Das Jenseits
Wenn man von der Unsterblichkeit des Menschen spricht, so erhebt sich unwillkürlich die Frage: Welche Bewandtnis hat es mit dem Jenseits? Wie ist die Veränderung anzusehen, die man Tod nennt? Was ist der Himmel und wo ist er? Die Christliche Wissenschaft gibt eine unumwundene Antwort auf diese berechtigten Fragen. Der sogenannte Tod ist zwar immer ein Feind und muß schließlich überwunden werden, wie die Bibel erklärt; zu fürchten braucht man ihn aber ebensowenig wie den Schlaf. Beide sind auf unsrer jetzigen Stufe der Entwicklung ein Teil der menschlichen Erfahrung, beide wirken störend auf die menschliche Tätigkeit ein. Wie beim Erwachen vom gewöhnlichen Schlaf, so werden wir auch beim Erwachen vom Todesschlaf finden, daß in unsrer Individualität und in unserm Fortschritt keine Veränderung eingetreten ist. Die Himmelstür öffnet sich nicht, wenn der Tod anklopft. Nur durch richtiges Denken und richtiges Leben, jetzt und hiernach, kann man zur ewigen Seligkeit eingehen.
Das Werk der Wiedergeburt und Erneuerung, das man hier nicht vollendet hat, muß man hiernach vollenden. Der bestimmte Befehl: „Schaffet, daß ihr selig werdet”, hat stets Gültigkeit, wo wir uns auch befinden und welchen Wechsel wir auch durchmachen mögen. Niemals kann der Tod diesen Befehl ungültig machen. In der Christlichen Wissenschaft ist Liebe zum Leben und nicht Furcht vor dem Tode der Antrieb zum Tun und Handeln.
Die elysäischen Gefilde der Griechen und Römer, die sieben Himmel der ebräischen Kabbala, die Schlachtfelder der kriegerischen Normannen, die herrlichen Jagdgründe der Indianer — dies alles sind bildliche Darstellungen des Glaubens an einen Ort der Glückseligkeit nach dem Tode. Heiden wie Juden, Griechen wie Barbaren, Normannen wie Indianer, Mohammedaner wie Hindus sind sich einig in der Annahme, daß der Himmel einen zukünftigen Zustand bedeute — daß der Tod seine Pforte und das Geheimnis seine Schwelle sei. Nun erklärt aber die Christliche Wissenschaft mit den Worten Jesu, das Reich Gottes sei „zur Hand” [nach der englischen Bibelübersetzung]. Sie hebt hervor, daß wir den Himmel nicht durch Sterben, sondern durch rechtes Leben gewinnen; daß der Tod nicht die Pforte zu einem weitentfernten Paradies ist, sondern daß der Himmel heute erreicht werden kann; daß wir in dem Maße den Himmel haben, wie wir unser Leben, unser Denken und unsre Taten nach Gottes ewigem Gesetz einrichten.
Der Himmel ein geistiger Zustand
Die Christliche Wissenschaft beseitigt die mythologische Annahme, daß der Himmel eine Örtlichkeit sei, und macht es uns klar, daß er ein geistiger Zustand ist. Die Erlangung des Himmels ist also von der mentalen Entwicklung des Einzelnen abhängig. Mit andern Worten: die Christliche Wissenschaft erklärt, daß rechtes Denken, welches zu rechtem Leben führt, uns den Eintritt in den Himmel sichert. Jesus Christus, unser großer Beispielgeber, war der ideale Denker. Seine Worte und Taten waren stets im Einklang mit den Gesetzen Gottes, Geistes. Er schenkte der Materie nur wenig Beachtung — betrachtete materielle Dinge bloß als geduldete Begleiterscheinungen geistiger Tatsachen. Seine himmelwärts gerichteten Gedanken waren jedoch ganz andrer Art, als die des untätigen Mystikers oder des Mönchs in seiner klösterlichen Zelle. Sie reisten sehr rasch zu Taten heran und wirkten erneuernd und belebend auf seine Mitmenschen. Sie beschäftigten sich stets mit Gott, weshalb sie der Menschheit dauernden Nutzen brachten. Sie standen im Einklang mit dem Gesetz des Himmels und brachten deshalb Ordnung in das irdische Chaos. Weil Jesus sich stets mit heiligen Dingen beschäftigte, waren seine Schritte von Gesundheit begleitet. Es gibt keinen sicheren Weg zum Himmel außer dem, den er uns gebahnt hat. Dieser Weg ist schmal, aber gerade, und bietet dem Wanderer auf der ganzen Strecke Schutz und Schirm.
