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Dinge in Gedanken auflösen

Aus der März 1917-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Christliche Wissenschaft appelliert stets an das Denkvermögen und nie an die Gefühle und Leidenschaften der Menschen. Manch ernster Christlicher Wissenschafter war der Christlichen Wissenschaft früher abgeneigt, d. h. seiner Auffassung von dieser Lehre, und zwar hauptsächlich deshalb, weil er glaubte, sie verlange, daß man denke und sage, es sei alles in schönster Ordnung, selbst da, wo Disharmonie klar auf der Hand liegt. Früher oder später jedoch lernt jeder aufrichtige Sucher die Wahrheit der Worte Mrs. Eddys auf Seite 123 von Wissenschaft und Gesundheit erkennen: „Die göttliche Wissenschaft, die sich über die physischen Theorien erhebt, schließt die Materie aus, löst Dinge in Gedanken auf und ersetzt die Gegenstände des materiellen Sinnes durch geistige Ideen.” Ein Verständnis dieser Worte vernichtet das Vorurteil und führt zu Heilung und Glück.

Die Christliche Wissenschaft geht über materielle Theorien hinaus, denn sie befaßt sich mit Ursachen und nicht allein mit Wirkungen. Um darzutun, daß die physischen Theorien sich gänzlich mit Wirkungen beschäftigen, wollen wir annehmen, ein Mann leide an Verdauungsstörung, welche nach Aussage des Arztes durch die gestörte Tätigkeit der gastrischen Muskeln verursacht wurde. Wäre es nicht logisch, nach der Ursache dieser gestörten Tätigkeit zu forschen, und würde das Ergebnis dieses Forschens nicht dartun, daß die gestörte Tätigkeit gar keine Ursache sondern selbst eine Wirkung ist? Angenommen also, der Arzt gäbe dann als Grund des Übels die gestörte Funktion des gastrischen Nervs an. Auch hier müßte man fragen: Was verursacht diese gestörte Funktion? So können wir weiter folgern, bis wir zuletzt zur Nervenzelle und ihrem Kern gelangen; aber eins ist sicher, nämlich, daß wir durch eine solche Folgerung nie die Ursache finden können.

Ein bekannter Naturforscher unsrer Zeit schrieb unlängst: „Wenn man auch ein Lebewesen in alle seine mechanischen und chemischen Grundelemente auflöst, so findet man das Geheimnis des Lebens doch ebensowenig, wie man das Geheimnis und die Bedeutung eines schönen Gemäldes dadurch findet, daß man es in seine ursprünglichen Farbstoffe und Öle auflöst, oder eines Gedichtes dadurch, daß man die Wörter, aus denen es zusammengesetzt ist, in Buchstaben zerlegt.” Die sogenannten mechanischen und chemischen Grundelemente machen offenbar nicht das aus, was wir menschliches Bewußtsein nennen; sie sind bloß das Produkt dieses Bewußtseins. Auf Seite 379 von Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Wo der gewöhnliche Arzt nach Ursachen sucht, findet der Christliche Wissenschafter nur Wirkungen.” Muskeln, Nerven und Zellen sind ebensowohl Wirkungen und Erzeugnisse des menschlichen, sterblichen Gemüts als ein Gemälde oder ein Gedicht.

Exaktes Wissen in bezug auf Ursache und Wirkung muß ganz und gar unabhängig sein von allem bloßen physischen Augenschein, da ja dieser Augenschein und die sich darauf stützenden Theorien von den sogenannten physischen Sinnen abhängig sind, die uns sehr oft irreführen. Das einzige, was wir positiv wissen können, ist, daß das Bewußtsein besteht. Darüber können auch diejenigen, die scheinbar des Gesichts, Gehörs, Geschmacks, Geruchs, oder Gefühls beraubt sind, mit absoluter Sicherheit einig sein. Bewußtsein ist unendlich, ist Ursache und tut sich unaufhörlich durch seine Wirkungen, seine Ideen kund. Das unendliche Bewußtsein oder das göttliche Gemüt ist ganz und gar getrennt von dem sogenannten sterblichen Gemüt. Dieses ist nichts als eine Nachahmung, ein angebliches Gegenteil von dem einen göttlichen Bewußtsein. Die Nachahmung beweist aber das Vorhandensein eines Originals; ohne eine echte Banknote könnte es keine falsche Banknote geben.

In dem Verhältnis zwischen dem Gemüt und seiner Idee haben wir das einzige beweisbare Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung. Wenn wir unsre mentale Arbeit in der Christlichen Wissenschaft auf diese eine felsenfeste Grundlage bauen, so werden wir zuletzt einen Bau haben, der die volle Heilkraft der Wahrheit zum Ausdruck bringt. Im Lichte dieses exakten Wissens sehen wir, daß Nerven und Muskeln nicht ursächlich sind, sondern bloß Wirkungen des falschen materiellen Sinnes darstellen. Ursache ist stets mental, nie materiell.

