Es ist weit verbreitet, sich über Vorsätze zum neuen Jahr lustig zu machen. Manchmal ziehen wir einander auch damit auf, wie lange wir wohl brauchen, bis wir sie brechen. Dennoch gibt es gibt viele Menschen, die zum Jahresende eine Bestandsaufnahme machen und sich manchmal Dinge vornehmen, die sie sehr ernst nehmen.
Haben Sie jemals darüber nachgedacht, dass dieser Brauch zum Teil dem uns angeborenen menschlichen Gefühl entstammt, es sei für uns richtig und normal, Fortschritt zu erwarten?
In seinem Buch The Gifts of the Jews (Nan A. Talese/Anchor Books, 1998) weist Thomas Cahill darauf hin, dass die Kulturen in der Zeit vor Abraham daran glaubten, das Leben verliefe in Zyklen — genau wie die Jahreszeiten würde alles Leben sich wie die Umdrehung eines Rades ständig wiederholen. Zu dieser Zeit gab es für eine Generation keinen Anlass zu glauben, ihre Lebenserfahrung würde sich von der der vorherigen Generation unterscheiden. In primitiveren Zeiten war es für die menschliche Rasse Herausforderung genug, für ihren Fortbestand zu sorgen. Bei den Griechen sah man Geschichte noch nicht als Fortschritt, sondern als Zyklus, der letztendlich zu dem zurückkehrte, was schon einmal war. Erst Abraham, der Vater der Hebräer, wurde aufgerufen, vorwärts zu schauen und etwas Neues zu beginnen, obwohl er nicht genau wusste, wohin ihn dieses Abenteuer führen würde.
Auf dem Bucheinband des Buches zitiert Cahill diese Worte eines Gedichtes von William Carlos Williams:
Ohne einen neuen Geist
kann es keine
neue Richtung geben,
wird alles beim Alten bleiben
und sich mit tödlicher
Sicherheit wiederholen. ...
Heutzutage ist die Vorstellung von Fortschritt — sogar die Erwartung von Fortschritt — so tief fast allen Kulturen verwurzelt, dass es schwer fällt zu glauben, dass es jemals anders gewesen sei.
Die Idee, das neue Jahr damit zu beginnen, über das nachzudenken, was man erreichen möchte, zeigt, dass man diese Erwartung von Fortschritt teilt. Die Vorsätze, über die sich andere lustig machen, sind freilich Vorsätze wie: „Ich will 20 Pfund abnehmen" oder „Ich will regelmäßig Sport treiben." Ernsthafter sind Vorsätze wie die Hoffnung eine neue Wohnung zu finden, unsere kreditschulden abzuzahlen oder gütiger und freund zu unseren Familien-mitgliedern zu sein.
Aber was ist Fortschritt eigentlich genau betrachtet? Was ist am wichtigsten für unseren Fortschritt — und für den Fortschritt der Menschheit — neben den individuellen Zielen, die wir für das neue Jahr ansteuern?
Jesus sagte einmal zu seinen Jüngern: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen." (Mt 6:33) Das scheint zumindest darauf hinzuweisen, dass Fortschritt darauf beruht, auf die richtige Weise zu leben, darauf, das Wichtigste an die erste Stelle zu setzen.
Man könnte auch sagen, es weist auf Fortschritt hin, wenn wir unsere Identität als Kind Gottes finden und diese Identität in unserem täglichen Leben demonstrieren. In Wissenschaft und Gesundheit wird es so ausgedrückt: „Was wir am dringendsten brauchen, ist das Gebet innigen Verlangens nach Wachstum in der Gnade, das sich in Geduld, Sanftmut und guten Werken ausdrückt." (S. 4)
Wenn wir dieses Wachstum in der Gnade, als Gotteskinder zu leben, ernst nehmen, müssen wir uns jeden Tag Zeit nehmen, darüber nachzudenken, was es bedeutet, ein Teil der Familie Gottes zu sein. Wir müssen uns jeden Tag etwas Zeit nehmen, über die Fähigkeiten nachzudenken, die Mann und Frau — geschaffen zu Gottes Bild — ausdrücken (unter anderem Liebe und Geduld) statt nur zu überlegen, was wir zu brauchen meinen.
Heutzutage ist die Vorstellung von Fortschritt — sogar die Erwartung von Fortschritt — so tief in fast allen kulturen verwurzelt, dass es schwer fällt zu glauben, dass es jemals anders gewesen sei.
