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DAS LEBEN

Aus der April 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


[Diese Predigt, deren Manuskript im Besitz des Vorstandes der Christlichen Wissenschaft ist, wurde von Mrs. Eddy offenbar zum Zweck des mündlichen Vortrags vor über fünfunddreißig Jahren geschrieben; deshalb unterscheidet sich hier der Stil etwas von dem der späteren Schriften Mrs. Eddys.

Um die Kraft und Ursprünglichkeit dieser wichtigen Abhandlung voll und ganz zu bewahren, ist der Text des ursprünglichen Manuskriptes nachstehend genau in Übereinstimmung mit dem Original wiedergegeben. Die Interpunktion ist ergänzt und die Schriftstellen sind nachgeprüft worden, und große (im Deutschen fettgedruckte) Anfangsbuchstaben sind da in Anwendung gekommen, wo die von Mrs. Eddy vorgeschriebenen Regeln es erfordern. Einige ausgelassene Wörter sind zwischen Klammern beigefügt, und in zwei Fällen, wo der Leser auf Wissenschaft und Gesundheit hingewiesen wird, sind offenkundige Auslassungen mit Belegen aus dem christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch ergänzt worden.— .]

Johannes 14:6.  Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.

1. Was ist das „Ich,“ auf das im Text Bezug genommen wird?

2. Ist das Leben sowohl Materie wie Geist?

3. Was ist das Leben?

4. Was ist der Tod, und was ist der Zustand des Menschen nach dem Tode?

1. Das „Ich,“ auf das im Text Bezug genommen wird, ist keine Person, es ist ein Prinzip. Es ist kein Mensch, es ist Gott. Jesus sagte: „Die Worte, die Ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst.“ Jesus war ein Mensch; er wurde von den persönlichen Sinnen zuerst als ein Kindlein wahrgenommen, dessen Weinen sich mit dem Meckern der Ziegen und dem Brüllen der Kühe in einer abgelegenen judäischen Provinz vermengte. Zur Zeit des Josephus gab es verschiedene Menschen namens Jesus —[der fleischliche]
 Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, 333:35. Jesus war nicht Christus; Christus war einfach ein anderer Name für Gott und wurde Jesus seiner großen Güte wegen als Ehrentitel beigelegt. Dem Urtext zufolge hat der Ausdruck Gott seinen Ursprung in dem Wort gut — daher die Bezeichnung Christus Jesus, ein guter Mensch.

In der Stelle: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben,“ bedeutet das „Ich“ Gott — das göttliche Prinzip des Menschen Jesus; es war das, was ihm den Weg in der Wissenschaft wies. Diese göttliche Intelligenz ist in den verschiedenen Perioden die Gottheit, Jehovah, Christus und Gott genannt worden. Diese Bezeichnungen sind dahin zu verstehen, daß sie Gott als die göttliche Substanz und Intelligenz ausdrücken, welche weder einem Menschen noch einer Person angehören, sondern ein unendliches Prinzip sind. Der krasse Materialismus zu Beginn der christlichen Zeitrechnung verlangte einen äußerst geistigen Menschen, um das göttliche Prinzip zu lehren und durch seine eigene Demonstration darzutun, was dieses Prinzip ist und was die Resultate eines Verständnisses desselben sind.

Jesus war der Mann für seine Zeit; er konnte das Leben, das Gott ist, am besten erklären; aber seine Lehren und ihre Darlegungen wurden falsch gedeutet. Das Gottes-Prinzip des Menschen wurde nicht verstanden; wäre es verstanden worden, so hätten die Menschen zugeben müssen, daß die Demonstration Jesu sein Prinzip bewies, und daß sein Prinzip seine Demonstration erklärte. Werden die Wahrheit und das Leben verstanden, so treiben sie den Irrtum aus, heilen die Kranken, wecken die Toten auf; und diese Demonstration bringt die Wahrheit des Lebens und das Leben der Wahrheit ans Licht. Eine Tatsache in der Geschichte Jesu liegt klar vor uns, nämlich, daß sein Prinzip, seine Regel und seine Methode des Heilens Gemüt und nicht Materie waren; daß er nicht der Arzneimittel, des Dogmas oder der Glaubenslehre bedurfte, um sein Werk zu fördern.

