Es ist das beständige Ziel des Christlichen Wissenschafters, den Menschen vollständig zu verstehen und die Kraft Gottes, jede menschliche Aufgabe zu lösen, ausdrücklicher zu beweisen. Er ist bestrebt, die anmaßenden Ansprüche des sogenannten fleischlichen Gemüts zu vermindern, ja, sie sogar auf nichts zurückzuführen, da er weiß, daß sie keinerlei Anspruch auf den geistigen Menschen haben. Wenn er die Besserung in seinem Denken wahrnimmt, seitdem er trachtete, dem göttlichen Prinzip zu gehorchen, wird es ihm zur Gewißheit, daß er es dadurch vollbringen kann, daß er die Kraft Gottes, des Guten, erhebt. Jeder kleine Gewinn verzeichnet das Wirken Gottes, der göttlichen Wahrheit, in seinem Bewußtsein. Auch zählt er die Segnungen, die nicht nur er sondern auch alle anderen Schüler der Christlichen Wissenschaft auf der ganzen gesitteten Welt erfahren.
Auf Seite 194 in „Miscellaneous Writings” erklärt unsere geliebte Führerin Mary Baker Eddy, daß „die Linse der Wissenschaft die göttliche Kraft für das menschliche Auge vergrößert; und wir sehen dann die Allerhabenheit des Geistes und die Nichtigkeit des Stoffs”. Die Linse der Christlichen Wissenschaft enthüllt nie kranke Annahmen, Schmerz, Entmutigung, Zweifel oder Ungeduld. Sie enthüllt stets Ehrlichkeit, Mut, Gesundheit und Reinheit,— Eigenschaften, die von Gott, dem Guten, stammen. Daher zeigt der Gedankenzustand und der Gesundheitszustand jedes einzelnen an, ob er unmittelbar und ausschließlich durch die Linse der Christlichen Wissenschaft, der großen Offenbarerin des Guten, sieht.
Die unwissenden Sterblichen sind geneigt, ihren Glauben an Krankheit, an Leid, dadurch zu vergrößern, daß sie darüber nachdenken und davon sprechen; daher scheint die menschliche Erfahrung von Irrtum umnebelt. Leiden scheinen langwierig zu werden, und die Sterblichen lassen sich von dem Glauben bestricken, sie seien unheilbar oder trostlos. Selbstbedauern und Entsagung drohen sie zu umgarnen. Zu diesem verfinsterten Gedankenzustand kommt die Christliche Wissenschaft mit unaussprechlichem Trost und unaussprechlicher Stärke. Sie hält die Fackel der Wahrheit so unerschütterlich hoch, daß das geistige Licht, die Offenbarung der Wirklichkeit, die finsterste Furcht, die schwärzeste Sünde und den tiefst eingewurzelten Kummer überstrahlt.
Wenn eine Aufgabe gelöst werden soll, ermahnt die Christliche Wissenschaft den Schüler liebevoll, sich von der Aufgabe wegzuwenden und unerschütterlich über Gott und Seine Gesetze nachzudenken, die imstande sind, ihn zu befreien und zu erneuern. Sowohl der Neuling als auch der gereiftere Schüler wird gut tun, die köstliche Eigenschaft Dankbarkeit zu pflegen,— nicht jenen weltlichen Begriff von Dankbarkeit, der im Stoff Beweise für empfangene Segnungen sehen will, auch nicht jene Dankbarkeit, die für einen gewonnenen Sieg empfunden wird, sondern die Dankbarkeit, die man für einen Sieg empfindet, der noch zu erringen ist. Geistige Dankbarkeit sieht klar und ist treu gegen Gott und den Menschen; und sie ist gleich dankbar für die Heilung eines andern wie für die eigene.
Dankbarkeit verherrlicht beständig das Gute. Wenn man nur widerstrebend dafür dankt, daß ein anderer durch die Christliche Wissenschaft geheilt worden ist, wenn man nur für die Segnungen dankbar ist, die man selber empfangen hat, dann ist immer noch eine gewisse persönliche Selbstsucht abzulegen und eine umfassendere Liebe zum Guten zu pflegen. Ein junger Schüler der Rechenkunst, dem eine Aufgabe noch große Schwierigkeit bereitet, sollte dankbar sein, daß andere vor ihm viel größere Aufgaben gelöst haben als diejenige, mit der er sich abmüht. Es sollte ihn nicht entmutigen sondern ermutigen, daß andere mehr als er bewiesen haben, indem sie dieselbe mathematische Wahrheit, die ihm zur Verfügung steht, vollständiger angewandt haben. Und dieses Anerkennen des Sieges eines andern vergrößert sein eigenes Verständnis des Guten.
Außerdem weiß der Schüler der Christlichen Wissenschaft, der eine Aufgabe ausarbeitet, daß er es sich nicht leisten kann, den Mißerfolg seines Nächsten zu bekritteln; denn dadurch „sieht er”, wie unsere Führerin zeigt (in dems. Buch, S. 129), „eines andern Fehler, um sie unter der Linse, die er nie auf sich selber richtet, zu vergrößern”. Vor dieser Art des Vergrößerns muß sich jedermann hüten. Die Neigung, einen andern zu bekritteln, schließt den Glauben an die eigene Überlegenheit in dem betreffenden Punkte in sich. Sofern es aber unser erfreuliches Vorrecht und unsere Pflicht ist, Gott, das Gute, in allen unseren Gedanken zu erheben, kann derjenige, der seinen eigenen Beweis beschleunigen möchte, nicht innehalten und mit Hohn auf eines andern Mißerfolg deuten.
Unerschütterliche Freude darüber, daß die Allmacht des Guten in der wirklichen Schöpfung bereits eine feststehende Tatsache ist, sollte einen sogar inmitten seines Ringens befähigen, mit seinem Gebet ein Lied zu vereinigen und zu frohlocken, weil andere auch frohlocken. „Ich will den Namen Gottes loben mit einem Lied und will ihn hoch ehren mit Dank”. So wird also jedem einzelnen nach und nach jene durch die Linse der Christlichen Wissenschaft erschaute geistige Vorstellung von dem wahren Gott und Seinem wahren Ebenbild entfaltet. Dieser Linse bedient er sich, um die besondere Erleuchtung zu erlangen, die er Tag für Tag braucht. Keine Unklarheit, keine Verwirrung, kein Fehlschlag sollte uns hindern, die besondere Tatsache zu erfassen, die uns von der besonderen Unwahrheit befreit, die uns zu betrügen sucht. Denn „wenn sich die Strahlen der unendlichen Wahrheit im Brennpunkt der Ideen sammeln”, wie Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 504) erklärt, „dann bringen sie augenblicklich Licht”. Ob der Beweis groß oder klein, langsam oder augenblicklich sei, laßt jeden mit Dankbarkeit eingedenk sein, daß er einer von vielen ist, die Gott erheben und die Macht des Guten in ihrer täglichen Erfahrung „hier ein wenig, da ein wenig” vergrößern. So beschleunigt jeder den Tag, wo aus jedem Herzen der frohe Ruf ertönen wird: „Der allmächtige Gott hat das Reich eingenommen”.
