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Zeit-Lupe

Einen guten Rutsch!

Aus der Januar 2007-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Mit diesem fröhlichen Wunsch bedachte ich meine „Jogging“-Gruppe, als wir uns kurz vor dem Jahreswechsel voneinander verabschiedeten. Das war vor zwei oder drei Jahren, als ich ehrenamtlich einen „Gehirnjogging-Kurs“ für ältere Menschen leitete. Ich hatte die Worte noch nicht richtig ausgesprochen, da brach auch schon ein Sturm der Entrüstung los: „Sagen Sie doch so etwas nicht!“, und dann sprudelte es aus den Damen heraus (Herren waren — leider — nicht in der Gruppe). Aus dem Stimmengewirr der erregten Diskussion drangen einzelne Worte an mein Ohr: ... „ausrutschen“ ... „hinfallen“ ... „stürzen“ ... Ich war ganz verwirrt, denn das hatte ich nun ganz und gar nicht beabsichtigt. Aber es half nichts, jedes Mal, wenn ich versuchte, das Gespräch wieder an mich zu ziehen, wurde der Tumult lauter, so dass ich es schließlich aufgab und abwartete, bis sich die Erregung gelegt hatte. Danach, als wieder Ruhe eingekehrt war, wünschte ich stattdessen „Ein gutes neues Jahr“ und dieser Wunsch wurde von allen erwidert. So gingen wir friedlich und freundlich auseinander — in die Feiertage.

Mich aber beschäftige diese Reaktion noch weiter und ich nahm mir vor, künftig noch wachsamer und aufmerksamer auf meine Worte zu achten. Allerdings hatte ich ja geglaubt, einen guten, positiven Wunsch geäußert zu haben, als ich diese allgemein übliche Floskel verwendete. Um dem auf den Grund zu gehen und da es mich immer interessiert, woher eine Redewendung oder ein Ausdruck kommt, forschte ich auch in diesem Falle nach und fand Erstaunliches heraus.

Der Neujahrswunsch „Einen guten Rutsch“ hat in Wirklichkeit gar nichts mit „Rutschen“ zu tun. Der Ausdruck „Rosch Ha Schana“ bedeutet im Hebräischen „Anfang des Jahres“. Das Wort „Rosch“ oder „rosh“ bedeutet Kopf, Haupt, Spitze. Daraus entwickelte sich im Laufe der Zeit der Begriff „Rutsch“, der eben nur klanglich mit unserem „Rutschen“ verwandt ist. Können Sie nachvollziehen, dass ich schmunzeln musste, als ich den folgenden Satz las:

„Ein jiddischer Neujahrswunsch lautet:, A gut Rosch', was nichts anderes bedeutet als, behalte einen klaren Kopf'„ ein gutes neues Jahr' oder, einen guten Anfang'".

„Einen guten Anfang!“ Ein wirklich schöner Brauch, sich gegenseitig zu wünschen, dass der Anfang gut gelingen möge. Der Jahreswechsel scheint wie kein anderes Ereignis dazu geeignet, über einen neuen Anfang nachzudenken. Mit der Uhr im Blick können wir ganz genau das Ende des einen und den Anfang des anderen Jahres bestimmen — und das gilt nicht nur für uns, sondern quasi für alle Menschen. Man kann sicher sagen, dass die Mehrheit der Menschen sich der Besonderheit dieses Momentes nicht entziehen kann.

Ich erinnere mich, dass mich dieser ganz spezielle Augenblick schon als Kind fasziniert hat. Ähnlich wie ein neues Schreibheft, dessen Seiten noch ganz unbeschrieben waren, lag das neue Jahr vor mir. Ich stellte mir dann vor, was alles geschehen würde. Neben den Dingen, die zwangsläufig geschehen würden, gab es auch solche, die ich beeinflussen konnte. Im übertragenen Sinne: ich konnte mir zum Beispiel vornehmen, „besonders schön zu schreiben“, und das möglichst nicht auf der ersten Seite, sondern diesmal bis zur letzten Seite des neuen Heftes.

Viele Jahre hindurch habe ich diese Sitte, „gute Vorsätze“ zu fassen, beibehalten. Bis mir eines Tages klar wurde, dass man dazu nicht bis zum Jahreswechsel warten muss. Für jeden von uns gibt es im Leben ganz individuelle Zeitpunkte, die einen Neuanfang dokumentieren. Das können ganz gravierende Einschnitte im Leben sein, wie ein Wohnungswechsel, der Wechsel des Arbeitsplatzes oder vieles andere mehr. Es können aber auch ganz „kleine“ Momente sein, solche, die vielleicht eine neue Erkenntnis markieren, Momente, in denen einem klar wird: Ich werde von nun an anders über diese Sache denken — hier fängt etwas Neues an. Hinter diese Erkenntnis werde ich nicht wieder zurückfallen.

