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„Hebet eure Augen auf”

Aus der April 1914-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wie bedeutungsvoll ist doch der Ausspruch des Psalmisten: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen”, und welch reicher Schatz der Erkenntnis wäre unser eigen, wenn wir die volle Bedeutung dieser Worte verstehen würden! Sie umfassen alles, was im Hinblick auf die Vergangenheit sowohl wie auf die Zukunft zwischen dem Bethlehem und dem Ölberg des geistigen Bewußtseins liegt.

Der Augenblick des tiefsten geistigen Verlangens eines Menschen ist naturgemäß der klarste und erhabenste Augenblick seines Lebens. Das bessere Selbst, das „nicht von dem Geblüt noch von dem Willen des Fleisches noch von dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren” ist und von dem der sterbliche Sinn keine Kenntnis nimmt, kommt dann zur Geltung, wie bei Paulus, als er vor Agrippa die Wahrheit bezeugte. Man wird bei solchen Gelegenheiten auch in unsern Tagen leicht für „rasend” gehalten, wie der große Apostel. Diese Augenblicke sind aber von großem Wert, denn sie geben uns die Gewißheit, daß wir mit Gott in Beziehung stehen, ja daß wir eins sind mit dem, der stets „durch den Mund seiner heiligen Propheten” redet. Wir treten ein in die „Gemeinschaft der Heiligen” und können die „Freudigkeit zu Gott” haben, die zur wirksamen Arbeit im Dienste des Herrn so nötig ist.

Die Heilige Schrift hat viele „offene Fenster gegen Jerusalem”— viele Ausblicke auf das wahre Leben, dessen Horizont sich in der Ewigkeit verliert. Wenn wir bloß unsre Augen aufheben, können wir durch diese Fenster die Höhenzüge der Offenbarung erschauen und werden dadurch instand gesetzt, Gott, die Natur, die Geschichte und das menschliche Leben in einer beweisbar richtigen und daher befriedigenden Weise auszulegen. Die Christliche Wissenschaft verfolgt den Zweck, den Begriff zu vergeistigen, das Denken zu berichtigen und zu veredeln und demselben die Kraft des Heilens zu verleihen. Mrs. Eddy sagt daher: „Die Vergeistigung des Gedankens und die Verchristlichung des täglichen Lebens ... sind es, die den göttlichen Ursprung und das göttliche Wirken der Christlichen Wissenschaft tatsächlich beglaubigen” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 272).

Der Gesichtskreis der Sterblichen ist jämmerlich beschränkt und materialistisch. Im Durchschnitt genommen verkehrt der sterbliche Sinn einen großen Teil der Zeit mit dem verlorenen Sohn und den Säuen. Er erkennt und beurteilt die menschliche Erfahrung von einem Gesichtspunkte aus, der nichts weniger als ideal ist. Der Glaube an einen fleischlichen Ursprung und an die Wirklichkeit materieller Gesetze, einer materiellen Umgebung und Bestimmung trägt dazu bei, daß sich das Auge des Gedankens mit dem Anblick irdischer Dinge zufrieden gibt. Diese Begriffe fesseln den Sterblichen mit beständiger Furcht, so daß dieser nicht fein Anrecht erkennt, sich um Ruhe und Trost an die Tatsachen des göttlichen Seins zu wenden, wie es Elias erkannte als er betete, daß die Augen seines Dieners geöffnet werden möchten, damit er das schützende Heer sehe, welches sie umgab.

In der Christlichen Wissenschaft lernen wir sehr bald einsehen, daß unser Horizont und die Schönheit unsres Ausblicks stets durch die Tiefe unsres Einblicks bestimmt wird — durch unsre Fähigkeit, die Scheinbarkeit zu durchschauen. Unsre Handlungsweise richtet sich nach unserm Begriff von den Dingen. Unsre materielle Umgebung besteht aus vergegenständlichten Annahmen und ist daher der göttlichen Idee unterworfen. Gott zu erkennen, ist in Wahrheit Leben; es ist ewiges Leben, weil es geistig und wirklich ist. Die Welt unsrer Erfahrung muß durch mentale Umwandlung harmonisch und glücklich gemacht werden. Hierin liegt die Erklärung des christlich-wissenschaftlichen Heilens. Wer den wahren Begriff von Gott erlangt hat, wird auch danach streben, das Weltall und den Menschen Gottes zu erkennen — die Klarheit des wahren Seins zu schauen und dessen Freiheit zu erlangen. Die Tatsache, daß das Bewußtsein die Grundlage und die Grenze alles wahren Besitzes ist, erklärt den Reichtum und das Gefühl der Befriedigung derer, die die rechte Gesinnung haben. Sokrates hatte diese Gesinnung, weshalb er in seiner letzten Unterredung mit Krito so ruhig und gelassen war.

Wer die Dinge vom höchsten Gesichtspunkte aus sehen lernt, ist auf dem Wege, ein Christlicher Wissenschafter, ein Prophet, ein wahrer Arzt zu werden. Niemand kann die Höhe erreichen, von wo aus ein Ausblick auf die hellerleuchteten Gipfel der Wahrheit möglich ist, ohne seinen Brüdern einen anregenden und erfreuenden Bericht von der erschauten Herrlichkeit zu geben, wie einst Simon Petrus dem Andreas. Der Christliche Wissenschafter muß sein Augenmerk stets auf das Christus-Ideal gerichtet halten. Ist er auf eine niedere mentale Ebene geraten, so muß er sich ernstlich bemühen, wieder emporzusteigen. Bei diesem Aufstieg ermutigt ihn die liebevolle Stimme aus dem für die materiellen Sinne unsichtbaren Reich der Wirklichkeit mit den Worten: „Hebet eure Augen auf”.

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