Denken Sie zum Beispiel darüber nach, was Sanftmut bedeutet. Ist es so eine Einstellung wie: „Ich bin nicht so gut wie du"? Oder bedeutet es zu verstehen, dass die Eigenschaften, die Sie und ich ausdrücken, nicht unser eigener Besitz sind, sondern ihren Ursprung in Gott haben? Und nach so einem Gebet — denn das ist ein Gebet — ist es notwendig, den Willen und die Fähigkeit zu entwickeln, diese Attribute in unserem Leben vollkommener zum Ausdruck zu bringen.
Durch die Zeiten, in denen wir leben, werden mir zwei Eigenschaften deutlich, die ich dieses Jahr an erste Stelle in meinem Bewusstsein rücken muss: Mut und Freude. Mut ist das Gegenteil von Angst. In den zurückliegenden Jahren haben wir eine ungewöhnlich hohe Zahl an Naturkatastrophen erlebt — Erdbeben, Tsunami, Orkane und darauf folgende Hochwasser sowie Wirbelstürme. Wir haben auch gesehen, wie das Töten unschuldiger Menschen weitergeht, wie z. B. bei Bombenanschlägen in London oder Madrid oder kürzlich im Libanon oder bei den Selbstmordattentaten im Irak. Um unseren täglichen Aktivitäten nachzugehen, brauchen wir mehr denn je die Gewissheit, dass Gott uns beschützt und wir durch das Verständnis, dass Gottes Macht größer ist als alles Böse, nicht Opfer von Gewalttätern oder von Naturkatastrophen werden können.
Mary Baker Eddy schrieb in Wissenschaft und Gesundheit von einem „letzten konflikt", bei dem „boshafte Gemüter versuchen, Mittel und Wege zu finden, um mehr Böses anzurichten; aber diejenigen, die Christian Science erkennen, werden das Verbrechen im Zaum halten. Sie werden beim Austreiben des Irrtums helfen. Sie werden Recht und Ordnung aufrechterhalten und freudig die Gewissheit der endgültigen Vollkommenheit erwarten." (S. 96-97) Die Christliche WissenschaftChristian Science in diesem Sinne wahrzunehmen bedeutet die Gedanken auf die grundlegende Position zu richten: dass Gott buchstäblich Alles ist; dass Gott Allgegenwart ist und deshalb Schutz als ein Gesetz in der Erfahrung des Einzelnen bewirkt, der dies anerkennt. Wie der Psalmist sagt: „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, ...." (Ps. 91:1)
Furcht verringert unsere Fähigkeit, weise zu denken und zu handeln. Aber wenn wir die Herausforderungen des Tages annehmen, können wir dennoch vorwärts gehen, so wie Abraham, als er die Stadt Ur verließ (siehe Neh. 9:7). Wir können erwarten, dass Gott sich um Seine Kinder kümmert und wir nicht nur dazu geführt werden, den Übeltätern dieser Welt zu entkommen, sondern auch dazu, zur „endgültigen Vollkommenheit" beizutragen, von der Mrs. Eddy sparch.
Was Fröhlichkeit angeht, gab es nie eine Zeit, in der es wichtiger war als heute, diese lebhafte Eigenschaft zu zeigen, die die Frische des Lebens in jedem von uns bezeugt, besonders wenn die Menschen überall vor so vielen Herausforderungen stehen. Genau in den Augenblicken, in denen die Welt um uns herum in Unordnung geraten zu sein scheint, können wir jeden Tag mit einer neuen Wahrnehmung dessen beginnen, was es bedeutet, die kinder Gottes genannt zu werden.
Jeder von uns hat die angeborene, gottgegebene Fähigkeit, die geistigen Eigenschaften auszudrücken, die zu jeder Frau und zu jedem Mann gehören: Die Vitalität des Lebens, die Intelligenz des Gemüts, das Mitgefühl der Liebe, die prinzipientreue Aktivität, die zu Wahrheit und Prinzip gehört. Alle diese großgeschriebenen Wörter sind Synonyme für den einen, allmächtigen Gott. Wie könnten die Menschen nicht in dem Maß bei ihren täglichen Aufgaben fröhlich sein, wie sie alles das anerkennen, was Gott ihnen als Seinen Ausdruck verliehen hat?
Abraham folgte dem, was ihm Gottes Führung zu sein schien: „Und der Herr sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen..." (1. Mose 12:1,2).
Die Herausforderung, derwir heute begegnen, ist keine physische Veränderung, sondern eine geistige Reise, auf der wir uns unserer gottgegebenen Fähigkeit bewusster werden, Eigenschaften wie Liebe, Geduld, Mut und Freude auszudrücken.
Es wäre einen Neujahrsvorsatz wert, zu beschließen, dies jeden Tag zu tun und es das ganze Jahr über einzuhalten.
