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Der wahre Sieg

Aus der April 1915-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Christus Jesus gebietet: „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist”, und die Christliche Wissenschaft beschenkt ihre Anhänger mit einer reichen Gabe, indem sie ihnen zeigt, was und wie sie zu überwinden haben, um dem leuchtenden Ziel der Vollkommenheit entgegenschreiten zu können. Johannes, der Jünger, den Jesus lieb hatte, setzt uns im fünften Kapitel seiner ersten Epistel die göttliche Art und Weise des Überwindens klar auseinander: „Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt.” Er wußte wohl, daß man Weltlichkeit. d. h. Abhängigkeit vom materiellen Sinn, besiegen und alles Gott Unähnliche beiseite legen muß, wenn man dem „vorgesteckten Ziel”, dem Ziel der Vollkommenheit nachjagen will.

Nur die von Gott Geborenen, die zu einer klaren Vorstellung von der Allheit des Geistes erwacht sind, können wirklich überwinden, und das ist, wie der Apostel sagt, der Sieg unsres Glaubens, der „die Welt überwunden hat”. Dieser Glaube ist die Erkenntnis ewiger Wirklichkeiten, des Ursprungs und Abschlusses alles dessen, was wirklich ist. Johannes beendet seine Worte vom Überwinden mit dem Ausruf: „Wer ist aber, der die Welt überwindet, ohne der da glaubet, daß Jesus Gottes Sohn ist?” Mit andern Worten: er erklärt, daß das Verständnis von Gott und vom Menschen als Gottes Ebenbild der Schlüssel zum Schatzhaus ist, in dem wir die unermeßlichen Reichtümer des Geistes finden. Eine richtige Auffassung vom Menschen als dem Kind des Geistes und nicht des Fleisches — das ist der Glaube, der alle Weltlichkeit überwindet.

Die große Bedeutung des Überwindens schildert derselbe gottbegeisterte Denker im zweiten, dritten und einundzwanzigsten Kapitel seiner Offenbarung. „Wer überwindet”, schreibt er, „dem will ich zu essen geben von dem Holz des Lebens, das im Paradies Gottes ist.” Vom „Holz des Lebens” ißt derjenige, der des Menschen wahres Wesen im inspirierten Wort der Bibel und in der wundervollen Bibelauslegung Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mrs. Eddy findet. „Wer da überwindet”, so erklärt Johannes weiter, „dem will ich Macht geben über die Heiden.” Das heißt: wer eins ist mit dem göttlichen Geist, besiegt alle Bedingungen materieller Lebensauffassung und gewinnt dadurch die Herrschaft über jegliche Form von Irrtum. Im dritten Kapitel der Offenbarung sagt Johannes, der Sieger im Geist solle „mit weißen Kleidern angelegt werden”. Er wird unberührt bleiben vom Übel, ungetrübt durch den verderblichen Einfluß falschen Bewußtseins. Und weiter lesen wir, daß der Überwinder ein „Pfeiler” sein soll mit einem „neuen Namen”, was bedeutet, daß derjenige, der die Dinge des Geistes erfaßt hat, ein Helfer und ein Segen werden wird für andre, die ebenfalls, so weit ihnen das Licht geoffenbart ist, ernste Anstrengungen machen, alles dem Guten Unähnliche zu überwinden.

Scharf geschaut und wahrheitsgetreu ist das Gesicht des Apostels, das dem werktätigen Christen verheißt, er werde mit Christus auf dem Thron sitzen, denn wahrlich, mit unumschränkter Gewalt wird der Überwinder das Szepter der Wahrheit schwingen, wird mit diesem königlichen Abzeichen ein König im Reich des Geistes werden und emporwachsen über Sünde, Krankheit und Tod, ein Sieger über die unwirklichen Scharen des Übels. Im einundzwanzigsten Kapitel der Offenbarung finden wir die weitere Erklärung: „Wer überwindet, der wird’s alles ererben.” Er wird sich als Besitzer alles Guten fühlen; er wird, wie Paulus sagt, ohne Furcht „die Frucht des Geistes” genießen, denn er weiß, daß Gott immer bei ihm ist und alle seine Bedürfnisse befriedigt.

