Durch die Fragen eines Freundes, der das aufrichtige Bestreben hatte, mehr über die Christliche Wissenschaft zu erfahren, wurde Schreiber dieses ganz besonders auf die Bedeutung des Wortes Substanz aufmerksam gemacht. Dieser Freund, ein Mann von Bildung, vermochte, wie so viele andre, nicht zu unterscheiden zwischen dem Sinn und der Seele, dem Materiellen und dem Geistigen. Es war ihm unerklärlich, wie man behaupten könne, der physische Körper, den man doch so deutlich sehe, sei keine Substanz. Er beschrieb die Verbindungen der verschiedenen materiellen Elemente zu „neuen Substanzen”, wie er sich ausdrückte, und erklärte, der Körper könne in gewisse chemische Elemente aufgelöst werden, die allen Formen der Materie eigen seien. Auch behauptete er, Krankheit und Tod würden dadurch verursacht, daß die Elemente im Körper nicht mehr im richtigen Verhältnis zu einander ständen. Alsdann fuhr er fort:
Im Falle von leblosen Zusammensetzungen kann man beispielsweise durch Beimischung von andern Elementen eine Explosion verhüten oder der Fäulnis vorbeugen und dadurch eine nützliche Zusammensetzung herstellen. Warum ist dies nicht auch in bezug auf den rein physischen Teil des Menschen der Fall? Wenn eine verkehrte Anordnung der Bestandteile des materiellen menschlichen Körpers besteht, widerspricht es dann dem gesunden Menschenverstand und bedeutet es eine Vernachlässigung der Pflichten gegen Gott oder eine Untreue gegen den Glauben an Ihn, wenn man eine neue Anordnung der Elemente veranlaßt, indem man dem Körper die fehlenden Elemente zuführt, mit andern Worten, ihm Medizin verabreicht? Oder falls fremde Substanzen ihren Weg in den Körper gefunden haben, wie z. B. Gift oder Krankheitskeime, warum nicht ein bewährtes Gegenmittel geben?
In Beantwortung dieser Fragen sei vor allem darauf hingewiesen, daß wir alle vermöge der materiellen Sinne sehen, hören und fühlen, und daß für diese Sinne nur das Materielle Substanz ist. Nichts andres hat für sie Dasein oder Form. Nun entsteht die Frage: Können diese Sinne die Substanz, die Wirklichkeit des Seins erfassen, oder sehen und fühlen sie falsch? Sind sie zuverlässige Wegweiser, oder führen sie uns irre? Über diese wesentlichen Fragen müssen wir uns Aufschluß verschaffen, wenn wir zu richtigen Folgerungen gelangen wollen. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns daher als erstes, daß diese Sinne, auf die wir uns so fest verlassen, an sich insubstanziell und daher ihrem Wesen nach unwirklich sind.
Ein jeder gibt zu, daß uns die materiellen Sinne oft täuschen. Sollten sie uns nicht auch über die höchst wichtige Frage, was wirklich und was unwirklich ist, hinters Licht geführt haben? Was sagt uns denn, daß wir Schmerz, Reue oder Kummer empfinden, oder daß wir glücklich und zufrieden sind? Geben uns Fleisch, Blut, Knochen, Muskeln und Nerven, gibt uns das, was wir gemeinhin Substanz nennen, diese Auskunft, oder erhalten wir sie vom sterblichen Gemüt? Sind es diese als Substanz angesehenen Dinge, die sich Verbrechen zu Schulden kommen lassen, oder ist es nicht vielmehr das sterbliche Gemüt, das zum Bösen anreizt und die materiellen Glieder des Körpers dazu gebraucht, finstere Taten zu begehen? Es ist nicht nötig, eine Antwort auf diese Frage abzuwarten. Wir wissen alle, daß noch ein jedes Verbrechen, das stattgefunden hat, von dem sterblichen Gemüt, dem ungreifbaren Gedanken angeregt und ausgeführt worden ist. Verhält es sich nun anders mit irgendeiner Sünde, mit Freude und Kummer, Harmonie und Disharmonie — mit irgend etwas, was zum Himmel oder zur Hölle auf Erden beiträgt?
