Die immer wiederkehrende Zeit der Vorbereitung eines unter der Obhut einer Zweigkirche oder einer Vereinigung veranstalteten, von einem Mitglied des Vortragsausschusses Der Mutter-Kirche gehaltenen eintrittfreien, öffentlichen Vortrags über die Christliche Wissenschaft bietet die freudige Gelegenheit zu rechtem Denken über die verschiedenen Aufgaben, die eine solche Vorbereitung bedingt. Rechtes Denken ist nicht nur die Pflicht derer, denen bei der erwählten besonderen Art der Ausführung der Vortragsvorbereitungen ihre bestimmte Arbeit zugewiesen ist, sondern auch die Pflicht jedes Kirchenmitglieds. Denn ohne einheitliches rechtes Denken kann weder der geistige Bau der Wahrheit und der Liebe bekundet noch seine heilende und erlösende Kraft völlig bewiesen werden.
Jedes Kirchenmitglied sollte klar erkennen, was ein christlich-wissenschaftlicher Vortrag überhaupt ist; denn ohne dieses grundlegende Verständnis kann rechtes Denken über die durch ihn bedingten Aufgaben nicht richtig geleitet werden. Der Zweck der Vorträge ist, der Welt Gelegenheit zu bieten, etwas von den grundlegenden Lehren dieser Wissenschaft in gekürzter Form zu hören, in einer Sprache, die der Durchschnittsmensch versteht, und von jemand geboten, der selber ein genaues und beweisbares Verständnis dieser Wissenschaft hat. In ihrer Botschaft an Die Mutter-Kirche für 1902 (S. 4) beglückwünscht Mrs. Eddy die Mitglieder des Vortragsausschusses „zu ihrer Geeignetheit und ihrem richtigen Zergliedern der Christlichen Wissenschaft”, womit sie zu verstehen gibt, daß „richtiges Zergliedern der Christlichen Wissenschaft” ein hervorragender Zweck der Vorträge sei. Hierzu kommen zwei durch die Bedingungen des Handbuchs Der Mutter-Kirche (S. 93) auferlegte besondere Pflichten, nämlich „in jedem Vortrag eine wahre und gerechte Erwiderung auf öffentliche, gegen die Christliche Wissenschaft gerichtete Angriffe mit einzuschließen, und die Tatschen in bezug auf das Leben der Pastorin Emerita zu bezeugen.
Mit diesen Betrachtungen vor Augen wollen wir einigen Aufgaben, die die Vorbereitung eines Vortrags häufig begleiten, nähertreten. Der Einfachheit halber seien sie in folgender Reihenfolge behandelt: Kosten, Bekanntmachung, Zuhörerschaft, Aufnahmefähigkeit, Ergebnis.
„Die Furcht hat Pein”. Die Furcht vor Mangel quält den einzelnen oft so sehr, daß er glaubt, er könne nicht seinen Wünschen entsprechend Geld beisteuern. Dieselbe Furcht umgarnt oft diejenigen, die in erster Linie mit der Verwaltung des Kirchenvermögens beauftragt sind. Diese bezweifeln die Fähigkeit oder den Wunsch der Mitglieder, zur Bestreitung der Vortragskosten genug beizutragen. Diese Umgarnung kann sich auf die Mitglieder ausdehnen, und allem Anschein nach gewinnt das sterbliche Gemüt die Oberhand, so daß die Kirche ein Gefühl sogenannter Geldflauheit zum Ausdruck bringt. Die eigentliche Aufgabe ist mehr das Ausrotten dieser Furcht aus dem Bewußtsein jedes Mitglieds als das Aufbringen einer bestimmten Geldsumme. Die Bibel, und in ihr besonders Christus Jesus, lehrt uns, daß es unsere größte Pflicht oder Schuld ist, Gott von ganzem Herzen und von allen Kräften zu lieben. Soll die Geldverpflichtung überhaupt erfüllt werden, so muß mit dem einzigen Zahlungsmittel, das Gott bekannt ist, bezahlt werden,— nämlich mit Liebe. Da Gott die Liebe ist, und da Er unendlich ist, wie kann dieses Mittel je versagen?
