Wer schon mitten durch einen großen neuzeitlichen Stadtpark gegangen ist, hat Gelegenheit gehabt, darüber nachzudenken, warum ihm dort so wenig Leute begegnet sind, die entweder ins Geschäft gingen oder davon kamen, sich erholten oder spazieren gingen. Im allgemeinen halten sich die Parkbesucher in der Nähe des Parkrandes auf. Wer jedoch ins Innere des Parks vordringt, findet dort größere Schönheit. Kleine Wasserläufe schlängeln sich zwischen Moosufern durch Waldland hindurch; Berg und Tal in grünem Schmuck laden freundlich ein; allerlei Vögel erfreuen mit ihren Liedern das Herz; wohlriechende Blumen aller Art gibt es dort und gewundene Fußpfade, die vielleicht zu einer verborgenen schönen Stelle führen: dies alles entgeht aber denen, die sich damit zufrieden geben, sich am Rande des Parks aufzuhalten.
Im Lichte des durch Vertiefen in die Christliche Wissenschaft erlangten Verständnisses erkennt man leicht, warum die Sterblichen die ihnen gebotenen größeren Gelegenheiten nicht bereitwilliger ergreifen. Das menschliche Gemüt, das die Sterblichen angeblich regiert, möchte gern in der Richtung des geringsten Widerstandes dahinschlendern; alles sei so anstrengend, sagt es! Es ruft in den Sterblichen einen Zustand der Trägheit, Lässigkeit, Untätigkeit, Gleichgültigkeit, Stumpfheit und des Stillstands hervor und hindert sie, sich zu den höheren Vergnügen und Freuden des Lebens zu erheben. Wenn dann die höheren und edleren Dinge die Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollten, begnügen sie sich, sie nur oberflächlich zu beachten, anstatt sich voller Freude und von ganzem Herzen mit ihnen zu befassen.
Hört jemand durch einen Angehörigen, einen Freund oder einen Nachbarn von der durch die Christliche Wissenschaft vollbrachten heilenden oder erneuernden Arbeit, so wird er eifrig bestrebt sein den Gegenstand zu untersuchen, und das Verlangen haben, das christlich-wissenschaftliche Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy zu lesen. Vielleicht ist er überzeugt, daß das bloße Lesen dieses köstlichen Buchs ihn zu einem Schüler der Christlichen Wissenschaft machen werde, und er bleibt bei dieser Ansicht, bis eine Aufgabe an ihn herantritt, die er wegen seines Mangels an Verständnis des göttlichen Prinzips, das die Christliche Wissenschaft erläutert, nicht lösen kann. Er wundert sich, warum ihm die Lösung nicht gelingt, und man hört ihn wohl sogar bemerken, daß ein Bekannter von ihm gute Fortschritte mache, während er nicht vorwärts zu kommen scheine. Wenn er, an diesem Punkte angelangt, den Scheinwerfer auf sich richtet, um sich selber zu prüfen und zu berichtigen, wird ihm offenbar werden, daß ihn das bloße Lesen von Wissenschaft und Gesundheit allein nie befähigen wird, diese Wissenschaft zu beweisen oder ein rechter Schüler dieser Wissenschaft zu sein. Ist er dann für Fortschritt bereit, so wird er anfangen, sich in das Lehrbuch zu vertiefen, was ihn schließlich auf die sichere Seite der Betätigung stellen wird.
Über Wissenschaft und Gesundheit sprechend, sagt Mrs. Eddy (S. 147): „Obwohl dieses Buch die vollständige Wissenschaft des Gemüts-Heilens enthält, glaube niemals, daß du die ganze Bedeutung der Wissenschaft durch einfaches Durchlesen dieses Buchs in dich aufnehmen kannst. Das Buch muß studiert werden, und die Demonstration der Regeln des wissenschaftlichen Heilens wird dich fest auf das geistige Fundament der Christlichen Wissenschaft gründen”. Webster erklärt einen Studierenden u.a. als „eine Person, die sich in etwas vertieft; einen Lernenden”, und „studieren” als „das Sichvertiefen in Bücher”, woraus klar hervorgeht, daß mehr als nur oberflächliches Lesen eines Buchs notwendig ist, um für einen Lernenden oder Schüler zu gelten.