Er bestand nur darauf, die Quelle zu reinigen, damit die Ströme rein würden; er lehrte, daß das Gemüt erst richtig sein muß, soll es den Körper in Ordnung bringen, daß wir das Prinzip des Menschen verstehen und Gott besser erkennen müssen — ja daß wir die Wissenschaft des Lebens besitzen müssen, denn ohne sie kann die Demonstration des Lebens und der Wahrheit nie gemacht werden. Die Wissenschaft verlangt ein gesundes Gemüt und einen gesunden Körper — das Gemüt gesund, weil es von der Wahrheit durchdrungen ist, und den Körper gesund, weil er von diesem Gemüt regiert wird. Der ganze Zweck der Lehren Jesu war erstens, den Gedanken mit der Wahrheit des Seins in Einklang zu bringen; 2. Zu lernen, wie der Körper durch diese Wahrheit regiert werden muß; 3. Den Körper durch sie zu regieren. Der Glaube, daß Gott eine Person sei, hemmt das Verständnis von diesem göttlichen Prinzip und dessen Demonstration. Wir können keine Person demonstrieren, daher ist die Macht, die die Kranken in der Wissenschaft heilt, keine Person. Wir können eine Person bitten, unsere Krankheiten zu behandeln und uns unsere Sünden zu vergeben, und weiter vermögen wir nichts; aber mit einem Prinzip können wir mehr als das tun, wir können durch dessen Anwendung auf dieses Resultat hinarbeiten, und wenn wir seiner göttlichen Regel nachfolgen, können wir mit [seiner] Hilfe Krankheit, Sünde und Tod vernichten, der Schriftstelle gemäß: „Schaffet, daß ihr selig werdet ... Denn Gott ist's, der in euch wirket.“ Die Wahrheit vernichtet den Irrtum, gerade wie das Licht die Finsternis vernichtet. Sünde, Krankheit und Tod sind Irrtum; sie sind Annahmen, und die Erkenntnis dieser Tatsache wird sie zuletzt vernichten. Die Wahrheit erzeugt Leben als ein Ergebnis ihrer selbst, denn die Wahrheit ist unsterblich, und die Wahrheit über das Leben würde den Tod aufheben. Aber diese Erkenntnis kommt langsam; sogar erkennen lernen, daß die Materie keine Empfindung hat, ist keine geringe Aufgabe, wiewohl dies eine augenscheinliche Wahrheit ist.

Hinsichtlich der Stelle: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich,“ fragen wir naturgemäß: Was ist dieser Weg, auf den hier Bezug genommen wird? Der Weg zur Harmonie und deren Demonstration führt durch das Verständnis von ihrem Prinzip, durch das wir die Harmonie erzeugen können. An eine Person zu glauben, genügt nicht — daher ist die Wissenschaft der Weg, und niemand kommt zum Vater, d. h. niemand kann das Prinzip des Seins verstehen, ausgenommen durch die Wissenschaft. Nur durch die Wissenschaft können wir das Leben erkennen lernen und unser Verständnis davon mit dem Leben und nicht mit dem Tode demonstrieren.

