[Beginnend mit dieser Nummer richtet sich der Herold nach der Terminologie, die in der deutschen Übersetzung von „Science and Health“ zur Anwendung kommt. In dem folgenden Vorwort zu genannter Übersetzung werden die neuen Ausdrücke des näheren besprochen.— Die Redaktion.]
Viele Jahre lang war es der feste Entschluß der Verfasserin von „Science and Health with Key to the Scriptures“, ihr Lehrbuch über die Christliche Wissenschaft nur in der englischen Sprache erscheinen zu lassen, nachdem auf ihre Anordnung hin ein Teil dieses Buches ins Deutsche übersetzt worden war. In Wissenschaft und Gesundheit spricht Mrs. Eddy (S. 115) von der „Unzulänglichkeit materieller Ausdrücke für metaphysische Behauptungen, und [der] daraus folgenden Schwierigkeit metaphysische Ideen so auszudrücken, daß man sie einem jeden Leser verständlich machen kann, der die Christliche Wissenschaft, so wie sie in meiner Entdeckung zutage tritt, nicht persönlich demonstriert hat,” und sie sah die weiteren Schwierigkeiten voraus, die sich bei einer Übersetzung dieser metaphysischen Ideen von einer Sprache in die andre ergeben würden. Daher war sie der Ansicht, daß es besser für den Schüler sein würde, Wissenschaft und Gesundheit im Original zu lesen und so einen klareren Begriff von der Lehre zu gewinnen, als es ihm durch das Studium einer Übersetzung möglich sein würde, die die ursprüngliche Kraft und Reinheit ihrer Offenbarung der Wahrheit nicht entsprechend zum Ausdruck brachte.
Als Mrs. Eddy jedoch im Lauf der Zeit sah, wie sich die Christliche Wissenschaft unter den deutsch sprechenden Nationen ausbreitete, und unter welchen Schwierigkeiten sich viele Deutsche mühten, ein Verständnis ihrer Lehren zu erwerben, schenkte sie schließlich den unablässigen Bitten um eine deutsche Übersetzung Gehör, in der weisen Überlegung, daß es besser wäre, den Deutschen eine offizielle Übersetzung zu geben, die allgemein angenommen werden könnte, als viele teilweise Übertragungen inoffiziellen Charakters in Umlauf zu lassen, die nur zur Verwirrung des Schülers führen konnten. Demgemäß schrieb Mrs. Eddy am 31. März 1910 an ihren Verleger wie folgt:
Bitte, tun Sie sofort Schritte, um „Science and Health“ in die deutsche Sprache übersetzen zu lassen. Diese neue Ausgabe soll wechselseitig in der englischen und deutschen Sprache gedruckt werden, so daß eine Seite die göttlich inspirierte, englische Version enthält, welche die Norm sein soll, die andre Seite den deutschen Text in Form einer Übersetzung.
Die Arbeit soll von einem Komitee gemacht werden, das aus mindestens drei Mitgliedern besteht, die gründliche Kenner der englischen und deutschen Sprache und gute Christliche Wissenschafter sind.
Diesen Anweisungen zufolge wurde ein Komitee von drei Deutschen ernannt, zwei in Deutschland und eine in den Vereinigten Staaten, welche drei vollständige Übersetzungen von „Science and Health“ machten, ohne sich irgendwie miteinander zu beraten. Am 15. August 1911 trat dieses Komitee in Boston zusammen, und nachdem drei weitere Mitglieder ernannt worden waren, wurde die Durcharbeitung der drei Übersetzungen in Angriff genommen, Wort für Wort, und Zeile für Zeile, so daß sich eine vollständig neue Übersetzung ergab. Die ersten Übersetzungen hatten zwölf Monate in Anspruch genommen, und es bedurfte weiterer sieben Monate gewissenhafter Arbeit des gesamten Komitees, bis das Ganze druckfertig war.