Die meisten Menschen wissen aus Erfahrung, daß man hier auf Erden ein reiches Maß an Hölle, dein Gegenteil von Himmel, haben kann. Viele denken (und vielleicht mit Recht), daß sie bereits mehr als ihr Teil an Hölle erhalten haben. Sie müssen jedoch zu der Erkenntnis gelangen, daß die Hölle nicht von Gott eingesetzt ist. Es hat jemand ganz richtig gesagt, der Mensch werde nicht wegen seiner Sünden, sondern durch seine Sünden bestraft. Der Erklärung des Apostels Paulus gemäß ist Sünde die Übertretung des Gesetzes Gottes, sei es unwissentlich oder absichtlich. Das Kind, welches ein glühendheißes Eisen anrührt, erleidet Pein wegen seiner Unwissenheit oder seines Ungehorsams. Der liebende Vater hat nichts mit diesen Schmerzen zu tun. Und so sendet auch der himmlische Vater, der alle Seine Kinder liebt, denselben weder Pein noch Strafe. Von Ihm kommen nur gute Gaben und vollkommene Gaben.
Wie notwendig ist es daher zu unsrer Erlösung, unsrer Gesundheit, unsrer Sicherheit und unserm Wohlergehen, daß wir Gottes geistiges Gesetz verstehen, denn nur dann können wir demselben gehorchen. Viele von uns haben dieses Verständnis jahrelang vergebens in den Kirchen und außer den Kirchen gesucht, haben uns vergebens nach innerem Frieden und nach Gesundheit des Körpers umgesehen, bis wir uns der Christlichen Wissenschaft zuwandten, wo wir sowohl Frieden wie Gesundheit fanden, und zugleich ein Maß der Erkenntnis Gottes erlangten, das unser Leben umgewandelt hat.
Liebe im Gegensatz zur Furcht
Die Christliche Wissenschaft hat für alle, die Ohren haben zu hören, eine ermutigende Botschaft. Diese Botschaft ist nicht neu. Sie hat der Menschheit seit der Zeit, da sie zum erstenmal das Gefühl der Furcht verspürte, Mut eingeflößt. Die liebevolle Mutter, die ihr Kindlein beim ersten Gehversuch ermutigt, der unerschrockene Offizier, der seine Leute zu Heldentaten anfeuert, der sanftmütige Heiland, der die Furcht der Jünger beschwichtigte — sie alle haben diese Botschaft verkündigt. Sie lautet: „Fürchte dich nicht.” Die Christliche Wissenschaft betont die Tatsache, daß, wenn Furcht aus dem Bewußtsein des Kranken entfernt ist — welcher Art seine Krankheit auch sein möge —, er einen großen Schritt zur Genesung getan hat. Ferner erklärt sie, daß Leute, die frei sind von Kummer und Sorgen (den Sprößlingen der Furcht), für Krankheiten und Mißgeschick irgendwelcher Art weniger empfänglich sind als andre Leute. Die Christliche Wissenschaft entlarvt die Furcht als einen Diener des Bösen, als einen Feind der Gesundheit, einen Zerstörer des Friedens, ein Hindernis auf dem Wege zum Himmel. Das Beseitigen der Furcht ist also kein geringer Teil der Mission der Christlichen Wissenschaft.
