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»Der Quali«

Aus der Juni 2006-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Im vorletzten Schuljahr wurde ich von der Mutter eines 16-jährigen Jungen angesprochen, ob ich ihrem Sohn beim Aufarbeiten seiner Lerndefizite helfen würde. Sie hatte erfahren, dass ich in der Nachbarschaft schon einmal ein Kind bei Schulschwierigkeiten unterstützt hatte.

Mit Tränen in den Augen erzählte sie, dass er schon durch vier Lern-Instanzen erfolglos gegangen wäre. Er müsse unbedingt den »Quali« [den Qualifizierenden Hauptschulab schluss] schaffen, sonst hätte er keine Aussicht auf einen Ausbildungsplatz. Sie erzählte, dass er eine gestörte Wahrnehmung hätte und an Waschzwang leidet. Ich fragt nicht näher nach seinen Schwierigkeiten und nahm diese Herausforderung an. Seine Leistungen katastrophal, aber er zeigte immerhin Interesse und war nicht unwillig zu lernen. Selbstständig tat er allerdings lange Zeit nichts. Ich arbeitetetrotzdem konsequent mit ihm an dem vorgegebenen Lernstoff und auch die Eltern waren bereit mitzumachen.

Aus meinem Studium von Christian Science habe ich viel Zuversicht für Schwierigkeiten im Leben gewonnen. Ich erkannte seine Stärken und machte sie ihm immer wieder bewusst.

Aus meinem Studium von Christian Science habe ich viel Zuversicht für Schwierigkeiten im Leben gewonnen und lernte, dass Wissen für alle Menschen zur Verfügung steht. Ich erzählte ihm daher, dass Gott ihn mit Intelligenz und Begabung ausgestattet hat. Das war für ihn neu und er nahm diese gute Botschaft schweigend, aber doch aufhorchend auf. Und ich erkannte Stärken an ihm — anfangs waren sie nur zu erahnen — und machte sie ihm immer wieder bewusst. Seine niedergedrückte Haltung — offenbar hervorgerufen durch sein geringes Selbst — bewusstsein — löste sich im Laufe der Zeit. Er richtete sich sichtbar auf. Er zeigte dann Interesse sein Schriftbild zu verbessern und hatte Freude über den Erfolg, weil auch für ihn und die Lehrer leserlich wurde. Wir trainierten beim Schreiben auch, nicht auf die »falsche Stimme« zu hören, die ihn zwingen wollte, dem Waschzwang zu gehorchen. In diesem Fall zeigte sich das darin, dass er ständig Buchstaben und Wörter durchstreichen oder ausradieren wollte, was ihn selbst nervte und ihm die Aufmerksamkeit und kostbare Zeit in der Schulprüfung nahm. Stattdessen konzentrierte er sich ganz fest auf die gute Stimme, die ja von Gott kommt und ihm Gutes über sich selbst berichtete. Er konnte offensichtlich dieses neue Selbstverständnis aufnehmen und es sogar auf andere Problemfälle in der Schule selbstständig anwenden. So verschwand mit der Zeit viel Angst und der Kontrollzwang über die Buchstaben und Ziffern. Nachdem er so viel Gutes an sich erlebte, wuchs sein Glaube an sein Können, an seine Leistung und an seine Intelligenz. In den Klassenarbeiten kamen bessere Zensuren und er wurde in der Schule nicht mehr gehänselt.

Wir trainierten, nicht auf die »falsche Stimme« zu hören, dem Waschzwang zu gehorchen. Stattdessen konzentrierte er sich ganz fest auf die gute Stimme, die ja von Gott kommt und ihm Gutes über sich selbst berichtete.

Jetzt begann er an dem Lernstoff, den er für den »Quali« brauchte, Interesse zu zeigen. Er bemühte sich immer mehr und als es um die letzten Wochen ging, wendete sich förmlich das Blatt: Hatte ich ihm bisher die Seitenzahlen zum Lernenvorgegeben, so gab er sie jetzt mir vor! Es waren bei weitem mehr und er bestand darauf, dass ich ihn abfragte, bis die Sache saß.

War es ein hoffnungsloser Fall? Am Anfang mag es danach ausgesehen haben. Nicht aber, wenn man der göttlichen Liebe Raum gibt. Ich konnte es staunend miterleben und verfolgen. Anfangs schien es so, als bräuchte der Junge erst einmal eine andere Sicht auf sich selbst, bevor er sich auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren konnte. Je mehr er erkennen konnte, »wes Geistes Kind« er ist, desto mehr konnte er den Lernstoff annehmen und die Leistungen erbringen, die von ihm verlangt wurden. Da musste erst der gute Same aufgehen und das brauchte seine Zeit, so wie in der Natur. Dem Samen einer Pflanze wird auch die Zeit zum Wachsen, Blühen und Früchtetragen gewährt. Auch wenn es mir manchmal zu langsam ging und Zweifel mich stören wollten, ob er es schaffen würde, hielt ich am Glauben fest, dass der Fortschritt sich zeigen wird. Und diese Überzeugungsarbeit bewahrheitete sich, denn je näher es an die Prüfung ging, umso eifriger und wilder war der Junge entschlossen, zu lernen und zu verstehen.

War es ein hoffnungsloser Fall? Am Anfang mag es danach ausgesehen haben. Nicht aber, wenn man der göttlichen Liebe Raum gibt.

Das Ergebnis nach fünf Monaten: Der Schüler bestand seine Abschlussprüfungen, und das sogar mit der Note 2,9. Diesmal weinte seine Mutter wieder — aber vor Freude! Heute ist der Junge im zweiten Ausbildungsjahr in seiner Wunschfirma. Ich selbst habe durch diese Arbeit wunderbare Eigenschaften gelernt, nämlich Gelassenheit, Ruhe und das Vertrauen in das Gute.

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