Die Kinder dieser Welt werden oft für weiser gehalten als die Kinder des Lichts. Nicht eine kirchliche sondern eine weltliche Körperschaft gab der Welt die erhabene Wahrheit, daß der Mensch ein unveräußerliches Recht hat, nach Glück zu trachten und im Besitz von Leben und Freiheit zu sein. In der Tat führt das Anrecht auf Leben und Freiheit nicht nur zum Trachten nach Glück, sondern auch zum Erreichen und Besitzen desselben. Der Scholastizismus, der nur das Kreuz sieht, stellt keine Krone in Aussicht. Die alten theologischen Systeme boten eine fortwährende Kreuzigung als Lohn für rechtes Denken, und sie erklärten die Auferstehung und Himmelfahrt für einen Ausnahmefall. Das Leben der Märtyrer sahen sie als das normale Ergebnis des geistigen Fortschritts an. Sie boten der Menschheit nicht die Wahl zwischen dem Leiden und der Wissenschaft. Sie lehrten, Sünde, Krankheit und Tod seien dem göttlichen Gesetz gemäß und daher eine absolute Notwendigkeit.
Eine solche Lehre war nur durch Furcht aufrechtzuerhalten. Es ist somit begreiflich, daß die menschliche Vernunft sagt: Hat die Religion nichts Besseres zu bieten, dann zahlt sie keinen höheren Lohn als die Sünde zahlt, denn von dieser heißt es: „Der Tod ist der Sünde Sold.“ Religionssysteme, die Pein als Lohn für Rechttun in Aussicht stellen, können daher nicht durch göttliche Attraktion Anhänger gewinnen, und es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als auf die Furcht oder auf die materiellen Sinne einzuwirken, was im Grunde genommen gleichbedeutend ist, wie Mrs. Eddy hervorhebt, wenn sie in „Miscellaneous Writings“ sagt (S. 93): „Furcht ist die Vorstellung, daß die Materie Gefühl habe. Diese Vorstellung wird weder von der Wissenschaft noch von Tatsachen unterstützt, sondern sie besteht bloß als eine Erdichtung.“ Die Bibel sagt uns, Liebe treibe die Furcht aus; somit kann nur Liebe die Furcht überwinden, welche als physisches Gefühl die Bande bilden, die die Menschheit gefangen halten.
In keiner anderen Weise kann man die Bereitwilligkeit erklären, mit welcher sich die Menschheit den Glaubenssätzen und Lehrmeinungen unterworfen hat, die das rechtmäßige Trachten nach Glück und die berechtigte Erwartung des Reichs Gottes auf Erden ausschließen. Die Aussicht auf dauerndes Leiden als Belohnung für religiösen Fortschritt wird den Sünder nur dann auf den Pfad der Tugend führen, wenn die Gewaltherrschaft der Kirche ihm mit der Peitsche droht. Solange der Sünder auf bösen Wegen geht, hat er die Gewißheit des Leidens vor sich. Er fragt sich wohl, ob seine Bekehrung denn wirklich das ihm in Aussicht gestellte Leiden des Heiligen wert sei.
Die Christliche Wissenschaft verfährt sehr genau, wenn sie der Menschheit auseinandersetzt, daß sie, um der Sünde, der Krankheit und dem Tod zu entrinnen, zwischen Leiden oder Wissenschaft wählen kann. Das Dasein eines lebendigen Gottes wird von der Christlichen Wissenschaft durch lebendige Zeugen dargelegt. Sie lehrt und übt Fortschritt auf dem Wege des Lebens. Es bedeutet kein besonderes Verdienst, wenn man durch Leiden einer schwierigen Lage entrinnt, wo doch die Wissenschaft einen Ausweg aus allen Schwierigkeiten bietet. In „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ lesen wir (S. 296): „Entweder hier oder hiernach muß Leiden oder Wissenschaft alle Illusionen in bezug auf Leben und Gemüt zerstören, und der materielle Sinn und das materielle Selbst muß wiedergeboren werden.“
Seit uralten Zeiten ist die Menschheit aus ihren Sünden „herausgelitten,“ ohne Hoffnung, einen anderen Ausweg zu finden, bis die Christliche Wissenschaft mit ihrer wissenschaftlich bestimmten Botschaft erschien. Wie sehr nun auch die Menschheit mit Sünde belastet ist, der Weg zur Erlösung und zum Glück steht ihr stets offen. Der Weg der Christlichen Wissenschaft zeichnet sich dadurch aus, daß er mit Licht überflutet ist. Dieses Licht ging von dem Kreuz aus, blieb aber nicht an diesem Ausgangspunkt, denn es führt zur Krone. Das Symbol, das auf den Schriften der Christlichen Wissenschaft zu sehen ist, weist sowohl die Krone wie das Kreuz auf. Die Taube der Vergebung läßt sich nieder auf das Kreuz, Blumen blühen an seinem Fuße und verbergen seine Schwärze, wie Mrs. Eddy es am Schluß ihres Gedichtes „Christ and Christmas“ veranschaulicht.
Wer den Weg der Wissenschaft wählt, entscheidet sich für den Christusweg und nicht für den Weg des Dogmas. In „Unity of Good“ legt Mrs. Eddy die vor uns liegende Wahl wie folgt der (S. 55): „, Der Weg‘ bedeutet im Fleisch das Leiden, das aus dem Fleisch herausführt. Im Geiste bedeutet, der Weg‘ den Weg des Lebens, der Wahrheit und der Liebe. Er erlöst uns von dem falschen Sinn des Fleisches und von den Wunden, die dieser mit sich bringt.“ „Erwählet euch heute, wem ihr dienen wollt,“ sagt die Heilige Schrift. Diese Stelle bildet den Text der letzten Botschaft, die Mrs. Eddy an ihre Kirche sandte. Wir können sogar inmitten äußerer Anzeichen des Verfalls und der Verwüstung den Weg des Lebens wählen, selbst während wir im Fleische zu leben scheinen, können wir uns für den Weg des Geistes entscheiden. Wie im Winter die nackten Zweige eines Baumes die Verheißung grüner Frühlingsblätter in sich bergen, so sind die nackten Arme des Kreuzes vorbildlich für die Punkte der Krone des Lebens, die mit den Juwelen des wahren, durch die Christliche Wissenschaft erlangten Glücks besetzt sind.
