, sondern nach beider Erlösung. Während ich darüber nachdenke, was Jesus an diesen beiden Männern bewies, werde ich an Mary Baker Eddys Beobachtung erinnert, dass das sterbliche Gemüt zu Extremen neigt (siehe Vermischte Schriften 1883-1896, S. 215). Der Heiland hielt das Gleichgewicht aufrecht. Petrus und Malchus illustrierten Denkhaltungen, die verletzen würden, um zu vernichten, während die Position, die Jesus vertrat, als »verletzend« beschrieben werden könnte, um zu heilen und zu erlösen. Er muss vom persönlichen Ego sowohl von Petrus als auch von Malchus verletzt gewesen sein. Petrus lernte jedoch währenddessen sicher eine wertvolle Lektion in Sachen Beherrschtheit und Malchus wurde durch die physische Heilung seines Ohres gesegnet.

Petrus und Malchus illustrierten Denkhaltungen, die verletzen würden, um zu vernichten, während die Position, die Jesus vertrat, als »verletzend« beschrieben werden könnte, um zu heilen und zu erlösen.

Was das Für uns Bedeutet

Was hat das alles für Sie und mich zu bedeuten? Es mag uns etwas Entscheidendes darüber lehren, wie wir aufgrund von Ansichten, die wir hegen, handeln — insbesondere Ansichten, die uns im tiefsten Innern lieb geworden sind. Zweifelsohne hatten sowohl Petrus als auch Malchus tiefe und feste Über zeugungen. Doch jede Mentalität, die zu bekämpfen versuchte, benötigte die Berührung des Christus, der Wahrheit, die zu heilen sucht.

Wahrscheinlich hat jeder von uns ganz schön festgefahrene Sichtweisen, die einfach ein bisschen zu sehr durch das zum Extremen tendierende sterbliche Gemüt gesteuert wurden und nicht durch Ausgleich. Mrs. Eddy schrieb über Ausgleich und Extreme folgendermaßen: »Das sterbliche Gemüt neigt dazu, von einem Extrem in das andere zu fallen: Wahrheit tritt dazwischen und sagt: >Ich verwunde, um zu heilen; ich strafe, um zu bessern; ich tue dies alles aus Liebe; meinen Frieden lasse ich euch, nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Macht euch auf und lasst uns von hinnen gehen; wir wollen uns von der materiellen Auffassung von Gottes Mitteln und Wegen scheiden und sie geistig verstehen lernen.< « (ibid.)

Wahrscheinlich hat jeder von uns ganz schön festgefahrene Sichtweisen, die einfach ein bisschen zu sehr durch das zum Extremen tendierende sterbliche Gemüt gesteuert wurden und nicht durch Ausgleich.

Woran können wir merken, ob wir in eine Art von Petrusbzw. Malchus-Mentalität hineingeraten? Vielleicht durch zu viel menschliche Emotion in der Art und Weise, wie wir fühlen, handeln oder sprechen? Vielleicht, indem wir uns einfach ein bisschen zu sicher fühlen? Vielleicht eine Spur von Furcht (buchstabiert: Z-o-r-n) in unserer Haltung? Diese Extreme des Denkens sind nur so lange ein Dilemma, bis wir den Wert einer festen Verwurzelung in der ausgleichenden Balance von Christus, Wahrheit, sehen. Auf dieser Grundlage werden unsere Überzeugungen so von Frieden durchdrungen sein, dass wirkliche Heilung aus dem erwächst, was wir tun und sagen. Mit Recht ist diese neue Vision von »Balance« die radikalste, ausschlaggebendste und revolutionärste auf der Welt!

Woran können wir merken, ob wir in eine Art von Petrus- bzw. Malchus-Mentalität hineingeraten? Vielleicht durch zu viel menschliche Emotion, eine Spur von Furcht (buchstabiert: Z-o-r-n) in unserer Haltung?

Einige Angelegenheiten, die zur Polarisierung und zur Intensivierung des Denkens führen können, mögen im Moment von immenser Bedeutung erscheinen, wie eine Auseinandersetzung darüber, wo man im Wohnzimmer die Couch platzieren soll! Andere Angelegenheiten, die das menschliche Gemüt zu Extremen treibt, beziehen sich auf religiöse Überzeugungen, Fundamentalisten verschiedener Glaubenstraditionen können so fest von ihren Ansichten überzeugt sein, dass es ihnen wert ist, Leben zu opfern. Frühe Christen töteten sich gegenseitig aufgrund von Meinungsverschiedenheiten darüber, wie Jesus am genauesten zu beschreiben wäre. Zum Beispiel; War er der Sohn Gottes? Oder war er Gott selbst? Einige Angelegenheiten sind von langandauernder, mächtiger Bedeutsamkeit. Manche viel unwichtiger. Aber in jedem Fall mag die Art, wie wir mit der Lösung von Differenzen umgehen, von entscheidender Wichtigkeit sein, schließlich Lösungen zu ermitteln. Und manchmal ist es nicht so einfach, dass man einen Standpunkt als richtig und den anderen als falsch bezeichnen könnte. Vielleicht ist die Couch an beiden Plätzen gut aufgehoben, bis schließlich die ideale Position erkennbar ist.

