[Aufsatz ursprünglich in deutscher Sprache]
In einer Bibelkonkordanz finden wir das Wort „Furcht” unter der allgemeinen Überschrift „Furcht” und auch unter „Furcht Gottes” und „Furcht des Herrn”. Aus dieser Einteilung geht hervor, daß das Wort „Furcht” in der Bibel zwei Bedeutungen hat.
Wir lernen in der Christlichen Wissenschaft verstehen, daß „Gott Liebe ist”, wie Johannes sagt; aber die Worte im Prediger: „Fürchte Gott und halte seine Gebote” scheinen dieser Erklärung zu widersprechen. Denn wie kann man Gott gleichzeitig lieben und fürchten? Die Gebote aus Furcht vor Strafe halten, würde sicher nicht die von Gott geforderte Liebe bekunden. Ferner sagt der Psalmist: „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang”. Diese „Furcht”, die „der Weisheit Anfang” ist, kann nicht das sein, was man gewöhnlich unter „Furcht” versteht.
Eine genauere Untersuchung zeigt, daß Furcht nur da sein kann, wo wir uns etwas Größerem oder Mächtigerem, als wir selber sind, gegenübergestellt sehen. Glauben wir an Gott, das Gute, dessen Allmacht und Allgegenwart unser Meister Christus Jesus so klar erkannte, daß Krankheit, Sünde und Tod ihre Scheinmacht verloren, so wird unsere „Furcht” Gottes zur Verehrung oder Anerkennung Seiner Allerhabenheit; und wir haben nur die eine Furcht, daß wir uns durch Übertreten Seiner Gebote der Annahme nach von Seiner Liebe trennen könnten.
Das Anerkennen des einen höchsten Gottes ist „der Weisheit Anfang”. Ehrfurcht vor dem allumfassenden Wesen der Liebe Gottes erweckt ein großes Glücksgefühl in unserem Herzen und ruft die Widerspiegelung der göttlichen Liebe in unserem Leben wach.
Aber Furcht ist etwas ganz anderes, wenn wir annehmen, daß wir einer Macht, die nicht gut ist, gegenüberstehen, einer Macht, die uns schaden könne und uns wirklicher scheint als das immer gegenwärtige Gute. Die Sterblichen scheinen im allgemeinen mit dem Bösen mehr vertraut zu sein als mit dem immer gegenwärtigen allmächtigen Guten. Denn sind sie nicht gelehrt worden, daß es etwas gebe, was sie fürchten müssen, etwas, was ihnen Schaden zufügen könne?
Was für ein Mut dazu gehörte, der träumenden Menschheit zu verkündigen: „Das Böse ist unwirklich, weil es eine Lüge ist,—weil es in jeder Behauptung falsch ist”, wie Mrs. Eddy auf Seite 527 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” erklärt! Und sie erklärte es nicht nur, sie bewies es auch, indem sie den Glauben an das Böse als wirklich zerstörte und ihre Schüler lehrte, dasselbe zu tun. Woraus schöpfte unsere Führerin diesen Mut? Die Antwort liegt in der Erklärung: „Die völlige Liebe treibt die Furcht aus”. Sie hatte gelernt, daß „einer mit Gott eine Mehrheit ist”. Ihre Liebe zu Gott hatte sie Gott als „den großen Ich Bin” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 587) erkennen lassen. Dieses Erkennen vertrieb die Furcht, und an ihre Stelle trat Ehrfurcht. Als Mrs. Eddy durch ihre geistige Entdeckung aus dem irdischen Traum von Leben in der Materie zu erwachen begann, war sie von dem ernsten Wunsche beseelt, die Menschheit aus der Sklaverei des falschen Glaubens an eine von Gott getrennte Macht zu erretten. Daß ihr Wunsch in Erfüllung geht, beweisen die vielen in unseren Zeitschriften veröffentlichten Heilungszeugnisse und die in den Mittwochabendversammlungen in allen christlich-wissenschaftlichen Kirchen mündlich abgegebenen Zeugnisse.
Der Weg ist gewiesen, und die Allheit Gottes wird bewiesen. Was kann uns dann hindern, dem Beispiel unseres Wegweisers Christus Jesus freudig zu folgen und uns unserer Führerin dadurch dankbar zu erzeigen, daß wir bestrebt sind, die „völlige Liebe”, die „die Furcht austreibt”, zu erlangen?
Pflicht ist pünktliches und gewissenhaftes Erledigen deiner Obliegenheiten. Es ist das Erfüllen der Forderungen des Tages.—
