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„Das volle Programm des Christentums”

Aus der Mai 1914-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Eine der merkwürdigsten Stellen im Neuen Testament findet sich im vierten Kapitel des Lukas-Evangeliums, wo von Jesu erstem öffentlichen Auftreten als Religionslehrer die Rede ist. Die volle Bedeutung dieser Stelle erkennt man jedoch erst, wenn man sie mit der vorhergehenden Erzählung von der Versuchung Jesu in der Wüste und seinem großen Sieg in Verbindung bringt — eine Erfahrung, auf welche hin er „in des Geistes Kraft” nach Galiläa und in feine Vaterstadt Nazareth zurückkehrte. Wir lesen, daß er nach seiner Gewohnheit am Sabbattage zur Synagoge ging und da eine Stelle aus dem Propheten Jesaja vorlas, die ohne Zweifel allen Anwesenden bekannt war, die aber eine neue Bedeutung für sie gewann, als Jesus die Bemerkung folgen ließ: „Heute ist diese Schrift erfüllet vor euren Ohren.” Die Stelle selbst lautet in der Übersetzung aus dem Griechischen wie folgt: „Der Geist des Herrn ist bei mir, darum daß er mich gesalbet hat; er hat mich gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu heilen die zerstoßenen Herzen, zu predigen den Gefangenen, daß sie los sein sollen, und den Blinden das Gesicht und den Zerschlagenen, daß sie frei und ledig sein sollen, und zu verkündigen das angenehme Jahr des Herrn.”

Diese Stelle, welche jemand „das volle Programm des Christentums” genannt hat, muß in manchen der Anwesenden große Hoffnungen erregt haben. Wurde ihnen doch gesagt, daß all diese gnadenreichen Verheißungen in ihrer Mitte der Erfüllung harrten. Und hatte nicht der Psalmist gesagt: „Er heilet, die zerbrochnes Herzens sind, und verbindet ihre Schmerzen”? Wohl keiner der Zuhörer bezweifelte die Macht Gottes, dies alles zu tun; doch die Tatsache, daß sie sich über die Worte Jesu „wunderten”, läßt erkennen, daß ihre Gesinnung genau dieselbe war, wie die vieler Leute unsrer Zeit. Auch heutigestags gibt es solche, die sich wohl einem Versuch, derartige Stellen der Heiligen Schrift zu kürzen, entschieden widersetzen würden, die aber deren Anwendbarkeit zur Heilung von Krankheit ebenso entschieden in Abrede stellen. Einige der Zuhörer Jesu gerieten so in Zorn, als er vom Reinigen der Aussätzigen sprach, daß sie ihn töten wollten — ihn, der der Welt „Leben und volle Genüge” bringen wollte.

Es ist jedoch ein großer Trost, zu wissen, daß das Übel den göttlichen Ratschluß nicht vereiteln kann. Wenn auch nach den Tagen Jesu das heilende Wort jahrhundertelang nicht zu hören war, so wird es doch in unsrer Zeit wieder laut verkündigt, „in Beweisung des Geistes und der Kraft”, wie zu Anfang des Christentums. Die Menschheit kann und darf sich nicht mit einer teilweisen oder unvollkommenen Darlegung des Christentums zufrieden geben. Wie uns unsre verehrte Führerin sagt, bringen uns nun Gottes Engel aufs neue die Botschaft von dem immergegenwärtigen Christus, flüstern dieselbe „durch den Glauben den hungernden Herzen in jedem Zeitalter zu” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 482). Diejenigen, die mit der Materialität zufrieden sind oder sich in ihrer Knechtschaft befinden, hören oder beachten diese Botschaft nicht, obgleich der Ruf stets erschallt: „Heute, so ihr seine Stimme höret, so verstocket euer Herz nicht”. Warum sollte irgend jemand sein Herz gegen die gnadenreiche Verheißung völliger Befreiung verhärten, sei das Bedürfnis geistig oder leiblich? In den Psalmen lesen wir: „Der Herr ist nahe bei denen, die zerbrochnes Herzens sind”. In der Christlichen Wissenschaft wird dieser Ausspruch bewiesen, selbst in Fällen, wo über den Kranken das Todesurteil gefällt worden ist, wo die Vorstellung von Sünde und Leiden ihr möglichstes getan hat, und wo die Gelehrsamkeit dieser Welt erklärt, daß der von dem Psalmisten angedeutete Zustand besteht. Wenn Gott, die unendliche Macht, die einzige Macht, einem Leidenden nahe ist, kann dann Kummer ihn erdrücken oder durch Beeinflussung seiner Herztätigkeit ihn töten? Nimmermehr!

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