Auf Seite 55 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” schreibt Mrs. Eddy: „Die Zeit für das Wiedererscheinen des göttlichen Heilens erstreckt sich auf alle Zeiten; und wer immer sein irdisches All auf dem Altar der göttlichen Wissenschaft niederlegt, trinkt heute von dem Kelch Christi und wird mit dem Geist und der Kraft des christlichen Heilens angetan”. Die Wahrheit der Worte der Mrs. Eddy wird heute in der ganzen Welt durch die Christlichen Wissenschafter bewiesen; denn es ist unbestreitbar, daß Heilungen, Heilungen von allerlei Sünde und Krankheit, durch das Ausüben der Christlichen Wissenschaft stattfinden.
Dies sollte nun für alle Christen Ursache sein, zu frohlocken. Denn war denn nicht gerade diese heilende Kraft dem Christentum anscheinend so lange verloren gegangen? Das Heilen von Sünde wurde immer als unerläßlicher Teil der christlichen Betätigung betrachtet; doch wahrscheinlich seit etwa dem Ende des dritten Jahrhunderts wurde das Heilen von Krankheit nicht als notwendiger Teil dieses Ausübens angesehen. Warum es so kam, ist schwer zu sagen, da der Gründer des Christentums, Christus Jesus, bei seinem Ausüben zweifellos sowohl die Kranken als auch die Sünder heilte und seine unmittelbaren Nachfolger anwies, hin in alle Welt zu gehen und desgleichen zu tun. Und die biblische Geschichte berichtet, daß jene ersten Jünger des Meisters ihm gehorchten.
Man kann einwenden, daß es doch auch zwischen der Zeit der ersten Christen und der heutigen Zeit Menschen gegeben habe, die durch geistige Mittel Krankheit heilten, und die Tatsache kann nicht geleugnet werden. Es ist aber auch wahr, daß die Heilungen, die durch diese geistig gesinnten Menschen vollbracht wurden, eher Ausnahmen als die Regel waren. Und worauf deutet dies hin? Daß ihnen etwas fehlte, daß ihnen etwas mehr als ihr herrlicher Glaube not tat, daß sie das geistige Verständnis Gottes und Seiner wirklichen Schöpfung, des Menschen, nicht hatten, das sie befähigt hätte, wissenschaftlich zu heilen.
Die Christliche Wissenschaft versorgt uns mit dem, was allen, die heilen wollen, wie Jesus heilte, eigen sein sollte, nämlich mit einem auf die Wissenschaft des Seins gegründeten geistigen Verständnis. Mrs. Eddy beginnt das erste Kapitel in Wissenschaft und Gesundheit mit den Worten: „Das Gebet, das die Sünder umwandelt und die Kranken heilt, ist ein absoluter Glaube, daß bei Gott alle Dinge möglich sind — ein geistiges Verständnis von Ihm, eine selbstlose Liebe”. Bei der christlich-wissenschaftlichen Ausübung ist das Gebet unerläßlich. Es ist jedoch nicht das Gebet blinden Glaubens, sondern das Gebet erleuchteten Vertrauens, erleuchtet, weil auf die Erkenntnis oder das Verständnis Gottes gegründet. Auch muß es von „selbstloser Liebe” begleitet sein, die selber von demselben Verständnis Gottes, das die Christliche Wissenschaft verleiht, abhängig ist.
Viel mehr als bloße verstandesmäßige Wertschätzung Gottes und Seiner Schöpfung ist zur Ausübung des christlichen Heilens erforderlich. Gewiß muß verstandesgemäß zugegeben werden, daß Gott unendlich gut ist, und daß Seine Schöpfung naturgemäß auch vollkommen gut ist, und daß, weil Gott unendlich gut ist, das Böse — Krankheit eingeschlossen — unwirklich ist. Aber den Glauben an Krankheit oder Sünde für sich selber oder jemand anders zerstören, erfordert außerdem, daß unser Glaube an die Wahrheit unbedingt sei, und daß unser Leben jene selbstlose Liebe bekunde, die mit dem Christusgeist wesenseins ist. „Euer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe denn ihr ihn bittet”, erklärte Jesus, die Wahrheit von der Allwissenheit betonend. Wir können aber das, was wir bedürfen — Gesundheit, Reinheit, Glück, Freude — nur in dem Maße empfangen, wie unser Glaube, unser Verständnis und unsere Christlichkeit uns befähigen, die Vollkommenheit Gottes und Seiner geistigen Schöpfung zu begreifen; denn erst dann verstehen wir die Bedeutung der Worte des Meisters: „Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, daß ihr’s empfangen werdet, so wird’s euch werden”.
Die soeben angeführten Worte sind wahrlich herrliche Worte. Man denke doch, daß es möglich ist, „alles, was [wir] bitten”, zu empfangen! Es muß aber verstanden werden, daß Jesus sich nicht auf weltliche Dinge bezog, sondern auf die Dinge seines Vaters, Gottes, wie die Christliche Wissenschaft so klar zeigt. Wie gestaltet sich dies in der Ausübung? Denken wir uns z.B. einen Kranken, der nach Gesundheit verlangt und einen christlich-wissenschaftlichen Ausüber um Hilfe bittet. Der Ausüber, der bis zu einem gewissen Grade „mit dem Geist und der Kraft des christlichen Heilens angetan” ist, nähert sich in Demut und mit andächtiger Haltung Gott, die Wahrheit über Gottes Allheit und Vollkommenheit und über die Vollkommenheit des Menschen bekräftigend und wissend, daß der Mensch als Gottes Idee tatsächlich jede göttliche Eigenschaft — Gesundheit eingeschlossen — widerspiegelt, sogar während er, der Ausüber, betet oder eine Behandlung gibt. In dieser Weise wird Hilfe erteilt und empfängt der Kranke, worum zu Gott gebetet wurde.
Die Christliche Wissenschaft hat das christliche Heilen wiedereingesetzt. Dieses Heilen können alle ausüben; sein Verfahren muß aber von allen gelernt werden. Das Verfahren des christlichen Heilens ist in der Bibel und in den Schriften der Mrs. Eddy vollständig erläutert. Niemand versäume aber, eingedenk zu sein, daß es nicht von dem sogenannten menschlichen Gemüt, sondern ganz von Gott, dem göttlichen Gemüt, ist, und daß daher Glaube, Christlichkeit und geistiges Verständnis unentbehrlich dabei sind.
