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Der Tag des Gerichts

Aus der Januar 1915-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Schüler der Christlichen Wissenschaft richtet seinen Sinn nicht, wie die Menschen früherer Zeiten, auf einen zukünftigen Tag des Gerichts. Seine Zeit ist vollauf damit in Anspruch genommen, den Anforderungen Gottes in der gegenwärtigen Zeit nachzukommen. Er hat aus Erfahrung gelernt, daß der Begriff von Erlösung in einer andern Welt nicht der Anbetung Gottes „im Geist und in der Wahrheit” entspricht. Für ihn ist Gott ein naher Gott, ein unendlicher, unveränderlicher, all-liebender Gott, und er weiß, daß Gehorsam gegen Gottes Gesetz schon auf Erden Frieden, Gesundheit und Freude bringt.

Die Lehren der überlieferten Theologie in bezug auf den Tag des Gerichts haben bei den Menschen nicht das Verlangen erzeugt, schon jetzt richtig zu leben. Sie haben keine gegenwärtige geistige Belohnung für gerechtes Wesen in Aussicht gestellt, was doch mit Recht gefordert werden kann. Sie haben nicht die Notwendigkeit hervorgehoben, hier und jetzt Böses mit Gutem zu überwinden, sondern haben fast alles, was zum Himmelreich gehört, in die Zukunft verlegt oder einer Regelung nach dem Tode überlassen. Sie haben der Menschheit einen endgültigen Tag der Abrechnung sicher in Aussicht gestellt und haben diesen Tag als einen „Tag des Grimmes”, einen „schrecklichen Tag” geschildert. Unsägliches Leiden, körperliches sowohl wie seelisches, ist durch diese Lehre entstanden; Krankheiten aller Art sind ohne Zweifel durch das Gefühl der Furcht erzeugt und verbreitet worden. Dies ist keine leere Theorie, denn in der Christlichen Wissenschaft ist unzähligemal bewiesen worden, daß, wenn bei Kranken der Glaube an den Tod und die Angst vor demselben vernichtet wurde, auch zugleich allerlei Krankheiten verschwanden. Der unchristliche Glaube an das Böse braucht keine andre Versicherung als die, daß Reue auf dem Totenbette ein sicherer Reisepaß nach dem Himmelreich sei. Ein zukünftiger Tag des Gerichts würde es dem Bösen ermöglichen, den Anforderungen rechten Denkens und Lebens Trotz zu bieten.

Die Christliche Wissenschaft unterscheidet sich grundsätzlich von solchen falschen Vorstellungen über die Gottheit und offenbart Gott als ein stets gegenwärtiges, stets wirksames göttliches Gemüt oder Prinzip, dessen Forderungen an die Menschen gestern und heute und in alle Ewigkeit dieselben sind. Diese wahre Idee von Gott beseitigt alles Geheimnisvolle betreffs eines endgültigen Tags des Gerichts, vertreibt Furcht und bringt ein Gefühl der Dankbarkeit mit sich für die Erkenntnis, daß „der Gerichtstag der Weisheit ... stündlich und beständig” kommt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 291). Sollte jemand diesen Satz in der Christlichen Wissenschaft bezweifeln, der halte inne und sinne nach über die Worte des Meisters: „Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel nicht im Himmel, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater.” Hierdurch wird sich ihm die Überzeugung aufdrängen, daß jeder Begriff von Zeit, jede Beschränkung dem göttlichen Wesen fremd sein muß, denn „seine Erkenntnis ist ohne Maß” [Zürcher Bibel]. Der einzige Tag des Gerichts, den Gott kennen kann, muß daher ein immerwährender sein, und zwar muß er heute ebenso offenbar sein wie in tausend Jahren. Was Gott kennt, muß ewig bestehen. Hierdurch wird die Anschauung von einem Tage des Gerichts, der nicht schon jetzt wirksam wäre, beseitigt, und, was unsre Führerin hierüber sagt, findet seine volle Bestätigung.