Einen dieser Momente erlebte ich während eines Vortrages, kurz nachdem ich die Christliche Wissenschaft kennen gelernt hatte. Die Vortragende fragte: „Wieso bekommen wir (angeblich) Schnupfen, wenn wir nasse Füße haben, aber nicht, wenn wir nasse Hände haben?“ Bis dahin hätte ich der ersten Aussage bedenkenlos zugestimmt und über die zweite gelacht. In diesem Augenblick aber war ich bereit, neu darüber nachzudenken, und fragte mich: „Ja, wieso eigentlich?“ Am Ende eines längeren Prozesses des Nachdenkens kam ich zu dem schlichten Ergebnis, dass die eine Aussage eben von einer großen Mehrheit der Menschen geglaubt wird und die andere nicht. Die medizinische Wissenschaft nennt das den „Nocebo-Effekt“, eine bislang wenig beachtete Facette der Kultur, die für eine Vielzahl von Krankheitsbildern verantwortlich ist. Dieser Effekt lässt sich so formulieren: Die Menschen erkranken als Folge einer (vermeintlichen) Ursache, weil sie glauben, dass diese Ursache sie krank macht. Ein Nocebo ist das Gegenteil des placebos. Das bedeutet, dass uns Annahmen sowohl krank als auch gesund machen können.

Diese Erkenntnis markierte für mich den Anfang einer neuen Überzeugung. Ich wusste, dass ich von nun an jede krankmachende oder niederdrückende Aussage hinterfragen würde. Ich habe mich seither an diesen Vorsatz gehalten. Immer, wenn ich mir dessen bewusst werde, dass ich angebliche Gesetzmäßigkeiten akzeptiere, nehme ich mir die Freiheit, neu darüber nachzudenken. Und wenn ich dann erkenne, dass sie für mich falsch (geworden) sind, fasse ich den „guten Vorsatz“, ihnen nicht mehr zu folgen und ab sofort nur noch das Neue, das ich als das Wahre, das Gute und das Richtige erkannt habe, zu glauben.

Kurze Zeit nach diesem erwähnten Vortrag fand ich mich in einer Menschenmenge wieder, von denen einige stark erkältet waren. So mancher äußerte die Befürchtung, dass nun wahrscheinlich alle krank würden. Mit meiner neuen Erkenntnis ausgestattet, glaubte ich jedoch, dass mir nichts passieren würde. Aber, weit gefehlt, bereits am nächsten Tag spürte ich die typischen Anzeichen dafür, dass es mich doch „erwischt“ hatte. Doch da wurde mir schlagartig klar, dass ich gerade im Begriff war, meinen guten Vorsatz, nur noch das Wahre zu akzeptieren, über den Haufen zu werfen. Sofort rief ich mich zur Ordnung. Ich entschied, dass ich nicht gezwungen war, heute dasselbe zu denken wie gestern: in diesem Falle, dass ein Symptom zwangsläufig ein anderes nach sich ziehen müsste. Stattdessen machte ich mir klar, was ich bisher durch das Studium der Christlichen Wissenschaft erkannt hatte, nämlich dass ich nur den Gesetzen der göttlichen Harmonie unterstehe. Das Einzige, was dieser Harmonie im Augenblick im Wege stand, waren diese momentanen Gliederschmerzen. Also behandelte ich sie, so wie ich es in der Wissenschaft gelernt hatte: ich entzog ihnen das Recht, mich bzw. mein Denken zu beherrschen oder auch nur zu beeinflussen, indem ich dieser alten Annahme ganz einfach nicht mehr glaubte — und war am nächsten Tag schmerzfrei. Und ich bekam (selbstverständlich) keine Erkältung.

Das war eine meiner ersten, ganz bewusst erlebten Erfahrungen, dass jederzeit etwas ganz Neues beginnen kann.

Mrs. Eddy beschreibt das in Wissenschaft und Gesundheit so: „Den Vorsatz und den Beweggrund recht zu leben, können wir jetzt gewinnen. Hast du diesen Punkt erreicht, dann hast du so angefangen, wie du solltest. Du hast mit dem Einmaleins von Christian Science begonnen und nichts als unrechte Absicht kann deinen Fortschritt hindern.“(S. 326:18)

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen jederzeit einen guten Anfang — jetzt oder zu jedem anderen geeigneten Moment.

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