Der Physiker, der die Christliche Wissenschaft studiert, findet, daß das Ausschließen der Materie das logische Ergebnis seiner eignen materiellen Forschungen ist. Auf Grund derselben hat er gelernt, die Materie als ein unbestimmtes Etwas zu betrachten, das in einem andern unbestimmten Etwas, Äther genannt, existiert. Es ist jedoch klar, daß der Äther, wenn er überhaupt besteht, Wirkung sein muß und nicht Ursache sein kann. All die verschiedenen Theorien, welche behaupten, der Äther sei das leichteste Gas, oder eine Masse dichter, eng zusammengefügter Körnchen, oder gar eine sich kreisförmig bewegende, elastische Flüssigkeit — alle stehen sie im Widerspruch zueinander, und keine macht den Versuch zu erklären, was den Äther erzeugt. Tatsächlich wird das der Christlichen Wissenschaft überlassen, welche klar und deutlich darlegt, daß sowohl der Äther wie die Materie das Produkt eines falschen Begriffs von der Wirklichkeit ist, der eine Nachahmung des göttlichen Bewußtseins sein muß.

Da das, was wir einen materiellen Gegenstand nennen, die Gedanken des sterblichen Gemüts darstellt, muß die christlich-wissenschaftliche Folgerung eine Auflösung jedes materiellen Gegenstandes in die Gedanken oder Ideen, die er darstellt, in sich schließen. So unterliegt z. B. einem Stuhl die Idee der Rast und Behaglichkeit. Rast und Behaglichkeit sind aber rein mentale Begriffe, wie wir leicht einsehen würden, wenn wir z. B. einen aus dem Innern seines Landes kommenden Japaner, der noch nie einen Stuhl gesehen hat, ersuchten, Platz zu nehmen. Er würde sich einfach auf den Boden setzen. Wir bedürfen also in Wirklichkeit nicht eines materiellen Gegenstandes, sondern stets eines richtigen mentalen Begriffs.

Nehmen wir ein andres Beispiel. Wir können sagen, daß der Magen die Idee der Verdauung und Assimilierung darstellt. Beides sind mentale Vorgänge, denn wir reden ja auch von dem Verdauen und Assimilieren dessen, was wir gelesen haben. Demnach ist wahre Verdauung Verständnis. Sie ist das Betrachten der herrlichen Werke Gottes und der Wirksamkeit des Prinzips, das Nachsinnen über geistige Dinge. Das wissenschaftliche Verfahren, eine Verdauungsstörung zu heilen (die nichts andres ist als ein Zeichen falscher mentaler Tätigkeit), besteht darin, daß man sich über die geistige Bedeutung von Verdauung klar wird. Dieses Auflösen von Dingen in Gedanken können wir bis ins endlose betreiben; es ist ein wichtiger Teil der richtigen metaphysischen Folgerung.

So zeigt uns die Christliche Wissenschaft, daß die menschliche Vorstellung, die jedem materiellen Gegenstand zugrunde liegt, der göttlichen Idee, der Offenbarung des Gemüts, dem Ausdruck der göttlichen Intelligenz Raum geben muß, und daß in keiner andern Weise Friede, Ruhe und Trost erlangt werden kann. Ein klares Verständnis dieser Tatsache läßt uns ferner erkennen, daß, weil der Mensch das eine wahre Bewußtsein, das Bewußtsein wahrer Tätigkeit besitzt und zum Ausdruck bringt, wir alle die Rast und Ruhe haben, deren wir bedürfen, ob wir nun stehen, gehen oder sitzen. Indem wir so in wahrer Tätigkeit Rast und Erholung finden, bessern sich die menschlichen Zustände, denn die Vorstellungen von Beschränkung und die falsche Auffassung von Substanz verschwinden im Lichte richtiger Folgerung.

Wenn wir bei unsern Folgerungen von der Voraussetzung ausgehen, daß alles „unendliches Gemüt und seine unendliche Offenbarwerdung” ist (Wissenschaft und Gesundheit, S. 468), so können wir nie zu falschen Schlüssen kommen. Wir müssen an der Tatsache festhalten, daß es nur eine Ursache und eine Wirkung gibt, und daß diese geistig ist, ganz und gar unabhängig von der Materie; dann werden wir die göttliche Idee da finden wo früher Disharmonie und Unvollkommenheit zu sein schienen — im Bewußtsein und nicht in materiellen Organismen. Die unbegrenzte geistige Idee mag der materiellen Vorstellung von Substanz ganz und gar unähnlich sein, denn sie ist das Bild und Gleichnis jener Liebe, die Gott ist.

Der Christliche Wissenschafter denkt nicht bei sich selbst oder sagt nicht einfach zu einem Menschen, der krank ist, Not leidet, Groll empfindet oder sich sonst in Schwierigkeiten befindet, es fehle ihm nichts, sondern er ladet ihn ein, sich mit ihm über die Sache vernünftig auszusprechen. Er sagt mit Jesaja: „So kommt denn, und lasset uns miteinander rechten.” Die Christliche Wissenschaft gibt uns an Stelle der Vorstellung von Not und Elend den Reichtum des unendlichen Lebens, sie ersetzt Haß und Groll durch die Liebe Gottes, und als Mittel gegen Disharmonie und Zwietracht lehrt sie uns die wahre Bedeutung des Bibelspruchs: „Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens.”

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