Unser großer Meister hat uns deutlich die Mittel gezeigt, die wir anwenden müssen, um geistige Siege zu erringen. Von Jesus wurde gesagt, er sei „versucht” worden „allenthalben gleichwie wir, doch ohne Sünde”. Er war „der Weg”, und er richtete seine Jünger mit dem Wort auf: „Seid getrost, ich habe die Welt überwunden,” Ja, wir können getrost sein, wenn wir uns bewußt sind, daß wir Treue beweisen. Die Versuchung Jesu in der Wüste führt uns die verschiedenen Formen des Irrtums vor, die Jesus während seiner ganzen irdischen Laufbahn entgegentraten und die von ihm überwunden wurden. Wenn wir die Lehre erfassen, zu der uns seine Siege dienen sollen, so werden wir imstande sein, selbst ähnliche Anfechtungen zu bestehen.

Man achte darauf, daß den Erfahrungen Jesu in der Wüste seine Taufe durch den Heiligen Geist voranging. Geistige Erhebung bedeutet kein unmittelbares Befreitsein von Anfechtung, sondern ein Imstandesein, jeglicher Versuchung mit Erfolg entgegenzutreten. Christus Jesus hatte soeben die Zusicherung erhalten, daß Gott Wohlgefallen an ihm habe. Friede und Freude, Liebe, Begeisterung und Offenbarung erfüllten sein Bewußtsein; aber erst in der Wüste machte er sie sich durch Demonstration ganz zu eigen. Der Versucher wollte ihn seines göttlichen Geburtsrechtes berauben, und er mußte sein geistiges Erbe durch Taten sowohl wie durch Worte beweisen. Im vierten Kapitel seines Evangeliums sagt Lukas, Jesus sei vor seiner Versuchung mit dem Heiligen Geist getauft worden. Danach ward er in die Wüste geführet, wo ihn die Anfechtung befiel. Verhielt es sich so mit dem, der „allenthalben” versucht wurde, dann brauchen wir uns nicht zu verwundern, wenn die Aufgabe auch an uns herantritt, dem Versucher entgegenzutreten und ihn zu überwinden, nachdem wir die geistige Erhebung empfunden haben.

Beachten wir, daß es die Wüste war, wo der Mann aus Galiäa versucht wurde. Wissenschaft und Gesundheit sagt uns (S. 597), daß die Wüste der Vorhof zu neuem, besserem Denken und Leben sei. An der Schwelle jeder höheren Erfahrung gibt es gewöhnlich eine Gelegenheit zum Überwinden, was uns dann dem wahren Leben näher bringt, weil wir als der Probe gewachsen befunden wurden. Von diesem Standpunkt aus erklärte Paulus, daß er „gutes Muts in Schwachheiten” sei.

In der kräftigen Sprache des Neuen Testaments wird der Versucher „Teufel” genannt. Das Glossarium unsres Textbuchs bestimmt ihn als das Böse in allen seinen scheinbaren Formen. Als Jesus vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte und ihn hungerte, ward er versucht, Steine in Brot zu verwandeln. In solcher Weise trägt das Böse die Maske des Guten, indem es jede falsche Einflüsterung zu rechtfertigen sucht. Man achte darauf, daß Jesus nicht etwa den Versucher aufsuchte, sondern, daß dieser zu ihm kam. Es begegnen uns genug Irrtümer, die wir kennen, als daß wir’s nötig hätten, von unserm Weg abzuschweifen und sie aufzusuchen. Wenn wir uns unsres Sieges über Anfechtungen gewiß sein wollen, so müssen wir das „Schwert des Geistes” stets in Bereitschaft halten und stark genug sein, es geschickt und ohne Zögern zu gebrauchen, sobald wir von verderblichen Einflüssen angegriffen werden. Jesus sagte: „Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet.”

