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„Ich bin bei ihm in der Not”

Aus der Oktober 1910-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Christian Science Sache gedeiht deshalb so gut, weil sie die Tatsache ganz besonders betont, daß Gott allmächtig, allgegenwärtig und allwissend ist. Sie pflichtet der Lehre von Gottes Unendlichkeit ohne allen Vorbehalt bei, und dies ist wohl ihr Hauptmerkmal. Sie allein unter allen Religionssystemen hat trotz des widersprechenden Zeugnisses der materiellen Sinne an der Allmacht und Gegenwart Gottes festgehalten, und eben dadurch wurde sie befähigt, die Kranken zu heilen, die Traurigen zu trösten und den Sklaven der Sünde Freiheit zu bringen. Die Christian Science ist wahrlich, wie Mrs. Eddy erklärt, „die Offenbarung des Immanuel, ‚Gott mit uns‘; sie ist die unumschränkte Allgegenwart, welche die Menschenkinder von allen Leiden befreit, die das Erbe des Fleisches sind.” Dies erinnert uns an die Worte des 91. Psalms: „Ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreißen ... und will ihm zeigen mein Heil.”

Die in der Heiligen Schrift so häufig zugesagte Hilfe in Zeiten der Not hat offenbar nicht den Zweck, uns Kraft zu geben, damit wir unsre Leiden ertragen können, sondern sie soll uns aus der Not erretten. Der Mensch mag sich sehr bemühen, in der Trübsal geduldig zu sein, weil er denkt, Gott habe sie gesandt; aber nichtsdestoweniger wird das Sehnen seines Herzens mehr auf Erlösung vom Übel gerichtet sein als auf mehr Kraft, dasselbe zu ertragen. Das Heilungswerk Jesu bewies, daß der himmlische Vater Seinen Kindern Leben, Gesundheit und Heiligkeit zugedacht hat und daß Er nicht Ergebung in die Vorstellungen von Sünde, Krankheit und Tod fordert. Nicht die Unterwerfung unter das Übel, sondern das Überwinden desselben ist des Christen Pflicht und Vorrecht. Es ist die Methode, welche der Meister gelehrt hat und nach welcher er verfuhr. Die Erfahrungen der Christian Scientisten beweisen, daß man Kummer in dem Maße verliert, wie man sich der Gegenwart Gottes bewußt wird.

Leider hat die Lehre von der Gegenwart Gottes der leidenden Menschheit sehr wenig Trost gebracht. Dies ist jedoch begreiflich, denn man hat die Menschen zugleich gelehrt, daß Gott Kummer und Not bestimmt habe oder dieselben wenigstens zulasse; und da sie dies glaubten, haben sie sich eben immer mehr von Gott abgewandt. Wenn ein Mensch sich in einem reißenden Strom befindet und dem Ertrinken nahe zu sein glaubt: wäre es ihm ein Trost, denjenigen am Ufer zu sehen, der ihn ins Wasser gestoßen hat und ihn kaltblütig ertrinken läßt? Wer da glaubt, daß Gott, der doch alles erschaffen hat, um das Übel weiß und demselben Wirklichkeit und Macht zugesteht, bezeichnet Ihn als den Urheber alles Elends auf Erden und in der Hölle. Das unendliche Bewußtsein Gottes, des Guten, kommt nicht mit den sterblichen Illusionen des Übels in Berührung, denn sonst könnte die Realisierung der Gegenwart Gottes keinen Schutz vor diesen Illusionen gewähren.

In den folgenden Worten sucht der Psalmist seinen Begriff von der Allgegenwart Gottes auszudrücken: „Bettete ich mir in die Hölle, siehe, so bist du auch da.” Dies bedeutet nicht, daß Gottes Kinder in Seiner Gegenwart Pein erdulden müssen und erdulden können. Vielmehr ist gemeint, daß selbst im tiefsten menschlichen Elend die Wahrheit der Allgegenwart Gottes bereit steht, den Übeltäter, der seine sündhaften Vorstellungen aufgeben will, zu befreien und den Leidenden zu heilen. Gott war nicht mit Mose, um Zeuge des Mißgeschicks der Kinder Israel zu sein, sondern um dieselben zu erretten. Wenn Gott das menschliche Elend sehen könnte, so würde er dadurch das Vorhandensein einer Ihm — der Allmacht —überlegenen Macht zugeben, denn das Wesen des Guten schließt allen Begriff vom Übel aus. Gott vernichtet allerdings die Illusion des Übels für den Sterblichen, aber nicht dadurch, daß Er um das Übel weiß, sondern durch die Erkenntnis des Guten seitens der Sterblichen — in der selben Weise, wie Dunkelheit für einen Menschen aufhört, der in das Licht tritt.