Jesus der Christus war ein Lernender im vollen Sinne des Wortes. Von Kind auf vertiefte er sich eingehend in die Heilige Schrift, und dadurch, daß er viele mächtige Werke tat, bewies er überzeugend, daß er wie kein Mensch vor ihm ihre geistige Bedeutung verstand. Wiederholt tadelte er seine Zuhörer wegen ihres Unglaubens und Mangels an geistigem Verständnis. Zu den Sadduzäern sagte er: „Ihr irret und wisset die Schrift nicht noch die Kraft Gottes”. Diese Sekte gab sich mit der Beobachtung weltlicher Gebräuche und Feierlichkeiten zufrieden und legte fortwährend ihre Unwissenheit des Gesetzes Gottes an den Tag. An einen Schriftgelehrten richtete Jesus die Frage: „Wie stehet im Gesetz geschrieben? Wie liesest du?” Den Juden, die ihm nach dem Leben trachteten, weil er am Sabbat den Kranken geheilt hatte, gebot er: „Suchet in der Schrift; denn ihr meinet, ihr habet das ewige Leben darin”. Seine Frage: „Wie liesest du?” könnte umschrieben werden: Habt ihr die geistige Bedeutung des Wortes erfaßt? Und dieselbe Frage könnte heute an jeden gerichtet werden, der beansprucht, sein Nachfolger zu sein.
Überall in der Bibel wird beständig auf die Bücher des Gesetzes hingewiesen. Gottesfürchtige Menschen haben das Wort Gottes unversehrt bewahrt, und diese Bücher haben sich als offenen Brunnen erwiesen, woraus alle Durstigen trinken können. Jesaja wußte von dem lebendigen Brunnen und richtete an alle die liebevolle Einladung: „Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommet her zum Wasser! und die ihr nicht Geld habt, kommet her, kaufet und esset; kommt her und kauft ohne Geld und umsonst beides, Wein und Milch!” In ihrer geistigen Auslegung von „Wein” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 598) gibt Mrs. Eddy die Erklärung: „Inspiration; Verständnis”. Diese beiden Eigenschaften muß der Schüler haben, um das göttliche Prinzip der Christlichen Wissenschaft zu beweisen.
Abraham, Mose, Jesaja, Jeremia und andere Propheten hatten ein geistiges Gottesverständnis, und sie bewiesen ihren Glauben dadurch, daß sie viele mächtige Werke taten. Jedoch erst, als unser Herr der Weissagung gemäß kam, wurde der Christus, die Wahrheit, in seiner ganzen Fülle wahrgenommen. Vor und nach Jesu Himmelfahrt heilten seine Jünger durch ihren Glauben und ihr geistiges Verständnis die Kranken und wandelten die Sünder um. In der Apostelgeschichte wird berichtet, daß Stephanus, der nicht einer der unmittelbaren Jünger unseres Meisters war, „voll Glaubens und Kräfte, Wunder und große Zeichen unter dem Volk tat”. Als er dem Hohenpriester vorgeführt wurde, bewies er seine Kenntnis der Heiligen Schrift dadurch, daß er sie von Abraham bis Jesus auslegte.
In unserer Zeit forschte Mary Baker Eddy, eine sanftmütige, hingebungsvolle, gottesfürchtige Frau, die alle Christlichen Wissenschafter wegen ihres selbstlosen Mühens und Opfers beim Offenbaren der Wahrheit für dieses Zeitalter verehren, von Kind auf eifrig in der Bibel. Ohne allen Zweifel waren es ihre fleißigen und unermüdlichen Anstrengungen beim Suchen nach der Wahrheit in den geheiligten Blättern der Bibel, die ihr die Tür des geistigen Verständnisses öffneten, so daß sie die wirkliche Bedeutung des Wortes erfassen konnte, was dazuführte, daß sie augenblicklich von einer Verletzung geheilt wurde, die der Arzt für tödlich erklärt hatte. „Die Bibel”, erklärt sie auf Seite 241 des Lehrbuchs, „lehrt die Umgestaltung des Körpers durch die Erneuerung des Geistes. Nimm der Bibel die geistige Bedeutung, und diese Sammlung von Schriften vermag für die Sterblichen ebensowenig zu tun, wie Mondstrahlen einen vereisten Fluß zu schmelzen vermögen”. Es ist daher die Pflicht eines jeden, der ihr Nachfolger zu sein behauptet, sich in die Bibel und in alle ihre Schriften fleißig zu vertiefen, um Fortschritt zu machen im Verständnis der Wahrheit und im Beweisen ihres Prinzips, sowohl für sich als für andere, gemäß göttlich-wissenschaftlichen Regeln. Jede ehrliche Anstrengung wird von Erfolg gekrönt sein; und die Frucht solchen Mühens wird sich in Glücklichsein, Freiheit, Harmonie und Zufriedenheit bekunden, was in besserer Gesundheit und besseren Sitten und in Wohlwollen gegen die Menschen zum Ausdruck kommen wird.