Wenn ein christlich-wissenschaftlicher Vortrag überhaupt etwas ist, so ist er ein Dienst der Liebe. Die göttliche Liebe führte Mrs. Eddy zu der Entdeckung der Christlichen Wissenschaft; die göttliche Liebe leitete sie bei ihrem Beweisen der immer gegenwärtigen Kraft der Liebe; die göttliche Liebe unterwies sie, als sie ihre Kirche mit ihren zahlreichen Tätigkeiten gründete; die göttliche Liebe erleuchtete sie, als sie den Vortragsausschuß ins Leben rief und vorsah, daß solche, die sich eignen, das Evangelium der Liebe der ganzen Welt zu erklären, zu seinem Dienst aufgerufen werden. Die Liebe hat den einzelnen Vortragenden für seine Arbeit vorbereitet; die Liebe wird uns bei unserer Beteiligung an der Vortrags-vorbereitungsarbeit führen; die Liebe wird für alles sorgen, was zu dem vollkommenen Genuß des Willens der Liebe im Hinblick auf den Vortrag notwendig ist. Doch wir müssen dies wissen und so unserem Zögern, Zweifeln und Befürchten ein Ende machen.
Wir würden gut tun, über die Geschichte von der Witwe zu Zarpath im 1. Buch der Könige, über die Geschichte von der Witwe und ihrem Ölkrug im 2. Buch der Könige und über die Geschichte von den Broten und den Fischen aus der Zeit Jesu andächtig nachzudenken. Alle veranschaulichen den nie versagenden Reichtum an dem, was not tut, wenn seine wahre Quelle erkannt und sein Wesen verstanden wird.
Das Handbuch Der Mutter-Kirche legt jeder Zweigkirche die Pflicht auf, jedes Jahr mindestens einen Vortrag zu veranstalten. Da dies eine durch die göttliche Liebe eingegebene Pflicht oder Schuld ist, die wir der göttlichen Liebe schulden, so können wir an jede Einzelheit der Vortragsvorbereitung mit vollkommenem Vertrauen herantreten. Wenn jeder von uns in liebevoller Weise von dem gibt, was er hat, um die notwendigen Ausgaben für den Vortrag zu bestreiten, werden wir finden, daß die Versorgung wie das Öl und das Mehl und die Brote und die Fische überreichlich sein wird. Wegen solchen Gebens kann der Geber gewiß keinen Mangel leiden. In „Miscellaneous Writings” (S. 45) spricht Mrs. Eddy „von dem göttlichen Gesetz, daß das Angebot unabänderlich der Nachfrage entspricht”. Sollen wir als tätige Christliche Wissenschafter befürchten, daß dieses „göttliche Gesetz” einfach deshalb beseitigt und aufgehoben werden könne, weil augenblicklich etwas scheinbarer Mangel an zeitlichen Erfordernissen herrscht?
Der Hauptzweck jeder ehrbaren Bekanntmachung besteht darin, daß die Aufmerksamkeit derer, die etwas brauchen oder wünschen, auf die Tatsche hingelenkt werde, daß es an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit, zu einem bestimmten Preis und mit einer bestimmten Beschaffenheit zu haben ist. Das Bekanntmachen unseres Vortrags sollte zu dem Zweck geschehen, möglichst viele Leute innerhalb unseres Tätigkeitsfeldes auf einen bevorstehenden eintrittfreien, öffentlichen Vortrag über die Christliche Wissenschaft aufmerksam zu machen. Ist Zeit und Ort bezeichnet, so sollte die Beschaffenheit durch die Tatsache kenntlich gemacht werden, daß der Vortrag von einem Mitglied des Vortragsausschusses Der Mutter-Kirche gehalten wird. Gerade diese letzte Tatsache trägt, wie wir wissen müssen, die Versicherung der Berechtigung, daher der Beschaffenheit, in sich.
Alle Menschen bedürfen des Verständnisses der Wahrheit. Was sie brauchen, danach haben sie in Wirklichkeit Verlangen. Alle Menschen wünschen sich Gutes, obgleich ihre Begriffe von dem, worin das Gute besteht, so weit auseinander gehen können wie die beiden Pole. Alle Menschen wollen leben, obgleich ihre Begriffe von dem, worin das Leben besteht, von Grund aus verschieden sein können. Alle Menschen sehnen sich im tiefsten Innern nach Liebe, obgleich ihre Annahmen über das, was Liebe ist, vielleicht nicht sehr weit an der Stufenleiter der Geistigkeit hinaufreichen.
