Die Lehren der Christlichen Wissenschaft entsprechen den höchsten Anforderungen, die die christlichen Kirchen an den Charakter eines Christen stellen. Es sind Anforderungen, die nach der Überzeugung aller durch die Worte und Werke Jesu Christi, des Wegweisers, gestellt worden sind. Die Christliche Wissenschaft geht jedoch noch weiter, indem sie zeigt, daß diese Worte und Werke von einem Christen weit mehr als die bloße Annahme dieser Norm fordern, ehe alles was die Pflicht eines Christen ausmacht, erfüllt ist; denn der Meisterchrist legt jedem, der an sein Wort glaubt, die unumgängliche Pflicht auf, die Kranken durch die Huld und Kraft Gottes gesund zu machen. Die Christlichen Wissenschafter werden nicht nur all den allgemein anerkannten Anforderungen gerecht, die an einen christlichen Charakter gestellt werden, sondern sie nehmen freudig die ganze Verantwortung auf sich, die diese Pflicht umfaßt; so daß also die Christliche Wissenschaft dem Christentum das so wichtige, aber vor langer Zeit verlorengegangene Element des Heilens wiedergibt.
Dem Evangelium des Matthäus zufolge trat Jesus seine heilende Mission damit an, daß er im ganzen galiläischen Lande umherzog, in den Schulen lehrte und „allerlei Seuche und Krankheit im Volk“ heilte. Hierauf heißt es: „Sein Gerücht erscholl in das ganze Syrienland. Und sie brachten zu ihm allerlei Kranke, ... und er machte sie alle gesund.“ Diese ersten Heilungen bewirkten sofort, daß große Scharen von weither kamen, um mehr von diesem heilenden Evangelium zu hören. Als Jesus in der Bergpredigt zu diesen Scharen sprach, die von seinem Heilungswerk angezogen worden waren, betonte er, daß man seine Nachfolger an ihren Früchten erkennen würde, und die letzten dreizehn Verse der Bergpredigt weisen ganz besonders darauf hin, wie wichtig es ist, daß seine Nachfolger ihr Christentum durch ihre Früchte beweisen. Es wird da gesagt, daß schlechte Früchte von einem schlechten Baum und gute Früchte von einem guten Baum kommen. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ In dem Gleichnis von dem Haus, das auf den Felsen gebaut war, versichert uns der Meister, daß derjenige, der seine Reden hört und sie befolgt, die schwierigsten Proben unbeschadet bestehen könne, wohingegen derjenige, der nicht auf einer solchen konsequenten Lehre und ihrer praktischen Ausübung gebaut hat, bei der gleichen Probe kläglich zu Fall kommen werde. Diesen Standpunkt vertritt er unnachgiebig in allen seinen Reden, und folgende Stellen aus dem Lukas-Evangelium zeigen uns deutlich, daß selbst die Unkenntnis seiner Lehren uns nicht völlig der Strafe enthebt, die dem Ungehorsam gegen seine Gebote gebührt. „Der Knecht aber, der seines Herrn Willen weiß, und hat sich nicht bereitet, auch nicht nach seinem Willen getan, der wird viel Streiche leiden müssen. Der es aber nicht weiß, hat aber getan, das der Streiche wert ist, wird wenig Streiche leiden.“ Wir müssen uns daher, und das ist sehr wichtig, nicht nur dadurch bereiten, daß wir uns mit allen Geboten unseres Meisters und deren vollen Bedeutung vertraut machen, sondern auch dadurch, daß wir seinem Willen gemäß leben und in unserem täglichen Wandel den Gehorsam gegen jene Gebote demonstrieren. Dies allein bewahrt uns davor, aus Torheit oder aus anderen Gründen das zu tun, was „der Streiche wert ist.“
Nachdem Jesus die Bergpredigt beendet hatte, ergriff er aufs neue die Gelegenheit, die guten Früchte zu bringen, von denen er soeben zu der Menge gesagt hatte, sie würden unausbleiblich die Ergebnisse seiner Lehren sein. Er heilte nämlich den Knecht des Hauptmanns und erweckte den Sohn der Witwe von den Toten. Vorher schon wird wie folgt berichtet: „Am Abend aber brachten sie viel Besessene zu ihm; und er trieb die Geister aus mit Worten und machte allerlei Kranke gesund.“ Und so könnte man noch viele andere Beispiele von Heilungen anführen, falls ein weiterer Beweis für die große Bedeutung, die er dem Heilen der Kranken beimaß, notwendig wäre.