Sind feste Ansichten überhaupt berechtigt ?

Bedeutet das, dass jeder nur gemäßigte Ansichten und keine energischen haben soll? Nicht unbedingt, obwohl Mäßigkeit in der menschlichen Erfahrung eine große Tugend sein kann. Aber die Tiefe der Überzeugung sollte zur Tiefe des Friedens mit solch einem starken Vertrauen in Gottes Anordnung von Ereignissen führen, dass uns Güte, Respekt für andere und ruhige Zuversicht regieren. Diese Qualitäten sind nicht die von Schwächlingen. Sie können entscheidend dazu beitragen, die Arroganz des menschlichen Egos niederzustrecken. Wenn christliche Qualitäten verdrängt werden, hätten wir besser achtsam darüber nachdenken sollen, ob wir uns in das Petrus-Malchus-Dilemma (PMD) hineinziehen lassen.

Die Spannung zwischen konservativ und liberal wird oft als politischer Kontrast betrachtet. Aber sie könnte auch Gedankenzustände in der religiösen Arena bezeichnen, in der wirtschaftlichen Welt, bei internationalen Vorgängen und eben auch bei der Art und Weise, wie die Möbel anzuordnen sind. Manchmal verwechseln ehrliche Menschen ihre konservativen oder liberalen Ideale und Handlungen mit äußerster Wahrheit. Und das kann schnell (und manchmal mit mentaler Gewalt) zum »PMD« führen. Nehmen wir zum Beispiel die Spannung, die manchmal im Spiel ist, wenn Leute versuchen, entweder die Tradition zu verteidigen oder neuen Boden zu gewinnen. Wenn wir die Tradition beschützen, in dem Glauben, dass es das ist, was Gott als die höchste Wahrheit offenbart hat, können wir in Schwierigkeiten geraten. Wenn wir das verteidigen, was wir für eine fortschrittliche Handlung halten, die in nichts Gottes Offenbarung, der höchsten Wahrheit, nachsteht, liegen dort ebenfalls möglicher Ärger, Spaltung und Polarisierung.

Wieder mag die Schlüsselfrage nicht einfach die sein, ob man Tradition oder Fortschritt bewahren soll. Stattdessen mag es eher um die Fähigkeit gehen, dem rettenden Christus Raum zu geben, der unsere Unbeugsamkeit mäßigt, unsere Starrheit, unser Übermaß an Sicherheit, wir allein hätten Recht. Wenn diese Haltungen bekämpft sind, dann wird der menschliche Weg sich auf die wirkungsvollste Weise öffnen, doch nicht so, dass unser Standpunkt den eines anderen übertrumpft hat — was mit der Zeit die Tür aufstoßen würde zu einem noch größeren Konflikt. Mrs. Eddy weist auf »strengen Protestantismus und unsicheren Liberalismus« (Botschaft an die Mutterkirche 15. Juni 1902, S. 2) hin, was nahelegen mag, dass die Antwort nach dem »richtig« vielleicht nicht vordergründig rechts oder links zu finden ist, sondern in Gott, Wahrheit, und nur dann sehen wir die sinnvollsten menschlichen Schritte.

Fundamentalisten verschiedener Glaubenstraditionen können so fest von ihren Ansichten überzeugt sein, dass es ihnen wert ist, Leben zu opfern.

Gott als unendlich und vollkommen zu sehen, mit der ganzen Schöpfung, die Ihn kontinuierlich ausdrückt, ist wahre Offenbarung. Wenn wir uns an diese Wahrheit mit einem festgesetzten sterblichen Gemüt halten, empfinden wir vielleicht die Auswirkungen dieser Offenbarung als begrenzt und eher theoretisch denn praktikabel. Das menschliche Gemüt behindert unser Verständnis eher, als dass es es voranbringt.

