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Liebe

Aus der September 1915-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Welch ein Wort! Voll Ehrfurcht stehe ich davor” („Miscellaneous Writings,“ S. 249). So sprach unsre liebe Führerin, Mrs. Eddy, von der Liebe, und so spricht jeder aufmerksame Schüler der Christlichen Wissenschaft, sobald er einen Schimmer des Lichts erblickt hat, welches das Bewußtsein unsrer Führerin erfüllte. „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm.” In Gott bleiben heißt, sehen wie Gott sieht, fühlen wie Gott fühlt — kurz, nur göttliche Eigenschaften widerspiegeln, im Bewußtsein des Guten verharren. Daraus ergibt sich, daß wir erst dann wirkliche Liebe bekunden, wenn wir uns Gottes Gesichtspunkt zu eigen gemacht haben; und den können wir nur durch ein Verständnis Seines Wesens erreichen, d. h. erst dann, wenn unsre Augen so rein sind, daß sie „Übels nicht sehen” mögen. Liebe an den Tag legen heißt, sich geistiges Verständnis aneignen. Paulus sagte: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle.”

Wenn jemand glaubt, er besitze die Gabe des Prophezeiens als etwas ihm selbst Angehörendes, so bringt gerade dieses Selbstgefühl jenen Begriff des Nebeneinanderbestehens vom Guten und Bösen mit sich, der sehr oft Furcht einflößt. Je tiefer man in die Rätsel der falschen Sinne eindringt, in dem Glauben, daß man aus eigner Kraft diese sogenannten Tiefen zu ergründen vermöge, desto weiter entfernt man sich von dem „gottseligen Geheimnis,” der göttlichen Liebe. Wenn wir Weisheit als uns angehörend beanspruchen und nicht erkennen, daß „Gott die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht” hat, d. h. jene Weisheit, die die Annahme, daß das Böse neben dem Guten tatsächlich sei, in sich schließt, und wenn wir ein solches Wissen als das Eigentum eines von Gott getrennten Gemüts beanspruchen, so handeln wir sehr töricht; und wir müssen den zurückgelegten Weg zurückgehen, bis wir die kindliche Demut, die Notwendigkeit der Hingabe unsrer selbst erfaßt haben.

Wenn ein Mensch seine eigne Mentalität für mächtig hält und somit einen scheinbar absoluten Glauben bekundet, der aber nicht mit Liebe verbunden ist, so mag das wohl eine Besserung physischer Zustände zur Folge haben, führt aber leicht zur Selbsterhebung und dient nicht zum Segen der Menschheit und zum Lob Gottes. Darum sagt der Apostel: „Wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib brennen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.” Wollten wir alle unsre materiellen Güter an diejenigen, welche wir als arm betrachten, auf auffallende Weise wegschenken und dann glauben, daß wir dadurch ärmer geworden seien, so würde uns ein solches Geben in der Tat nichts nützen. Die falsche Annahme betrügt einen in solchem Fall um die Erkenntnis, daß es nur eine Quelle der Versorgung gibt, nämlich die göttliche Liebe, die „unparteiisch und allumfassend in ihrer Anwendbarkeit” ist (Wissenschaft und Gesundheit, S. 13).

Da es nur einen Spender aller guten Gaben gibt, kann wahres Geben nie auffallend geschehen. Wahrer Reichtum ist stets geistig; somit gibt es in Wirklichkeit keinen materiellen Reichtum, und ein Aufgeben desselben kann uns daher nicht ärmer machen, noch kann es ein Gefühl des Verlustes mit sich bringen. Denn weil Gott Liebe ist, muß die Liebe alles sein. Eine scheinbare Gabe, die ein Gefühl des Ärmerwerdens zur Folge hat, ist nicht mit der Liebe gespendet worden, die unserm Bruder sowohl wie uns Gutes bringt. Wahrlich, ein falsches Geben ist uns „nichts nütze.”

Was nützt es ferner, wenn man seinen „Leib brennen” läßt, d. h. „die selbstsüchtige Rolle eines Märtyrers” spielt, wie Mrs. Eddy es so treffend ausdrückt („Miscellaneous Writings,“ S. 288)? „Der Geist ist’s, der da lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze,” sagte Jesus. Es besteht in der Tat eine große Kluft zwischen dem Irrtum, welcher den Glauben an einen materiellen Körper als ein selbstgerechtes Opfer vor den Augen der Menschen brennen lassen möchte, und der Liebe unsres Meisters, der sein Leben für seine Freunde dahingab, d. h. der eine falsche Vorstellung vom Körper zur Ehre Gottes aufgab, und zwar nicht als ein Opfer, sondern als erhabenen Akt des Überwindens; und durch dieses Werk bewies er die Nichtsheit der Materie.