Die erste Äußerung des Bösen war ein Wenn, der Ausdruck des Zweifels. „Bist du Gottes Sohn”— das war der Keil, den das Böse zwischen den Menschen und seinen Schöpfer zu treiben versuchte. Der Mensch ist der Sohn Gottes, und diese geistige Abstammung darf niemals in Frage gezogen werden. Wer seine göttliche Sohnschaft klar erkennt, unterliegt nicht so leicht der Versuchung. Der Irrtum kann einen derartig Gerüsteten nur dann überwältigen, wenn er ihn verleitet, seine göttliche Verwandtschaft fahren zu lassen. Wer aber unwandelbar in der Gewißheit verbleibt, daß er der Abkömmling, die Idee der göttlichen Liebe ist, und beständig diesen richtigen Gedanken festhält, wird jede Anfechtung besiegen, in welcher Maske sie auch auftreten möge.

Die Versuchung, Steine in Brot zu verwandeln, war Irrtum, denn es lag darin eine Verneinung der Allheit Gottes, die Anerkennung eines andern Schöpfers als des unendlichen Geistes. Der Meister überwand diese Versuchung durch sein Vertrauen auf Gott, das absolute Gute. Er wußte, daß Gott die einzige Ursache, der einzige Schöpfer ist und der Mensch ein geistiges Wesen, dessen Lebensbedingungen in Geist und nicht in der Materie sind. Deshalb konnte er sagen: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes gehet.”

Auch heute noch ist diese listige Versuchung sehr häufig. Im Namen des Guten kommt sie oft so verschlagen an uns heran, daß wir sie gar nicht als Böses erkennen. Die Sterblichen haben seit Anfang der Geschichte den Fehler gemacht, einer derartigen Anfechtung keinen Widerstand entgegenzusetzen, und sind dadurch eine leichte Beute des Denkirrtums geworden, daß das Gute in der Materie sei. Das grob Betrügerische dieser ersten Versuchung zeigt sich in der Tatsache, daß fast die ganze Menschheit an die Wirkung von Arzneien als Krankenheilmittel, also an ein Zuhilfekommen der Materie glaubt, über die doch dem Menschen von Gott die Herrschaft gegeben worden ist. Das heißt Steine zu Brot machen. Mrs. Eddy hat es uns so klar gemacht, welch ein Übel die Gewohnheit ist, Arzneien zu schlucken, daß ihre Lehren heute schon Tausenden zur Überwindung dieser weitverbreiteten Art der Knechtschaft verhelfen.

Die Versuchung, das Gute in der Materie zu finden, naht sich uns in so mancherlei Gestalt, daß wir beständig auf der Hut sein müssen, um nicht unbewußt dem Bösen zu unterliegen. Es ist ein schwerer Fehler, die Christliche Wissenschaft denen aufzudrängen, die noch nicht für ihre Aufnahme bereit sind. Natürlich wünschen wir, daß all unsre Freunde und Bekannte mit dem, was uns teuer ist, sympathisieren möchten. Das ist an sich kein Fehler. Das Übel kommt erst, wenn wir auf die Einflüsterungen des Versuchers hören: „Sprich, daß diese Steine Brot werden.” Wir möchten gewiß, daß unsre Freunde Christliche Wissenschafter würden, aber wir müssen den Irrtum vermeiden, Willenskraft zu gebrauchen, um sie zu unsrer Denkweise zu bringen, anstatt sie der Führung der göttlichen Liebe und Wahrheit zu überlassen. Solcher Eigenwille bringt den Christlichen Wissenschaftern oft viel Kummer, wenn ihre Freunde nur langsam annehmen wollen, was ihnen so kostbar erscheint und sie ihnen so gern mitteilen möchten. Die dadurch entstehende Disharmonie ist ein sicheres Zeichen, daß irgend jemand versucht hat, Steine in Brot zu verwandeln, denn wenn alle gewiß wären, daß das göttliche Gemüt jedes Bedürfnis befriedigt, würden sie mit diesem himmlischen Manna zufrieden sein und in dem „Brot des Lebens” alles finden, was sie brauchen und was Gott, die göttliche Wahrheit, allein geben kann.