Hier hört man nun den Einwand: „Es ist ganz schön und gut zu sagen: ‚Fürchte dich nicht‘, wie soll ich aber Kummer, Sorge und Furcht loswerden? Ich gebrauche alle mir zu Gebote stehende Willenskraft und Entschlossenheit, und doch kann ich mich nicht von Sorgen freimachen. Wenn ich sie zu einer Tür hinaustreibe, kommen sie zur andern wieder herein.”
Will man Furcht und Sorge mittels Willenskraft überwinden, so ist das gerade so, als ob man den Ozean mit einem Spaten zurückhalten oder die Wolken mit einem Besen verscheuchen wollte. Die Furcht zu bekämpfen hat keinen Zweck, aber man kann sich ihrem Bereich entziehen, indem man sich über sie erhebt. Die Wellen der Furcht und die Nebel der Sorge erstrecken sich nicht aufwärts. Wenn wir zu dem Bergesgipfel der Selbstlosigkeit emporsteigen, wo Liebe mit ausgestreckten Händen uns erwartet, werden wir nicht von den Wellen der Furcht umtost, und kein Nebel der Sorge umhüllt uns. Dies hat der Apostel Johannes schon vor Jahrhunderten der Welt mit folgenden Worten verkündigt: „Völlige Liebe treibet die Furcht aus”.
Völlige Liebe
In dieser völligen Liebe finden die von Furcht gepeinigten Menschen ein Heilmittel, das so frei ist wie die Luft, so belebend wie das Sonnenlicht, so verläßlich wie Ebbe und Flut. In unsrer menschlichen Sinnenwelt kommt wohl die Liebe eines unverdorbenen Kindes der völligen Liebe am nächsten. Ein solches fürchtet sich vor nichts. Diese Freiheit von Furcht macht einem jeden Beobachter Freude, ist aber zugleich uns Erwachsenen ein Vorwurf. Wir haben sehr viel zu verlernen, ehe wir „wie die Kindlein” werden können. Unser menschlicher Begriff von Liebe, wie lobenswert er auch sei, muß erweitert, veredelt und von aller Selbstsucht befreit werden. In dem Maße wie dies geschieht, wird die Furcht verschwinden. Furcht ist die Ursache vieler Leiden der Sterblichen, und Liebe ist das Mittel gegen dieselben. Wenn wir von Kummer und Sorgen und ihren üblen Folgen frei sein wollen, müssen wir liebevoller werden. Je mehr wir Gott, völlige Liebe, in unser Bewußtsein hineinlassen und im täglichen Leben zum Ausdruck bringen, desto weniger Furcht kann eindringen.
Hier mag nun der eine oder der andre einwenden, es werde vielen von uns nicht leicht, unsern nächsten zu lieben. Nicht alle sind so glücklich veranlagt wie ein gewisser Herr, der unlängst zu mir sagte: „Ich kann gar nicht anders, ich muß die Menschen lieben”; vielmehr hört man oft die Bemerkung: „Ich kann nun einmal Leute, die mir unsympatisch sind, nicht gerne haben. Einige wenige, die mir zugetan sind, liebe ich; aber weiter kann ich nicht gehen.” Man denke an den Verweis, den Jesus gegen eine solche Denkart aussprach, als er sagte: „Denn so ihr liebet, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner?”
Die Wahrheit, die frei macht
Liebe zu Gott und zu den Menschen ist das eine unentbehrliche Element zum wahren und dauernden Erfolg. Die Welt erhebt sich nur langsam zur Erkenntnis dieser großen Wahrheit. In der Welt des Handels, der Industrie, der Kunst und Wissenschaft baut man die verschiedenartigen Unternehmungen immer noch aus dem Rohmaterial der Energie, der Entschlossenheit, der Kunstfertigkeit und der Spekulation auf — Dinge, die ja in ihrer Weise nützlich sind, die aber alle das entbehren, was sie wahrhaft nützlich machen würde, nämlich Liebe zu Gott und zu den Menschen.