Die Heilige Schrift sagt uns: „Die völlige Liebe treibet die Furcht aus,“ aber dieses erste Gebot ist unsere allerletzte Zuflucht. Wir werden sogar gelehrt, Gott zu fürchten, wiewohl es der Wissenschaft entspricht, die Güte so zu lieben, daß wir die Macht des Guten besitzen, welche heilt und erlöst. Verständen wir Gott, so hätten wir keine Ursache, Ihn zu fürchten. Wir sollten wissen, daß Er noch nie einen Menschen gestraft, weil dieser Gutes getan hat; nie ein Gesetz erlassen hat, um wegen allzugroßer Menschlichkeit oder völliger Liebe Gehirnerweichung zu erzeugen. Die Furcht vor einem solchen Gesetz und dessen Folgen würde durch eine richtige Auffassung von Gott ausgetrieben. Wohl mögen wir einmal wöchentlich mit Ihnen von der Metaphysik reden, von deren göttlichem Prinzip, deren Regel und Anwendung; aber dies gibt Ihnen ein nur geringes Verständnis von dem Leben, durch das wir die Metaphysik gelernt haben und durch das Sie sie lernen müssen. Dieser wöchentliche Gottesdienst kann jedoch wie ein Meilenstein den Weg weisen — nichts weiter. Der Apostel sagt: „Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? Wie sollen sie aber predigen, wo sie nicht gesandt werden?“ Paulus wußte, daß eine theoretische Ausbildung und das Mahlen der scholastischen Mühle nicht die Vorbereitung für einen Lehrer der Moral ist. Er wußte, daß Inspiration von der Wahrheit, vom Geist und nicht vom Buchstaben kommt. Ein von Gott geleitetes Kind ist besser imstande, der Wahrheit in ihrer süßen Einfachheit und ihrer Macht der Liebe Ausdruck zu verleihen als ein fabrizierter Theologe; daher das Schriftwort: „Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du Lob zugerichtet.“ Wir werden es alle wissen, wenn die Wahrheit in der Wissenschaft beim Werke ist, denn sie wird unsere Krankheiten heilen und unseren Sünden ein Ende machen. Genau in dem Verhältnis, wie wir die Wahrheit verstehen, heilt sie uns an Geist und Körper, und in dem Verhältnis, wie wir den Irrtum annehmen, erzeugt er Sünde, Krankheit und Tod.

2. Ist das Leben sowohl Materie wie Geist? So wird das Leben betrachtet; sogar die Heilige Schrift stellt es so dar in den finsteren Jahrhunderten der Brandopfer und Sühnopfer. Siehe 1. Mose 9, 4: „Allein esset das Fleisch nicht, das noch lebet in seinem Blute.“ Dies war jedoch Ritualismus, eine materialistische Religion, die die Erde mit Blut tränkte. In dem Evangelium des mehr geistigen Christentums lernen wir das Leben anders erkennen. Römer 8, 6. lesen wir: „Aber fleischlich gesinnet sein ist der Tod, und geistlich gesinnet sein ist Leben und Friede.“ Jesaja 38, 16: „Herr, davon lebt man, und das Leben meines Geistes stehet gar darin.“ Römer 8, 2: „Denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig machet in Christo Jesu, hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.“ 2. Timotheus: Christus, „der dem Tod die Macht hat genommen und das Leben und ein unvergänglich Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium.“

Unsere Auffassungen vom Leben als Geist entspringen der Wissenschaft, und sie erhöhen die Ziele, heiligen die Beweggründe und läutern die Liebe, wohingegen unsere Auffassungen vom Leben als Materie erniedrigen, unterjochen und sterblich machen. Das einzige Zeugnis, das wir vom materiellen Leben haben, liefern die fünf persönlichen Sinne, und was sind diese Sinne anderes als Materie? Die Nerven und das Gehirn sind ebenso unmittelbar Materie wie ein Schuhriemen oder wie Gallerte. Durch die Augen, durch den Geruch oder durch das Trommelfell können wir nicht den geringsten Begriff von der Gottheit erlangen; wir können das Leben weder sehen, hören, schmecken, noch riechen; daher versteht es sich von selbst, daß das Leben nicht dem innewohnet, von dem man unmöglich die geringste Idee vom Leben erhalten kann.

