Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Über die Anwendung des Gelernten

Aus der November 1924-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ein aufgeweckter, reizender kleiner Knabe wurde von seinen Eltern nach Schluß der Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft erwartet. Auf dem Heimweg wurde er gefragt: „Was hast du denn heute gelernt ?” „O, ich habe etwas über Gott gelernt”, erwiderte er sofort. „Aber du lernst doch jeden Sonntag etwas über Gott”, sagte seine Mutter; „was hast du denn heute über Gott gelernt?” Mit ernstem Ausdruck aber freundlicher Miene entgegnete er ohne Zögern: „Mutter, warte, bis du mich anwenden siehst, was ich heute gelernt habe”.

Ohne es zu wissen, hatte das siebenjährige Kind den Kernpunkt der großen Notwendigkeit im Leben eines Nachfolgers des Nazareners ausgesprochen,— zu betätigen, was wir gelernt haben! Niemand außer dem Erforscher der Christlichen Wissenschaft anerkennt in höherem Grad den unvergleichlichen Dank, den er unserer verehrten Führerin schuldig ist, die ihren Nachfolgern durch Ermahnung und Beispiel so beharrlich und geduldig die Notwendigkeit bewies, sich treu und beständig zu bemühen, das, was man lernt, im Leben nutzbringend anzuwenden. Mrs. Eddy schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 15): „Betätigung, nicht Bekenntnis, Verständnis, nicht Annahme, gewinnen das Ohr und die rechte Hand der Allmacht und rufen sicherlich unendliche Segnungen herab”. Die Christlichen Wissenschafter finden, daß ein tägliches hastiges Durchlesen der Lektions-Predigt, lediglich um der Genugtuung willen, zu wissen, daß man sie ganz durchgelesen habe, keineswegs genügt, wie auch das bloße oberflächliche Lesen einer vorgeschriebenen Anzahl von Kapiteln der Bibel oder einer gewissen Anzahl von Seiten unseres Lehrbuchs nicht die geeignete Vorarbeit für einen Tag der Nützlichkeit ist.

Man hört manchmal sagen: „Gewiß möchte ich mehr von der Christlichen Wissenschaft verstehen; aber ich habe so viel zu tun. Ich kann unmöglich lesen oder denken, ehe mein Haus in Ordnung und die notwendige Arbeit beendet ist. Eines Tags hoffe ich mehr Zeit für mich zu haben”. Was für eine falsche Haltung! Wie sehr doch das bewußte Erkennen von Gottes Immergegenwärtigkeit nottut, während man ein Haus in Ordnung bringt! Wie schnell würde man vorwärts kommen, wenn alle „notwendige Arbeit” von dem köstlichen Spruch begleitet wäre: „Ein jeglicher sei gesinnet, wie Jesus Christus auch war”!

Ein ernster Erforscher der Christlichen Wissenschaft, der in einem Büro arbeitete, hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, täglich einen Satz aus dem Lehrbuch auswendig zu lernen, damit er über dessen Bedeutung nachdenken und ihn in Augenblicken der Verwirrung anwenden konnte. Unsere Neigung aufzuschieben ist in hohem Grad die Ursache dessen, daß wir versäumen, das Gelernte anzuwenden. Wie Felix, der römische Landpfleger von Judäa, zu Paulus sagte, als dieser „redete von der Gerechtigkeit und von der Keuschheit und von dem zukünftigen Gericht, ...: Gehe hin auf diesmal; wenn ich gelegene Zeit habe, will ich dich herrufen lassen”, so sind die Sterblichen geneigt, auf „gelegene Zeit” zu warten.

Wiederum will es manchmal scheinen, daß man gerade wegen der Einfachheit des Vorgangs geneigt ist, an der Wirksamkeit seiner Bemühungen im Anwenden dessen, was man gelernt hat, zu zweifeln und dadurch versucht zu sein, aufzuschieben. Angenommen, der Gast auf Erden, der bestrebt ist, das Verständnis von Gott und Seiner Schöpfung zu erlangen, das für ihn durch den Glauben ein tätiges Wissen wird, sei gezwungen, „ferne über Land” zu ziehen, ungeheure Strapazen auszustehen oder ein fast überwältigendes Opfer zu bringen, um diese kostbare Perle zu erlangen. Welche Mühe er es sich wohl kosten lassen würde, um sich einen solchen Schatz zu erwerben! Statt dessen ist das Verständnis, das alles gibt, alles tut und alle frei macht, in seiner ganzen Überfülle überall zu finden, wo man auch weilen mag. Die überarbeitete Haushälterin, der tätige Geschäftsmann, die müde Verkäuferin am Ladentisch, der erschöpfte Arbeiter,—jeder hat das Vorrecht, jeden Augenblick des Tages seine Gedanken über die Disharmonie zu erheben, wenn er die ihm von Gott verliehene Gelegenheit, so wie es die Christliche Wissenschaft lehrt, ausnützen will. Niemand hat die Macht, unser Denken zu beherrschen. Unsere geliebte Führerin sagt auf Seite 3 von Pulpit and Press: „Wisse also, daß du unbeschränkte Macht hast, recht zu denken und zu handeln, und daß nichts dir dieses Erbe rauben und gegen Liebe sündigen kann. Wenn du diesen Standpunkt behauptest, wer oder was kann dich veranlassen zu sündigen oder zu leiden?” Die Wahrheit über die Allheit Gottes und die daraus folgende Nichtsheit des Bösen, die Grundlage der Betätigung der Christlichen Wissenschaft, muß an jedem Ort und zu jeder Zeit beharrlich, unentwegt und hingebend angewandt werden. Der Augenblick, wo wir den Lärm des irrenden Sinnes verneinen und durch die stets offene Tür des Friedens, „welcher höher ist denn alle Vernunft”, eintreten können, ist immer da.