Haben Sie je darüber nachgedacht, wie unsre Städte aus kleinen und großen Gebäuden bestehen, die alle dadurch zustande kamen, daß man einen Ziegel auf den andern legte, bis die Wände der Wohnungen und Fabriken emporragten und die Straßen sich meilenweit erstreckten? Haben Sie je daran gedacht, daß dies nur durch die Anwendung eines ganz gewöhnlichen Materials, Mörtel genannt, möglich war? Diese langen Reihen von Wänden würden wanken und einstürzen, wenn ihre zahllosen Bestandteile nicht von dem Mörtel zusammengehalten würden. Ebenso verhält es sich mit unserm Denken, unsern Taten, unsern Bestrebungen. Sie sind die Ziegel und die Steine, aus denen unser Leben aufgebaut ist. Wie vollkommen sie auch geformt sein mögen, und wie sorgfältig man sie auch gelegt haben mag: wenn der Zement der Liebe gegen Gott und die Menschen sie nicht zusammenhält, stürzen sie mit der Zeit ein, wie Ziegel ohne Mörtel, und wir sehen nichts als einen häßlichen Schutthaufen vor uns. Wenn sie aber mit dem Zement der Liebe in unser Leben eingefügt werden, bilden sie einen sicheren Bau.
Entmutigung
Die Christliche Wissenschaft macht den Menschen die Wahrheit faßbar und befreit sie von allem, was sie knechtet — bringt ihnen Freiheit in mentaler, moralischer und physischer Hinsicht. Bei diesem Werke der Befreiung scheidet sie gewisse schädliche Neigungen und Gewohnheiten aus, die im allgemeinen für harmlos, ja sogar für lobenswert gelten, die man aber ablegen muß, weil sie Bundesgenossen des Bösen sind. Wir lernen mit der Zeit einsehen, daß wir in dem Brutofen unsres Wohlwollens Schlangeneier ausgebrütet haben, die wir für Taubeneier gehalten hatten. Unter den Gewohnheiten, welche Krankheiten herbeiführen, ist wohl die Entmutigung am verbreitetsten. Ich darf dreist behaupten, daß die meisten von uns irgend einmal mit ihr Bekanntschaft gemacht haben. Obgleich sie uns nie wie ein heiterer Kamerad vorkam, so dachten wir doch nicht, daß sie ein tückischer und unheilbringender Besucher sei. Aber gerade als solchen stellt die Christliche Wissenschaft sie bloß.
Die Entmutigung trägt die unsichtbare Livree des Übels und arbeitet unablässig zugunsten ihres Meisters. Sie reißt beständig nieder, baut aber nie auf. Haben Sie jemals von einem Menschen gehört, der irgend etwas Beträchtliches geleistet hat, während er sich der Entmutigung hingab? Die Entmutigung betäubt die Denkkraft und lähmt das Streben.
Der Fall eines Menschen, der an Entmutigung erkrankt ist, hat auch seine komische Seite. Ein solcher Mensch ist nur glücklich, wenn er recht unglücklich ist. Je unwohler er sich fühlt, desto lieber ist es ihm. Die Dinge, die ihm am meisten gefallen, sind die Dinge, die ihm gar nicht gefallen. Er stolpert beständig von einem Extrem zum andern: von der Selbstrechtfertigung zur Selbstverdammung. Beide sind verwerflich; beide sind nach einem Plan geformt, der in der Werkstatt des Teufels entworfen worden ist; beide sind dem Fortschritt hinderlich. Selbstverdammung gräbt eine Grube in den Boden, Selbstrechtfertigung errichtet eine Säule. Nun kommt man aber nicht sehr weit in der rechten Richtung, wenn man sich in eine Grube verkriecht oder auf eine Säule setzt. Der Mensch ist mit edleren Eigenschaften ausgestattet als die Tiere auf dem Felde oder die Vögel unter dem Himmel. Daher müssen die Sterblichen aus ihrer Grube der Selbstverdammung herauskommen und von ihrer Säule der Selbstgerechtigkeit herabsteigen, ehe sie auf dem ebenen Boden des selbstlosen Strebens vorwärtsschreiten können.
