Eigentlich hätte ich ja glücklich sein können: Wir hatten drei kleine Kinder. Ich hatte mir, da ich als Einzelkind aufgewachsen war, auch drei gewünscht — und alles schien perfekt. Wenn da nicht immer wieder so ein nagendes Gefühl in mir gewesen wäre, dass vier Kinder ja auch ganz toll wären!
Und unsere »Kleine« war inzwischen schon vier. Da wäre doch noch mal was Kleines zum Schmusen schön gewesen. Ich sprach mit meinem Mann darüber, der davon erst gar nicht begeistert war. Ich wollte aber unbedingt — wurde schwanger und freute mich riesig.
Leider hatte ich zu Beginn des vierten Monats einen Abgang. Das steckte ich — oberflächlich gesehen — recht gut weg und freute mich darauf, in drei Monaten — nach Meinung der Ärzte — wieder schwanger sein zu können.
Es »klappte« auch wieder. Dieses Mal war ich dann aber doch recht ängstlich, was menschlich gesehen ja verständlich ist. Ich bat eine Christian Science Praktikerin, mir während dieser Schwangerschaft durch Gebet beizustehen und die Furcht nahm durch diese Arbeit auch ab. Als ich wieder im vierten Monat war, stellte der Arzt bei einer Ultraschall-Untersuchung dann aber fest, dass das Kind nicht mehr lebte. Jetzt war ich wirklich fertig — mit mir und der Welt!
Aber ich begann auch, über meinen Wunsch nach einem vierten Kind intensiver zu beten. Warum hatte es denn erst mit dem Kind geklappt und dann verabschiedete es sich wieder? War meine Angst schuld daran? Wollte Gott das Kind nicht? War es nur Eigenwillen gewesen? Ich drehte mich immer im Kreis — so kam ich nicht vorwärts!
Meine Familie tröstete mich, wo und wie sie nur konnte. Aber ich wusste auch, passives Warten würde nichts nutzen. Ich hatte nun den Wunsch, mich mit anderen auszutauschen, die auch diesen Weg in Christian Science gingen, sich auch mit den Ideen aus Wissenschaft und Gesundheit auseinandersetzen und sie leben.
Alles schien perfekt. Wenn da nicht immer wieder so ein nagendes Gefühl in mir gewesen wäre!
Ich meldete mich und die Kinder zu einem Familientreffen an, bei dem im Vordergrund stand, wie wir die Inhalte aus diesem Buch für uns sinnvoll praktizieren können. Danach wusste ich, dass ich am Klassenunter in Christian Science teilnehmen wollte, einem Grundkurs im Heilen durch Gebet. Ich wollte ein tieferes Verständnis von mir und meiner Beziehung zu Gott bekommen und die geistigen Gesetze besser verstehen lernen, die hinter allem und auch hinter jeder Heilung stehen.
Diese Zeit war für mich total inspirierend. Ich fühlte mich wie bei einem Puzzle, wo plötzlich viele einzelne kleine Teile zusammenpassten und ein sinnvolles Ganzes ergaben.
Auch hierbei spürte ich den Rückhalt meiner Familie, die mich voll unterstützte. Der Wunsch aber nach noch einem Kind blieb! Immer deutlicher wurde mir jedoch, dassich nicht ein Kind brauchte, um dadurch selbst wertvoller zu werden. Irgendwie war da der Gedanke, dass man mehr zählt, je mehr Kinder man hat — hatte ich doch selbst Familien mit vier und mehr Kindern immer bewundert.
Ich begann, über meinen Wunsch nach einem vierten Kind intensiver zu beten. Ich drehte mich immer im Kreis — so kam ich nicht vorwärts!
Mein mann sprach sich nun aber ganz klar — auch aus Sorge um mich — gegen eine weitere Schwangerschaft aus und brachte den Gedanken auf, ein Pflegekind bei uns aufzunehmen. Ja, das fand ich auch gut! Es gab ja so viele Kinder, die sich nach einer Familie sehnten.