So wahr es ist, daß man gegen die Versuchung, Steine zu Brot zu machen, auf der Hut sein muß, so wahr ist es, daß man umgekehrt achtgeben muß, nicht Brot in Steine zu verwandeln. Das tun wir, wenn wir beim Lesen der Bibel den Geist unter dem Buchstaben begraben und die Heilige Schrift behandeln, als sei sie nur ein historisches Dokument. Wir müssen an die Paulus-Worte denken: „Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.” Auch wenn wir blinden Persönlichkeitskult treiben, wandeln wir Brot in Steine. Das hat die christliche Kirche früher getan, als sie durch die Anbetung der menschlichen Persönlichkeit Jesu die Wahrheit vernachlässigte, der er diente.

Man muß es sich stets vergegenwärtigen, daß ein Anklammern an die Persönlichkeit Abfall vom Prinzip bedeutet, und daß wir dem Meister nur durch treues Festhalten an der Wahrheit dienen können. Den Irrtum, daß in der menschlichen Persönlichkeit Gutes sei, zerstörte Jesus, als er zu dem reichen Jüngling sagte: „Was heißest du mich gut? Niemand ist gut, denn der einige Gott.” Das Wort Person kommt von dem lateinischen persona, eine Maske. Dies deutet an, daß Persönlichkeit nicht der wirkliche Mensch ist, und die Versuchung, mit einer Persönlichkeit Kult zu treiben, muß durch die Erkenntnis überwunden werden, daß in keiner materiellen Form etwas Gutes sein kann.

Wenn wir uns klar machen, daß unser Hunger durch ein dauerndes Bewußtsein von Liebe und Wahrheit gestillt wird, können wir nie betrübt werden, wenn unsre irdischen Freundschaften nicht das sind, als was wir sie gern sehen möchten. Nehmen wir wie Jesus unsern Stand, so wird es uns klar, daß wir nicht so sehr besserer irdischer Gefährten bedürfen als vielmehr eines besseren Verständnisses von himmlischer Freundschaft. Es ist nicht so sehr unsre Sache, andre Leute anders zu machen, als uns selbst zu ändern. Ein Dichter drückt das in folgenden Zeilen sehr gut aus:

Nicht im Geschehnis liegt’s, ob du beschränkt, befreit,
Ob Hast dir oder Rast beschieden,
Auch nicht an einem Ort, ob nah’ hier oder weit,
Find’ wo du bist in dir den Frieden.

Wer getreulich die Wahrheit lebt, die Jesus lehrte, gibt ihm die größte Ehre. Wenn wir gewiß sind, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen, werden uns sicherlich alle unsre guten Gelegenheiten, unsre Pflichten, ja selbst unsre Prüfungen zum „Brot vom Himmel”. Wir wandeln aber Brot in Steine, sobald wir Vorrechte in Mühseligkeiten verkehren und glauben, daß die Pflichten und Prüfungen, die uns auferlegt werden, Übel seien. Erinnern wir uns doch daran, daß „Prüfungen ... Beweise von Gottes Fürsorge” sind (Wissenschaft und Gesundheit, S. 66). Nur durch treues Streben kommen wir in das Himmelreich. Wir dürfen nicht mit der Flut treiben, sondern müssen gegen den Strom schwimmen. Wer überwindet, gewinnt den Preis. Entmutigung und Selbstverdammung lassen stets erkennen, daß wir versucht haben, Brot zu Steinen zu machen. Fremde kommen zu unsern Mittwochabend-Versammlungen, um mit dem Brot Gottes gespeist zu werden. Alle, die Zeugnis abzulegen haben, sollten die darauf bezügliche Satzung im Handbuch Der Mutter-Kirche (Art. VIII, Abschn. 24) studieren und sich vergewissern, daß ihre Zeugnisse mit klugem Bedacht abgegeben werden, denn Mangel an Weisheit hat in diesem Fall sicher die Wirkung, daß Brot in Steine verwandelt werden!