Die Christliche Wissenschaft lehrt ferner, daß ein Mensch, der sich gewohnheitsmäßig der Entmutigung hingibt, nicht nur Krankheiten ausgesetzt ist, sondern tatsächlich die Farben des Unglaubens trägt, denn in seiner mißmutigen Stimmung mißtraut er selbst der Macht und Güte Gottes. Es sollte dies zum ernsten Nachdenken anregen. Gar mancher von uns hat sich im Kampf mit Schwierigkeiten seines Muts berauben lassen und ist widerstandslos in die Tiefen der Schwermut hinabgesunken. Die Christenheit ist voll von gottesfürchtigen und wahrheitsliebenden Menschen, die sich sehr leicht der Entmutigung hingeben, weil sie noch nicht entdeckt haben, woher die Entmutigung kommt und was dahintersteckt. Sie sehen nicht ein, daß die Entmutigung nichts andres ist als der Abgeordnete des Übels.
Wie weit entfernt scheint uns doch Gott, wenn wir uns im Banne der Entmutigung befinden. Gott ist uns jedoch stets nahe, mag es auch ganz anders erscheinen. Der Fehler liegt darin, daß wir der Entmutigung erlaubt haben, die Tür zu unserm Bewußtsein zu öffnen. Das Böse wartet nicht auf eine Einladung; es tritt ein, sobald es eine offene Tür findet. Entmutigung ist ein sehr dienstbeflissener Türöffner für das Böse.
Folgende bekannte Fabel mag zur Veranschaulichung dieses Gegenstandes dienen. Es wurde einst bekannt gemacht, der Teufel wolle sein Geschäft aufgeben und sein Werkzeug könne von denen erstanden werden, die den angesetzten Preis zu zahlen bereit seien. An dem Verkaufsabend waren die verschiedenen Stücke zur Schau ausgelegt, Und welch ein Anblick bot sich dar! Bosheit, Neid, Haß, Eifersucht, Empfindlichkeit, Hinterlist und all die andern Werkzeuge des Übels waren hier ausgebreitet, ein jedes mit seinem Preis bezeichnet. Abseits von den andern Geräten lag ein harmlos aussehendes keilförmiges Stück, sehr abgenutzt, aber höher im Preis als all die andern. Als der Teufel gefragt wurde, was für ein Werkzeug dies sei, antwortete er: „Das ist die Entmutigung.” „Warum aber veranschlagen Sie dieses Stück so hoch?” war die weitere Frage. Der Teufel erwiderte: „Weil es nützlicher ist als all die andern Geräte. Mittels desselben kann ich eines Menschen Bewußtsein erbrechen und in dasselbe gelangen, wenn es mir mit keinem andern Werkzeug möglich ist; und bin ich einmal drinnen, so kann ich mit dem Menschen umgehen, wie es mir beliebt. Es ist deshalb so sehr abgenützt, weil ich es fast bei jedem Menschen anwende. Nur wenige wissen bis jetzt, daß es mir gehört.” Es ist kaum nötig hinzuzufügen, daß der Preis, den der Teufel für die Entmutigung verlangte, so hoch war, daß niemand ihn zahlen konnte. Er hat dieses Werkzeug immer noch im Besitz und gebraucht es fortwährend.
Der Selbstlosigkeit ist die Entmutigung fremd. Niemand, der von ganzem Herzen an die Allmacht Gottes und die Allgegenwart der Liebe glaubt, darf sich auch nur einen Augenblick mit der Entmutigung in einen Wortstreit einlassen. Der echte Christliche Wissenschafter räumt in seinem unablässigen Kampf mit dem Bösen der Entmutigung ebensowenig Raum ein, wie der Bosheit, dem Haß, dem Neid, der Hinterlist. Seine Erkenntnis der Wahrheit in bezug auf Gott und den Menschen befreit ihn von all diesen Übeln.
