Nach elf Jahren als Mitarbeiter des Christian Science Monitor, davon die letzten drei Jahre als Berichterstatter aus Afrika, gab Abe McLaughlin zusammen mit der Monitor-Fotografin Melanie Stetson Freeman eine Ansprache, die mit Fotos zu „Afrika nach dem Krieg: Wege zur Vergebung" illustriert war. Am 14. November 2006 sprach McLaughlin in der Mary Baker Eddy Bibliothek in Boston, USA. Dort beschrieb er, wie die vom Krieg verwüsteten afrikanischen Nationen auf der Suche sind: nach Versöhnung, nach Wegen zur Wiedergutmachung früherer Gräuel, nach Heilung wie auch nach Möglichkeiten, vorwärts zu kommen.
McLaughlins Berichte erschienen ursprünglich als vierteilige Monitor-Serie (um die ganze Serie zu lesen, gehen Sie bitte im Internet zu www.csmonitor.com/africaforgiveness). In einem Teil beschreibt er, wie Kaffeebauern in Ruanda Krieg führende Hutu-und Tutsi-Stammesangehörige zusammengebracht haben, nachdem eine ruandische Frau tatsächlich Arbeiter eingestellt hatte, die ihre Familie im Völkermord dieses Landes von 1974 getötet hatten – eine außergewöhnliche Geste. Ein anderer Bericht beschreibt, wie der pensionierte liberianische Bischof Arthur Kulah den Männern Vergeben hat, die seinen Vater getötet hatten. Kulah erklärte: „Eine gute Person kann schlecht handeln. Aber wenn Sie ihr vergeben, kann ihre göttliche Natur wieder auftauchen."
„Es ist gewiss das Herz des Christentums", sagt McLaughlin, „sich zu weigern, unsere Brüder und Schwestern auf diesem Planeten als etwas anderes anzusehen als die Kinder eines allguten Gottes, und alles zu tun, um dieses Wesen in Erscheinung treten zu lassen."
Dieser Kommentar erinnert an eine Ansprache an Christliche Wissenschaftler in Chicago im Jahr 1888, in der Mary Baker Eddy Vergebung als eines der Hauptelemente erwähnte, um den Fortschritt für die Kirche zu sichern, die sie neun Jahre zuvor gegründet hatte, um „den Leidtragenden Trost [zu spenden] und den Kranken Heilung [zu bringen]." (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. XII) Mrs. Eddy forderte ihr Publikum dort heraus: „Wer bedenkt, dass Geduld, Versöhnlichkeit, unerschütterlicher Glaube und Liebe die Zeichen unseres Vaters dafür sind, dass der Mensch Stufe um Stufe von der Sünde geheilt wird und seinen Eingang in die Wissenschaft findet?" Und ihre Antwort auf diese und andere ähnliche Fragen war unmissverständlich: „Der nur kennt diese Wunder, der sich der Knechtschaft der Sinne entzieht und die geistige Wahrheit annimmt, die alle, die sie annehmen, mit veredelter Freude und dem Schwinden des Kummers segnet." (Vermischte Schriften, S. 100-101)
Der Forderung nach einer Veredlung von Freude und nach Heilung – nicht einfach nur nach Vergessen – von Ereignissen, die Leid verursacht haben, ist wesentlich für die Praxis der Christlichen Wissenschaft, die Mrs. Eddy entdeckt hat. Manchmal scheinen die Momente der Vergebung, die wir in den Nachrichten hörten, weit weg von unserem eigenen Leben zu sein. Auch mag Mrs. Eddy Hinweis auf „Heilung von Sünde" keine offensichtliche Anwendung auf das tägliche Leben haben. Aber wer hat nicht schon mal „gesündigt", als ein gedankenloser Nachbar ihn auf die Palme gebracht hat, ein Vorgesetzter eine offensichtlich großartige Idee abgelehnt oder ein Spieler im Aufstiegsspiel im Basketball seinen Ellenbogen in sein Gesicht gerammt hat? Dies alles sind Gelegenheiten für Menschen, zusammenzukommen und ihre Solidarität und ihren Respekt füreinander zu zeigen – die Vergebung zu demonstrieren, die ganz natürlich ist für die Söhne und Töchter Gottes.
Sich unter allen Umständen auf Gott zu berufen hilft, dass einzelne Menschen nicht Ziel von Frust und Ärger oder das Werkzeug von Hass und Rache werden. Wissenschaftliches Gebet hilft uns, Gefühle loszulassen, völlig zu Recht verletzt zu sein durch das Missverstehen anderer, durch Eigensinn oder Misshandlung. Und manchmal schubst uns Gebet förmlich, den ersten Schritt zu tun zu mentaler und emotionaler Freiheit für beide Seiten.
Vergebung innerhalb einer Gemeinschaft und sogar noch weiter gefasst zwischen Nationen ist das Herz von Jesu Lehren – gerade die, die Mrs. Eddy zur Christlichen Wissenschaft führten. Jesus rief zu Geduld und Beharrlichkeit auf, nicht nur sieben Mal zu vergeben, sondern siebzigmal siebenmal. (Matthäus 18).
Er versprach, dass diejenigen, die mit anderen großzügig, freundlich und mitfühlend umgehen, finden werden, dass diese Qualitäten in vollem Umfang zu ihnen zurückkehren. Eine vergebende Haltung ist Teil des Wesens Gottes, eine Seiner vielen Gaben an uns. Und zugleich mit der Vergebung für die, die uns Unrecht getan haben, kommt eine entsprechende Aufforderung, noch einen Schritt weiterzugehen: sie zu lieben. Der Apostel Paulus forderte von seinen Zuhörern, die zu trösten, denen sie vergeben hatten: „... sodass ihr nun ihm desto mehr vergeben und ihn trösten sollt, damit er nicht in allzu große Traurigkeit versinkt." (2. Korinther 2)
Dies mag Teil der Herangehensweise der Frau aus Ruanda gewesen sein, die McLaughlin erwähnt hat. Ihr Arbeitsangebot an die, die ihrer Familie so viel Unrecht getan hatten, mag jene vor „allzu großer Traurigkeit" bewahrt und geholfen haben, deren Leben wiederherzustellen, einschließlich ihrer Selbstachtung. Das ist ein wunderbares Beispiel, wie die Art von Paulus' Vergebung in Aktion sichtbar werden kann.
In einer Welt, die mit Terrorismus, Verschuldung, Obdachlosigkeit, Rassismus, Verbrechen durch Hass, Alkohol am Steuer, Kinderpornografie ringt, ist es allzu leicht, sich vom Ausmaß an erforderlicher Vergebung überwältigen zu lassen.
Dennoch ist die Antwort immer die gleiche: Wir lernen zu vergeben, indem wir verstehen, wie Gott liebt, gibt und vergibt. Und es wird für uns leichter zu vergeben, wenn wir unsere geistige Natur annehmen und ausdrücken – beständig mehr von der Geduld zeigen, dem beharrlichen Glauben und der Liebe, die wir alle ganz natürlich von Gott widerspiegeln.