Die Anatomie behauptet, daß das Blut und die Nerven uns die richtige Auskunft über das Leben eines Menschen geben könnten, wo doch klar auf der Hand liegt, daß das Leben Geist ist und daß die Materie vom Geist keine Kenntnis nehmen kann. Ferner sagen wir, daß Nerven das Leben wahrnähmen und daß das Leben organisch sei; aber wie können Nerven das Leben mehr fühlen oder wahrnehmen als ein Stein oder irgendeine Form der Materie es fühlen oder von ihm Kenntnis nehmen kann? Das einzige Leben, das die persönlichen Sinne wahrnehmen, nehmen sie mittels des sterblichen Gemüts und der Vorstellung von Struktur wahr, die, einer anderen Vorstellung zufolge, ein Unfall zerstören kann. Das Leben ist Geist und nie Materie, es kann keine Struktur sein, da es unendlich ist. Ferner sagen wir, daß Nerven das Leben als etwas ansehen, was Anfang und Ende hat, von der verwelkenden Blume bis zum Weltuntergang, vom Tode des Grases bis zum Tode eines Menschen. Aber während Nerven über Leben und Tod solch falsches Zeugnis ablegen, sagt etwas ohne Aufhören: „Ich lebe, ich bin, und was noch wichtiger ist, ich lerne erkennen, daß das Leben das Gemüt ist und nicht Materie, daß das Gemüt seine eigenen Ideale aller Dinge schafft; daß das sterbliche Gemüt das Pflanzen-, Tier- und Mineralreich mit seinen eigenen Schöpfungen bevölkert und allen seine eigenen sterbliche Gestalt, Form und Farbe gibt, während die Gebilde des unsterblichen Gemüts oder Gottes unzerstörbar, harmonisch und ewig sind.“

Jene Seite der Natur, die den Sinnen als Materie vorkommt, ist nichts weiter als der Vorhang, der die Wirklichkeit des Seins verbirgt. Das sichtbare Weltall ist bloß das Bild der Ideen des Gemüts, der Ausdruck der Gedanken, die hieroglyphische Aufzeichnung von der Kunst und dem Sinnen der Gottheit. Um mit Starr King zu reden: „Es gibt keinen Planeten, der einen winzigen Kreis um seine ihn regierende Flamme beschreibt, keine Sonne, die ihre gleichmäßigen Strahlen in die dunkeln Tiefen des angrenzenden Raumes sendet, keinen Kometen, der auf seiner exzentrischen Bahn dahinsaust, keine Konstellation unter all den Gestirnen, die wie phantastische Leuchter am Himmelsgewölbe hängen, welche nicht die sichtbare Kundwerdung eines Entwurfes sind, der dem allmächtigen Gemüt innewohnt. Durch den stillen Befehl des Gemüts wird bewirkt, daß das Morgenlicht sich wie eine Strahlenwelle über das geordnete Weltall ergießt.“

3. Der Materialist fühlt festen Boden unter den Füßen, aber der Wissenschafter fühlt mit größerer Gewißheit die Festigkeit der Wahrheit. Die ewige, dauernde Seite der Dinge ist den Sinnen nicht sichtbar. Es steht dem Menschen so viel Leben zur Verfügung wie er haben will, wenn er nur richtig zu Werke geht. Dadurch, daß wir das Leben verstehen, sammeln wir es an, gerade wie im Fall der Muskeln, die durch den Gebrauch wachsen. Wir haben genau in dem Maße Leben wie wir Wahrheit, Güte, Tugend usw. haben. Was ist Leben? Es ist Geist. Was ist Geist? Gott. Was ist Gott? Gemüt — unfehlbares, unendliches und ewiges Gemüt. Ist nun Gott das Leben, das wie ein empfindungsloser Nagel in die Materie getrieben und aus ihr herausgetrieben wird? Beherrscht die Materie das Leben, Gott, und kann sich das Leben, Gott, nicht rechtfertigen? Fragen wir das Gemüt, ob wir als ein Kindlein geboren werden dürfen oder nicht, oder ob wir als ein alter, abgelebter Mensch sterben dürfen oder nicht? Wird nicht bei solchen wichtigen Ereignissen der Protest oder die Zustimmung des Gemüts weniger beachtet als das Winseln eines Hundes an deiner Tür? So stellt jedoch die Wissenschaft das Vorrecht des Gemüts nicht dar; vielmehr krönt sie das Gemüt mit Leben, Macht, Majestät und Unsterblichkeit.