Es sollte eine Übersetzung dargeboten werden, die den wahren Gedanken der Christlichen Wissenschaft so klar wie möglich zum Ausdruck bringt, und dies ist, wie wir glauben, gelungen, obwohl die zahlreichen Bilder, die Mrs. Eddy anwendet, um ihre Gedanken vollständiger auszudrücken, wie auch ihre Alliterationen und Wendungen von seltener poetischer Schönheit sich im Deutschen nicht genau wiedergeben ließen. Tatsächlich haben einige Worte, welche die Verfasserin in: englischen Text braucht, kein Äquivalent im Deutschen, und in solchen Fällen wurde das Wort gewählt, das der Bedeutung des Wortes im Original am nächsten kam.
Die besten zu Gebote stehenden Lexika wurden benutzt und als Autorität für die deutsche Sprache Grimms „Deutsches Wörterbuch”. Es ist das Bestreben gewesen, das möglichst beste Deutsch zu geben, ohne dabei den wissenschaftlichen Sinn zu opfern. Doch stellte es sich heraus, daß der metaphysische Sinn verdunkelt wurde, wenn man auch nur im geringsten vom englischen Text abwich, um den Gedanken in besserem Deutsch wiederzugeben; in solchen Fällen mußte daher Stil und Schönheit des Ausdrucks geopfert werden, weil sie dem geistigen Sinn gegenüber von geringerer Bedeutung sind.
Neue Ideen fordern neue Worte oder ein klareres Verständnis von der Bedeutung der alten Worte; in einigen Fällen war es daher notwendig ein neues Wort zu prägen, und andre Worte wurden nicht in ihrer alltäglichen Bedeutung angewandt, sondern in ihrem höheren, klareren und geistigeren Sinn.
In „Science and Health“ hat Mrs. Eddy, wenn sie die Gottheit bezeichnen wollte, durchweg große Anfangsbuchstaben angewandt, und dementsprechend sind in der Übersetzung, da, wo es sich um Synonyme für die Gottheit handelt, fettgedruckte Anfangsbuchstaben gebraucht worden. Ferner da, wo diese Worte mit ihrer geistigen Bedeutung identifiziert werden sollen, wo man für das betreffende Synonym das Wort „Gott” setzen kann, ist der bestimmte Artikel vor dem Substantiv fortgelassen worden. Wenngleich dies im Gegensatz zum deutschen Sprachgebrauch steht, so wird es sich doch als zweckmäßig erweisen.
Nach ernstem Studium und reiflicher Überlegung wurde das Wort „Gemüt” als Übersetzung für das Wort „Mind“, wie Mrs. Eddy es braucht, angenommen, da es sich im Verlauf der Arbeit erwies, daß dieses Wort dem Zweck am besten entsprach. Dem Diktionär der angelsächsischen Sprache von J. Bosworth, LL.D. zufolge haben „Gemüt” und „mind“ denselben Stamm.
Mod, es; n. Plat. mood m. courage, mood; gemot n. mind, genius; Dut.: moed m. courage, gemoed n. mind; Ger.: muth m. gemüth n.; Isd.: muot; Ot.: muot, gemuat; Dan. Swed.: mod, mood n. courage; modr m.: the mind.
Die folgenden Definitionen von „Gemüt” in Grimms Wörterbuch (Band IV, I, II) sowie die von ihm angeführten Belege rechtfertigen den Gebrauch dieses Wortes:
2) das gemüt ist ursprünglich, wie der mut, unser inneres überhaupt im unterschied vom körper oder leib, daher leib und gemüt.
11) a) Kant erklärt: geist ... heiszt das belebende prinzip im gemüthe (krit. der urth.); bei Fischart: ... die bewegende kraft, die lebensquelle, wie sonst der geist.
