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Ausdruck

Aus der August 1914-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß der Mensch die unendliche Idee ist, die das Wesen und die Tätigkeit des unendlichen Gemüts zum Ausdruck bringt. Die menschliche Sprache besteht aus mündlichen oder schriftlichen Zeichen; man gebraucht sie, um Ideen auszudrücken. Ihre Bedeutung ist von dem Denken dessen abhängig, der sich ihrer bedient, wie auch von dem Denken dessen, an den sie gerichtet sind oder der sie liest. Wenn der Redende sowohl wie der Hörende dieselbe Auffassung von der Idee hat, welche durch Worte zum Ausdruck gebracht werden soll, dann sind sie sich einig; wenn sie beide die Wahrheit erkennen, von welcher die Worte der Ausdruck sind, dann besteht zwischen ihnen keine Meinungsverschiedenheit. Wer z. B. daran gewöhnt ist, sich das Wort Heim als ein großes, mit allen modernen Bequemlichkeiten ausgestattetes und von einer glücklichen Familie bewohntes Haus zu denken, stellt sich etwas ganz andres vor, wenn er dieses Wort hört, als derjenige, der sich ein Heim als eine armselige Hütte denkt, in welcher Krankheit, Zwietracht. Not und Elend herrschen.

Das Wort Gott ist in den verschiedenen Perioden der Geschichte in gar verschiedener Weise aufgefaßt worden. Die Auffassung richtet sich nach dem jeweiligen Geisteszustand des einzelnen oder der Gesamtheit. Für viele war Gott ein halb mystisches, unbestimmbares, furchterregendes, an einem weitentfernten Ort wohnendes Wesen, das auf die Angelegenheiten der Menschheit einen geheimnisvollen Einfluß ausübt; für andre war Er ein liebender Vater mit stark vergrößerter menschlicher Gestalt. Durch all die Jahrhunderte haben sich die Menschen ihren Gott als eine Art Übermensch, als einen gottgleichen Menschen vorgestellt. Dieser Begriff von Gott war den Juden eigen, ehe Moses einen klareren, geistigeren Begriff von Ihm erlangt hatte und sich bemühte, diesen Begriff seinem Volk mitzuteilen.

In den Jahrhunderten zwischen der Zeit Mose und der Zeit Jesu war der ebräische Begriff von Gott der eines vergrößerten, menschlichen Herrschers, eines Stammesobersten oder Stammesgottes. Dieser Gott hatte nur das Wohl seines auserwählten Volkes im Auge. Als gewaltiger Kriegsgott übte er Rache und wirkte Zerstörung. Jesus nun, der in so hohem Maße mit dem Christus-Geiste ausgerüstet war, machte es sich zur Aufgabe, die Gedanken des Volkes über diesen beschränkten, körperlichen Begriff von Gott emporzuheben. Der klare geistige Begriff von Gott, den die Jünger erlangt hatten, wurde nach der Kreuzigung immer mehr getrübt, und die Christenheit sank zurück in den alten Begriff von Ihm als einer menschenähnlichen Gottheit, einem mächtigen König, der Zorn, Eifersucht, Rache und Reue bekundet, und der sein Geschöpf, den Menschen, mit allerlei Leiden heimsucht, um ihn dadurch zum Guten zu führen. Ja es hat sogar Leute gegeben, die behauptet haben, Gott wolle den Menschen vernichten, weil dieser es nicht wert sei, gerettet zu werden.

Vor etwa fünfundvierzig Jahren wurde die wahre Idee von Gott einer Frau, Mary Baker Eddy, in ihrer ganzen Reinheit und geistigen Klarheit zuteil. Diese wahre Idee, diese von Gott kommende Offenbarung erleuchtete ihr Bewußtsein und reinigte ihren Begriff vom göttlichen Wesen in so hohem Maße, daß sie die Wissenschaft des christlichen Heilens erfassen konnte, die Jesus lehrte und die die ersten Christen bis gegen Ende des dritten Jahrhunderts ausübten. Auf diese Grundlage, auf den wahren geistigen Begriff von Gott und vom Menschen als Seinem Ebenbilde gründete Mrs. Eddy das System der geistigen Heilung und sittlichen Umwandlung, welches Christliche Wissenschaft genannt wird.