Die Liebe, die von Gott kommt, „ist langmütig und freundlich,” sie „eifert nicht,” sie „treibt nicht Mutwillen, sie blähet sich nicht.” Die Erkenntnis, daß Gott Seine Schöpfung nur als vollkommen kennt, führt uns zu der weiteren Erkenntnis, daß das Böse, in welcher Gestalt es um oder in uns zum Ausdruck kommen mag, unser wahres Bewußtsein, das nur geistige Tatsachen wahrnimmt, nicht beeinflussen kann. Nur wer dies erfaßt, kann sich über das Gefühl des Beleidigtseins und des Schmerzes, über irgendwelche scheinbare widrige Zustände hinwegsetzen und freundlich bleiben. Freundlich sein, heißt Gefühle an den Tag legen, die sich unsrer gemeinschaftlichen Natur anpassen. Deshalb müssen wir in unserm Bruder den im Bewußtsein der Liebe lebenden wahren Menschen erblicken. Ein solcher Gesichtspunkt ist die einzige Basis der Wiederspiegelung jenes vollkommenen Gesetzes, das uns nicht nur erhält, sondern das auch zu jeder Zeit den Nebel, der unsres Bruders Ausblick verschleiert, zu durchdringen vermag.

Woher könnte der Neid kommen, wenn wir uns vergegenwärtigten, daß alle Menschen an jeder guten und vollkommenen Gabe gleichen Anteil haben, und daß es nur die falsche Vorstellung von einem von Gott getrennten Sein ist, die uns das Gegenteil glauben machen möchte? Da mein Bruder und ich in der Liebe, dem geistigen Bewußtsein vereinigt sind, so sollte das, was er wiederspiegelt, mir ein ebensogroßer Grund zur Freude und Dankbarkeit sein als das, was das Meinige zu sein scheint. Die Gaben, die allen Menschen sowohl in bezug auf Qualität als auf Quantität zukommen, sind demnach keine Ursache zum „Blähen” oder Prahlen. Nur ein materieller Ichbegriff sagt, es gebe ein Mein und ein Dein.

Die Liebe will nie mehr oder weniger sein, als sie wirklich ist; deshalb stellt sie sich nie „ungebärdig,” sie bekundet nichts was dem Wesen Gottes entgegengesetzt ist. Wie können wir uns diese uneigennützige, nur das Gute erkennende Liebe zu eigen machen? Indem wir uns befleißen, die Wahrheit des Seins zu erkennen und dieselbe im täglichen Leben anzuwenden. Die Liebe triumphiert nicht ob ungerechter Maßnahmen, noch findet sie Genugtuung im Bösen; denn es gibt keinen andern Triumph als den des Guten über das Böse, den Triumph der Wahrheit. Unser Meister sagte: „Doch darin freuet euch nicht, daß euch die Geister Untertan sind; freuet euch aber, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind.”

Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß man das Böse „wegsehen” muß, um es zu vernichten; d. h. der Irrtum wird durch die Offenbarwerdung der Wahrheit aufgehoben. Wenn wir erkennen, daß alle Dinge von Gott kommen und daß das Gute ewig fortschreitend ist, so können wir nicht umhin, ein stets wachsendes Maß des Guten zu erwarten. Die Liebe verliert ihre Vollkommenheit nicht für einen einzigen Augenblick. Da sie sich des Bösen nicht bewußt ist, kann sie auch keine körperlichen Leiden kundtun. Über alles, worauf ihr Blick ruht, ergießt sie die Schönheit des unfehlbaren und ewigen Lichtes.

Bedenken wir, wie die Idee schon durch die Knospe ersichtlich ist. Das was wir die Natur nennen, hemmen wir viel weniger mit sterblichen Gedanken als den Menschen. Dies ist der Grund, warum die Natur die Herrlichkeit Gottes so viel besser verkündigt; die reine und vollkommene Offenbarung der Liebe findet dort viel weniger Widerstand. Wie winzig auch die Knospe sein mag: wir sehen schon im Geiste die Blume, die sie zu werden verspricht, in ihrer ganzen Fülle und Schönheit uns entgegenleuchten. Anders ist es jedoch mit dem Menschen. Wir wünschen, das kleine Kind möchte seine Lieblichkeit und selbstlose Liebe bewahren, und dann rüsten wir es mit einem von Gott getrennten Gemüt aus, das ohne Zweifel gute sowohl als schlechte Züge entwickeln wird; wir bringen ihm materielles Wissen bei und rauben ihm dadurch seine Reinheit und Lieblichkeit — alles das, weil wir es mit der Vorstellung von einem sterblichen, außerhalb Gott bestehenden Gemüt belasten.

Paulus schreibt: „Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.” Durch diese wundervollen Worte hindurch leuchtet eine große Lehre, nämlich, daß das, was uns im Stich läßt, einzig die Vorstellung von einem außer Gott, der göttlichen Liebe, bestehenden Gemüt ist. Der Glaube an Gott, ja sogar schon der blinde Glaube an die Möglichkeit eines Seligwerdens ist wertvoll. Die Hoffnung auf Gott ist kostbar, hat aber meistens Bezug auf gegenwärtige Zustände. Erst wenn unsre Hoffnung „inwendig des Vorhangs” verankert ist, erreichen wir Liebe, „die größte unter ihnen,” denn dort gibt es keine sterblichen Sonderwesen, keinen Widerstand gegenüber der Wahrheit, weder „Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch keine andere Kreatur,” die uns „von der Liebe Gottes” scheiden mag.

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