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Die Christliche Wissenschaft, eine Weltreligion

Aus der Oktober 1912-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Durch eine kürzliche Erfahrung durfte sich der Verfasser selbst überzeugen, daß die Christliche Wissenschaft tatsächlich eine Weltreligion ist. Überall, wo er sich auf seiner Reise um die Welt aufhielt, fand er, daß das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft immer größer werdenden Scharen die Bibel verständlich macht, die Falschheiten einer Annahme von sterblicher Existenz aufdeckt, im menschlichen Bewußtsein die Wirklichkeit geistiger Tatsachen begründet, Gerechtigkeit oder richtiges Denken anregt, Wohlwollen und Frieden fördert, den Grundstein für die Brüderschaft der Menschen legt, durch die Erneuerung des Geistes Sünde und Elend vernichtet und die Kranken wie zur Zeit der Urchristen heilt.

Der Weltreisende kann nicht umhin, dieses Wachstum als ein auffallendes Zeichen der Zeit, als das Wiedererscheinen des ursprünglichen Christentums anzusehen. Die Christliche Wissenschaft umspannt jetzt die Erde. Ein Glied der Kette ist an das andre geschmiedet worden, und in dauerndem Bunde sind Menschen und Völker vereint. Ein herrliches Gefühl der Brüderschaft durchzieht die Reihen der Getreuen und wird durch die freundliche und fördernde Wirksamkeit der Mutterkirche gestärkt. Indem die Christlichen Wissenschafter lernen, sich nur einem Gott, einem Leben zuzuwenden, nur einem Gott zu gehorchen, nur eine Bibel, ein Lehrbuch und eine Lektionspredigt zu benutzen, nur eine Führerin anzuerkennen, befolgen sie den Rat des Paulus und haben „einerlei Sinn”.

Diese Übereinstimmung des Zieles und Strebens ist so ausgesprochen, daß der Christliche Wissenschafter sich überall unter Gesinnungsgenossen schnell heimisch fühlt, mag sein Verhältnis zu ihnen dem menschlichen Sinn nach auch das eines Fremden sein. Er nimmt überall denselben Kampf wahr; dieselben Probleme, Schwierigkeiten und Täuschungen drängen sich seinem Bewußtsein auf. Er sieht, wie durch die Christliche Wissenschaft überall dieselben Siege und Erfolge verzeichnet, wie durch sie Sünde, Krankheit und Tod überwunden werden. Die Ansprüche des sterblichen Gemüts bleiben sich in der ganzen Welt gleich, auf beiden Erdenhälften, auf den Inseln des Meeres, beim Äquator oder in den eisigen Nordländern. Mögen sich diese Ansprüche auch aufs verschiedenartigste verkleiden: die Christliche Wissenschaft deckt sie alle auf und beweist ihre Nichtigkeit. So gibt es in allen Breiten und Höhen, unter allen Himmelsstrichen nur ein wahres Gemüt, einen allgegenwärtigen, allwissenden, allmächtigen Gott, einen gemeinsamen Vater, in dem wir „leben, und weben und sind”. Die Christlichen Wissenschafter haben überall ähnliche Erfahrungen, Prüfungen und Schwierigkeiten, mögen sie auch Taufende von Meilen von einander entfernt, durch Berge und Meere getrennt leben, und, dem Zeugnis der körperlichen Sinne nach, die größte Verschiedenheit hinsichtlich ihrer Rasse, Erziehung, Umgebung oder Sprache aufweisen. Der Weltreisende findet diese Gleichartigkeit der Erfahrung unter den Studierenden der Christlichen Wissenschaft, denn wie das göttliche Gemüt eins ist, so gibt dessen scheinbare Nachbildung auch vor, eins zu sein.

