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Versorgung ist geistig

Aus der Januar 1916-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, daß Gott die Quelle aller Versorgung ist. In unserm Bestreben, den Anforderungen der göttlichen Liebe gemäß zu leben, entfaltet sich uns die volle Bedeutung obiger Zusicherung in verschiedener Weise. Vor allein denken wir uns Gott als liebenden Vater; wir glauben, daß wir Seine Kinder sind, daß Er uns nicht unversorgt lassen wird, daß wir ein Recht haben, Seine reiche Fürsorge zu erwarten, und daß uns unsre Erwartungen nicht täuschen werden. Jesus sagte: „Euer himmlischer Vater weiß, daß ihr des alles bedürft.”

Die nächste Stufe in unserm Fortschritt ist wohl die Erkenntnis, daß das Problem der Versorgung die Widerspiegelung der göttlichen Liebe von uns verlangt. Mit andern Worten, wir müssen uns einer klaren und liebevollen Denkweise befleißen, damit kein Gefühl des Grolls, des Stolzes, der Bitterkeit, des Neides, des Zornes oder des Hasses die Strahlen der Liebe aufhalte. Auf Seite 2 von Wissenschaft und Gesundheit lesen wir von „dem offenen Quell, aus dem schon mehr hervorströmt, als wir entgegennehmen.” Der Grund, warum wir nicht mehr empfangen, liegt oft darin, daß wir Gedanken hegen, welche die göttlichen Segnungen fortwährend ausschließen. Die zu verrichtende Arbeit muß daher in unserm eignen Bewußtsein vollbracht werden; d. h. wir müssen alles ausscheiden, was der göttlichen Liebe entgegengesetzt ist, müssen mit der unendlichen und ewigen Güte des göttlichen Gemüts im Einklang stehen. Wenn andre uns scheinbar ein Leid zugefügt haben, so sollten wir nur ein Gefühl des Mitleids empfinden ob solch einem verkehrten Sinn, der allein sich selbst schadet, uns ober nichts anhaben kann, solange wir uns eine liebevolle Denkweise wahren und uns stets des göttlichen Schutzes bewußt sind.

Wir bedürfen besonderer Wachsamkeit, wenn wir jemand etwas schulden. Eine Schuld ist infolge der daraus entstehenden Verpflichtung sehr oft die Ursache eines Gefühls der Demütigung und führt leicht zu Bitterkeit und Groll. In solchen Fällen drängt uns die Ermahnung: „Seid niemand nichts schuldig, denn daß ihr euch untereinander liebet,” zu der volleren Erkenntnis, daß Liebe unsre Hauptschuld ist. Und wenn diese Schuld gegenüber unserm Nächsten und der ganzen Menschheit bezahlt ist, so werden uns die materiellen Verpflichtungen keine Schwierigkeiten mehr bereiten.

Angemessene Versorgung wird durch einen höheren Grad selbstloser Liebe herbeigeführt. Daß viele Not leiden, während andre im Überfluß leben, ist sehr oft das Ergebnis der Selbstsucht. Sie kommt als Ungerechtigkeit zum Ausdruck, in nationaler, sozialer oder individueller Hinsicht. Wenn wir daher die Versorgung wissenschaftlich herbeiführen wollen, müssen wir erkennen lernen, daß wir unter dem Gesetz der Gerechtigkeit stehen und von demselben beschützt werden. Wir müssen anschaulich beweisen, daß, weil es nur ein Gemüt gibt, Gerechtigkeit und sittliches Gefühl allgemein sind und zu jeder Zeit und auf jedem Gebiete des Lebens herrschen. Da die Handhabung der Gerechtigkeit seitens der Menschen noch unvollkommen und der Begriff des Mitleids noch beschränkt ist, müssen wir über das Scheinbare hinaussehen und uns die Allerhabenheit der göttlichen Liebe vergegenwärtigen, die in der ganzen Welt wiedergespiegelt wird. Die Widerspiegelung der Liebe kann nicht umhin, das zu tun, was für alle recht ist; sie will alle Gefangenen befreien, alle Ausgestoßenen zurückrufen und sie versorgen. Wenn wir in dieser Weise auf der Wahrheit über die Versorgung der ganzen Menschheit bestehen, berauben wir die unpersönliche Selbstsucht ihrer vermeintlichen Macht und machen infolgedessen unser eignes Leben von ihrem Einfluß frei.

So haben wir im Verlauf unsres Wachstums verschiedene Erscheinungsformen unsres Problems zu lösen, und zwar durch das Festhalten an der Wahrheit, daß die Versorgung uns nicht durch Personen oder Zustände zuteil wird, sondern, wie jede gute und vollkommene Gabe, durch den „Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis.”

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