Schon zwei Wochen nach einem Kurs für »werdende Pflegeltern« wurden wir vom Jugendamt gefragt, ob wir uns vorstellen könnten, für 2-3 Wochen ein 5 Monate altes Kind tagsüber bei uns aufzunehmen. Wow! Das war ja das, was ich mir gewünscht hatte: So schnell ging dieser Wunsch in Erfüllung!? Ich staunte nur noch und wir alle freuten uns!
Die Eltern des Kindes stammten aus Thailand: die Mutter musste kurzfristig in ihre Heimat zurück, konnte das Kind nicht mitnehmen und der Vater war berufstätig. Ich sollte also das Kind in seiner Arbeitszeit betreuen. Da er Schichtdienst hatte, brachte er das Kind entweder schon früh am Morgen bis nachmittags — oder dann von Mittag bis spätabends zu uns. Das war auch toll so, denn dadurch konnte ich nachts durchschlafen.
Ich wollte ein tieferes Verständnis von mir und meiner Beziehung zu Gott bekommen und die geistigen Gesetze besser verstehen lernen, die hinter allem und auch hinter jeder Heilung stehen.
Und es klappte wirklich hervorragend! Gabi war so lieb und pflegeleicht und passte sich bestens in unsere Familie ein. Jeder gewann sie lieb und ich denke, auch für den Vater wurden wir Freunde! Die Zeit, in der wir »unser« Kind betreuten, verlängerte sich jedoch und es wurde aus anfänglichen 2-3 Wochen ein gutes halbes Jahr.
Ich erlebte unsere Kinder in dieser Zeit ganz neu. Es vollzog sich ein Wandel in mir von »Quantität« zu »Qualität«.
In dieser Zeit nun wurde ich geheilt! Ja, Sie haben richtig gelesen! Ich erlebte meine Heilung, von der Enttäuschung über die Fehlgeburten und von diesem Wunsch nach einem eigenen vierten Kind!
Ich betreute Gabi sehr gern und hatte wirklich viel Freude mit ihr. Aber ich merkte auch, dass die Zeit für so ein kleines Kind in unserer Familie irgendwie»abgelaufen« war. Unsere Kinder hatten andere interessen und mit Klein-Gabi, so lieb sie war, konnte man einiges einfach nicht so erleben, wie es für unsere »Großen« angemessen gewesen wäre. Ob es nun der Besuch im Schwimmbad war, das Minigolfen, Ausflüge oder auch nur Vorlesen, Basteln, ...
Ich erlebte unsere Kinder in dieser Zeit ganz neu. Ich schätzte sie wieder viel mehr und merkte, wie schön es mit ihnen war, auch wie selbstständig sie waren! Ich brauchte nichts »Kleines« mehr zusätzlich, um mich als »wertvoll« sehen zu können! Ja, es vollzog sich ein Wandel in mir von »Quantität« zu »Qualität«.
Und ich war dann wirklich froh, als Gabis Mutter zurückkam und ich wieder »frei« war, das zu tun, was ich anstrebte, ja auch Ziele intensiver zu verfolgen, die meine Familie hatte. Es entwickelte sich in mir dann auch eine neue Selbstständigkeit. Ich suchte mir ein eigenes Betätigungsfeld, in dem ich ausgefüllt und glücklich war. Und ich genieße es zunehmend, auch mal ohne Kinder unterwegs sein zu können.
Andererseits tat sich eine ganze Menge: Wir hatten dann noch jahrelang Besuch von Kindern z.B. aus Weißrussland, die bei uns ihre Ferien verbrachten und sich, wie man sah, sehr wohl fühlten. Und es war jedes Mal schön, mitzuerleben, wie sich durch diese Besuche unsere Familie öffnete und wir hier auch wieder für die anderen eine Art Familie wurden. Unsere Familie wächst gewissermaßen immer weiter, auch ohne »leibliche« Kinder!
Es kamen dann auch neue Aufgaben auf mich zu, die mich ausfüllten. Und wenn ich jetzt kinderreiche Familien sehe, freue ich mich für sie, spüre aber, dass es für mich, ja für uns alle, genau so, wie es ist, richtig und gut ist. Und dies zu spüren und zu fühlen, ist für mich unheimlich erleichternd!
Ja, es war eine wunderbare Heilung!