Die Christlichen Wissenschafter, die von ihren Gesinnungsgenossen weit entfernt leben, vielleicht in entlegenen Teilen der Erde, sollten Mut fassen und sich freuen, daß sie Glieder in der großen Kette bilden, die den Erdball umspannt. Wie sehr stärkt und tröstet doch die Lehre der Christlichen Wissenschaft, daß Gott Gemüt ist, solche entfernte Brüder! Sie zeigt, daß Gott nicht nur überall sein kann, sondern tatsächlich überall ist. Er ist unendlich und unteilbar. Wenn wir nun die Eigenschaften der Unendlichkeit und Unteilbarkeit vereint zu erfassen trachten, so werden wir die Definition von Gott als Gemüt völlig befriedigend finden. Keine andre Definition entspricht dem Zweck so vollständig. Gott als Gemüt kann überall sein, ohne etwas von Seinem unendlichen und unteilbaren Wesen einzubüßen.

Die Tatsache, daß Gott Gemüt ist, bietet ferner eine Erklärung für die wunderbare Art, auf die viele Leute ein Verständnis von der Christlichen Wissenschaft erlangen, obgleich sie von den Zentralstellen der Bewegung weit entfernt sind. Der empfängliche Gedanke bereitet sich überall auf das Erkennen der Wahrheit vor. Es gibt nichts Interessanteres als die Schritte derer zu verfolgen, die Gott suchen. So unternehmen sie z. B. eine Reise, oder es sucht sie jemand unvermuteterweise auf, sie treffen frühere Freunde, die sie fast vergessen hatten, folgen einem Trieb ihres Herzens, ein freundliches Werk zu tun, bestehen darauf, für etwas einen Ersatz zu leisten, werden aus ihrem Aufenthaltsort herausgeführt und von ihrer gewöhnlichen Lebensweise abgelenkt, und vernehmen dann die Botschaft, die schließlich zur Neugestaltung ihres Lebens durch die Christliche Wissenschaft führt.

Als Jesus seine Jünger aussandte, gab er ihnen den bedeutungsvollen Befehl „in alle Welt” zu gehen und zu predigen „allen Völkern”. Das Christentum ist eine universelle Religion. Die Behauptung, daß es den besonderen Bedürfnissen gewisser Völker und Menschen nicht angepaßt sei, ist auf eine irrige Anschauung hinsichtlich seines wahren Wesens zurückzuführen, denn wahres Christentum ist wissenschaftlich, ist auf Verständnis gegründet, nicht auf blinden Glauben. Die Wahrheit ist für alle Menschen wahr, allerorten, zu allen Zeiten. Eine Wissenschaft, um den Namen zu verdienen, muß nicht nur exakt sondern auch universell sein. Wenn eine vermeintliche Tatsache unter gewissen Umständen für unwahr befunden wird, so kann sie nicht wissenschaftlich genannt werden. Das Einmaleins ist im Grunde eine Reihenfolge von Behauptungen bestimmter Tatsachen, die allerorten und für alle Menschen Geltung haben. Sie sind exakt und universell in ihrer Anwendbarkeit. Wenn also das Christentum richtig verstanden wird, wird es für wissenschaftlich befunden und ist daher in jedem Zeitalter und unter allen Himmelsstrichen, unter „allen Völkern” und in „aller Welt” beweisbar.

Wenn auch die Christliche Wissenschaft als eine für die Menschen praktisch anwendbare Religion erkannt wird, so ist damit noch nicht gesagt, daß alle Menschen zurzeit für die Annahme ihrer Lehren gleich bereit sind. Das Bekanntwerden mit der Christlichen Wissenschaft wird zum großen Teil durch den Grad der Empfänglichkeit bedingt. Nun gibt es Völker, gerade wie es einzelne Menschen gibt, die auf Grund besonderer Prüfungen und Schwierigkeiten, oder außergewöhnlicher Erfahrungen mehr bereit sind, das Denken einigermaßen von dein Materiellen frei zu machen, etwas von der Allheit des Guten zu erkennen, das Vertrauen auf bloße rohe Kraft aufzugeben und in einer edleren, wenn auch vorderhand vielleicht unklar erscheinenden ersten Ursache eine Stütze zu suchen. Von manchen Völkern läßt sich wie von manchen Individuen behaupten, daß sie durch ihre Trübsale und Demütigungen genötigt worden sind, Hilft bei einer außerhalb der Sinnenwelt liegenden Macht zu suchen und nach dem Schutz des unsichtbaren und unteilbaren Gottes zu streben. So ist auch der Fortschritt der Christlichen Wissenschaft in der Welt nicht überall ein gleichmäßiger gewesen. Sie hat da Eingang gesunden und wohnt da, wo sich die Herzen ihrer Botschaft geöffnet haben. Nie drängt sie sich den Menschen auf. Sie ist ein Engelsbote, ein freigebiger Überbringer von Gaben. Doch müssen sich Arme zum Empfang ausstrecken, und es bedarf der Ohren, die hören, und der Augen, die sehen können.