Eine andre Lehre, die wir aus den Versuchungen Jesu ziehen können, ist die, daß wir unser Ohr jener listigen Einflüsterung verschließen müssen, die uns von Gott erwarten läßt, daß Er unsre Arbeit tue, statt daß wir selbst tun, was uns obliegt. Der Teufel sprach zu Jesus: „Laß dich hinab; denn es stehet geschrieben: ‚Er wird seinen Engeln über dir Befehl tun, und sie werden dich auf den Händen tragen‘.” In solcher Weise werden wir versucht, Gott so blind zu vertrauen, daß wir unsre eigne Aufgabe nicht sehen. Die erste Versuchung befällt die Schwachen, die zweite die Allzugewissen. Die Ängstlichen werden versucht, zu wenig von ihrem eignen geistigen Streben zu erwarten, die Selbstsicheren, zu wenig Vertrauen auf Gott zu haben.

Wir setzen uns der Versuchung aus, wenn wir uns nicht genügend Zeit nehmen, die Bibel und unser Lehrbuch, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, zu lesen, und wenn wir es versäumen, uns in unser Kämmerlein zurückzuziehen und um unsre eignen geistigen Bedürfnisse zu beten. Wenn wir so viel für andre sorgen, daß uns keine Zeit bleibt für uns selbst zu arbeiten, befallen uns leicht Versuchungen. Es gibt Zeiten, da wir für unsre Mitmenschen am meisten durch Fürsorge für uns selbst tun können. Wer andern wohltun will, darf nicht versäumen, getreu für sich selbst zu arbeiten, damit er allezeit bereit sei, Gottes ständige Segnungen in der Form von neuen Gelegenheiten zum Nächstendienst zu empfangen. Wir ziehen ferner Versuchungen an uns heran, wenn wir unsern Beruf, unsre Pflichten, unsre Arbeit oder unser Vergnügen Herr über uns werden lassen, anstatt selber Herr zu sein. Nicht um uns den Umständen zu unterwerfen, sind wir da, sondern um die Umstände zu gestalten. Gott die Treue zu halten, bedeutet nicht, ein Knecht der Menschen zu sein. Wir müssen die Lockung zu falschangebrachter Betätigung so scharf zurückweisen, wie es der Meister in der Wüste tat, indem er sagte: „Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen.”

Wir ziehen Versuchungen heran, wenn wir glauben, beständig falsche Gedanken hegen zu dürfen, und dann erwarten, daß Gott uns ebenso wie andre, die richtig denken, segnen werde. Man kann sich nicht von Furcht, von Groll gegen andre, von Neid oder Eifersucht beherrschen lassen und zugleich ihren scheinbaren Folgen entgehen. Nur durch richtiges Denken und dementsprechende richtige Lebensführung gewinnen wir die Freiheit, nach der wir streben. Die Versuchung, sich „hinabzulassen”, kommt nicht an den heran, der so getreulich arbeitet, daß er imstande ist, seine Gedanken „beständig auf das Dauernde, das Gute und das Wahre” zu richten (Wissenschaft und Gesundheit, S. 261); oder wenn es zu einer Probe kommen sollte, was für eine Art Mensch er ist, so könnte ihn die Anfechtung doch nicht überwältigen.

