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„Wer aber beharret“

Aus der Juli 1920-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das Interesse der Bibelkenner an den Prophezeiungen der Heiligen Schrift hat sehr zugenommen, seit die Bibel kein versiegeltes Buch mehr ist, und seit man sie als das erkennt, was sie in Wirklichkeit ist, nämlich die Geschichte der Entfaltung der göttlichen Idee im menschlichen Bewußtsein. Sowohl in ihrer Darlegung der absoluten Wahrheit, wie auch in ihrer Schilderung der Umwandlung, die im menschlichen Leben stattfindet, nachdem diese Wahrheit erfaßt worden ist, hat sich die Bibel als ein untrüglicher Führer erwiesen und wird stets ein solcher sein. Wenn man diese doppelte Bedeutung versteht, dann werden so manche Stellen klar, die vorher unverständlich waren; denn wie sehr sich auch viele von den Bräuchen, die darin verzeichnet sind, von den heutigen zu unterscheiden scheinen, so sind sie doch ein höherer Ausdruck des menschlichen Tun und Treibens als die Bräuche, welche vorherrschten, ehe der Sauerteig der Wahrheit seinen heilenden Einfluß auf die undurchdringliche Materialität des Zeitalters ausübte.

Die Abnahme der Materialität ist von einer klareren Wahrnehmung der Wahrheit und ihrem Einfluß auf das menschliche Gemüt begleitet. Prophezeien bedeutet nichts weiter als, daß man weiß, was das menschliche Gemüt tun wird, wenn es sich der Wahrheit zuwendet. Da Jesus das Wirken der Wahrheit gründlich kannte, so war es ihm auch offenbar, was das menschliche Gemüt stets tut, wenn es dieser Wirkung ausgesetzt ist. Kurz gesagt, er wußte, daß dieses sogenannte menschliche Gemüt samt seinen materiellen Auffassungen vom Menschen und dem Weltall verschwinden und statt dessen, das göttliche Gemüt mit seiner wahren Erkenntnis aller Dinge in die Erscheinung treten werde.

Im vierundzwanzigsten Kapitel des Matthäus-Evangeliums finden wir eine der wichtigsten unter den vielen Verheißungen der Bibel, und zwar ist ihre Darlegung so einfach und direkt, daß sie nicht mißverstanden werden kann. Verse zwölf, dreizehn und vierzehn lauten: „Und dieweil die Ungerechtigkeit wird überhandnehmen, wird die Liebe in vielen erkalten. Wer aber beharret bis ans Ende, der wird selig. Und es wird gepredigt werden das Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zu einem Zeugnis über alle Völker, und dann wird das Ende kommen.“ Wir sind heute wahrlich Zeugen davon, wie die Lehren des Evangeliums vom Reiche der ganzen Welt durch die Verbreitung der Christlichen Wissenschaft verkündet werden, und können daher mit Recht dem Ende entgegensehen, das vorausgesagt worden ist. Welcher Art ist nun dieses Ende? Das Prophezeien des Weltuntergangs und die Vorbereitung darauf hat häufig große Furcht erzeugt, und andererseits haben sich viele über diesen Gegenstand lustig gemacht. Dabei weiß aber jeder Christ, daß in der Heiligen Schrift „das Ende,“ „das Ende der Zeit“ usw. des öfteren erwähnt wird. In der Stelle, die eben angeführt wurde, werden wir ermahnt, bis ans Ende zu beharren. Viele erklärte Christen haben gemeint, dies bedeute, daß der Mensch eine unbestimmte Zeit leiden müsse, um dann schließlich in einer verheerenden Umwälzung umzukommen!