Von der Zeit des Erzvaters Abraham bis auf unsre Tage hat die Wahrheit, welche man durch den Begriff Gott dem menschlichen Verständnis nahezubringen suchte, nicht die geringste Veränderung erfahren. Hingegen ist ein fortwährender, wenn auch zu Zeiten unterbrochener Fortschritt in der Erkenntnis dieser Wahrheit zu sehen. Das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, von Mrs. Eddy, bezeichnet die aufeinanderfolgenden Schritte im Erlangen eines klareren Begriffs von Gott als das Kommen des Christus, des Messias, in das individuelle Bewußtsein. Auf Seite 333 lesen wir: „Abraham, Jakob, Moses und die Propheten hatten herrliche Lichtblicke von dem Messias oder Christus”, von der wahren Idee Gottes, und diese Lichtblicke befähigten sie zu den Taten, die dem menschlichen Gemüt wie Wunder vorkamen. Die Christliche Wissenschaft bringt dem Menschengeschlecht diese wahre Idee von Gott, und in dem Maße, wie die Einzelnen sie erfassen, wirkt sie als ein Gesetz, das Heilung zustande bringt, indem es die früheren falschen Vorstellungen, die irrigen Begriffe von Gott und die dadurch entstehende Disharmonie zerstört. Auf diese Weise wird die Christus-Idee zum Erlöser der Menschheit.

Um nun die Erkenntnis der wahren Idee von Gott andern mitzuteilen, mußte Mrs. Eddy Wörter anwenden, die im gewöhnlichen Gebrauch ganz andre Ideen darstellen. So bezeichnete das Wort Gott zu Anfang ihrer Wirksamkeit einen sehr beschränkten Begriff von dem Schöpfer, eine begrenzte, persönliche, unvollkommene Vorstellung von dem unendlichen Wesen. Mrs. Eddy bedient sich dieses Wortes sehr oft, nebenher aber auch abwechselnd verschiedener andrer Wörter, wie Gemüt, Geist, Prinzip. Diese Benennungen haben im allgemeinen eine weit umfassendere Bedeutung als die, welche, man in der Regel dem Wort Gott beilegt. Und doch erfahren auch sie gewisse menschliche Einschränkungen. Die Benennungen Gemüt und Geist werden im gewöhnlichen Gebrauch mit der materiellen Substanz, Gehirn genannt, in Verbindung gebracht, während man bei dem Wort Prinzip oder Gesetz gewöhnlich an menschengemachte Gesetze oder an die sogenannten Gesetze der Natur denkt.

Es ist leichter, sich das Gemüt als unabhängig von Raum und das Prinzip als unabhängig von Zeit zu denken, denn sich Gott, wie die überlieferte Theologie Ihn erklärt, als unbeschränkt von Zeit und Raum vorzustellen. Um aber den Begriff Gott dem menschlichen Verständnis noch mehr zu erweitern, gebrauchte Mrs. Eddy das Wort „unendlich” (sowohl in Verbindung mit Gemüt als auch unabhängig) als Synonym für Gott. Auf diese Weise drückte sie die Wahrheit, das; Gott das einige Gemüt ist, so klar aus, wie überhaupt Worte eine Idee ausdrücken können. Wenn das Gemüt unendlich ist, kann es nicht mehr als ein Gemüt geben; es besteht nichts außer dem unendlichen Einen. Mrs. Eddy hat in allen ihren Werken die Gedanken des Schülers fortwährend von dem materiellen Begriff von Gott zu befreien gesucht und sie auf den unbeschränkten, weltweiten, alles erfüllenden, zeitvernichtenden geistigen Begriff, auf den großen Ich Bin hingelenkt.

Niemand wird in Abrede stellen wollen, daß Gott sich von jeher genau gekannt hat. Der Christus, die wahre Idee, ist stets unveränderlich gewesen und hat Gott stets so dargestellt, wie er ist. In dem Maße, wie wir die Christus-Idee, den Christus-Begriff von Gott erlangen, treten wir in Einklang mit Ihm oder werden eins mit Ihm. Wir bringen immer mehr das göttliche Wesen zum Ausdruck und immer weniger das Wesen der Sterblichen. In Wissenschaft und Gesundheit (S. 332) lesen wir, daß Christus „die Übereinstimmung oder das geistige Übereinkommen veranschaulicht zwischen Gott und dem Menschen als Seinem Bilde.” Derselbe Gedanke kommt in „Miscellaneous Writings“ (S. 100) zum Ausdruck, wo es heißt: „Wenn der geistige Ermahner verstanden wird, beweist er die Übereinstimmung des Göttlichen mit dem Menschlichen, und dies ist der Gipfelpunkt der Christlichen Wissenschaft.” Erst wenn das Menschliche mit dem Göttlichen oder dem Christus-Begriff übereinstimmt, tritt Heilung ein. Das Geistige steht nie mit dem Materiellen im Einklang; aber das Menschliche muß immer mehr mit dem göttlichen Begriff in Einklang gebracht werden.

