Viele Brasilianer sind von der Politik enttäuscht. Brasilien durchlebt eine bisher ungekannte moralische und ethnische Krise. Die Bevölkerung ist nicht nur enttäuscht, sie lehnt Politiker ab und betrachtet sie als verabscheuungswürdige Geschöpfe, die nur kandidieren, um an öffentliche Gelder heranzukommen. Leider trifft dies zum Teil zu und schwächt die Demokratie, Um sich davon zu befreien, muss Politik solide und effizient sein, ethisch, glaubwürdig, moralisch und ehrlich. Nur wenn Politiker alles das auf sich vereinen, werden sie wieder von der Bevölkerung respektiert. Da dies nicht einfach ist, muss ich mich täglich geistig aufbauen, um meine Würde zu bewahren.
Die Bevölkerung lehnt Politiker ab, die nur kandidieren, um an öffentliche Gelder heranzukommen.
Die Verbindung, die wir zu Gott haben, muss sich in unserem Wunsch zeigen, dass unser Weg klarer und ohne Arroganz und Tricks beschritten wird und sich niemand verführen lässt, Gelegenheiten auszunutzen, die der Korruption den Weg ebnen.
Als ich mich für die Politik entschied, legte ich Wert auf korrekte Verhaltensweisen. Heute sehe ich, dass Gott genau so unsere Nöte stillt. Das Sehnen nach Erleuchtung bei jedem Schritt stärkt mich und verhindert, dass Falsches geschieht. Während meiner drei Jahre im Land tag von Rio gehörte ich zwei Untersuchungsausschüssen an. Einer befasste sich mit dem Transfer öffentlicher Gelder auf Konten von Politikern bei Schweizer Banken und der andere mit Unregelmäßigkeiten im Lotteriesystem unseres Bundesstaates. Dabei ging es um Korruption auf den verschiedensten Ebenen. Auch in dieser Situation war klar, dass mich Gott führt und schützt.
Man muss ehrlich sein, nicht nur in Worten, sondern im täglichen Tun, in seinen öffentlichen Ämtern und sich selbst gegenüber. Ehrlichkeit ist eine Tugend, die gepflegt werden muss.
Ich hatte Christian Science seit fast drei Jahren studiert, und der wichtigste Punkt für mich war zu verstehen, dass wir nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen sind. So entdeckte ich, dass mein furchterregendster Gegner nicht mein Feind ist, da wir beide vom gleichen Vater-Mutter-Gott abstammen. Ich muss diese metaphysische Aussage noch tiefer erfassen. Viele Jahre meines Lebens habe ich Dialektik studiert, darum suche ich nach Rationalität. Ich kann nicht einfach nur blind glauben. Aber Christian Science hat mir einen Glauben gezeigt, der auf Vernunft basiert. So habe ich Metaphysik ohne Mystik kennengelernt.
Unser Sein ist zeitlos, unzerstörbar, vollkommen. Heute weiß ich, dass wir Teil des einen Gemüts sind und dass jeder von uns eine göttliche Aufgabe hat und alles besitzt, was zu ihrer Erfüllung gebraucht wird. Diese Überzeugung kann uns helfen, unsere Gesellschaft zu etwas Besserem zu wandeln. Mario Covas, ein berühmter Politiker und Gouverneur von Sao Paulo, sagte einmal: »Politik mit Ethik, Politik mit Ehre — das ist möglich.« Daran glaube ich und danach strebe ich. »Politik mit Ethik, Politik mit Ehre« heißt, politisch mit Ehrlichkeit und Respekt zu handeln. Man muss ehrlich sein, nicht nur in Worten, sondern im täglichen Tun, in seinen öffentlichen Ämtern und sich selbst gegenüber. Ehrlichkeit ist eine Tugend, die gepflegt werden muss.
Einer unserer großen Kämpfe ist der gegen Borniertheit. Der bornierte Mensch ist unehrlich, denn wenn er glaubt, seinem Nachbarn überlegen zu sein, weil er anders ist, baut er eine Beziehung auf, die auf Überlegenheit basiert. Das ist unehrlich und steht dem grundlegenden Prinzip entgegen, dass wir alle Gottes Kinder sind. Sao Paulo arbeitet an einem interessanten Projekt für 2006. Es heißt »Toleranz-Museum«. Wir sollten tolerant und nicht bigott sein.
Als Politiker stelle ich mich alle vier Jahre einer Bewertung: bei den Wahlen. Der Wähler prüft meinen größten Wert: meine Würde. Demzufolge muss ich sie erhalten und darf sie im politischen Alltag nicht zerstören. Der größte menschliche Wert eines Politikers ist es, seine Nächsten und die öffentlichen Finanzen zu achten. Ich habe immer versucht, mit meinen Reden im Einklang zu leben, weil die Menschen beobachten, wie ich denke und wie ich mich verhalte. Genau deshalb hat Christian Science mich gestärkt.
Luiz Paulo Correia da Rocha ist Landtagsabgeordneter für Rio de Janeiro und Landesvorsitzender der PSDB (P. da Social Democrácia Brasileira, der sozialdemokratischen Partei Brasiliens) im Bundesstaat Rio. Er ist Bauingenieur mit Diplom im Transportwesen und wurde 1966 politisch aktiv, als er sich an der Technischen Hochschule einschrieb. Er träumte davon, die Diktatur zu stürzen und den Sozialismus in Brasilien einzuführen. Er gab seine Religion auf und wurde Marxist-Leninist. 1970 wurde die brasilianische Linke zu Fall gebracht und er verbrachte 10 Jahre im politischen Winter schlaf, dachte viel nach und arbeitete als Ingenieur. Während der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts entschloss er sich, am demokratischen Aufbau des Landes teilzunehmen, zumal der Zusammenbruch der Diktatur bevorstand. Er schloss sich einer politischen Partei an und half bei ihrem Aufbau. 1994 kandidierte er erstmals für ein politisches Amt, als stellvertretender Gouverneur, neben Marcelo Alencar. Beide gewannen die Wahl und regierten vier Jahre lang. 2002 wurde er Abgeordneter mit 65.000 Stimmen.
 
    