Diese Werke warben unter denen, die Befreiung von körperlicher und mentaler Knechtschaft bedurften, viele Anhänger für seine Lehren, so daß es ihn jammerte, wie wir im neunten Kapitel des Evangeliums Matthäus lesen, da er das Volk sah; „denn sie waren verschmachtet und zerstreuet wie die Schafe, die keinen Hirten haben. Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber wenig sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende.“ Das darauffolgende Kapitel berichtet, daß Jesus sich sofort anschickte, diesen Bedarf zu decken. So lesen wir: „Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Macht über die unsauberen Geister, daß sie dieselbigen austrieben und heilten allerlei Seuche und allerlei Krankheit.“ So zeigte er gleich zu Anfang seines Wirkens unter seinen Jüngern, daß er nicht beabsichtige, allein Heilungen zu vollbringen. Nachdem er ihnen mit wenigen Worten gesagt hatte, wo sie ihre Mission ausüben sollten, gab er ihnen den bestimmten Befehl: „Machet die Kranken gesund, reiniget die Aussätzigen, wecket die Toten auf, treibet die Teufel aus.“ Von diesen zwölf Jüngern bestanden elf die Probe, welche von ihnen verlangte, daß sie das Verständnis seiner Lehren demonstrierten, während der treulose Jünger durch seine eigene Schuld aus ihrer Mitte entfernt wurde.
Als die Zeit für des Meisters letzte Worte gekommen war, traf er auf Verabredung diese elf Jünger, deren Gehorsam gegen seine ersten Anweisungen ihre Fähigkeit und ihren Eifer, seinen Befehlen nachzukommen, bewiesen hatte. Ihnen gab er folgenden Auftrag: „Darum ... lehret alle Völker, ... lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Die Dinge also, die diese elf Männer „alle Völker“ lehren sollten, schlossen sämtliche Befehle ein, die er ihnen gegeben hatte, und somit auch den, womit er seine Unterweisung begann, nachdem er ihnen Macht gegeben hatte, „allerlei Seuche und allerlei Krankheit“ zu heilen, nämlich den Befehl: „Machet die Kranken gesund, reiniget die Aussätzigen, wecket die Toten auf, treibet die Teufel aus.“ Jesu letzter Befehl war von der trostreichen Zusage der allgegenwärtigen Hilfe des Christus begleitet, die „bis an der Welt Ende“ dauern sollte! Da wir nun noch nicht am Ende der Welt sind, und da das Heilen immer noch notwendig ist, so erscheint es durchaus konsequent, wenn die, welche sich Christen nennen, ihr Vertrauen auf die Verheißung, daß die heilende Kraft für „alle Völker ... bis an Welt Ende“ vorhanden sei, dadurch beweisen, daß sie dieses Heilungswerk in ihre anderen christlichen Handlungen einschließen.
Wiewohl uns Matthäus die letzte Botschaft des Meisters so klar darlegt, so ist es doch von Nutzen, seinen Bericht mit dem des Markus zu vergleichen, welcher lautet: „Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium aller Kreatur ... Die Zeichen aber, die da folgen werden denen, die da glauben, sind die: in meinem Namen werden sie Teufel austreiben, mit neuen Zungen reden, Schlangen vertreiben; und so sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden; auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden.“ Diese Stelle enthält also den Befehl, daß das Evangelium nicht nur allen Völkern gepredigt werden müsse, sondern auch „aller Kreatur“ auf der ganzen Erde. Ja, die „Zeichen“ sind ganz deutlich aufgezählt, von denen Jesus wußte, daß sie die einzigen Kennzeichen eines Christen bilden. Da nun Jesus bis ins einzelne angegeben hat, woran die, „die da glauben,“ zu erkennen sind, ist es nicht geradezu ein Hohn, daß ein so viel niedrigerer und bequemerer Maßstab angelegt worden ist, ja daß andere Normen aufgestellt wurden, die leichter zu erreichen sind? Jesus sagte mit nicht mißzuverstehenden Worten von denen, die vorgeben, gute Werke zu tun, deren Werke aber nicht vollkommen mit dem übereinstimmten, was er von wahren Christen verlangte: „Dann werde ich ihnen bekennen: weichet alle von mir, ihr Übeltäter!“ Kann man somit nicht mit Recht annehmen, daß Jesus, wenn er heutzutage unter uns wäre, ganz ähnliche Worte gebrauchen würde, um diejenigen aufzurütteln, die sich mit einer Norm des Christentums zufrieden geben, welche die Probe des geistigen Heilens nicht besteht, eine Probe, die er der Welt absichtlich auferlegte, weil er wohl wußte, daß nur diejenigen sie bestehen würden, die seine Lehren wahrhaft befolgen?
