Gewisse Ereignisse aus neuester Zeit regen zum ernsten Nachdenken über das Jerusalem der Vergangenheit und der Gegenwart an und rufen die Worte des Psalmisten wieder ins Gedächtnis: „Wünschet Jerusalem Glück! Es möge wohl gehen denen, die dich lieben!“ Die Christlichen Wissenschafter haben gelernt, mit Ehrfurcht an das zu denken, was anderen heilig ist, besonders wenn es einen erhebenden Einfluß ausübt. Jerusalem spricht uns ganz besonders an, vor allem weil es gleichsam die Wiege unseres Glaubens ist. Und liebte nicht der Meister aller Christen diese Stadt so sehr, daß er über sie weinte, indem er ihre Leiden und ihre lange Nacht des Kampfes voraussah? „Wenn doch auch du erkenntest. .. !“ rief er aus. „Aber nun ist's vor deinen Augen verborgen.“
In Miscellany (S. 13) sagt Mrs. Eddy in bezug auf ein Buch, das ihr übersandt worden war, dessen Erklärungen gemäß scheine die Kirche Jerusalems Die Mutter-Kirche Christi, der Scientisten, in Boston vorbildlich darzustellen. Und im weiteren sagt sie, die Mitglieder Der Mutter-Kirche hätten sich soeben verpflichtet, eine große Summe Geldes zur Vergrößerung des Baues beizusteuern, der ihren Glauben nach außenhin darstelle, und sie würden „Gott einen geräumigen Tempel weihen, Ihm, ,der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöset‘.“ Ohne Zweifel waren diese von unserer Führerin zitierten Worte vielen bekannt, die in Salomos Tempel anbeteten. Der Verfasser des hundertundachtzehnten Psalms erzählt uns, er habe Gott angerufen und sei errettet worden, als er bereits dem Grabe nahe war; und wie aus seinen Worten hervorgeht, ging er in den Tempel und verkündete vor allen Leuten, was Gott für ihn getan hatte. Offenbar war mit seinem Hinweis auf den „Stein, den die Bauleute verworfen haben,“ die Heilkraft der Wahrheit gemeint.
Ein Schüler der Christlichen Wissenschaft wird naturgemäß sagen, es sei doch fast unbegreiflich, daß die Heilung, die durch die Erkenntnis der Macht und Gegenwart Gottes bewirkt wird, der Menschheit, die dieser Heilung ja so sehr bedarf, jemals verloren gegangen ist. Muß es aber nicht weit mehr befremden, daß man das wunderbare Werk, welches Jesus vollbrachte, als er alle Arten von Krankheit heilte, die Aussätzigen reinigte, die Blinden sehend machte und selbst die Toten erweckte — daß man dieses Werk je aus den Augen verlor? Im Evangelium des Matthäus lesen wir, wie Jesus kurz vor seiner Kreuzigung in den Tempel ging und alle heilte, die sich um Hilfe an ihn wandten, wobei sich die Hohenpriester und Ältesten seinem Werk widersetzten und zu wissen verlangten, wer ihn dazu ermächtigt habe. Sie waren blind für die Dinge, die zu ihrem Frieden dienten, zum Frieden der ganzen Welt, der damaligen wie der heutigen. Daß aber diejenigen, die sich des Meisters Nachfolger nennen, jemals die Wahrheit verlieren konnten, die er für die Grundlage seiner Wirksamkeit erklärte, ist doppelt verwunderlich.
Aus der Apostelgeschichte ist klar zu ersehen, wie der Meister für die Weiterführung seines Heilungswerkes gesorgt hat. Wir lesen da von der wunderbaren Heilung eines lahmen Menschen, der Petrus und Johannes um ein Almosen anflehte, als diese im Begriff waren, durch die Tür, die da hieß die schöne, den Tempel zu betreten. Für den Studierenden der Christlichen Wissenschaft ist dieser Vorfall nicht nur erleuchtend, sondern auch göttlich natürlich, denn er beweist unzweifelhaft ein Verständnis vom geistigen Gesetz, welches der Quell aller Gesundheit und Harmonie ist — vom „Gesetz des Geistes, der da lebendig machet in Christo Jesu,“ wie Paulus sagt.
Viele Christen vergessen, welch großen Dank sie den geistig denkenden Männern des hebräischen Volkes schuldig sind — dem Moses und den Propheten sowie denen, die in späteren Tagen ihr Leben der Aufrechterhaltung und Verbreitung der Lehren Jesu widmeten. Wie viele ernstliche Gebete um die Wiederherstellung Jerusalems samt allem, was dieser Begriff umfaßt, sind nicht schon dargebracht worden! Gewiß gibt es zur heutigen Stunde keine Menschen, die die Aussicht auf eine glorreiche Zukunft für das jüdische Volk mit größerer Freude begrüßen als die Christlichen Wissenschafter. Eine Person, die sich über diese Erfüllung prophetischer Verheißung freut, schreibt uns: „Es drängt sich mir unwillkürlich die Frage auf, wie viele von den Männern, die in die Stadt einzogen, das neu-alte Evangelium mit sich trugen“— womit die heilende Botschaft der Christlichen Wissenschaft gemeint ist. Dies erinnert an die weiteren Worte, die Jesus zu einer Zeit sprach, als die Aussichten für Jerusalem in der Tat sehr trüb waren: „Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ Für den Christlichen Wissenschafter würde dies bedeuten: Gelobet sei, der im Namen des göttlichen Rechts und der göttlichen Gerechtigkeit kommt, im Namen der Wahrheit und Liebe, des absoluten Prinzips, das nie versagt, „bis daß er auf Erden das Recht anrichte.“
Aufs neue hallen in unseren Herzen die Worte der Prophezeiung Jesajas wieder: „Mache dich auf,. .. schmücke dich herrlich, du heilige Stadt Jerusalem!“ Darauf folgt eine Erklärung, die für die Christlichen Wissenschafter eine überaus hohe Bedeutung hat: „Der Herr hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Heiden, daß aller Welt Enden sehen das Heil unsers Gottes.“