Die Christian Science lehrt in einfacher und verständlicher Weise, daß Gott keinen üblen Begriff und keinen Begriff vom Übel hat, und daß das Übel bloß als eine sterbliche Vorstellung besteht, dessen Kundgebungen in die Erfahrung treten, wie die Illusion eines Traumes in die Erfahrung tritt. Übel und Disharmonie, wie die sogenannten materiellen Sinne sie uns vorführen, widerlegen keineswegs die Tatsache, daß Gott gegenwärtig ist; sie beweisen bloß, daß die leidenden und sündigen Sterblichen sich Seiner Gegenwart nicht bewußt sind. Es ist die Aufgabe der Christian Science, über diesen Punkt Aufschluß zu geben — das Denken so zu wecken, daß es die Gegenwart des Guten geistig erkennen möge. Auf diese Weise wird die Menschheit befähigt, durch praktische Demonstration die Bedeutung der Allheit Gottes zu erkennen, die Täuschungen des Irrtums abzuweisen und sich von denselben loszusagen. Diese Erleuchtung hat bereits in gewissem Maße stattgefunden, wie aus den durch die Christian Science bewirkten zahlreichen physischen und moralischen Heilungen zu ersehen ist.

Während im allgemeinen zugegeben wird, daß Gott gegenwärtig ist, um den Sünder zu bekehren, so wird dennoch nicht allgemein zugegeben, daß Er gegenwärtig ist, um den Kranken zu heilen. Und warum nicht? Obgleich die Sünde das größere Übel ist, so sind doch die kranken und notleidenden Sterblichen der Hilfe ebenfalls bedürftig. Krankheit ist in den Augen Gottes ebenso unwirklich wie Sünde; beide sind ein und derselben Wurzel des Irrtums entwachsen und beide werden durch die Wahrheit zerstört. War zur Zeit Jesu „die Kraft des Herrn” gegenwärtig „und half jedermann”, so ist sie auch heute noch gegenwärtig. Der Unendliche ist unveränderlich! Wenn die Gegenwart und Tätigkeit der Gutheit Gottes durch die angebliche Tätigkeit und Macht der Krankheit beschränkt werden könnte, so daß die körperlich Leidenden von Gott keine Heilung zu erhoffen hätten, so wäre sie auf ewig beschränkt, und die Hoffnung, jemals völlige Harmonie zu erlangen, wäre umsonst. Nun ist es aber Tatsache, daß die Allmacht dem einen Kranken und sündhaften Sterblichen ebenso erreichbar ist wie dem andern, ohne Rücksicht auf Zeit und Raum. Die Christian Science hat die Wahrheit dieser Erklärung bewiesen und hat für alle Zeiten die Annahme widerlegt, daß das göttliche Heilen auf eine bestimmte Zeit oder Person beschränkt sei.

Die Christian Science weist auf den praktischen Wert der Schriftlehre hin. Sie betont durch Wort und Beispiel die Unveränderlichkeit der göttlichen Wahrheit. Sie erklärt, daß Gott bei den Menschen ist — nicht in der Theorie, sondern in Wirklichkeit —, und daß sich die Menschen dieser Tatsache bewußt werden können. Der Apostel Johannes schreibt: „Das Wort ward Fleisch, und wohnte unter uns.” In der Christian Science wird das Wort durch das Wiedererscheinen des christlichen Heilens aufs neue praktisch anwendbar gemacht. Obgleich sich Gott den Sterblichen nicht als eine sichtbare Gegenwart offenbaren kann, weil Geist für die materiellen Sinne nicht bemerkbar ist, so können Ihn die Sterblichen doch durch die Wirkung guter Gedanken kennen lernen. Die menschlichen Erfahrungen sind schon an und für sich mentaler Natur, und sie sind harmonisch oder unharmonisch, je nachdem die Gedanken Gott getreu oder ungetreu sind. Gutes Denken, d. h. richtiges Denken, bringt Gottes Gegenwart durch die mitfolgende Harmonie zum Bewußtsein. In keiner andern Weise kann das böse Denken samt seinen Folgen vernichtet werden.

Da Gott Seiner Eigenschaft der Unendlichkeit nie untreu wird, so ist Er stets bei allen Menschen zugegen, und zwar nicht in dem Sinne, daß Er ihre Sünden und ihre Leiden kennt, sondern Er ist als das überall gegenwärtige Gute bei ihnen, für welches es kein Übel gibt und welches ewiglich alle Bedürfnisse befriedigen wird. Die Schüler der Christian Science sind sich bewußt, daß in ihrer wenn auch bis jetzt nur mangelhaften Erkenntnis dieser Wahrheit das Geheimnis ihres Sieges über falsche Zustände liegt. Deshalb können sie mit verständnisvoller Bestimmtheit alles leugnen, was Gott nicht bekannt ist und was Er nicht kennen kann. Das dämmernde Verständnis von der Allgegenwart Gottes befreit den mit den Vorstellungen von Sünde und Krankheit kämpfenden Menschen in ebenso natürlicher Weise, wie die aufgehende Sonne die Schatten der Nacht verscheucht.


Viele suchen ihr Glück wie sie ihren Hut suchen, den sie auf dem Kopfe haben.

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