Indem wir die Öffentlichkeit auf den Vortrag aufmerksam machen, müssen wir von den uns zur Verfügung stehenden Geldund Ankündigungsmitteln den denkbar besten Gebrauch machen. Wenn wir andächtig dem folgen, was die Führung der Weisheit zu sein scheint, können wir sicher sein, daß Gott uns leiten wird. Zu jedermann, der aufrichtig nach der Wahrheit und der Liebe verlangt, wird unsere Bekanntmachung auf irgend eine Art gelangen. Wir brauchen uns wegen nichts zu sorgen, wenn wir unsern Teil beitragen. Ist die Bekanntmachung erfolgt und ihr Zweck verstanden, so ist diese Aufgabe erledigt.
Dies führt uns zu der Betrachtung der Zuhörerschaft des Vortrags. Die meisten Leute finden einen Weg, das zu tun, was sie tun wollen. Ist dieses etwas Gutes, so gibt es keinen triftigen Grund, warum sie es nicht tun sollten, wenn es nicht Gottes Wille ist, daß sie etwas anderes tun. Jesus sagte: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen”. Trachtet man danach, etwas von diesem Reich verstehen zu lernen, so gibt es nichts, was irgend einen notwendigen Schritt zum Erlangen dieses Ziels hindern könnte. Kein Theater, kein Spaziergang, kein Besuch, keine häusliche Pflicht, kein Wetter kann die Erhörung des Gebets um die Wahrheit stören, des Gebets, das emporsteigt, wenn wahres Verlangen, einen Vortrag zu besuchen, das Herz erfüllt. Das Sehnen nach der Wahrheit ist in Wirklichkeit der nach der Quelle der Geistigkeit, Gott, verlangende unerkannte geistige Sinn des Menschen. Es gleicht dem Streben der Magnetnadel nach dem Pol. Keine Schmeichelei des sogenannten sterblichen Gemüts hat die Kraft, diese geistige Anziehung zu unterbrechen, die Gott ist, der die Seinen zu sich zieht.
Ob die Zuhörerschaft groß oder klein ist, sollte uns weder ermutigen zu glauben, daß unsere Arbeit vollständig getan sei, noch uns entmutigen zu glauben, es sei zwecklos, überhaupt noch mehr Arbeit zu tun. In beiden Fällen ist es unsere Aufgabe zu wissen, daß Gottes Wille geschehen ist, und dankbar zu sein für die Gelegenheit, die uns geboten worden ist, in der Gnade zu wachsen und unseren Mitmenschen eine ähnliche Gelegenheit zu bieten. Zahlen scheinen zu begeistern; doch man kann sich Jesus ob der geringen Zahl seiner Zuhörer nicht entmutigt vorstellen, auch nicht frohlockend, wenn ihm eine große Menge nachfolgte. Zwei oder drei in seinem Namen Versammelte bedeuteten ohne Zweifel für ihn mehr als die Volksmasse, die seiner lauschte, ihn aber nicht hörte. Jesus tadelte nie die Zahl derer, die ihm zuhörten, aber er beklagte sich darüber, daß sie Augen hatten und nicht sahen und Ohren hatten und nicht hörten.
Hiermit kommen wir zu der Frage der Empfänglichkeit. Ein Besucher eines christlich-wissenschaftlichen Vortrags hat in dem Maße seiner Empfänglichkeit für die Wahrheit einen Gewinn davon. Während Jesus seines Amtes waltete, hörten ganze Volksmassen seinen Predigten zu und sahen seine Werke; doch die meisten hielten jene für einfach erstaunlich und diese für wunderbar oder für das Werk Beelzebubs. In den Augen der Menschen war Jesus nur ein Zimmermann. Der Glaube an Persönlichkeit beeinflußte sie, wie er uns so oft beeinflußt. Es ist bedeutungslos, ob der Vortragende auf der Rednerbühne groß oder klein ist, schnell oder langsam spricht. Das Wort Gottes, das er verkündigt, heilt Krankheit, zerstört Sünde und tröstet die Leidtragenden, und das ist die Hauptsache „Der Geist ist's, der da lebendig macht. ... Die Worte, die ich rede, die sind Geist und sind Leben”.
