Oberflächlich, d.h. durch die Linse der körperlichen Sinne betrachtet, ist es schon vielen vorgekommen, als ob das Dasein unter einem Fluch stehe. Denn wofür zeugen diese Sinne? Für jede Art von Sünde, für allerlei Leiden. In der Tat will es scheinen, als ob es das Los jedes Sterblichen sei, ein gewisses Maß von Trübsal in Form von Krankheit und Leid zu erfahren; und kein Sterblicher kann sagen, er sei nicht geneigt, an die Wirklichkeit des Bösen zu glauben. Bei solcher Betrachtung des Daseins haben die Menschen sich oft gezwungen gesehen, zu glauben, daß tatsächlich ein Fluch auf dem Menschen laste.
Die Christliche Wissenschaft ist gekommen, um den falschen Fluchbegriff wegzunehmen. Wie will sie dies zustande bringen? Dadurch, daß sie die Tatsachen der Schöpfung untersucht, daß sie uns zu der unbedingten geistigen Wahrheit zurückführt und uns zeigt, wie wir zwischen der Wirklichkeit und der Unwirklichkeit unterscheiden können. Nie ist etwas Größeres von einer Religion, einer Weltanschauung oder einer Wissenschaft unternommen worden. Wie wahr es doch ist, daß die Anstrengungen der Menschen nach Erleuchtung in vielen Fällen nur dazu beigetragen haben, sie in dem Glauben an die Unvermeidlichkeit des Unheils noch mehr zu bestärken! Denn unter der Voraussetzung, daß der Stoff und das Böse wirklich seien, daß das Zeugnis des fleischlichen Sinnes wahr sei, ist keine andere Schlußfolgerung möglich, als daß das körperliche Dasein mit all seiner Sünde, seiner Krankheit, seinem Leid und seinem Leiden auch wirklich sei.
Mit dem Verständnis der größten aller geistigen Wahrheiten, nämlich der Allheit Gottes als des Guten ausgerüstet, treten nun die Christlichen Wissenschafter dieser wichtigen Frage näher. Gott ist das unendlich Gute, behauptet die Christliche Wissenschaft trotz allem, was der fleischliche Sinn dagegen spricht. Überlegen wir die Worte: Gott ist das unendlich Gute! Ist diese Behauptung wahr, oder ist sie nur teilweise wahr? Die Christliche Wissenschaft erklärt, daß sie genau das bedeutet, was sie sagt, daß sie unbedingt wahr ist. Und unerschrocken sagt die Christliche Wissenschaft zu den Menschen, daß diese unbedingte Wahrheit angenommen und der Kern ihres Denkens werden muß, damit der falsche Glaube an einen Fluch auf dem Menschengeschlecht vernichtet werde. Denn was bedeutet die große Wahrheit der Allheit Gottes — des Guten? Die völlige Nichtigkeit des Bösen in allen seinen Scheinformen.
Wie notwendig es ist, daß die Menschen durch das Verständnis der göttlichen Wissenschaft aufhören, dem Bösen Wirklichkeit zuzuschreiben, ist von Mrs. Eddy überzeugend in ihrer großen Predigt „Das christliche Heilen” dargelegt. Auf Seite 9 schreibt sie: „Für die Wirklichkeit dessen streiten, was verschwinden sollte, ist dasselbe, wie Öl ins Feuer gießen. Ist irgend jemand verpflichtet, zu glauben, daß ‚ein unverdienter Fluch nicht trifft‘? Dann ist es höhere Pflicht, zu wissen, daß Gott den Menschen, Sein eigenes Bild und Gleichnis, nie verfluchte”. Sie fügt dann folgende Worte hinzu, deren Bedeutung schon manchem leidenden, durch Sünde zerschlagenen Herzen heilender Balsam gewesen ist: „Gott schuf nie einen boshaften Menschen, und der von Gott geschaffene Mensch hat keine nicht von seinem Schöpfer stammende Fähigkeit oder Kraft, womit er sich boshaft machen könnte”.
So muß der Glaube an „einen unverdienten Fluch” von den Menschen genommen werden. Gott ist das unendlich Gute, und das sogenannte Böse ist unwirklich. Gott schafft den Menschen zu Seinem eigenen Bilde, daher spiegelt der Mensch das Gute, und nur das Gute wider. Es lastet kein böser Fluch auf dem Menschen. Da der Glaube, daß es einen solchen Fluch gebe, in der geistigen Tatsache keine Grundlage hat, so ist er nichts als eine Trugvorstellung des körperlichen Sinnes. Erhaschte der Psalmist nicht mehr als nur einen Schimmer dieser Wahrheiten, als er sang: „Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird zu deiner Hütte sich nahen. Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen”? Und ehe Johannes in der Offenbarung schreiben konnte: „Und es wird kein Fluch mehr sein” (engl. Bibel), hatte der geliebte Jünger diese Wahrheiten gewiß erkannt.
Während nun der Christliche Wissenschafter über die Offenbarung der Allheit des Guten, die ihm die Christliche Wissenschaft gebracht hat, unaussprechlich froh ist, täuscht er sich nicht darüber, daß er noch nicht mehr getan hat als erst einen Anfang in der Erkenntnis dieser großen Wahrheit zu machen. Er verschließt die Augen nicht der Wahrnehmung, in welchem Umfange an das Böse geglaubt und es in der Welt getan wird, sondern seine Gedanken kehren beständig zu der Wahrheit zurück und verweilen bei der Allheit des Guten. Er ist bestrebt, die Nichtigkeit des Bösen zu erkennen und zu beweisen. Es tut nichts zur Sache, in welchem Umfange die Sterblichen an das Böse glauben und es tun; es ist belanglos, mit welchen sogenannten Verfahren sie böse Wirkungen zum Schaden anderer hervorzurufen suchen,— Tatsache ist, daß in Wirklichkeit, wie bereits angeführt, „Gott nie einen boshaften Menschen schuf, und daß der von Gott geschaffene Mensch keine nicht von seinem Schöpfer stammende Fähigkeit oder Kraft hat, womit er sich boshaft machen könnte”.
Ist es nicht klar, wie man mit dem Glauben an sogenannte Mißausübung des Denkens verfahren muß? Es sollte erkannt werden, daß der Anspruch der Mißausübung nur dem sterblichen Gemüt innewohnt,— jenem angeblichen Gemüt, das das göttliche Gemüt nachzuahmen scheint,— und dieser Anspruch sollte dann vollständig geleugnet werden. Jedes einzelnen wirkliches Selbst wird durch das göttliche Prinzip unseres Seins vollkommen geschützt. Der Mensch kann nie wirklich verflucht werden, aus dem einfachen Grunde, daß das Gute unendlich ist, und daß der Mensch nur das Gute ausdrückt.