Das „mühelose Wirken der göttlichen Energie” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 445), das in der Christlichen Wissenschaft zum Ausdruck kommt, ist natürlich und freudevoll. Kein Versuch, diese Wissenschaft zu selbstsüchtigen Zwecken zu gebrauchen, kann von Erfolg begleitet sein, auch kann durch ihre wohltätige und entselbstete Wirksamkeit unmöglich Selbsterhöhung gefördert werden. Von einer Frau entdeckt und begründet, deren Lebenszweck es war, zu helfen und zu heilen, nimmt diese hehre Wissenschaft in der ganzen Welt ihren Fortgang — ein Freund der Freundlosen, ein Trost für die Bekümmerten, ein Heilmittel für die Verlassenen und Hoffnungslosen, eine Stärkung für die Kleinmütigen, die Verheißungen des Evangeliums erfüllend, das Gesetz Gottes im menschlichen Bewußtsein begründend, alle Völker, alle Gemütsarten segnend und die Verlorenen, Juden wie Heiden, Knechte wie Freie erlösend.

Bei der Betrachtung der Christlichen Wissenschaft als einer Weltreligion ist es wohl auch angebracht, die menschlichen Bedingungen, die der Entstehung dieser Bewegung günstig waren, einer Betrachtung zu unterziehen. Die geistige Atmosphäre Neu-Englands, in der Mrs. Eddy zur Frau heranwuchs und in der sie für die große Entdeckung vorbereitet wurde, zeichnete sich durch tiefe Religiosität aus; doch fehlte es nicht an der für die Aufnahme neuer Ideen nötigen Empfänglichkeit. In dieser Umgebung herrschte die Tendenz, der Frau gleiche Berechtigung mit dem Mann einzuräumen. Die Zustände, die in mentaler und geistiger Hinsicht dort gegen Mitte des letzten Jahrhunderts vorherrschten, waren in hohem Grade für den Empfang einer durch eine Frau kommenden Entdeckung geeignet.

Die Nordamerikanische Union war kurz zuvor von einem furchtbaren, aus innerer Überzeugung geführten Krieg bis in ihre Tiefen erschüttert worden (die Frage der Negersklaverei kam zur Entscheidung), als das lange Forschen unsrer Führerin nach dem heilenden Prinzip im Jahre 1866 zu der Entdeckung der Christlichen Wissenschaft führte. Ein Überblick über sämtliche Völker der Welt und ihren damaligen Stand zeigt, daß die Bedingungen für die Entstehung der Christlichen Wissenschaft nirgends günstiger waren, als im damaligen Neu-England; und doch boten sich noch Schwierigkeiten genug, wie die Laufbahn Mrs. Eddys zur Genüge beweist. Ihr hoffendes Streben umfaßte die ganze Welt, zugleich aber sah sie das ungeheure Werk, das vollbracht werden mußte. „Ich habe niemals angenommen”, so schreibt sie in Wissenschaft und Gesundheit, Seite 348, „daß die Welt die volle Frucht der Christlichen Wissenschaft sofort erblicken würde, oder daß Sünde, Krankheit und Tod nicht noch auf unbestimmte Zeit hinaus geglaubt werden würden; aber das behaupte ich, daß als Ergebnis der Lehren der Christlichen Wissenschaft Ethik und Mäßigkeit einen Ansporn erhalten haben, daß Gesundheit wiederhergestellt worden ist, und daß die Langlebigkeit zugenommen hat.”