Erst wenn unsere Urteilskraft durch das Studium der Christlichen Wissenschaft erhöht worden ist, sind wir imstande, die wahre Bedeutung solcher Aussprüche zu verstehen. Eine der ersten Entdeckungen, die wir machen, nachdem uns die Christliche Wissenschaft den Pfad logischer Folgerung gezeigt hat, ist die, daß nichts, was je wirklich bestanden hat, ein Ende nehmen kann. Solches wird uns in dem Augenblick klar, wo wir die wahre Beziehung zwischen göttlicher Ursache und Wirkung sehen. Selbstverständlich muß alles, was besteht, als Wirkung der einzigen Ursache bestehen, und solange Ursache Ursache bleibt, wird Wirkung bestehen bleiben. Dies führt uns unmittelbar zu der weiteren Erkenntnis, daß Ursache sich selbst erhält, aus dem einfachen Grunde, weil etwas außerhalb ihrer selbst erforderlich wäre, um ihr entgegenzuwirken, und natürlich würde das, was angeblich außerhalb der einen unendlichen Ursache besteht, keine Ursache, keine Macht, kein Etwas sein. Die einzig mögliche Schlußfolgerung ist somit die, daß das, was ein Ende hat, in Wirklichkeit niemals einen Anfang hatte, weil es nicht von der einen Ursache ausging.

Jesus kennzeichnete dieses scheinbare materielle Dasein als einen „Mörder von Anfang,“ womit er das meinte, was überhaupt nicht besteht, weil es keinen Anfang hat. Er nannte es einen „Lügner“ und einen „Vater derselben.“ Wenn wir das Wort Lüge näher betrachten, so sehen wir, daß eine Lüge das ist, was nicht wahr ist, obgleich es vorgibt, wahr zu sein. Um eine Lüge zu sein, muß es diese beiden Bedingungen erfüllen. Natürlich ist die Lüge in demselben Augenblicke zu Ende, wo sie nicht mehr zu täuschen vermag. Kann aber die Wahrheit je ein Ende nehmen? Gewiß nicht! Da die Wahrheit einfach das ist, was ist, so kann sie niemals ein Ende haben. Daher kann Jesus, wenn er in diesem vierundzwanzigsten Kapitel des Matthäus-Evangeliums von dem Ende spricht, das kommen werde, nicht auf etwas hingewiesen haben, was tatsächlich bestanden hat. Und doch ermahnte er uns, bis ans Ende zu beharren, und wir wissen, wie genau er sich stets ausdrückte. Die Bedeutung seiner Worte ist offenbar die, daß wir uns der Lüge über Ursache und Wirkung, über Gott und den Menschen widersetzen müssen, bis die Lüge ihr Ende erreicht hat. Was ist, genau genommen, diese Lüge? Hier nun dürfen wir nicht vergessen, daß es die Wahrheit sein muß, über die gelogen wird! Die Lüge ist nichts mehr und nichts weniger als die Behauptung, daß Ursache materiell und Wirkung ihr gleich sei, oder aber, daß eine geistige Ursache eine ihr unähnliche Wirkung hervorbringe. Beide Behauptungen verstoßen gegen die einfachsten Regeln der Logik. Bis ans Ende beharren kann also, kurz ausgedrückt, nur eine Bedeutung haben, nämlich die, göttlich-logisch zu handeln und dadurch alles Unlogische seiner vorbestimmten Vernichtung entgegenzuführen.

Mrs. Eddy sagt auf Seite 93 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“: „Göttliche Logik und Offenbarung stimmen überein.“ Göttliche Logik ist natürlich das, was sowohl in der Voraussetzung wie in der Folgerung den Charakter der Genauigkeit hat. In die sogenannte menschliche Logik haben sich unentdeckte Trugschlüsse eingeschlichen, wodurch die Schlußfolgerung wertlos wurde. Die Lehren Jesu Christi und deren Erklärung durch Mary Baker Eddy sind stets unumstößlich logisch gewesen; sie lassen weder in der Voraussetzung noch in der Schlußfolgerung die Möglichkeit eines Trugschlusses zu.