Häufig hört man sagen, die Wahrheit, wie sie in der Christlichen Wissenschaft gelehrt wird, sei verwickelt, unklar und verworren. Tatsache ist, daß sie die Einfachheit selber ist. Für das Kind enthält der einfache weittragende Satz, daß zweimal zwei vier ist, nichts Schwieriges. So wohnt auch in der Christlichen Wissenschaft den einfachen Tatsachen, daß Gott die Liebe ist, und daß die Liebe alles ist, nichts inne, was schwer verständlich wäre, wenn diese Tatsachen so vertrauensvoll und zuversichtlich angenommen werden, wie das Kind seine Tatsachen beim Rechnen annimmt. Und das Kind erfaßt die Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft und macht sie ebenso leicht verfügbar wie diejenigen des Rechnens.
Alles ist Gemüt. Verstand ist die Haupteigenschaft des Gemüts. Begreifen ist eine Form des Verstandes. Der Mensch Gottes, die Idee des unendlichen Gemüts, besitzt durch Widerspiegelung alle Merkmale des Gemüts, einschließlich des Verstehens und Begreifens. Alle Menschen sind gleich erschaffen; daher sind alle Menschen in gleichem Maße fähig, die Ideen Gottes zu verstehen. Laßt uns ganz sicher sein, daß der Vortrag für uns nicht verloren ist, weil ihn der Vortragende vielleicht in einen Stil kleidet, der uns nicht ganz zusagt! Wir sollen nicht versuchen, für unsere Zuhörer etwas vorzuschreiben. Man kann die Wahrheit nicht vorschreiben.
Die Zunge des Vortragenden wird beim Sprechen so geführt werden, daß sie in den Ton einschwingt, auf den die Ohren seiner Zuhörer eingestimmt sind. Im göttlichen Gemüt gibt es keinen Mißklang,— alles ist Wohlklang. Laßt uns, jeder für sich, soviel vom Vortrag ernten, wie wir können, und laßt uns bereitwillig unsere Dankbarkeit dafür und für die Gelegenheit, einem andern dasselbe Vorrecht zu gewähren, ausdrücken! Laßt uns wissen, daß Gott den Weinberg bepflanzt und bewässert, und daß die Ernte Ihm gehört!
Die Früchte des Geistes werden in Erscheinung treten. Es ist nicht unsere Aufgabe, zu bestimmen, wie dies geschehen soll. Wir sollten „feststehen und zusehen, was für ein Heil der Herr .... tun wird”. Wir sollten erwarten, daß der Wert unserer Bücher und Zeitschriften mehr erkannt werde, daß unsere Lesezimmer und unsere Gottesdienste stärker besucht, in unseren Mittwochabendversammlungen mehr dem natürlichen Antrieb entspringende und erhebende Zeugnisse abgelegt werden, daß durch die Arbeit der einzelnen und der Praktiker mehr Krankenheilungen erfolgen und eine größere und besser erkennbare Einheit des Zwecks unter allen Mitgliedern herrsche.
Gelingt es uns nicht, einige dieser Ergebnisse zu sehen, so sollten wir nicht entmutigt werden. Wir können ganz sicher sein, daß es nicht an der Wahrheit, nicht an Gott, nicht an der göttlichen Wissenschaft liegt. Es sollte für uns eine Mahnung sein, beharrlicher, verständiger, viel andächtiger zu arbeiten. Es sollte uns ein Antrieb sein, uns fester an jene Wahrheiten, die wir bewiesen haben, zu klammern und zu ringen, mehr zu erlangen. Laßt uns, wenn wir andererseits Ernte im Überfluß sehen, nicht in müßiger Selbstzufriedenheit hinsitzen, sondern laßt uns Gott aus vollem Herzen inbrünstig danken! Laßt uns frohlocken und mit erneutem Mut an die nächste Aufgabe herantreten!