Der letzte Befehl Jesu Christi kam einer nachdrücklichen Darlegung eines Gesetzes gleich, welches verlangt, daß gewisse Zeichen folgen müssen, zum Beweis, daß seine Lehren wirklich geglaubt werden. Nicht eine einzige Stelle in der Heiligen Schrift deutet an, daß dieses Kennzeichen eines gläubigen Christen je ungültig geworden wäre, oder daß Christen heutzutage der Pflicht, die Kranken zu heilen, entbunden seien. Im Gegenteil, Matthäus sowohl wie Markus gaben deutlich zu verstehen, daß Jesu Worte für alle Zeiten und für alle Menschen bestimmt waren. Das einzige, was Jesus seinen Nachfolgern je zur Bedingung machte, wofern sie Früchte des Heilens hervorbringen wollten, war die, daß sie „glauben“ sollten, denn er erklärte, diese „Zeichen“ würden folgen „denen, die da glauben.“
Gibt es heutzutage einen Menschen auf Erden, der aufrichtig sagen könnte, sein reines, christusähnliches Leben berechtige ihn zu der Behauptung, daß Jesus sich in den Anforderungen, die er an die Christen stellte, getäuscht haben müsse, denn sein Leben trage ja nicht die Früchte, die Jesus von denen forderte, die da glauben? Kann man die Erfahrung eines Menschen, dessen Gebete nicht erhört worden sind, für maßgebender halten als Jesu Worte? Wenn ein Mensch behauptet, seine eigene Erfahrung beweise, daß das Gebot, die Kranken zu heilen, nicht für die heutigen Christen gemeint sei, beweist er dadurch nicht, daß es ihm gerade an dem fehlt, was Jesus von denen verlangte, die die „mitfolgenden Zeichen“ tun sollten, nämlich am Glauben? Zählt sich ein solcher nicht selber zu den Ungläubigen, für die es keine Verheißung gibt, sondern von denen Jesus sagt: „Wer aber nicht glaubet, der wird verdammt werden.“
Dank der Lehren der Christlichen Wissenschaft gibt es zur jetzigen Zeit viele, die in hohem Maße die Tatsache demonstrieren, daß Jesu Worte heute gerade so wie einst in jenen ersten Jahrhunderten nutzbar gemacht werden können. Indem sie täglich ein reineres Leben führen und so immer mehr einsehen lernen, was es in Wirklichkeit bedeutet, zu „glauben,“ finden sie, daß die Zeichen, die Jesus nannte, genau in dem Maße folgen, wie der Mensch geistig wächst. Ist es somit zu verwundern, daß Christliche Wissenschafter voll Vertrauen der Zeit entgegensehen, wo jede Verheißung des Meisters durch diejenigen in Erfüllung gehen wird, „die da glauben?“ Sie wissen jedoch, daß die vollkommene Erfüllung erst dann stattfinden kann, wenn die Gedanken und Taten infolge geistigen Wachstums vollkommen geläutert sein werden; denn dieser Läuterungsvorgang ist die einzige Art und Weise, wie ihr geistiger Pfad von Hindernissen frei wird, so daß sie so glauben können, wie Jesus es von wahren Christen verlangt.