Ich bin kein Pantheist und glaube daher nicht, daß Gott der Materie innewohnt, denn je weniger materiell ein Mensch ist, desto näher ist er dem Geist, Gott. Wenn er aller Materie entkleidet ist und nicht eher wird ihn das göttliche Prinzip mit Seligkeit und Herrlichkeit umfangen. Gesundheit, Leben und Sittlichkeit werden erst dann ihren Höhepunkt erreichen, wenn wir uns von dem Glauben losmachen, daß die Materie etwas mit dem Leben zu tun hat. In der Naturlehre sagen wir, das Leben werde von seinen eigenen Bildungen gefangengehalten, das Leben sei dem Keimen, dem Wachstum, der Reife und dem Verfall unterworfen. Hier erhebt sich aber die Frage aus alter Zeit: Was war zuerst, das Ei oder der Vogel, die Blume oder der Same? Wenn das Ei zuerst war, woher kam dann das Ei, und wenn der Vogel zuerst war, welchen Ursprung hat der Vogel? Wenn keine Blume bestand, woher kam der Same, denn du sagst ja, ohne den Samen könne es keine Blume geben, obgleich die Schrift erklärt, daß Gott jede Pflanze geschaffen hat, ehe sie in der Erde war [nach der englischen Bibelübersetzung]. Das Gemüt und nur das Gemüt ist der Schöpfer. Die Wissenschaft lehrt sehr bestimmt, daß es im Reich des Gemüts und seiner Schöpfung eine ursächliche Kraft und eine Beständigkeit gibt, wovon das Materielle nur ein flüchtiger Traum ist. Was wir berühren oder sehen ist bloß die Form und die Farbe eines Gedankens, der dahinter liegt. In der Metaphysik lernen wir, daß das Leben in dem Gedanken statt in dem Ding ist, welches er zum Ausdruck gebracht hat, und daß dieser Gedanke nur in dem Maße seiner Richtigkeit Unsterblichkeit besitzt; daß das Leben nie in seine Gebilde eingeht, denn das Leben ist unendlich; daß das Gemüt nie in das Gebiet seiner eigenen Gedanken eingeht, denn das Leben und das Gemüt sind eins.

Ich freue mich, daß es nur einen Gott, nur ein Leben gibt. Diese Einheit bekundet sich durch Ordnung, Schönheit und Güte. Ich freue mich, daß das Böse kein Leben hat und nicht unsterblich ist; daß sterbliche Quellen der Pein nur Dinge der Vorstellung sind, Träume und nicht Wirklichkeiten, die Launen der sterblichen und nicht der unsterblichen Gedanken; daß man dies dereinst erkennen wird, und daß der Körper so frei sein wird wie die Schwingen eines Vogels; und jedes Gefühl der Schwäche und des Schmerzes wird vergangen sein.