Eins der wirksamsten Mittel zur Vertreibung der Entmutigung besteht darin, daß man Dankbarkeit in das Bewußtsein einströmen läßt. Wenn wir ehrlich und ernstlich suchen, werden wir immer mehr Dinge finden, wofür wir Dank schuldig sind. Die gute alte Gewohnheit, die empfangenen Segnungen aufzuzählen (die Dinge, welche wir nicht vermissen möchten), bringt gewöhnlich Dankbarkeit an die Oberfläche. Den Lebensweg eines jeden Menschen entlang wachsen die schönen Blumen der Dankbarkeit. Wer die Mühe nicht scheut sich zu bücken, eine dieser Blumen zu pflücken und sich dieselbe anzustecken, wird erfahren, daß ihr süßer Duft die Entmutigung wie durch Zauber vertreibt. Ist der Tag kalt und unfreundlich, und sind die schönen Blumen mit Schnee bedeckt, so kann man die Seelenwärme, welche Entmutigung stets vertreibt, dadurch finden, daß man jenen Teil einer Lieblingsstelle Jesu aus dem Jesaja beherzigt, in der uns gesagt wird, wir sollten „die Kleider der Freude für einen betrübten Geist” anziehen (nach der englischen Bibelübersetzung). Dieses Mittel verfehlt seine Wirkung nie.
Licht und Finsternis
Ich habe bis jetzt mehr von den Resultaten der Christlichen Wissenschaft gesprochen als von ihren Methoden. Wenn Sie mit letzteren bekannt werden wollen, rate ich Ihnen, fleißig in dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, von Mrs. Eddy, zu forschen. Wenn Sie dieses Buch mit aufrichtigem Herzen zur Hand nehmen, werden Sie es nicht enttäuscht weglegen.
Die christlich-wissenschaftliche Methode Dinge zu beseitigen, die falsch sind, besteht darin, daß man Dingen Eingang verschafft, die richtig sind. Das bedeutet kein Bekämpfen des Übels, sondern ein Zerstören desselben. Es ist in Millionen von Fällen bewiesen worden, daß ein falscher Gedanke, der der Vater einer falschen Tat ist, stets zu nichts wird, wenn ein richtiger Gedanke seine Stelle einnimmt. Das Gute vernichtet das Übel ebenso gewiß und schnell, wie das Licht die Dunkelheit vernichtet. Wenn wir das Gute als Licht und das Übel als Finsternis erkennen lernen, dann sehen wir ein, daß das Übel in Gegenwart des Guten keine Wirklichkeit haben kann. Die Finsternis des ganzen Weltalls kann nicht das Licht der kleinsten Lampe auslöschen. Wo man die Lampe auch hinträgt, vernichtet sie die Finsternis, denn Finsternis hat keine Fähigkeit, sich zu bewegen oder sich in Gegenwart des Lichtes zu behaupten. Ebenso verhält es sich mit dem Licht des Guten und der Finsternis des Übels.
Dieser Vergleich ist sehr zutreffend, stammt aber nicht von mir. Wir begegnen ihm sehr oft in der Heiligen Schrift. Die Christliche Wissenschaft verbannt die Finsternis des Bösen dadurch, daß sie dem Licht des Guten Einlaß gewährt. Wir wollen daher jedesmal, wenn wir uns bei einem lieblosen Gedanken über unsern Nächsten ertappen, einen guten Gedanken über ihn hereinlassen. Das wird sowohl ihm als auch uns helfen. Allemal, wenn unser Denken auf das Niveau des Sinnlichen herabsinkt, wollen wir es so nahe als möglich zu den Sternen erheben. Wenn unlautere, ungerechte, hinterlistige und hinderliche Gedanken eindringen wollen, so laßt uns dieselben durch lautere, gerechte, hilfreiche und liebevolle Gedanken vertreiben. Wenn wir in dieser Richtung nach bestem Wissen gehandelt haben, ist schon sehr viel gewonnen. Wir haben einen Schritt getan, der, wenn er auch nur klein ist, uns der Erkenntnis Gottes entgegenführt — der Erkenntnis, die der Aussage unsres Meisters zufolge ewiges Leben ist.