Ein anderer ist vielleicht dazu geneigt, darüber zu klagen, daß er anscheinend nicht fähig ist, seine Gedanken zu beherrschen. Wenn der Irrtum heiter sein könnte, so fände er wahrlich viele Gelegenheiten, sich über die Gewandtheit zu ergötzen, mit der beansprucht, uns unserer guten Gedanken und Absichten zu berauben. Aber wir werden sowohl von Jesus dem Christus als auch von den Propheten und Aposteln ermahnt, unsere Arbeit geduldig zu verrichten. Ermutigt es uns nicht, wenn wir den Bemühungen eines Kindes mit seinen Übungen am Klavier zusehen? Wie ermüdend die Anstrengungen; wie zahlreich die Fehler, die falschen Töne! Aber durch gewissenhaftes und beständiges Wiederholen kommt schließlich doch eine vortreffliche Leistung zustande.

Wieder ein anderer sagt: „Wenn so viele Leute um mich her sind, die nicht denken wie ich so ist es schwer für mich, zu betätigen, was ich weiß. Ich habe manchmal das Gefühl, als sollte ich meine Versuche solange aufgeben, bis ich mit Leuten zusammen sein kann, die mit mir einig sind”. Mrs. Eddy sagt in Christian Healing (S. 1): „Wir haben in unserer Selbstsucht gebeten, daß wir warten dürfen, bis die Zeit zu einer brauchbareren und geistigeren Religion vorgeschritten ist, ehe wir die große Sache des christlichen Heilens mit der Welt erörtern; aber es wurde uns geantwortet:, Dann brauche man kein Kreuz auf sich zu nehmen, und das Verkündigen der frohen Botschaft wäre weniger notwendig‘”. Die Christlichen Wissenschafter lernen verstehen, daß es nicht nur ein Vorrecht ist, ihr Heil durch tägliches und stündliches Anwenden des Gelernten auszuarbeiten, sondern auch eine Pflicht, wenn sie je Erforscher der Christlichen Wissenschaft werden sollen, die des Namens würdig sind. Es ist unsere Aufgabe, die Wahrheit zu erklären und sie jederzeit zu leben, ungeachtet der Umgebung und der gesellschaftlichen Zustände; und es ist stets des Wissenschafters Vorrecht, die Irrtumsansprüche in seinem Denken schneller zu verneinen, als sie ausgesprochen werden können!

Sind wir uns überdies genügend bewußt, daß es uns nicht frei steht, unsere Augenblicke anzuwenden, wie es uns beliebt? Auch steht uns nicht das Recht zu, unsere freien Stunden nach Gutdünken zu bestimmen, wann wir unser materielles Denken und unsere persönlichen Ansichten ablegen und Gott, dem einen Gemüt, der einzigen Macht, treu werden wollen. Gewiß sehen wir auf allen Seiten solche, die beanspruchen, sich das Recht vorzubehalten, nach ihrem Belieben zu denken; auch sehen wir als dessen Ergebnis Unglückseligkeit, Unruhe, Unzufriedenheit, Krankheit. Im fünfundvierzigsten Kapitel des Jesaja läßt der Prophet Gott sagen: „Mir sollen sich alle Kniee beugen und alle Zungen schwören”. Dieser Ausspruch ist nachdrücklich. Sollten wir nicht sogleich anfangen, das Erheben unserer Gedanken zu Gott zu betätigen, was auch immer unsere Aufgabe sei? Wir wollen die Widerwärtigkeiten als das erkennen, was sie sind—als Täuschungen—, und uns freuen. Dann werden wir jenen Sinn des Friedens, des Vertrauens, der Sicherheit erlangen, der aus dem unentwegten Betätigen hervorgeht, dessen Wege „liebliche Wege” und dessen Pfade Friede sind.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / November 1924

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.