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„Dein Wille geschehe”

Aus der März 1914-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ein Punkt, in dem die Christliche Wissenschaft von andern christlichen Konfessionen stark abweicht, ist ihre Auslegung und Anwendung der Worte des Vaterunsers: „Dein Wille geschehe”. Diese Worte werden gewöhnlich mit dumpfer Ergebung, zugleich aber mit einem gewissen inneren Protest geäußert. Die Stellung der Christlichen Wissenschaft jedoch diesen Worten gegenüber ist die des zuversichtlichen Erwartens.

Die ursprüngliche christliche Kirche verlor die Fähigkeit, durch geistige Mittel zu heilen, einige Jahrhunderte nach der Kreuzigung. Mrs. Eddy entdeckte sodann in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts die Wissenschaft dieses Heilens und begründete das christlich-wissenschaftliche Verfahren zur Bekämpfung von Krankheit und Sünde, das als Christliche Wissenschaft bezeichnet wird. Während all der Jahrhunderte, die zwischen diesen Ereignissen liegen, herrschte, wie auch heute noch unter Christen, allgemein der Glaube, die Worte „Dein Wille geschehe” bedeuteten, daß wir uns in Krankheit zu fügen hätten, denn Gott wolle unser Leiden, damit wir durch die Heimsuchungen bessere Menschen würden; daß wir uns unsre Leiden „gefallen lassen” müßten, da sie zur Entfaltung des göttlichen Planes gehörten; daß die Menschen Sünder seien, weil Gott es zulasse; daß sie dem Tod nicht entrinnen könnten, denn dies sei dem unerforschlichen Ratschluß Gottes gemäß.

Neben dieser Anschauung bekennen sich viele Christen zu der Lehre, daß Gott unendlich und ewig gut ist, die einzige Ursache und der einzige Schöpfer, und daß Er Geist ist. Mrs. Eddy führt uns zu Gemüte, daß Jesus kam, „um Sünde, Krankheit und Tod zu zerstören”, und sie frägt: „Ist es dann möglich zu glauben, daß die Übel, die zu zerstören Jesus lebte, wirklich oder der Sprößling des göttlichen Willens sind?” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 474).

Um diese widerstreitenden Anschauungen miteinander auszusöhnen, wird behauptet, daß Krankheit und Sünde gut sein müßten, obschon dies unerklärlich sei, oder aber, daß auf Grund der Vollkommenheit Gottes alles, was Er schafft, gut sei, und daher Sünde und Krankheit, da sie nicht gut genannt werden können, Schöpfungen einer bösen Macht sein müßten. Zu welcher Anschauung man sich auch bekennen mag: beide bedeuten eine Verneinung des biblischen Satzes, daß Gott alles machte und es gut nannte.

Die Bekenner des Christentums weisen daher immer mehr die Theorie zurück, daß Krankheit gottgeschaffen sei und daß es guten Zwecken diene, wenn man zu Medizinen greift oder andre materielle Heilmittel braucht. Selbst die frömmsten Leute sehen nichts Unrechtes in dem Bestreben, von ihrer Krankheit geheilt zu werden, die doch, ihrem Glauben zufolge, Gott ihnen zur Bewirkung ihres Heils bestimmt hat. Um nun der logischen Folgerung auszuweichen, daß sie sich dem Willen Gottes zu entziehen suchen, behaupten sie, Gott habe gewisse materielle Mittel und Verfahrungsarten vorausgesehen, durch die Seine heilende Macht wirke, und Er erwarte von den Menschen, daß sie davon Gebrauch machen.

Nun gibt es aber viele, die die Theorie nicht anerkennen wollen, daß Gott Krankheit verursache. Sie erklären, Krankheit und Sünde seien vom Bösen, vom Teufel erzeugt worden, und Gott liege sozusagen mit diesem Teufel beständig im Streit um den Besitz der Menschen. Nimmt man aber an, daß es eine solche böse Macht gibt, dann verneint man die Allmacht und Schöpferkraft Gottes. Diese widerstreitenden und unlogischen Ansichten über Ursprung und Zweck von Krankheit und Sünde haben naturgemäß zur Folge, daß sich unter den Christen so mancher nur mit innerem Widerspruch und mit einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit in den vermeintlichen Willen Gottes fügt.

Die Lehre der Christlichen Wissenschaft in bezug auf die Worte „Dein Wille geschehe” gründet sich auf den unbedingten Gehorsam gegen das erste Gebot. Diese Lehre ist in dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mrs. Eddy, klar dargelegt. In Übereinstimmung mit andern Gläubigen nimmt die Christliche Wissenschaft bedingungslos den Satz an, daß Gott die einzige Macht, der einzige Schöpfer und die einzige Intelligenz ist. Sie erklärt ferner, daß Er das eine unendliche Gemüt ist, Geist, Seele, Prinzip, Leben, Wahrheit, Liebe; daß Er auf ewig vollkommen, unendlich, allgegenwärtig, allmächtig, allwissend und allweise ist, und daß die biblische Erklärung, der Mensch sei das Ebenbild und Gleichnis Gottes, auf Wahrheit beruht.