Wenn das menschliche Gemüt das Bewußtsein verliert, oder wenn der Zustand eintritt, den wir Tod nennen, kann dann das, was am Menschen im allgemeinen für Substanz gehalten wird, sehen und hören? Kann es Freude und Kummer, Schmerz und Krankheit empfinden? Diese Frage ist ebenso leicht zu beantworten wie die vorhergehende. Wir sehen also, daß Empfindung nicht im materiellen menschlichen Körper ist, nicht in dem, was wir für Substanz halten. Wenn das Gemüt nicht mehr da ist, oder wenn es das Bewußtsein verloren hat, so ist der Körper ohne Empfinden, Leben und Intelligenz. Er kann weder fühlen, sehen, noch hören. Als Lebenssubstanz ist daher der materielle Körper eine Nichtsheit. Was er sicht, fühlt, hört oder tut, ist nicht das Ergebnis einer ihm angehörenden Eigenschaft, sondern kommt von einer andern angeblichen Macht, und diese Macht ist ganz und gar ungreifbar, ist etwas, was wir nicht sehen oder fühlen können, etwas, was unsern materiellen Sinnen gemäß nicht substanziell ist.
Durch diese Vernunftgründe und Folgerungen glauben wir bewiesen zu haben, daß der menschlichen Auffassung nach Gemüt die Wirklichkeit, die Substanz, die Tatsächlichkeit des Lebens und Daseins ist. Laßt uns nun einen Schritt weiter gehen. Wir haben bis jetzt nur das in Betracht gezogen, was wir das menschliche oder sterbliche Gemüt nennen. Anders kann es nicht sein, denn gewiß ist nicht das göttliche Gemüt der Anstifter und Leiter einer bösen Tat. Es kann nicht sündigen, kann nicht krank sein und leiden, kann nicht bewußtlos werden und sterben. Alle christlich gesinnten Menschen glauben an ein geistiges Leben. Die meisten von ihnen vertreten zwar die Anschauung, daß wir sterben müßten, um dieses geistige Leben zu erlangen; aber darin stimmen sie alle überein, daß der Mensch ein geistiges Wesen ist und daß er späterhin auf irgendeine Weise der Knechtschaft des materiellen, sündigen und leidenden Körpers entrinnen wird.
Ist nun der Mensch, wie Gott ihn geschaffen hat, jetzt weniger geistig als er es später sein wird, wenn er den Tod durchgemacht hat? Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß der materielle Körper den Menschen nicht besser oder schlechter, nicht weniger geistig oder mehr geistig machen kann, und daß sowohl Freude als Kummer das Ergebnis mentaler Tätigkeit ist. Wenn es nun ein göttliches Gemüt gibt, so ist nicht anzunehmen, daß dieses Gemüt hier und jetzt weniger zum Wohl des Menschen tätig ist als nach dessen Tod. Was regiert und erhält denn das Leben des Menschen? Ist es das, was wir menschliches oder sterbliches Gemüt nennen, oder, was gleichbedeutend ist, die fleischliche Gesinnung, wie Paulus sich ausdrückt? Keiner, der an die Bibel glaubt, kann das behaupten, denn Paulus sagt im achten Kapitel seines Briefs an die Römer: „Fleischlich gesinnet sein ist der Tod, und geistlich gesinnet sein ist Leben und Friede”. Dieses Kapitel sei ganz besonders zum aufmerksamen Lesen empfohlen. Es ist eins der belehrendsten Kapitel in der ganzen Bibel.
Unserm menschlichen Bewußtsein gemäß gibt es also zwei Gemüter: das eine fleischlich, Gott feindlich, das andre geistig. Welches von beiden ist wirklich oder substanziell. Über diesen Punkt werden wir wohl alle übereinstimmen. Wenn nun das sterbliche Gemüt nicht substanziell oder wirklich ist, dann können es die Dinge, die es erzeugt, auch nicht sein. Um zur wahren Lösung dieses Problems zu gelangen, welches so vielen, die sich der Christlichen Wissenschaft zugewandt haben, Schwierigkeit zu machen scheint, müssen wir uns zuvörderst darüber klar werden, was Mrs. Eddy unter dem Wort Substanz versteht, wenn sie sagt, die Materie sei keine Substanz. Auf Seite 468 von Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Substanz ist das, was ewig und der Disharmonie und des Verfalls unfähig ist.” Gewiß kommen der materielle Körper und andre Formen der Materie nicht unter diese Definition. „Wahrheit, Leben und Liebe sind Substanz”, fährt Mrs. Eddy fort, „wie die Heilige Schrift diese Worte im Ebräerbrief anwendet: ‚Die Substanz der Dinge, die man erhoffet, die Augenscheinlichkeit der Dinge, die man nicht siehet‘ [nach der engl. Bibelübersetzung].” In ihrer wissenschaftlichen Erklärung des Seins, auf derselben Seite zu finden, führt sie diesen Gegenstand noch weiter aus. Diese Erklärung bedarf keiner Erörterung. Mrs. Eddy hat es uns klar gemacht, daß der zum Bilde Gottes geschaffene Mensch ein geistiges Wesen ist, es stets war und es stets sein wird, und daß der göttliche Geist die Substanz seines Lebens ist.
