Die diesjährige Wiederkehr der Weihnachtszeit muß jeden denkenden Christen an den traurigen Kontrast erinnern zwischen dem Engelsgesang: „Friede auf Erden,” der an jenem ersten Weihnachtsfest auf Judäas Gefilden durch die Lüfte drang, und dem Aufeinanderprallen der Leidenschaften und dem Schrei des Schmerzes auf den Schlachtfeldern einer Anzahl christlicher Nationen unsrer Zeit. Hoffentlich wird in diesem grausigen Ringen eine wenn auch nur kurze Pause eintreten, so daß man über dem Getöse das Echo jener Engelsstimmen hören kann, welche die Menschen an das Kommen des sanften Christuskindes erinnern — an die Tatsache, daß Glück und Friede nur in der Liebe zu Gott und zum Mitmenschen zu finden ist.
Man kann sich des Meisters traurige Stimmung, wie seine Reden sie zuweilen erkennen ließen, sehr leicht erklären, wenn man bedenkt, daß er angesichts des Stolzes, der Selbstsucht und der Herrschsucht unter den Menschen die tragischen Ereignisse der seitdem verflossenen neunzehn Jahrhunderte vorausgesehen haben muß. Deshalb sagte er: „Ihr werdet hören Kriege und Geschrei von Kriegen.” Daneben aber haben wir seine liebevolle Zusicherung: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.” „So ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.” Durch solche Äußerungen enthüllte er die wichtige, durch die Christliche Wissenschaft wieder zur Geltung gebrachte Wahrheit, daß trotz des Sturms und Aufruhrs der menschlichen Erfahrung der verheißene Tröster erschienen ist, und daß wir die Freuden des Himmels durch die Bekräftigung und Beweisung der Allgegenwart und Allmacht des Guten erlangen können.
Die Erscheinungen dieses sterblichen Lebens kann man nur dann als wesenlos erkennen, und ihren Schrecken kann man nur dann entgehen, wenn man aufs neue die Macht der Christus-Idee beweist, deren ununterbrochenes Kommen die wahre Weihnachtszeit ausmacht. Wir feiern ein längst vergangenes Ereignis; aber erkennen und besitzen können wir nur das, was im Bewußtsein wohnt. Daher die Wichtigkeit des Bibelwortes: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.”
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