Jesus sagte, er sei nicht gekommen, um die Welt nach einem menschlichen Maßstab des Rechts zu verdammen oder über sie zu richten, „sondern daß die Welt durch ihn selig werde.” Das einzige Gericht oder der einzige Tag des Gerichts, den er kannte, verband sich mit dem Gedanken der Liebe. Obwohl alles Gericht dem Sohne übergeben war, so erkannte er doch, daß es nicht sein Gericht war, sondern das Gericht der göttlichen Liebe, seines Vater-Mutter Gottes. Er wußte, daß ein solches Gericht ewig unparteiisch ist und nur für die Sünde ein Gesetz der Verdammung oder Zerstörung bedeutet. Wer christusgleiche Gedanken denkt und denselben entsprechend lebt, kommt nicht unter das Gericht, wird nicht verdammt. Wer hingegen die Wissenschaft des Seins nicht versteht und keine Kenntnis hat von seiner wahren Beziehung zu Gott, der ist bereits gerichtet. Dies tritt im Evangelium des Johannes klar hervor, wo wir lesen: „Wer an ihn glaubet [an den Sohn], der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubet, der ist schon gerichtet, denn er glaubet nicht an den Namen des eingebogen Sohns Gottes.” Ist es nicht klar, daß der einzige Tag des Gerichts, den es gibt oder je geben kann, in der steten Aufdeckung und Zerstörung des Irrtums, der Sünde im Einzelbewußtsein besteht, bis aller böse Sinn oder Sinn vom Bösen überwunden worden ist?

Wann kommt dieser Tag des Gerichts? Sobald die Tür unsrer mentalen Behausung zum Empfang des „Königs der Ehren”, des Christus oder der wahren Idee Gottes, weit aufgetan wird. Dann wird die Spreu vom Weizen getrennt und wir werden geistig rege, erwachen zum Bewußtsein der „Tiefen der Gottheit”. Sollten wir uns nicht auf diesen Tag freuen und alles tun, was in unsern Kräften steht, um sein Kommen zu beschleunigen? Der Tag des Gerichts ist tatsächlich schon herbeigekommen; er braucht nur von den Menschen als solcher erkannt zu werden. Die Wahrheit ist immerdar bereit zu erlösen. Wenn man dieser Tatsache nicht eingedenk bleibt und sich diese Erlösung als ein in ferner Zukunft liegendes Ereignis denkt, so bringt man sich selbst um die Segnungen des heutigen Tages, weil man „in der Toten Gemeine” bleibt, in der Gemeinschaft derjenigen, die Christus, die Wahrheit, nicht erkennen.

Durch das Kommen der Christlichen Wissenschaft wird im Bewußtsein der Menschheit einem richtigeren Begriff vom Tag des Gerichts Platz gemacht und somit der Erkenntnis, daß dieser Tag in der stetigen Wirksamkeit richtiger Gedanken und Ideen besteht, wodurch alles, was dem Wesen Gottes, des Guten, entgegengesetzt ist, vernichtet wird. Das erste wahrnehmbare Zeichen des Kommens dieses Tages besteht in moralischer und physischer Heilung. Dieses Zeichen können alle an sich erfahren, die demütig und sanftmütig genug sind, es in seiner Reinheit und Einfachheit zu empfangen, und die ihm gewähren, ihnen den Weg nach dem stets gegenwärtigen Reich des Geistes zu weisen.

Diese Demonstration christlichen Heilens ist tatsächlich die „Zukunft des Tages des Herrn, in welchem die Himmel vom Feuer zergehen, und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden!” Mit andern Worten, unsre falsche Auffassung von Himmel und Erde wird der wahren oder geistigen Auffassung weichen, die das Himmelreich auf Erden ausmacht. Möge dieser geistige Tag, dieses Bewußtsein der Allgegenwart Gottes recht bald kommen!

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