Wenn wir uns von materiellen Annahmen und Begriffen frei machen könnten, würden wir das Sein des Menschen als nur geistig erkennen, wo wir es jetzt als materiell sehen. Dieser klarere Blick, diese höhere Erkenntnis wird die Wiedergeburt und schließliche Auferstehung herbeiführen, die während unsres Fortschritts in der geistigen Erkenntnis vor sich geht. Eine höhere Lebensweise muß immer mehr zur Geltung kommen, wodurch der Mensch dereinst als das Ebenbild und Gleichnis Gottes, unsres wahren, wirklichen Seins, ans Licht kommen wird. Der materielle Körper ist nicht die Hülle, die die Seele umschließt, noch leistet der Körper irgendwelchen göttlich bestimmten Dienst. Nichts wird in der Christlichen Wissenschaft deutlicher gelehrt als die Tatsache, daß der unendliche Geist oder die unendliche Seele nicht in dem endlichen oder sterblichen Körper wohnen kann. Ebenso deutlich lehrt sie, daß der materielle Körper nicht von Gott geschaffen ist und daher Gott keinen Dienst leistet. Es gibt nur eine wirkliche Substanz, die Substanz des Geistes, nur ein Gemüt, das unsterbliche und ewige. Das sterbliche Gemüt und der materielle Körper sind beide falsche und unwirkliche Begriffe vom wirklichen oder göttlichen Gemüt und seinen unsterblichen geistigen Ideen. Der Irrtum, welcher allen unsern Störungen zugrundeliegt, besteht in dem Glauben an ein sterbliches Gemüt, das notwendigerweise in der Auffassung irrig und übel sein muß— in dem Glauben an einen materiellen Körper, der der Sünde, der Krankheit und dem Tode unterworfen ist.
Die Sterblichen wohnen in einer falschen Welt, in einer Welt von falschen Vorstellungen, Begriffen und Anschauungen. Sie sind der Versuchung ausgesetzt, alles als materiell anzusehen, weshalb es ihnen schwer wird, sich eine Vorstellung zu machen von dem geistigen, vollkommenen, zum Bilde Gottes geschaffenen Menschen. Somit denken sie Übles und tun Übles. Weil sie Gott nicht verstehen, verstoßen sie fortwährend gegen Seine Gesetze. Der Mensch ist für sie ein materielles Wesen, aus gewissen Bestandteilen zusammengesetzt, unter denen das Wasser überwiegend ist, und sie stellen sich vor, er sei das Opfer von Sünde, Krankheit und Tod. Wie können sie nur glauben, daß Gott jemals einen derartigen Menschen erschaffen habe, oder daß ein solches unvollkommenes und sündhaftes Wesen das Werkzeug sein könne, welches Gott zur Erfüllung Seiner Absichten gebraucht! Wenn wir erst unsre falschen Vorstellungen von Gott und dem Menschen abgelegt haben und es uns augenscheinlich geworden ist, daß Gott das allmächtige, unendliche Gute und der Mensch Sein Ebenbild und Gleichnis ist, werden wir diesen falschen materiellen Körper abgelegt und unser wahres geistiges Sein angezogen haben; mit andern Worten, wir werden im Himmel sein. Die falschen Vorstellungen lassen sich jedoch nicht in einem Tag überwinden; doch sollten wir beständig auf dieses Ziel hinarbeiten. Tun wir dies, so werden wir gewiß Vollkommenheit erreichen, wenn wir bewiesen haben, daß der materielle Körper weder wirklich noch substanziell ist. Er wird in Nichts zergangen sein, wie Dunkelheit vor dem Licht verschwindet.
Wenn behauptet wird, daß eine Mischung von gewissen Bestandteilen gewisse Formationen bewirke und eine neue Substanz bilde, so handelt es sich ausschließlich um unwirkliche, vergängliche Dinge. Der Scharfsinn des Menschen bringt allerdings gewisse Resultate hervor, die der Menschheit zum Wohl gereichen und die wir daher nicht verachten dürfen, auch müssen wir von unsern Kenntnissen und unserm Verständnis den besten Gebrauch machen. Zugleich aber sollen wir stets danach streben, ein höheres und geistigeres Verständnis vom Sein und von den Gesetzen des Seins zu erlangen.