Als einstens Mrs. Eddys Familie, Freunde und Ärzte jede Hoffnung auf ihre Wiederherstellung von einer sogenannten lebensgefährlichen Verletzung aufgegeben hatten, erkannte Mrs. Eddy in vollerem Maße diese Bedeutung des Christentums Christi und wandte diese Erkenntnis an, als sie im Neuen Testament die Geschichte von einer durch Jesus bewirkten Heilung las; und dadurch wurde sie sofort geheilt. Hierauf befolgte sie voll und ganz die Anweisungen des Meisters, und sie bestand darauf, daß alle Christen die Kranken heilen müßten, wie Jesus ihnen zu tun befohlen hatte. Die Worte: „Machet die Kranken gesund, reiniget die Aussätzigen, wecket die Toten auf, treibet die Teufel aus,“ hat sie auf den Einband jedes Exemplars ihrer Veröffentlichungen an einer besonders in die Augen fallenden Stelle drucken lassen, und zwar bilden sie da einen Kreis um das Kreuz und die Krone. In allen ihren Schriften hat sie beständig Jesu Befehl, zu heilen, betont. Eine Satzung in dem Kirchenhandbuch Der Mutter-Kirche setzt deutlich auseinander, welchen Platz sie dem Heilen in der christlich-wissenschaftlichen Bewegung einräumt, um diesen Anforderungen zu genügen. Sie sagt da, nichts anderes könne „das Heilen der Kranken und Sünder durch die Wahrheit“ ersetzen, und sie gibt jedem Mitglied Der Mutter-Kirche den Rat, danach zu streben, „durch seine Praxis zu demonstrieren, daß Christliche Wissenschaft die Kranken rasch und völlig heilt, und dadurch zu beweisen, daß diese Wissenschaft dem Wert, den wir ihr beimessen, vollständig entspricht“ (Artikel XXX, Abschn. 7). Das letzte und längste Kapitel in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift,“ von Mrs. Eddy [englische Ausgabe], enthält Zeugnisse von solchen, die durch die praktische Anwendung der im vorhergehenden Teil des Lehrbuchs dargelegten Lehren Mrs. Eddys geheilt worden sind. In einem anderen der längeren Kapitel in demselben Buch wird die „Betätigung der Christlichen Wissenschaft“ direkt behandelt, und es hat jene bereits angeführte Stelle aus dem Markus-Evangelium zur Überschrift: „Und diese Zeichen werden folgen denen, die da glauben“ (nach der englischen Bibelübersetzung).
Wenn jeder Christliche Wissenschafter diese Worte befolgt, für die Inspiration empfänglich ist, die die Kranken heilt, und bereit ist, wahres christlich-wissenschaftliches Heilen auszuüben, dann wird die Bewegung der Christlichen Wissenschaft und die ganze Menschheit einen großen Segen empfangen; ja die Welt wird jene größeren Werke schauen, die, wie Jesus voraussah, dann geschehen sollten, wenn die Christen seinem Befehl gehorchen würden. Mit keinem einzigen Wort, durch keine einzige Tat hat Jesus seine Nachfolger der Pflicht entbunden, die Kranken zu heilen. Er wies auf seine Werke als auf unfehlbare Beweise seiner Lehren hin, denn er bestätigte sein Wort stets durch seine Werke. Als Johannes der Täufer ihn fragen ließ: „Bist du, der da kommen soll?“ antwortete er nicht sofort, sondern „zu derselben Stunde ... machte er viele gesund von Seuchen und Plagen und bösen Geistern, und viel Blinden schenkte er das Gesicht. Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Gehet hin und verkündiget Johannes, was ihr gesehen und gehöret habt: die Blinden sehen, die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein, die Tauben hören, die Toten stehen auf, den Armen wird das Evangelium geprediget.“
Allmählich wurde der in den inspirierten Worten des Meisters gegebene Auftrag, die Kranken zu heilen, außer acht gelassen, und das Predigen galt mehr als das Heilen, bis dann nach dreihundertundfünfzig Jahren dieser Auftrag von denen, die vorgaben, Jesus als ihren Wegweiser anzusehen, gar nicht mehr befolgt wurde. Die Christliche Wissenschaft weist nun wieder auf die Tatsache hin, daß Jesus nicht nur bei seinen Jüngern, sondern überhaupt bei allen, „die da glauben,“ allein die „Werke“ als untrügliches Erkennungszeichen gelten ließ, wohl wissend, daß die nur diejenigen, die seine Lehren bis ins einzelnste befolgen, diese Probe mit Erfolg bestehen können. Die Christlichen Wissenschafter wenden bei ihrem menschlichen Tun und Treiben das Gesetz an, welches, wie Jesus bewies, jede menschliche Notdurft stillt; und die Früchte, die bereits geerntet worden sind, beweisen zur Genüge, daß die Christliche Wissenschaft ihre Behauptung, seine Lehre zu sein, vollkommen rechtfertigt. Da nun diese Lehre von der Entdeckerin der wahren Mission Jesu in ihrem ganzen Umfang dargelegt worden ist, so wird das heilende Evangelium wieder vollständig als wesentliches Element des Christentums eingesetzt werden, um nie wieder verloren zu gehen. Jeder Christliche Wissenschafter hat jedoch einen wesentlichen Teil der Verantwortung zu tragen, indem er darauf achten muß, daß dieser „gute Baum“ fortfährt, immer bessere und immer mehr Früchte des Heilens zu zeitigen. Und dadurch beweist er sein Recht, ein Christ genannt zu werden.