Die wöchentliche Bibellektion bringt die Offenbarung hervor. Wir mögen einen Weg gefunden haben, diese Wahrheiten zu studieren, die unsere individuellen Bedürfnisse für den Moment stillen. Es gibt über zwei Duzend Ausgaben des Christian Science Vierteljahreshefts mit den Bibellektionen. Wenn ich einem Freund in Mexiko sagen würde, dass mir ganz eindeutig klar geworden ist, dass es nur eine Art gibt, die Lektions-Predigt zu studieren — aus einem englischen Vierteljahresheft — könnte ich leicht eine Gewissheit über die Offenbarung mit der Gewissheit des sterblichen Gemüts verwechseln, wie diese Offenbarung am besten zu entdecken sei. Ich müsste vielleicht lernen, meinem Freund und seinen momentanen, nach besten Möglichkeiten unternommenen Bemühungen, zu vertrauen, auch wenn die Gründerin unserer Kirche nicht speziell vorgeschrieben hatte, wie die Lektion auf Spanisch zu studieren sei. Sie traf jedoch die Vorkehrung, dass Treuhänder und Direktoren Wege finden würden, eine mannigfaltige Welt zu segnen — Wege, die auf der Höhe der Zeit bleiben würden.

Es mag eher um die Fähigkeit gehen, dem rettenden Christus Raum zu geben, der unsere Unbeugsamkeit mäßigt, unsere Starrheit, unser Übermaß an Sicherheit, wir allein hätten Recht.

Eine Überbetonung der äußeren Form gegenüber der Substanz kann manchmal kontraproduktiv sein. Die Substanz der Offenbarung und die Form, durch die wir anfangen, einen flüchtigen Blick darauf zu erhaschen, bringen Verantwortung mit sich. Mary Baker Eddy gab der Welt diese unveränderliche Offenbarung. Wir benötigen Demonstration, wenn es zu den praktischen Schritten kommt, die jedermanns Fähigkeit, sie zu erfassen, vorwärtsbringen.

Anleitung in der Bibel

Die Bibel ist ein Buch mit wahrlich zahlreichen Lektionen. Eine dieser Lektionen handelt davon, wie der Kampf gewonnen wird zwischen dem, was weitläufig als Tradition, Form, Ritual — als der Buchstabe bezeichnet werden kann; im Gegensatz zur Substanz, zum Fortschritt — des Geistes. Die Bibel hilft uns zu sehen, dass wir uns auf der Basis der Demonstration eher von dem Erst- zum Letztgenannten bewegen als auf der Grundlage persönlicher Macht. Wenn wir uns anschicken, das Erstere auf einen Schlag aufzugeben, könnte es passieren, dass wir uns ohne die benötigte Struktur und Ordnung wiederfinden. Wenn wir des Letztgenannten beraubt wären, könnten wir uns mit Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung wiederfinden. Wie wir vom Anfänglichen zum Letztgenannten gehen, erfordert das Gebet aller Beteiligten. Es muss geschehen, aber wenn es außerhalb von Gottes Timing passiert (zu langsam oder zu schnell), wird mehr verloren als gewonnen.

Der Übergang, der ausgearbeitet werden muss (er wird durch die Reise von der Schöpfung bis zur Offenbarung illustriert), ist im Wesentlichen religiös. Dennoch hat er Auswirkungen auf Politik, Ethik, Arbeit, die Künste, auf jede Facette menschlicher Erfahrung. Wenn im religiösen Bereich Meinungsverschiedenheiten aufkommen und das »PMD« einsetzt, finden wir vielleicht nützlichen Rat von Gamaliel in der Bibel. Frei wiedergegeben mag sein Rat ein wenig wie eine Seligpreisung sein, die heißt: »Selig sind die Flexiblen, denn sie sollen nicht verbogen werden!« Er ermutigte die Menschen, Gott zu vertrauen und versichert zu sein, dass, wenn etwas nicht richtig wäre, Gott es richten würde. Und er warnte davor, dass, wenn solche uns betreffenden Taten richtig wären, wir uns nicht in einer Position wiederfinden wollen, in der wir gegen Gott streiten würden. (siehe Apg 5:34-39)

Das Dilemma, in dem man sich befindet, wenn das Denken in Extreme gedrängt wird, entsteht im Wesentlichen aus einem theologischen Fehler: der Ansicht, dass es viele Gemüter anstelle von einem Gemüt gibt.

Das Dilemma, in dem man sich befindet, wenn das Denken in Extreme gedrängt wird (vielleicht eine Seite richtig und die andere falsch oder vielleicht beide Seiten mit berechtigten Punkten, die vom Timing abhängen), entsteht im Wesentlichen aus einem theologischen Fehler. Die Ansicht, dass es viele Gemüter anstelle von einem Gemüt gibt, muss einem Erwachen Raum geben, dass Gott die Quelle aller Weisheit und Intelligenz ist. Und es gibt nur einen Gott, Gemüt.

Wenn diese große Entdeckung erfasst und gelebt wird, wird Harmonie zunehmend zur Norm in der Kirche, der Gesellschaft, im Universum und sogar beim Anordnen der Möbel. Wir werden weniger dazu neigen, herumzugehen und Ohren abzuschneiden (vielleicht waren wir alle daran beteiligt) und mehr den Raum »dazwischen« entdecken — die unübertroffene Macht des christlichen Friedens, der Reform und der Liebe.

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