4. Was ist der Tod und was ist der Zustand des Menschen nach dem Tode? Diese Frage
 Siehe auch Miscellaneous Writings, S. 42. ist bereits mit anderen vorhergehenden beantwortet worden; wenn aber die Metaphysik durch eine Abhandlung über den Tod klarer wird, durch die Behandlung eines Nichts, als ob es ein Etwas wäre, dann wollen wir in Kürze von diesem unerforschten Geheimnis der Sinne reden. Brauchen wir eine nachdrücklichere Offenbarung der Tatsache, daß die Wahrheit und der Gedanke allein dauernd sind, als die einfache Vorstellung vom Tode der Materie? Denn wir wissen, daß es in Wirklichkeit keinen Tod gibt, daß das Gemüt nicht sterben kann und daß nur das Gemüt und dessen Ideale ewig sind. Das Zeitalter ist vielleicht noch nicht bereit, diese Tatsache anzuerkennen, es ist niemals bereit, den Tatsachen hinsichtlich eines Prinzips beizustimmen. Nichtsdestoweniger müssen wir diese Tatsachen fortwährend wiederholen, bis sie verstanden werden. Die Schmerzen und Freuden des Körpers sind bloß Vorstellungen, mit denen sich das sterbliche Denken beschäftigt, denn die Materie kann weder leiden noch sich freuen. Wenn das Gemüt sagt: Ich bin glücklich, so ist das Ergebnis Glück, und umgekehrt, denn nichts höheres als das Gemüt kann reden. Der Ton kann nicht zu dem Töpfer sagen: Warum hast du mich so gemacht? Die Materie kann nicht sagen: Ich bin schwach, ich bin krank, ich bin unglücklich, ich bin am Sterben, oder ich bin tot. Wohl kann die sterbliche Vorstellung dies von dem sagen, was es Materie nennt, aber die Materie kann es nicht sagen. Die Materie ist ebenso lebendig, wenn wir sie tot nennen, als sie es je war, und ebenso tot, wenn wir sie lebendig nennen.

Es gibt keinen Tod, das Gemüt kann nicht sterben, somit bleibt nichts übrig, was der Tod beanspruchen könnte. Paulus erkannte dies, als er sagte: „Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Aber der Stachel des Todes ist die Sünde; die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz.“ Er sah die Schmerzen des Todes nur als eine sterbliche Vorstellung an, ein Leiden der Gedanken und nicht des Körpers; er erkannte, daß das menschliche Denken dieses Gesetz des Leidens gemacht hat.

Ein liebevolles Herz hat die Frage gestellt: Werden wir dort einander kennen, und wo ist der Ort der Seligen? Sollen wir ihn nicht suchen und aufhören zu weinen? Von Anfang an, seit wir in der Metaphysik geforscht und uns in dem Reich des Gemüts frei bewegt haben, sind wir sehr vorsichtig gewesen, unsere Entdeckungen nicht zu überschätzen und keine Aussage zu tun, die wir nicht erst verstanden hatten. Wir haben des Menschen tatsächlichen Zustand des Seins jenseits der Grenze der sinnlichen Wahrnehmung nicht demonstriert, und nur auf dem Wege der Deduktion können wir diesen Zustand bestimmen. Irgendeine Hypothese, die über eine solche Folgerung hinausgeht und annimmt, der Zustand der Dahingeschiedenen sei völlig klar, ist eine leere Annahme, die sich nicht auf Vernunft und Offenbarung stützt.