Wer obengenannte Pflicht übernimmt, tut wohl daran, an die ausdrückliche Erklärung des Wegweisers zu denken, daß nicht er, sondern sein Vater jene wunderbaren Werke tue. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von ihm selber tun, sondern was er siehet den Vater tun; und was derselbige tut, das tut gleich auch der Sohn. Der Vater aber hat den Sohn lieb und zeiget ihm alles, was Er tut, und wird ihm noch größere Werke zeigen, daß ihr euch verwundern werdet.“ Als ihn Philippus bat, er möchte ihm doch den Vater zeigen, antwortete er: „Glaubst du nicht, daß ich im Vater und der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst. Der Vater aber, der in mir wohnet, der tut die Werke.“
Diese Worte zeigen deutlich, daß sein beständiges bewußtes Einssein mit dem Vater, sein Verständnis von der untrennbaren Beziehung zwischen dem Vater und ihm, kurz, daß das wahre Christentum, welches er anderen zur Aufnahme und Betätigung anbefahl, ihm die Kraft verlieh, die Kranken zu heilen, und ihn stets bereit sein ließ, diese Kraft anzuwenden. Mit anderen Worten, er schrieb seine Heilkraft keiner besonderen Gnadenzeit zu, sondern erklärte sie auf Grund der Tatsache, daß er Gottes Sohn war. In diesem Zusammenhang hat folgende Stelle aus der Heiligen Schrift eine hohe Bedeutung als Botschaft an die Menschheit: „Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben.“ Diese Worte zeigen deutlich, daß ein jeder, der den Christus, die Wahrheit, in sich aufgenommen hat und der behauptet, ein Christ zu sein, bloß die göttliche Sohnschaft anzunehmen braucht, die ihm zuteil geworden ist, um der Kraft teilhaftig zu werden, die, wie Jesus bewies, stets die Erkenntnis der Gottessohnschaft des Menschen begleitet.
Genau das ist es, was die Christliche Wissenschaft in ihren Lehren so sehr betont. Sie beweist auf Grund der Bibel, daß die Fähigkeit, die Kranken zu heilen, eine von Gott verliehene Fähigkeit ist, die allen seinen Kindern in gleichem Maße angehört; daß die natürliche Tätigkeit Seines Kindes darin besteht, die heilende Kraft des göttlichen Prinzips zum Ausdruck zu bringen; daß es dem Menschen nur durch dieses Zumausdruckbringen möglich wird, die „mitfolgenden Zeichen,“ die Jesus forderte, aufzuweisen. Aufrichtige Christliche Wissenschafter machen täglich ihr Anrecht auf diese ihnen von Gott verliehene Gabe geltend, und sie gebrauchen sie ebenso ehrlich und beharrlich wie die anderen von Gott verliehenen Gaben, wie z.B. Ehrlichkeit, Güte, Reinheit, Demut und Gehorsam. Für sie ist diese Gabe nicht etwas, was sie sich erst aneignen müssen, sondern etwas, was einen Teil ihres Geburtsrechtes als Kinder Gottes bildet — etwas, hinsichtlich dessen sie zu beweisen suchen, daß es stets ein wesentlicher Teil ihres Seins war und sein wird. Indem sie so anfangen, ihre unauflösbare Beziehung zu Gott sowie alles, was diese Beziehung in sich schließt, zu verstehen, machen sie sichtbare Fortschritte im Aufweisen derselben Zeichen der Sohnschaft, die Jesus einst aufwies und die er von seinen Nachfolgern verlangt. Dieses praktische Verständnis entfaltet sich ihnen in dem Maße, wie sie die Bibel und Mrs. Eddys Schriften studieren und das, was sie durch ihr Studium gelernt haben, bei jeder Gelegenheit, die sich ihnen im Lauf ihrer Erfahrungen bieten mag, anzuwenden suchen. Es ist möglich, ja es ist notwendig, daß ein jeder auf diese Weise stetig und natürlich vorwärtsdringe und sich jene Fähigkeit des Heilens aneigne, die Jesus als Beweis von denen forderte, „die da glauben.“