Die Dinge, die der obenerwähnte Freund als Substanzen anführt, sind alle vergänglicher Art und daher von Mrs. Eddys Definition von Substanz ausgeschlossen. Ja noch mehr: sie sind vielfach der Disharmonie, ja selbst dem Tod und der Verwesung unterworfen. Dynamit wird z. B. zu nützlichen Zwecken verwendet, kann aber auch weitreichendes Unheil anrichten. Gott hat nun niemals etwas geschaffen, was vom Übel ist, oder was zu falschen, üblen Zwecken verwendet werden kann. Solche Dinge sind das Ergebnis des falschen Sinnes und daher unvollkommen und vergänglich. Sie sind Fälschungen der göttlichen Idee.
Die Schwierigkeit liegt darin, daß wir falsch sehen und denken. Es fehlt uns am Verständnis. Wir handeln auf die Andeutungen des sterblichen Gemüts hin, anstatt uns auf die Leitung des göttlichen Gemüts zu verlassen, das vollkommen ist und niemals Fehler begeht, das niemals Übel irgendeiner Art verursacht. Gesetzt den Fall, alle Menschen würden von diesem Augenblick an richtig denken: gäbe es dann fernerhin Krankheit und Tod? Nein! Wir müssen daher unser möglichstes tun, richtig zu denken; dann werden wir auch richtig handeln. Dies weist darauf hin, daß alle Dinge mental sind. Wir werden daher ermahnt, so gesinnet zu sein, „wie Jesus Christus auch war”. Mit andern Worten, wir sollen nicht einen materiellen Sinn oder Begriff von den Dingen haben, sondern einen geistigen — den Sinn, von dem Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit sagt (S. 209), er sei „eine bewußte beständige Fähigkeit Gott zu verstehen.”
Nun einiges in bezug auf die Frage unsres Freundes: „Widerspricht es dem gesunden Menschenverstand und bedeutet es eine Vernachlässigung der Pflichten gegen Gott oder eine Untreue gegen den Glauben an Ihn, wenn man eine neue Anordnung der Elemente veranlaßt, indem man dem Körper die fehlenden Elemente zuführt, mit andern Worten, ihm Medizin verabreicht? Oder falls fremde Substanzen ihren Weg in den Körper gefunden haben, wie z. B. Gift oder Krankheitskeime, warum nicht ein bewährtes Gegenmittel geben?” Hierauf sei gesagt, daß, wenn Krankheit mental ist, sie nicht durch materielle Mittel geheilt werden kann, ebensowenig wie dadurch, daß man eine neue Anordnung der Elemente veranlaßt. Obige Frage beruht auf der Voraussetzung, daß Krankheit nicht mental sondern materiell sei, und daß nicht das Gemüt, sondern der Körper sich eine Krankheit zuziehe und daran leide.
Diese Voraussetzung ist nicht stichhaltig. Der menschliche Körper leidet deshalb an Krankheit, weil das menschliche Gemüt an Krankheit glaubt und die Regel aufstellt, daß gewisse materielle Ursachen gewisse Arten von Krankheiten herbeiführten, und daß gewisse Krankheiten oder gewisse sogenannte fremde Substanzen Tod verursachten. All dies ist — man achte wohl darauf — die Folge des falschen Begriffs vom Menschen, von seiner Wesenheit. Krankheit und Tod sind das Werk der Sterblichen, durch Begehung und Unterlassung, nicht das Werk Gottes. In dem Reich des Geistes gibt es keine Krankheit, keinen Tod. Wenn Gott Krankheit und Tod senden würde, wie viele Leute glauben, so müßten sie einen guten Zweck haben, und es wäre ein Vergehen gegen Gott, Krankheit heilen zu wollen oder zu suchen dem Tod zu entgehen. Man würde dadurch geradezu dem Allmächtigen entgegenarbeiten. Wer da glaubt, daß Gott den materiellen Menschen erschaffen habe und für ihn und seinen Zustand verantwortlich sei, der weicht gänzlich von der Lehre der Bibel ab. Es beweist ein falsches Denken, wenn man Gott die Schöpfung eines unvollkommenen, kranken Menschen zuschreibt, der geheilt werden muß. Nicht weniger beruht es auf falschem Denken, wenn man sich wegen Heilung an einen Arzt und an leblose Arznei wendet, anstatt an Gott.