Tatsachen, die dem Verständnis offenbar sind und die in der Wissenschaft der Seele gesammelt wurden, lassen uns erkennen, daß der Mensch unsterblich ist und daß der Schatten, den wir Tod nennen, nur eine Erscheinungsform der sterblichen Annahme ist. Keine Veränderung ist bewirkt worden, wenn wir sagen: „Mein Freund ist soeben gestorben.“ Dieser Freund sagt im vollen Bewußtsein des Daseins und dessen unveränderten Umgebung: „Ich bin nicht gestorben. Ich habe bloß einen Traum gehabt, denn ich lebe weiter wie zuvor. Ich bin kein Geist; ich bin noch im selben Grade Fleisch und Bein, wie ich es je war. Die einzige Veränderung besteht für mich darin, daß ich nicht mit meinen Freunden verkehren kann. Und warum nicht? Weil sie mich jetzt nicht verstehen. Sie nennen mich einen Geist, aber ich bin es nicht; sie sagen, ich sei gestorben, aber das ist nicht der Fall; sie wissen nicht, was ich bin, wo ich bin, oder was ich tue. Ich werde kein Geist sein, bis ich alle Schranken verloren habe. Sie haben die durch die persönlichen Sinne erlangte Augenscheinlichkeit von mir verloren, weil sie gesagt haben, ich hätte eine Veränderung durchgemacht, ich sei gestorben. Ihre falsche Anschauung vom Leben hat uns getrennt; ihr Glaube, daß das Leben mit mir aufhöre oder eine neue Form angenommen habe, hat sie davon abgehalten, die Wirklichkeit meiner gegenwärtigen Existenz zu verstehen — daher unsere Trennung durch diese entgegengesetzten Vorstellungen und als Ergebnis unsere entgegengesetzten Zustände. Der Verkehr zwischen uns ist unmöglich, bis ihre Vorstellung durch die Schritte, die ich getan habe, sich ändert und der meinen gleich wird. Diese Veränderung wird Tod genannt werden, aber das ist ihre Auffassung, nicht unsere, die wir den Vorhang zerrissen haben, der das Geheimnis eines Augenblicks verdeckt.“

Ja, wir werden dort einander kennen; wir werden lieben und geliebt werden; wir werden unsere Identität nie verlieren, sondern sie immer mehr in ihrer Ordnungsmäßigkeit, Schönheit und Güte finden. Die Menschen behaupten zu wissen, daß Schmerz eine Tatsache sei, obgleich er unsichtbar ist. Sie müssen erkennen lernen, daß Friede und Glückseligkeit größere Tatsachen sind und daß diese Welt der Vorhang vor der klareren Herrlichkeit ist, die jenseits desselben liegt.

So eilen die verschiedenen Stadien und Zustände des Daseins vor der Erinnerung vorüber, wobei der Irrtum allmählich verschwindet und die Wahrheit verstanden wird. Freuen wir uns, daß das Leben wie eine sich öffnende Knospe die Seligkeit des Seins entfaltet, denn Dir gehören alle heiligen Dinge, o Leben, der Du stark und göttlich frei bist, der Du den Trauernden die Gabe der Weisheit und der geläuterten Liebe bringst und sie noch immer mit Flügeln gleich denen einer Taube bedeckst, auf immer mit Freiheit ausgerüstet. Ihr alle, die ihr von einem irdischen Idol getrennt seid, wartet geduldig und wisset, daß der irdischen Freude nur unterbrochene Musik entströmt; aber die Freude hat ein höheres Ziel. Wir werden einander dort kennen. Dann wird die Freundschaft ein glücklicheres Orakel, eine klarere Erkenntnis, ein stetiges Licht werden. Die vollere Musik des Lebens wird fröhliche Töne hervorbringen, wenn das Herz dem Herzen begegnet und alle reinen Liebesgaben auf passende Altäre gelegt werden. Die Freude hat einen lebendigen Quell, eine ewige Wonne. Das Herz hat unnötigerweise geseufzt: Wie wird die Zukunft sein? Die Zukunft wird so sein: der Himmel wird dir gehören, aber wann sein Leben erscheinen wird, weiß niemand, nicht der Sohn, sondern der Vater. Unsere Sünden werden nicht vergeben [bis man sie aufgegeben hat],
 Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, 201:22:497:10. Verlagsrecht, 1918, von The Christian Science Publishing Society. hier oder im Jenseits; für jede Sünde gibt es ein gerechtes Maß des Elends, und der Tod kann unsere Freude nicht erhöhen noch uns weiser, besser und reiner machen. Die Wissenschaft alles Seins muß erlernt werden, ehe man dahin gelangt. Glückseligkeit ist nicht die Gabe eines kurzen Augenblicks. Wenn der Vorhang gefallen ist, müssen wir gerade wie jetzt den Weg zum Himmel mit langsamen und bedächtigen Schritten gehen lernen, denn niemand kommt zum Vater denn durch Wahrheit und Liebe.

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