Nun fällt natürlich die Verantwortung für das Wesen dieser Schlußfolgerung auf Gott, das göttliche Prinzip; aber ihre Offenbarung erhält der Mensch mittels der göttlichen Beweisführung. Dies kann durch das Einmaleins veranschaulicht werden, bei dem die Verantwortung für die richtigen mathematischen Beziehungen, die in Betracht kommen, auf dem demonstrierbaren Verständnis der mathematischen Regeln beruhen; aber diese Beziehungen werden uns durch die genaue Angabe und Anwendung dieser Regeln offenbar. Ebenso verhält es sich mit der Beziehung zwischen uns und Gott. Diese Beziehung — dieses Einssein — besteht auf Grund des göttlichen Prinzips und wird von ihm aufrecht erhalten, ist uns aber nur dann offenbar, wenn wir sie wahrheitsgetreu bewiesen haben. Kurz gesagt, besteht also des Menschen ganze Verantwortung darin, daß er ein wahrer Zeuge Gottes ist und sich dadurch der bestehenden Beziehung bewußt wird. Es ist nicht die Aufgabe des Menschen, Geschehnisse herbeizuführen. Das würde heißen, daß er das Vorrecht Gottes an sich zu reißen sucht. Wohl aber ist er verantwortlich für die Genauigkeit seiner Behauptungen hinsichtlich der Quelle aller Phänomene, einschließlich seiner selbst, wobei er nicht vergessen darf, daß die Behauptung nie wirklich gemacht worden ist, solange die Worte nicht durch Taten bestätigt werden.

Mrs. Eddy erklärt auf Seite 477 von Wissenschaft und Gesundheit: „Den fünf körperlichen Sinnen erscheint der Mensch als Materie und Gemüt vereinigt; aber die Christliche Wissenschaft enthüllt, daß der Mensch die Idee Gottes ist, und erklärt, daß die körperlichen Sinne sterbliche und irrende Illusionen sind.“ Diese Illusionen sind die Lügen, die, sobald man sie entdeckt hat, nicht mehr als Wahrheit gelten können, sondern ihrem Ende entgegengehen. Bis ans Ende beharren, wozu uns Jesus ermahnt, heißt also, diese Lügen durch logisches Denken und durch richtiges Beweisen des Wesens der Ursache und Wirkung, Gottes und des Menschen vernichten.

Die Fähigkeit, in dieser Weise zu folgern, erlangt man nur durch treues Forschen in der Bibel und in den Schriften Mrs. Eddys; denn nur in diesen beiden Quellen finden wir Unfehlbarkeit in Voraussetzung und Folgerung. Jede andere Darlegung seit Anfang der Geschichte hat stets einen feinen Trugschluß enthalten, der schließlich zu dem Ausruf geführt hat: „Die Unerforschlichkeit der göttlichen Vorsehung geht über den menschlichen Verstand hinaus!“ Aber der Mensch muß verstehen! Lukas sagt von Jesus: „Da öffnete er ihnen das Verständnis,“ und daraufhin konnten die Jünger die Kranken heilen und die Toten erwecken. Das Studium der Christlichen Wissenschaft öffnet das Verständnis der ganzen Welt und beweist sich als Zeuge vor allen Völkern. Und so freuen wir uns denn, daß das Ende kommen wird — das Ende aller Lügen, die die Menschheit zu der Annahme zu verführen suchen, daß sie hilflose Opfer äußerer, materieller Umstände seien und daß die Materie das, was Gott durch Sein Geheiß: „Es werde!“ erschaffen hat, peinigen und schließlich vernichten könne. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns an der göttlichen Logik festhalten, und das heißt bis ans Ende beharren, wodurch wir nicht nur erlöst werden sollen, sondern schon erlöst sind. Was könnte es in der Logik Erhabeneres geben als folgende Worte in Wissenschaft und Gesundheit (S. 470): „Ist Gott oder das Gute wirklich, dann ist das Böse, das Ungleichnis Gottes, unwirklich. Und das Böse kann nur dadurch wirklich scheinen, daß man dem Unwirklichen Wirklichkeit beimißt.“ Dies ist in der Tat der Tröster, und wir können uns freuen, daß er, wie der Meister versprochen hatte, zu uns gekommen ist und daß wir in den bösen Tagen ausharren und das Heil sehen können.

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