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Liebe und Furcht

Aus der Juli 1920-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Worte „Liebe“ und „Furcht“ drücken Gegensätze aus. Aber erst wenn man einigermaßen ein Verständnis von der Christlichen Wissenschaft erlangt hat, fängt man an, diese Tatsache einzusehen. „Die göttliche Liebe ist das hohe Wunder für den menschlichen Sinn,“ sagt Mrs. Eddy auf Seite 560 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift.“ Ein weiter Ausblick eröffnet sich uns, wenn wir über diesen Ausspruch nachdenken. Selbst die menschliche Auffassung von Liebe, d. h. der wahrere menschliche Begriff, welcher der selbstlosen Liebe nahekommt, erscheint zuweilen fast wie ein Wunder. Selbst unter Freunden und Verwandten ist selbstlose Liebe keineswegs sehr all gemein. Romantische Liebe, die von Schriftstellern und Dichtern so beredt geschildert wird, ist nicht immer uneigennützig oder beständig. Wenn man sie im Lichte der Christlichen Wissenschaft prüft, findet man, daß sie oft tief in dem Irrtum wurzelt, den wir „Leben in der Materie“ nennen. Daher trägt sie die Elemente der Furcht in sich. Selbst menschliche Mutterliebe, die der selbstlosen und beständigen Liebe wohl am nächsten kommt, ist in manchen Fällen eher instinktiv als vernünftig, eher närrisch, töricht und furchtsam als intelligent, liebevoll und weise.

Weit mehr ist die Erde durch diejenigen gesegnet worden, die der menschlichen Liebe einen Strahl der göttlichen Liebe gebracht haben. So sehen wir in Victor Hugos „Les Miserables,“ wie erstaunt der elende Dieb über die Liebe und Verzeihung des guten Bischofs ist, als dieser ihm nach dem Diebstahl der Leuchter und dem Mißbrauch der erwiesenen Gastfreundschaft gegenübertritt. Die ganze menschliche Natur wird in gewissem Grade in dieser Schilderung vor Augen geführt; denn betrachtet nicht der sündige Gedanke solche selbstlose Liebe stets mißtrauisch und ungläubig? Sie scheint so etwas Wunderbares zu sein, daß man sie erst eine Zeitlang auf die Probe stellt, ehe man sie annimmt. Dennoch sehnt sich jedes Herz beständig nach ihr und sucht sie. Wer einmal solche Liebe gesehen oder gefunden hat, kann sie nie wieder vergessen. Der Mensch, der auf diese Weise aufrichtig und aus Gewohnheit liebt, beherrscht eine stumme Sprache, die man überall versteht, wo die Sonne auf- und untergeht, und die, wenn sie schließlich von dem zweifelnden Gedanken angenommen worden ist, dem müden Herzen der Menschheit stets so willkommen ist wie den welken Blumen die erfrischenden Regengüsse. Die Christliche Wissenschaft offenbart die herrliche Wahrheit, daß selbst der geringste Ausdruck wahrer Liebe die Wiederspiegelung der göttlichen Liebe sein muß, da Gott Liebe ist.

Was ist denn eigentlich Liebe? Woher kommt sie? Wir können sie auf verschiedene Weise definieren. Liebe ist wohltätig, Liebe ist weise, Liebe ist hingebend. Sie wäre nicht Liebe, wenn sie nicht auf alle Menschen und Dinge, mit denen sie in Berührung kommt, etwas von sich wiederspiegeln könnte. Ihre Tatkraft und Tätigkeit ist unerschöpflich, tut sich unaufhörlich kund, ist stets unvermindert, bleibt sich stets gleich. Wörterbücher können ihre Länge, ihre Breite oder ihren Umfang nicht definieren, noch können sie sie mit Worten hinreichend beschreiben; und doch kennt wohl das Kind Liebe besser als der Weise. Vogel, Tier und Blume, ja alles, was zu leben scheint, reagiert auf ihren mächtigen Einfluß. Wenn wir lieben, sagen wir, wir haben Gefallen an denen, die die Empfänger unserer Liebe sind. Wir bemühen uns, ihnen zu Diensten zu stehen und sie zu segnen, sie zu behüten und für sie zu sorgen, so weit es in unserer Macht steht. Wer sich in Gesellschaft derer befindet, die ihn lieben, hat keine Furcht, sondern empfindet Freude und Frieden und hat eine bestimmte und beständige Hoffnung auf immer mehr Gutes. Selbst Liebe nach menschlicher Auffassung treibt die Furcht aus, denn das müde Kind weiß nichts von Furcht, nachdem es den Hafen der Mutterliebe erreicht hat. Ein Freund fühlt sich unter liebevollen Freunden wohl, denn er weiß, daß sie ihm selbst seine Vergehen vergeben und seine Fehler verzeihen, ja daß sie ihn seines inneren Wertes wegen lieben, und daß liebevolle Vorkehrungen getroffen worden sind, um seinen Bedürfnissen abzuhelfen. Zu nennen ist ferner jene selbstlose Liebe, die der Mensch einer Sache oder einem Werk entgegenbringt, zu dessen Förderung er sich selbst und sein Leben einsetzt.

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