2) d)
herr Jesu Christ,
ich weisz, du bist
mein Bruder von gemüthe
J. Rist himml. lied.
3) es [gemüt] wird lange dem lat. mens gleichgesetzt.
a) ... auch von gott selbst: Anaxagoras hat vermeint, gott sei ein gemüt on ende, das sich von ihm selbs beweget. Alpinus P. Vergil.
b) gleich animus z.b.: auch der heilig Cato lehret, si deus est animus, ist gott ein gemüt, so ehre ihn mit dem gemüt, mit dem das er ist.
4) c) für uns ist jetzt auch auffällig, wie geist und gemüt früher gleich gesetzt werden oder sonst in engster beziehung erscheinen, während sie für uns eigentlich zu gegensätzen geworden sind; aber auch geist hat von haus aus nicht die heutige einseitigkeit, eben wie gemüt von der andern seite.
11) a) wie beide [gemüt und geist] von haus aus lange auch als eins erscheinen, ... gemüt eigentlich die deutsche, geist die kirchlich-philosophische benennung unsers innern überhaupt oder auch der sog. oberen seelenkräfte ... auch wenn Luther ‚gemüt und leben‘ verbindet, um die ganze kraft von geist und seele auszudrücken, so ist das wie sonst ‚geist und leben‘, vergl. das lebendige gemüt Göthe, und auch, wo sie begrifflich gesondert werden, erscheinen sie doch in nächster beziehung.
4) wie weit es da von der heute herrschenden bedeutung entfernt ist, zeigt sich besonders darin, dasz dem gemüt auch das denken, verstand und vernunft zugeeignet werden, und zwar bis nahe an unsre zeit heran.
a) ... noch bei Kant ist der verstand im gemüt mit eingeschlossen ... gemüt ist ihm nämlich ‚gesamtheit aller geistigen kräfte und zustände‘ (Hartenstein), wie bei Eckhart, ‚die gesamtheit der höheren seelenkräfte‘ (Kramm bei Zacher) ... W. v. Humboldt ästh. vers. 1799. 1, 159 (über Herm. u. Dor. cap. 44), d.h. vernunft, einbildungskraft und empfindung alle als thätigkeiten des gemüthes, wie ihm der ganze mensch aus körper und gemüth besteht.
b) so denkt denn das gemüt, auch im tiefsten sinne.
10) d) auch auf sittlichem gebiete erscheint das gemüt ... eben mit seinem empfinden als im höchsten grade wirkend und schaffend, ja schöpferisch.
f) ß) auch von einem gemüt der welt ist nun die rede, wie längst von einem weltgeist, einer weltseele;
du hast in mir den edlen trieb erregt,
tief ins gemüth der weiten welt zu schauen.
Novalis 1, 3;
das urspiel jeder natur beginnt ...
und so das grosze weltgemüth
überall sich regt und unendlich blüht.
1, 219.
Die Bezeichnung „Christian Science” ist mit dem deutschen Äquivalent „Christliche Wissenschaft” übersetzt worden. Wo Mrs. Eddy jedoch ihre Entdeckung bezeichnet, ist der englische Name „Christian Science“ beibehalten worden.
Die Bibelzitate sind fast alle Luthers Bibelübersetzung entnommen. An den Stellen, wo direkt aus der englischen Bibel übersetzt worden ist, ist dies angegeben.
Es wird nicht der Anspruch erhoben, daß eine Übersetzung gemacht worden ist, die dem Original an Wert gleichkommt. Doch haben, die zahlreichen, sorgfältigen, gewissenhaften Durcharbeitungen viele Unklarheiten ausgemerzt, die sich in den ersten Übersetzungen zeigten. Und so hoffen wir, daß sich die Deutschen die geistige Bedeutung, die die Übersetzung ihnen zu bringen beabsichtigt, aneignen werden. Je gründlicher der Leser „Science and Health“ in beiden Sprachen studiert, in der englischen, wie in der deutschen, desto besser wird er die wunderbaren Tiefen der Weisheit und des Verständnisses erfassen und würdigen, welche die Verfasserin erschlossen hat, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, Mary Baker Eddy.