Gemüt muß stets tätig sein, muß sich stets in Ideen ausdrücken, denn sonst wäre es nicht Gemüt. Wenn es einen Ort gäbe, wo es nicht tätig ist, wäre es nicht unendlich. Unendlichkeit bedingt Allgegenwart, Allmacht, Allexistenz, Allsubstanz, Allgesetz, Alltätigkeit; es umfaßt alle Zeit und allen Raum. Das unendliche Gemüt kommt ewig zum Ausdruck. In der Christlichen Wissenschaft wird uns gelehrt, daß der Mensch das Ebenbild und Gleichnis, der Ausdruck des unendlichen Gemüts ist; daß er den unsterblichen Beweis der Existenz, Fortdauer, Tätigkeit und Wirksamkeit des Gemüts darstellt; daß er ewig dem Gemüt gleicht, da er ewig Gott ausdrückt, der Gemüt ist. Die Einheit und Unendlichkeit des Gemüts schließt die Möglichkeit des Bestehens von irgend etwas von Ihm Getrenntem ans. Der wirkliche Mensch kann unmöglich etwas andres ausdrücken als das vollkommene Wesen und die vollkommene Tätigkeit des einen Gemüts. Tatsächlich gibt es nichts andres auszudrücken.

Die wahre Idee von Gott offenbart die Wahrheit in bezug auf den Menschen, und diese Wahrheit vernichtet die Unwahrheiten, falschen Begriffe und irrigen Meinungen in bezug auf Gott, die scheinbar zwischen uns und Gott treten und es verhindern, daß wir uns so erkennen, wie wir von Gott erkannt sind. Der Mißbegriff vom Wesen des Menschen, nämlich, daß er ein sterbliches, sinnliches, materielles, krankes, unvollkommenes und dem Tode preisgegebenes Wesen sei, entspringt dein Mangel an Erkenntnis des wahren Wesens Gottes. Daher kann man solche Mißbegriffe und ihre angebliche Macht in der Vorstellung nur dadurch vernichten, daß man die wahre Idee von Gott gewinnt — daß man verstehen lernt, was das unendliche Gemüt ist, wie es wirkt und was es erschafft und erhält.

Wenn wir die wahre Idee von Gott erlangt und die daraus sich ergebende Wahrheit in bezug auf den Menschen uns angeeignet haben, erkennen wir die gänzliche Falschheit, Machtlosigkeit und Nichtsheit der beschränkenden Annahme, daß wir nicht die Fähigkeit besäßen uns auszudrücken, daß wir nicht imstande seien das, was wir für wahr erkannt haben, so darzustellen, daß andre die Wahrheit auch zu erkennen vermögen. Die Grundlage dieser Furcht ist die falsche Vorstellung, daß der Mensch ein materielles Geschöpf sei, eine von Gott getrennte Individualität habe, der Urheber von etwas sein könne, was nicht von Gott kommt; daß er ein von Gott getrenntes Gemüt habe, und daß dieses Gemüt die Wahrheit nicht verstehen könne.

Die Christliche Wissenschaft offenbart uns Gott als Seinen eignen Ausleger, und dies ist das Herrlichste an dieser Lehre. Jede wahre Idee entspringt dem göttlichen Gemüt, das Gott ist, und besteht ewig in diesem Gemüt. Da also jede Idee dieser Art der Ausdruck der Tätigkeit des unendlichen Gemüts ist, hat sie die Fähigkeit und Macht, sich selbst zu erklären, sich verständlich zu machen, sich zu erhalten und das unwiderstehliche Gesetz des alltätigen Gemüts zum Ausdruck zu bringen. Dem Menschen steht das Recht zu, sich voll und klar auszudrücken, denn er erhält seine Mast von Gott. Der Mensch muß die Fähigkeit haben, sich auszudrücken, denn sonst wäre er nicht gottgleich. Die Bibel ermahnt uns, bereit zu sein, einen Grund der Hoffnung zu geben, die in uns ist. Dadurch, daß wir diesen Grund angeben, bringen wir uns zum Ausdruck. Der Mensch kann nicht das Gemüt zum Ausdruck bringen, ohne sich zugleich der Gegenwart und Tätigkeit des Gemüts bewußt zu sein, und dieses Sichbewußtsein führt die Demonstration herbei. Ausdruck und Demonstration sind also eins.

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