Nachdem nun der Teufel den Meister vergeblich unter dem Namen des Guten versucht hat, fordert er ihn dreist auf, sich ihm zu Füßen zu werfen. „Alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit” zeigt er Jesus und bietet sie ihm an: „Das alles will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest.” Wir beten das Böse an, wenn wir uns in irgendeiner Weise der Selbstsucht hingeben. Der Teufel versprach Jesus die ganze Welt, wenn er ihn anbeten würde; und doch hatte er keinen Fußbreit Land zu vergeben. So verheißt uns die Selbstsucht alles Gute, wenn wir nur vor ihr niederfallen wollen, obgleich sie nicht ein Tüttelchen Gutes besitzt. Etwas anbeten heißt, es wert halten, und die Menschen werden versucht, eher Wert in der Materie als im Geist zu suchen. Nur das ist gut, was von Gott kommt. In all den Jahrhunderten ist der Fehler begangen worden, das als wertvoll zu betrachten, was weder wirklich ist noch Macht besitzt.

Jesus betonte, was auch die Christliche Wissenschaft lehrt, daß der Mensch die Widerspiegelung, die Idee Gottes ist und nicht von Gott getrennt werden kann. Das zeigen deutlich des Meisters Worte: „Ich kann nichts von mir selber tun.” „Der Vater aber, der in mir wohnet, der tut die Werke.” Nur soweit wir Gott, das Gute, widerspiegeln, sind wir etwas wert, und unser Wert kann nur insoweit geschätzt werden, wie wir das göttliche Wesen unpersönlich ausdrücken. Die Vorstellung, daß die Menschen von sich selbst aus gut seien, beruht auf Selbstgerechtigkeit oder Selbstüberhebung; sie verschließt allen, die von ihr befangen sind, die Tür des Himmelreichs. Wenn wir neben unsern Tugenden auch unsre Talente für unser eigen halten, anstatt zu erkennen, daß sie Kundwerdungen des göttlichen Geistes sind und nur in seinem Namen und in seinem Dienst gebraucht werden sollten, so beweist das, daß wir den Einflüsterungen des Bösen unser Ohr geöffnet haben. Jesus besiegte diese Versuchung, weshalb er auch zu seiner Mutter sagte: „Wisset ihr nicht, daß ich sein muß in dem, das meines Vaters ist?” Er weihte sich dem Dienste des unendlichen Schöpfers; er wirkte nicht für sich selbst, sondern für seine Mitmenschen, damit sie eins sein möchten mit Gott, wie er es war. Deshalb erklärte er: „Du sollst anbeten Gott, deinen Herrn, und ihm allein dienen.”

Eine andre heimtückische Art von Anbetung des Bösen ist es, zu glauben, wir dürften alles, was wir besitzen, zu unserm persönlichen Wohl und zum eignen Vorteil ausnützen. Im Gleichnis von den Zentnern zeigte Jesus, daß der Mensch nur ein Haushalter dessen ist, der alle guten Gaben austeilt, und daß alles, was wir haben, zum Besten der Menschheit verwaltet werden muß. Man stellt sich auf die Seite des Bösen, wenn man der Versuchung nachgibt, zu tadeln oder zu verurteilen. Wer seinen Nächsten verdammt, verdammt sich selbst, denn er öffnet den eindringenden bösen Gedanken die Tür.

Wir überwinden, wenn wir eingedenk sind, daß das Gute allein wirklich ist und daß wahrer Wert sich nur im geistigen Sein findet. Nur wenn wir stets bestrebt sind, zu überwinden, haben wir ein Recht, uns Christliche Wissenschafter zu nennen. Dankbar für gewonnene Siege und im Vertrauen auf kommende größere Ehren, können wir fortfahren, „nach dem vorgesteckten Ziel” zu jagen. Wer fleißig Wache hält „an der Tür des Gedankens” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 392) wird wie der Meister erfahren, daß Engel zu ihm kommen, um ihm in jeder Not zu helfen. Und so werden wir den Sieg erringen, mit dem Jesus, unser Vorbild, „die Welt überwunden” hat.

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