Von hier an jedoch gehen die Christliche Wissenschaft und die allgemein vertretenen Anschauungen auseinander. Die Christliche Wissenschaft leitet alle Dinge von dem grundlegenden Satz ab: Gott ist vollkommen und der Mensch ist Gottes Ebenbild. Sie erklärt, daß der Mensch die unendliche Vollkommenheit und ewig harmonische Tätigkeit Gottes, des Geistes, des Gemüts, zum Ausdruck bringt. Was mit diesen Sätzen nicht völlig übereinstimmt, wird von der Christlichen Wissenschaft als unwirklich verworfen, als außerhalb des Bereichs der wahren Erkenntnis und des wahren Bewußtseins liegend, als etwas, was weder einen Schöpfer, eine Gestalt noch eine Erscheinung hat, was nirgends vorhanden und daher eine Nichtsheit ist, und zwar aus dem Grunde, weil der vollkommene Gott und Seine vollkommene Offenbarwerdung alles ausmacht und in sich schließt, was besteht, je bestanden hat und je bestehen wird. Durch die bloße Behauptung, daß das Übel nichts ist, wird es nicht zu nichts. Die Erkenntnis von der Nichtsheit des Übels kommt mit dem Verständnis von der Allheit Gottes.

Nimmt man an, daß Krankheit und Sünde von Gott geschaffen, von Ihm gesandt oder gutgeheißen werden, so muß man auch annehmen, daß sie gut sind, da ja die ganze Schöpfung Gottes gut ist. Dennoch ist es unbestreitbare Tatsache, daß jeder, der von Krankheit und Sünde befallen wird, davon ledig zu werden sucht, ein Beweis, daß niemand glaubt, sie seien gut. Wenn sie also nicht gut sind, so kann sie Gott nicht geschaffen oder verordnet haben, und eine andre Macht konnte sie nicht schaffen, da es außer Gott keine Macht gibt. Hieraus ergibt sich die unabweisliche Folgerung, daß Gott weder Krankheit noch die Neigung zum Krankwerden verursacht. Da Sünde und Krankheit mit der Hauptvoraussetzung eines vollkommenen Gottes und vollkommenen Menschen nicht vereinbar sind, so stehen sie nicht im Einklang mit Gottes Ratschluß und sind nicht Seinem Willen gemäß.

In Wissenschaft und Gesundheit findet sich wiederholt die Erklärung, daß Sünde Leiden verursacht und daß Leiden die Zuchtrute für diejenigen ist, die von falschen Annahmen beherrscht werden. Damit ist aber nicht gesagt, daß Sünde notwendig sei. Der Lehre der Christlichen Wissenschaft gemäß entgeht man der Strafe für Sünde nur, indem man aufhört zu sündigen. Wir erfahren, daß man dem Leiden und der Krankheit nicht dadurch entgeht, daß man der Krankheit „ihren Lauf läßt” und darunter weiterleidet, sondern indem man die Ursache des Leidens oder der Krankheit aufhebt. Sünde und Krankheit werden im menschlichen Bewußtsein durch die Erkenntnis ihrer Unwirklichkeit vernichtet. Diese Erkenntnis kann nur auf der Erkenntnis der Wirklichkeit des Guten und Vollkommenen beruhen, auf der rückhalt- und bedingungslosen Annahme und Anerkennung des Grundsatzes, daß Gott, das Gute, die einzige Macht ist.

Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, daß Gottes Wille in der Aufrechterhaltung der Vollständigkeit und Unverletztheit Seines Wesens zum Ausdruck kommt. Gott ist alles Leben, alle Wahrheit, Liebe, Tätigkeit, Substanz, der Ursprung alles Seins. Es ist Gottes Wille, daß Sein Gesetz genau durchgeführt und befolgt werde und daß alles, was der Wirksamkeit dieses Gesetzes entgegenzustehen beansprucht, seine angebliche Macht und Erscheinung augenblicklich verliere. Es ist Gottes Wille, daß der Mensch, Seine Idee, ewig wie Er sei, daß der Mensch stets unendliche Vollkommenheit, Harmonie und Tätigkeit zum Ausdruck bringe, daß er der Gegenwart, Macht und Tätigkeit des Guten sich ewig bewußt sei, daß er allein das Gute und seine Wirksamkeit kenne, und daß wir alle den Menschen so sehen möchten, wie Gott ihn sieht. Gottes Wille ist es ferner, daß wir nichts außer der göttlichen Offenbarwerdung kennen, denn hierin allein beruht Erkenntnis.

In der Christlichen Wissenschaft bedeutet das Gebet „Dein Wille geschehe” nicht, daß wir Krankheit und Sünde als etwas annehmen sollen, was man eine Zeitlang ertragen muß. Es bedeutet ihre augenblickliche und bestimmte Abweisung, da sie nicht mit Gottes Gesetz im Einklang stehen. Es bedeutet, daß die Täuschung, Krankheit und Sünde genannt, ausgetrieben, augenblicklich und gänzlich vernichtet werden muß, denn es ist Gottes Wille, daß nichts, was Ihm ungleich ist, irgendwie Gegenwart, Erscheinung, Platz oder scheinbare Wirklichkeit habe; „daß Gott — wie im Himmel, also auch auf Erden — allmächtig, allerhaben” sei (Wissenschaft und Gesundheit, S. 17).

Eine derartige Auslegung und Anwendung der Bitte, „Dein Wille geschehe”, gibt den Christlichen Wissenschaftern große Ursache zur Freude. Sie haben allen Grund zu glauben, daß in dem Augenblick, da sie sich der Tatsache bewußt werden, daß Gottes Wille geschehen ist, sie zugleich den vollen Besitz von des Menschen göttlich verliehenen und unveräußerlichen Erbes an Glück, Frieden, Anmut, Macht, Unsterblichkeit, Herrschaft und Frieden antreten werden.

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