Um Krankheit auf die einzig sichere Art und Weise zu heilen, muß man sich klar werden, daß es keinen kranken Menschen gibt, außer im falschen Denken über ihn. Man muß im Bewußtsein die falsche Vorstellung von einem materiellen, kranken Menschen vernichten und sie durch die Erkenntnis ersetzen, daß der Mensch von Gott zu Seinem Bilde erschaffen wurde; daß er nicht materiell ist, sondern geistig; daß der geistige Mensch vollkommen ist und nicht krank sein kann. Wenn man Arzneimittel gebraucht, so befestigt das in dem, der sie verabreicht, und in dem, der sie anwendet, die von Grund aus falsche Idee, daß der Mensch materiell sei, und daß man sich an materielle Mittel anstatt an Gott wenden müsse. Ein solcher Begriff widerspricht der Lehre, daß der Mensch ein geistiges Wesen ist.
Mit den Giften verhält es sich ebenso wie mit andern angeblichen Ursachen von Krankheit und Tod. Gewisse Arzneien scheinen giftig zu sein, weil das sterbliche Gemüt ihnen diese Macht gegeben hat. Es ist dies nur eine weitere falsche Vorstellung in bezug auf den Menschen. Wenn jedermann über den Menschen richtig denken würde, so könnte er nicht vergiftet werden. Auch die Wirkung eines Gegenmittels erklärt sich durch den Glauben des sterblichen Menschen an diese Wirkung. Was meinte Jesus, als er sagte: „Die Zeichen aber, die da folgen werden denen, die da glauben, sind die: ... So sie etwas Tödliches trinken, wird’s ihnen nicht schaden”? Was meinte er mit dem Ausdruck „glauben”? Was hatte er gelehrt? Die Allheit Gottes und die Nichtsheit des Übels.
Der Meister bewies die Wahrheit seiner Lehre durch das überwinden von Sünde, Krankheit und Tod, und zwar nicht durch Arzneien oder das Einführen von fremden Substanzen in den menschlichen Körper, sondern durch die Macht Gottes, die durch seine richtige Erkenntnis von Gott und dem Menschen wirksam gemacht wurde. Mrs. Eddy sagt: „Jesus sah in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen, der ihm da erschien, wo den Sterblichen der sündige, sterbliche Mensch erscheint. In diesem vollkommenen Menschen sah der Heiland Gottes eignes Gleichnis, und diese korrekte Anschauung vom Menschen heilte die Kranken” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 476). Ferner sagt sie: „Zu verstehen, daß Krankheit nicht wirklich ist, und daß Wahrheit deren scheinbare Wirklichkeit zerstören kann, ist das Beste von allem, denn dieses Verständnis ist das allgemeine und vollkommene Heilmittel” (S. 394).
Die Erklärung Jesu, daß derjenige, der an ihn glaubt, vor der Wirkung von Gift und natürlich auch vor Krankheit geschützt ist, und daß ein solcher andre heilen kann, umfaßt das ganze Gebiet der göttlichen, metaphysischen Heilung. Wenn alle an ihn glaubten und Gott und den Menschen so verständen, wie er sie verstand, so gäbe es keine Kranken und Leidenden. Wenn wir das Unendliche mit dem Endlichen, die Materie mit Geist, den Sinn mit der Seele vermischen, können wir in der Richtung von Gesundheit, wahrer Heiligkeit und Glückseligkeit keine Fortschritte machen. Entweder ist der Mensch materiell und der Vernichtung preisgegeben, oder er ist geistig und daher unsterblich. Welches von beiden lehrte der Meister? Mit ihm übereinstimmend behauptet die Christliche Wissenschaft, daß der Mensch die Wiederspiegelung des göttlichen Gemüts ist, und daß er deshalb Substanz und Wirklichkeit zum Ausdruck bringt, im Sinne von Mrs. Eddys Auffassung dieser Begriffe. In Wissenschaft und Gesundheit wird fortwährend auf den wirklichen und den unwirklichen Menschen hingewiesen. Die Erkenntnis des Unterschiedes zwischen beiden liegt der Christlichen Wissenschaft und dem wahren Christentum zugrunde.
Ich finde, daß es in dieser Welt nicht sowohl darauf ankommt, wo wir stehen, als, in welcher Richtung wir uns bewegen. Um den himmlischen Hafen zu erreichen, müssen wir zuweilen mit dem Wind und zuweilen gegen den Wind segeln; aber segeln müssen wir. Wir dürfen nicht treiben oder vor Anker liegen.—
Copyright, 1913, by The Christian Science Publishing Society
Verlagsrecht, 1913, von The Christian Science Publishing Society