Indem die Christlichen Wissenschafter ihr ihnen von Gott verliehenes Recht, die Kranken zu heilen, geltend machen, lernen sie einsehen, wie wesentlich es ist, den wahren Beweggrund stets im Auge zu behalten; denn wären sie nur auf das Heilen aus, so würde ihr Erfolg bald beschränkt werden, weil sie dann von einer beschränkten Basis ausgehen würden. Befolgen sie aber des Meisters Gebot: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen,“ dann wird das Heilen die natürliche und unausbleibliche Folge eines christlichen Charakters sein. Das Trachten nach „dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“ muß jeden Gedanken und jede Handlung des Christen beeinflussen. Dann wird er im Einklang mit Gottes unabänderlichem Gesetz den Beweis erhalten, daß er sich dem Ziel nähert, denn die Zeichen werden nicht ausbleiben, die Jesus in seiner letzten Botschaft aufzählte. Dieses beharrliche und durch nichts getrübte Trachten nach der wahren Erkenntnis Gottes und Seines Weltalls verleiht Kraft; ja der Christ begibt sich durch diese Erkenntnis unter den Einfluß des allmächtigen Gesetzes und wird in aller Demut Zeuge der unermeßlichen Segnungen, die die Folgen dieses Gesetzes sind. Dies stimmt vollkommen mit den Worten Jesu überein: „Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.“
In der Zeit des Urchristentums überließ man die Kunst des Heilens allmählich einigen wenigen, da die geistige Gesinnung, die Jesus verlangte, den Materialisten jener Zeit immer lästiger wurde, bis schließlich alle aufhörten, den Auftrag Jesu in seinem vollen Umfang zu gehorchen. Es ist daher heutzutage unsere Pflicht, als Christliche Wissenschafter die Lehre zu erfassen, die uns jener kurze Abschnitt aus der Geschichte bietet, und energisch jeder Einflüsterung zu widerstehen, die Gründe vorbringt, warum nicht ein jeder von uns heilen sollte. Wir müssen uns alle durch zunehmende Vergeistigung vor jedem Versuch in acht nehmen, unseren Mangel an Erfahrung im Heilen zu entschuldigen, sei die Entschuldigung auch die, daß wir Geschäfts-, Kirchen- oder Weltprobleme heilen müßten oder unsere Arbeit auf einem weiteren Gebiete zu verrichten hätten. Es gibt kein weiteres Gebiet! Mrs. Eddy sagt in Wissenschaft und Gesundheit (S. 404): „Das Heilen der Kranken und die Umwandlung der Sünder ist in der Christlichen Wissenschaft ein und dasselbe. Beide Heilungen erfordern dasselbe Verfahren und sind untrennbar in der Wahrheit.“
Gerade so wie Jesu Bergpredigt das Heilen der Menge zur Folge hatte, so müssen auch wir vorbereitet sein, unseren Worten Werke folgen zu lassen, um hierdurch den einzigen vom Meister bestimmten Beweis zu erbringen, daß wir uns Christen nennen dürfen. Wenn wir jedoch nur die Theorie der Christlichen Wissenschaft im Herzen haben, und es uns dabei im Stillen davor graut, unser Verständnis von der heilenden Kraft Gottes zu erproben, dann werden wir nicht den Grad des geistigen Wachstums erreichen, der nötig ist, um die mitfolgenden Zeichen tun zu können. Laßt uns daher alle mit größerer Treue daran gehen, die Pflicht zu erfüllen, die jedem Christen obliegt, nämlich, den Beweis von dem lebendigen, praktischen Glauben zu erbringen, den wir vorgeben zu besitzen und den Jesus mit solch ernstem Bemühen den Menschen beizubringen suchte. Der Apostel Jakobus sagt: „Was hilft's, lieben Brüder, so jemand sagt, er habe den Glauben, und hat doch die Werke nicht? Kann auch der Glaube ihn selig machen? ... So seht ihr nun, daß der Mensch durch die Werke gerecht wird, nicht durch den Glauben allein.“
