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Der Kreis

Aus der Dezember 1917-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


In Gottes großer Schule, die wir das Weltall oder die Natur nennen, befinden sich unzählige Dinge, welche den Augen, die da sehen, und den Ohren, die da hören, fortwährend die wunderbare Botschaft der Weisheit, der Wahrheit und der Liebe verkünden. Für die Weisen aus dem Morgenlande, so schreibt unsre Führerin auf Seite 121 von Wissenschaft und Gesundheit, „waren Himmel und Erde licht, und Vogel und Blüte waren froh in Gottes immerwährendem und glücklichem Sonnenschein, golden strahlend von Wahrheit. So haben wir Güte und Schönheit, um das Herz froh zu machen.” Und weiter auf Seite 326 lesen wir: „Die ganze Natur lehrt Gottes Liebe zum Menschen.”

Unter diesen Dingen in der Natur, die wir in der Christlichen Wissenschaft als Ideen im göttlichen Gemüt erkennen lernen, sind besonders die Blumen ein Gegenstand lehrreicher Betrachtung. Ihre Farbenpracht, ihre Form und ihr Duft sind uns eine beständige Freude. Wir bewundern unaufhörlich ihre Feinheit, ihre Mannigfaltigkeit, ihre Anmut, Zartheit und Schönheit. Kein Wunder, daß Jesus in seinen Predigten auf die Lilien auf dem Felde hinwies und seine Zuhörer aufforderte, zu schauen, wie sie wachsen. Mrs. Eddy soll einst als Antwort auf eine Frage hinsichtlich der Kleidung gesagt haben, man solle sich so bunt kleiden wie die Blumen und ebenso demütig sein wie diese. Trotz ihrer Mannigfaltigkeit sind die meisten Blumen kreisförmig und haben einen mehr oder weniger deutlich erkennbaren Mittelpunkt. Man denke z. B. an die verschiedenen Rosenarten, an die Georgine, die Waldrebe, die Schlüsselblume, die Lilie, das Maßliebchen. Bei allen besteht die Formenschönheit in einem vollkommenen Kreis, der, wenn auch nicht immer scharf abgegrenzt, so doch stets angedeutet ist.

Das Wörterbuch definiert den Kreis als eine in sich selbst zurücklaufende ebene krumme Bahn oder Linie, deren Punkte sämtlich von dem Mittelpunkt oder Zentrum gleich weit entfernt sind. „Er sitzt über dem Kreis der Erde.” Mit diesen Worten brachte der Prophet den israelitischen Suchern nach Wahrheit die Erhabenheit, das allumfassende Wesen des Elohim, des großen „Ich bin,” nahe. Die Leser der Werke unsrer Führerin sind alle vertraut mit ihrer Anwendung des Kreises oder der Kugel als Sinnbild des wahren Seins, der Unendlichkeit, ohne Anfang und ohne Ende, und der geraden Linie als Sinnbild dessen, was endlich ist, was Anfang und Ende hat. Der Kreis als Symbol tut das Wesen des durch sich selbst bestehenden Guten dar; die gerade Linie das Wesen des vergänglichen und beschränkten materiellen Sinnes. Der Kreis bedeutet Unsterblichkeit, die gerade Linie Sterblichkeit.

Die Lehre, die wir durch die Christliche Wissenschaft aus dem Kreis ziehen können, erlöst diejenigen, die „durch Furcht des Todes” ihr ganzes Leben „Knechte sein mußten.” Die Furcht vor dem Tode ist, der Annahme nach, die Ursache sowohl der Sünde wie der Krankheit. Daß die Menschen den Ring zum Symbol dauernder Liebe und Treue gewählt haben, ist ein Beweis, daß sie von jeher einen Lichtblick von dem Wesen des ewig Guten gehabt haben. Wie der Ring weder Anfang noch Ende hat, so ist auch die Liebe unsterblich, denn Wahrheit und Liebe dauern ewig. Somit kann auch der Mensch, der Ausdruck der Wahrheit, nie aufhören zu sein. Wenden wir nun diesen Gedanken auf die Natur an, so finden wir, daß das Immergrün das Wesen des wahren Menschen besser versinnbildlicht als der Baum, der jedes Jahr sein Laub verliert — die Tanne oder der Lorbeerbaum besser als die Eiche. Perennierende Blumen, wie z. B. das Maßliebchen, geben einen besseren Begriff von der Wirklichkeit der Dinge als einjährige, wie der wilde Mohn.

