Christliche Wissenschafter, die ernstlich nach der Wahrheit trachten, sehnen sich nach der Erlangung des erhöhten geistigen Zustandes, der zu den Jüngern an jenem Pfingsttage kam, als „sie alle einmütig beieinander waren”. Sie wünschen sich ihn, damit auch sie durch Kraft und „durch mitfolgende Zeichen” ausdauernde Zeugen des gesegneten Wortes Gottes sein können. Die Jünger folgten ihrem Lehrer und Führer mit beständig sich erweiternder Vision und taten, soweit es ihnen möglich war, die nötigen menschlichen Schritte dazu. In dieser Weise erkannten sie immer klarer des Menschen geistige Identität oder das ewige Wesen des Christus, der Wahrheit. Als Zeugen der vollendeten geistigen Erhöhung des Meisters bei seiner Himmelfahrt erhoben sie sich zu einem klareren Verständnis seiner Worte als je zuvor,— der Worte: „Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott”.
Nach einer maßgebenden Quelle war der Pfingsttag der Juden ein besonderer Tag, an dem sie sich in den Tempel des Herrn begeben mußten, um dort Gottes unbedingte Herrschaft anzuerkennen und Ihm für das auf dem Berg Sinai gegebene Gesetz zu danken. So kam es, daß die Jünger, die in inbrünstigem Gebet beständig verharrten und immer der Vision des glorreichen Beweises ihres Lehrers eingedenk blieben, am Tag der Pfingsten weit über den gewöhnlichen Sinn des Festes emporgehoben wurden, so daß sich das Licht des geistigen Verständnisses auf sie niedersenkte. „Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeglichen unter ihnen”. In der Kraft dieser weiteren Zusicherung der Allmacht und Allgegenwart der Wahrheit der Lehren ihres Meisters wurden die falschen Ansprüche der Materie-Substanz für sie geringer, und sie gingen hervor, um das Wort zu predigen, die Kranken zu heilen und sogar diejenigen, die gestorben zu sein glaubten, wieder zum Leben zu erwecken.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß Fortschritt oder persönliche geistige Erhöhung nur in dem Maße verwirklicht werden kann, wie wir uns über den Glauben an Gemüt in der Materie erheben,— den Glauben, der bestrebt ist, den Geist zu materialisieren und umgekehrt die Materie zu vergeistigen. „Der feste Vorsatz, Geist im Bann der Materie zu halten, ist der Verfolger von Wahrheit und Liebe”, schreibt unsere Führerin in ihrem Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 28). Dem unerleuchteten, von der weltlichen Weisheit des Zeitalters erfüllten menschlichen Gemüt kamen die Lehren der Jünger wie „Märlein” vor. Es konnte sie nicht verstehen, obwohl nach der Erzählung im zweiten Kapitel der Apostelgeschichte jeder diese Lehren in seiner eigenen Zunge oder Muttersprache hörte.
Was für eine herrliche Quelle des Trostes und der Ermutigung es doch ist, zu wissen, daß weder eine sogenannte materielle Vergangenheit — eine nahe oder eine ferne — noch eine materielle Zukunft als Hindernis oder Förderung tätig sein kann für den Fortschritt des einzelnen im Erlangen geistiger Erhöhung über den Glauben an Materie, die für substantiell gehalten wird, mit andern Worten, an einen materiellen und zeitlichen Begriff von den Schöpfungen Gottes! Da wir in dem ewigen und immer gegenwärtigen Jetzt des göttlichen Gemüts leben, weben und sind, erleben wir täglich, stündlich, jeden Augenblick fortschreitende geistige Erhöhung genau in dem Verhältnis, wie wir jeden Anspruch auf etwas, das dem Leben, der Wahrheit und der Liebe —Gott — unähnlich ist, wissenschaftlich aus dem Denken ausschließen,—„alle Vernunft unter den Gehorsam Christi gefangen nehmen”, wie Paulus sagt.
Auf Seite 509 des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs schreibt unsere Führerin: „Die Perioden des geistigen Emporsteigens sind die Tage und Jahreszeiten der Schöpfung des Gemüts, in welcher Schönheit, Erhabenheit, Reinheit und Heiligkeit — ja, die göttliche Natur — im Menschen und Weltall erscheinen, um niemals wieder zu verschwinden”. Welcher Christliche Wissenschafter, der in sich blickt und rückwärts schaut, erkennt nicht unzählige „Perioden des geistigen Emporsteigens”, die „Jahreszeiten der Schöpfung des Gemüts”, und dankt nicht dafür? Wer sich für krank hielt, lernt durch die Christliche Wissenschaft gesund sein; wer glaubte, er hasse oder werde gehaßt, lernt lieben und geliebt zu werden; wer glaubte, er sei reizbar, zornig oder ungeduldig, lernt etwas von jenem Frieden, „welcher höher ist denn alle Vernunft”, verstehen; während derjenige, der glaubte, er sterbe, er sei dem Gesetz der Sünde und des Todes unterworfen, nach dem Gesetz des Lebens, Gottes, leben lernt.
Jesu endgültige Erhöhung über alle Ansprüche des materiellen Sinnes war nicht das Ergebnis eines einzelnen, plötzlichen Beweises, sondern die unausbleibliche Folge eines beständigen, erfolgreichen und wissenschaftlichen Überwindens. Dies zeigt sich vom ersten Bericht an, den wir über ihn haben, bis zu der Zeit, als er seine Jünger nach Bethanien führte, wo er sie segnete. Die Jünger folgten auch weiterhin dem Christus — der Wahrheit — wie ihn Jesus bewies; und auch wir können folgen, bis wir durch Verständnis und Beweis einen stets sich erweiternden Sinn vom Menschen und vom Weltall als der immerwährend offenkundigen und erkannten Widerspiegelung Gottes gewonnen haben. Da wir in der Bibel und in den Werken unserer geliebten Führerin „Gebot auf Gebot” und „Satzung auf Satzung” haben (engl. Bibel), so können wir unsern Beweis über die Materie und die Sterblichkeit genau in dem Verhältnis erbringen, wie wir diese Lehren sowohl dem Buchstaben als auch dem Geiste gemäß anwenden. „Wahrheit ist”, wie Mrs. Eddy selbst erklärt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 174), „geoffenbart. Sie muß nur betätigt werden”.