Da die Christliche Wissenschaft eine Weltreligion ist, so interessieren sich die Christlichen Wissenschafter natürlicherweise für alles Gute, das vollbracht wird. Ihr Mitgefühl wird durch die Christliche Wissenschaft erweitert, und sie vermögen die Errungenschaften rechten Denkens unter den Völkern zu würdigen. Wenn irgendwo ein vermeintliches Gesetz der Beschränkung aufgehoben und durch menschliche Bestrebungen als nichtig erwiesen wird, so nehmen die Christlichen Wissenschafter mit Interesse davon Kenntnis; solche Dinge betrachten sie als „Neuigkeiten”. Zu den vielen Diensten, die der „Christian Science Monitor“ der Menschheit leistet, gehört das Verzeichnen des Guten, das alle Völker in ihrer Weise vollbringen. Jede Art menschlicher Tätigkeit bedarf der Heilung von Mißbräuchen, die durch Unwissenheit oder Schlechtigkeit um sie her entstanden sind. Der „Monitor“ widmet seine Spalten den wissenswerten Nachrichten auf dem Gebiete der Politik, der Finanz, des Handels, der Industrie, Literatur, Geschichte, Musik, und Kunst, des Sports usw. Eine ganze Seite wird täglich den Kabelberichten eingeräumt, sowie den Nachrichten durch Korrespondenz aus allen Teilen der zivilisierten Welt, und zwar solchen Nachrichten, die in andern Blättern in der Regel nicht zu finden sind. Seine Redaktionsartikel über Neuigkeiten aus der ganzen Welt erregen überall Aufmerksamkeit und erweisen sich als eine Bildungsquelle für diejenigen, die vielleicht bis dahin durch einen engen Gesichtskreis gehindert wurden, an Vorgängen von allgemeinem Interesse Anteil zu nehmen.

Es wäre verfehlt zu behaupten, daß christlich gesinnte Menschen sich von der Politik fernhalten sollten, weil es in der Politik bisweilen unehrlich zugeht und dieselbe in ein Ringen um Amt und Stellung ausartet. Die Politik muß geläutert werden, sie muß geheilt und von den falschen Begriffen befreit werden, die sich festgesetzt haben und ihren völligen Verfall herbeiführen möchten. Ebenso verfehlt wäre es zu denken, daß die Börse aus dem menschlichen Bewußtsein entfernt werden müsse, weil sie fraglichen Zwecken dienstbar gemacht werden kann. Literatur und Kunst können in schlechten Händen zu schlechten Werkzeugen werden, sie werden aber auch als gute Diener zu edlen Zwecken gebraucht. Dadurch, daß der „Monitor“ das unter allen Völkern durch menschliches Wirken und menschliche Tätigkeit vollbrachte Gute verzeichnet, legt er einen höheren Maßstab fest, der rechtes Wirken in der ganzen Welt ermutigt und die Anerkennung derer erringt, die durch ihr Verständnis der Wahrheit am ehesten in der Lage sind, an der Neugestaltung der Welt mitzuwirken.

So naht sich der Tag reichen Lohns für diejenigen, die wachend und betend sich des universellen Charakters der Christlichen Wissenschaft bewußt werden. Diese Lehre appelliert an die Vernunft und somit an alle Menschen. Keine Meeresfläche oder Gebirgshöhe kann das Eintreffen der frohen Botschaft des geistigen Verständnisses bei denen verhindern, die zum Empfang derselben bereit sind. Kein Rassenvorurteil und keine ererbte Überlieferung kann den allumfassenden Segen im geringsten vermindern, den die Lehre der Christlichen Wissenschaft auf ihrem Zuge durch die Welt über die Völker bringt.


In der Kirche Jesu Christi kommt es nicht sowohl auf das Reden als auf das Tun an.— Worte sind Blätter, Taten sind Früchte an unserm Lebensbaume.

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