Eine andre Lehre, die wir aus dem Kreis ziehen können, ist die, daß er ein unzertrennbares Ganze ist. Jeder Teil des Umfangs ist für das Ganze notwendig, wie auch alle Teile für einander notwendig sind. Alle Punkte in der Peripherie stehen in gleichem Verhältnis zum Zentrum. Ebenso sind Wahrheit und Liebe einem jeden Mensch gleich zugänglich. Man nehme den kleinsten Teil hinweg, und die Figur ist kein Kreis mehr. Daher fasse der geringste Schüler der Christlichen Wissenschaft Mut. Er verrichte unbeirrt seinen Teil der Arbeit, die darin besteht, das Prinzip zu demonstrieren und seinen täglichen Pflichten gewissenhaft nachzukommen. „Nützlichkeit,” sagt Mrs. Eddy, „besteht darin, daß man gegen sich selber und gegen andre recht handelt” (Message to The Mother Church for 1900, S. 8). Der Christliche Wissenschafter vergesse daher nicht, daß er eine Aufgabe vor sich hat, die kein andrer für ihn erfüllen kann; daß er ein notwendiger Teil jenes Ganzen ist, welches der Mensch, die Wiederspiegelung des göttlichen Gemüts, zum Ausdruck bringt, und daß er Gott, das Leben, die Wahrheit und die Liebe verherrlichen soll. Im Kreis erkennen wir die unumstößliche Tatsache von des Menschen Einssein mit Gott und der Brüderschaft aller Menschen.

Gott, Geist, ist nicht nur der Mittelpunkt sondern auch der Umfang alles wahren Seins. Er regiert das Weltall und den Menschen. Die Erkenntnis dieser Tatsache als die Grundlage des Denkens, als die Basis des Daseins des Menschen, führt unmittelbar zur Harmonie. Die Menschheit kann von dem Joch eines falschen Selbst, um das sich die Gedanken drehen, erlöst werden, indem sie lernt, sich an das göttliche Prinzip zu halten, von selbstgefälligem Denken und Handeln zu lassen und ein gottwohlgefälliges Leben zu führen. Dadurch wird der persönliche Sinn durch geistige Erkenntnis ersetzt, und ein gefährlicher Feind unsres Friedens und Fortschritts wird aus unserm Bewußtsein ausgetrieben und verbannt. Wenn wir Gott und die dem göttlichen Gemüt entspringenden Gesetze zum Mittelpunkt unsres Denkens machen, erweitert sich dieses beständig. Da der Geist unendlich ist, muß auch seine Offenbarwerdung unendlich sein. Dies bestätigt die Bibelstelle, wo es heißt, daß Gott, Geist, als Alpha und Omega erkannt werden muß. Die Lehren, die aus dem Kreis hervorgehen, schließen die Ewigkeit, Vollkommenheit und Unendlichkeit Gottes, des göttlichen Prinzips, sowie der geistigen Idee, des wahren oder idealen Menschen, in sich.

Der Gedanke an die unwandelbare Vollkommenheit des Kreises birgt etwas Beruhigendes, etwas Befriedigendes. Er liefert uns ein klares Beispiel einer Idee im Gemüt. Wie viele Kreise gibt es? In Wirklichkeit nur einen, der aber in unendlicher Weise zum Ausdruck kommt. So gibt es auch nur einen Geist, der sich in unendlichen Ideen offenbart. Gleichwie ein Kreis überall da besteht, wo ein Bewußtsein ist, das ihn erkennt, so ist auch der Geist und seine Offenbarwerdung allgegenwärtig. Gleichwie der Kreis auf unendliche Art anwendbar, gleich vollkommen in seiner größten wie in seiner kleinsten Form ist, so läßt sich auch das Prinzip auf jede menschliche Notdurft anwenden. Es hat für die einfachen Fragen des Kindes eine ebenso sichere und befriedigende Antwort wie für die verwickeltsten nationalen und internationalen Probleme. Niemand hat Angst, daß ihm sein Begriff vom Kreis je abhanden kommen könnte: niemand, fürchtet daher, sein Verständnis vom Prinzip jemals zu verlieren. Wenn wir jedoch den Kreis zu Geldmünzen materialisieren, scheint alles umgekehrt. Es herrscht Furcht vor Verlust und Sucht nach Gewinn, und zwar werden diese Zustände so lauge herrschen, bis der Begriff Geld als durch gegenseitige Dienstleistung zum Ausdruck gebrachte menschliche Tätigkeit erkannt wird und demnach Charakter und letzten Endes Liebe bedeutet.

In Schottland herrscht die schöne Sitte, daß man am Ende einer gesellschaftlichen Zusammenkunft einen Kreis bildet, sich die Hände gibt und das Lied Auld Lang Syne singt. Durch diesen alten Brauch wird der vergangenen Liebe und Treue gedacht, was stets ein Ansporn ist, diese Einigkeit auch weiterhin zu pflegen und zu festigen. Auf gleiche Weise werden alle Menschen durch das Verständnis des Geistes und durch die Liebe zu ihm vereinigt werden. Die gerade Linie der Endlichkeit muß der herrlichen Wirklichkeit des ewigen Seins Raum geben. Dann sind alle Menschen Brüder, denn sie sind sich der Sohnschaft des einen Vater-Mutter Gottes bewußt. Sie bekriegen sich nicht mehr gegenseitig, denn sie sind auf ewig vereint in der „Liebe leuchtendem Kreis”— in der mit der Sternenkrone geschmückten Idee, die Johannes in seiner Offenbarung erblickte.


In Christo kann man alles haben. Du seiest wer du bist, komm nur getrost zu ihm. Willst du deine Wunden geheilt haben: Er ist dein Arzt. Bist du von Sünden beschwert: Er ist deine Gerechtigkeit. Brauchst du Hilfe: Er ist deine Hilfe. Fürchtest du den Tod: Er ist dein Leben!—

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